Meine Damen und Herren, das Scheitern der schwarz-gelben Landesregierung auch in dieser Frage des Ganztags wird noch an zwei weiteren Punkten deutlich.
Als Scheinlösung für die Finanzierungsprobleme wird für die Kommunen die Schulpauschale um 80 Millionen € zulasten allerdings der allgemeinen Investitionspauschale erhöht. Beide – Schulpauschale und Investitionspauschale – sind Bestandteile des Gemeindefinanzierungsgesetzes. Es handelt sich also um kommunales Geld, an dem sich die Landesregierung vergreift und das sie nach dem Motto „rechte Tasche, linke Tasche“ umverteilt. Das ist eine kommunalfeindliche Politik.
Mein Kollege Wolfgang Große Brömer hat dieses Verfahren im Schulausschuss sehr anschaulich erläutert: Die Großmutter erhält eine Rentenerhöhung. Der Enkel entwendet einen Teil des Geldes aus dem Portemonnaie der alten Dame. Anschließend kauft er ihr von dem Geld zum Muttertag – wenn denn die Geschäfte aufhaben – einen Blumenstrauß.
Wir fragen uns, ob sich die Großmutter über diese zweckgebundene, mit ihrem Geld bezahlte Zuwendung eigentlich auch noch freuen sollte?
In genau dieser Position befinden sich jetzt die Kommunen, was auch die kommunalen Spitzenverbände erkannt haben. In ihrer Stellungnahme zum Gemeindefinanzierungsgesetz heißt es:
„Die Erhöhung der Schulpauschale zulasten der allgemeinen Investitionspauschale um 80 Millionen € wird von den kommunalen Spitzenverbänden strikt abgelehnt.“
Kritisiert werden die engere Zweckbindung und die Tatsache, dass es sich um Mittel aus dem kommunalen Steuerverbund handelt, also eindeutig um kommunale Gelder. Da das Land selbst die Finanzierungsprobleme verursacht habe, müsse die Deckungslücke – so die Stellungnahme der
Aktuell kommt ein weiterer Punkt hinzu: Auch wenn er nach seinem Denkanstoß schnell ein Denkverbot erhielt, propagiert der neue Schulexperte der Koalition, Minister Pinkwart, das Ende der Hauptschule.
Damit erhält auch das Thema Ganztag an den weiterführenden Schulen neuen Auftrieb, denn ich gehe davon aus, dass auch die sogenannte Mittelschule als Ganztagsschule konzipiert wird.
Doch die Innovationen des Ministers gehen noch weiter, wie einem Interview im „General-Anzeiger“ vom 13. November 2007 zu entnehmen ist. Auf die Frage nach der Ausweitung des Unterrichts in der Mittelstufe des Gymnasiums und der echten Ganztagsschule als Alternative antwortet der Minister:
„Die Kinder brauchen aber über Mittag eine Pause, in der sie etwas Vernünftiges zu essen bekommen können. … Ich setze mich dafür ein, dass wir den Gymnasien einen Zuschuss für die Einrichtung eines Bistros geben.“
Ein Bistro? Was stellt sich denn der Minister darunter vor? Ein kleines gemütliches Lokal im französischen Stil?
Einige Stehtische, an denen man schnell einen Kaffee trinkt? Oder doch eher den Stil von McDonald's? Meine Damen und Herren, wir brauchen keine Bistros als Billiglösung, sondern mehr Raum und Zeit, um individuell auf die Kinder einzugehen. Wir brauchen den Ausbau des Ganztags für alle Kinder und für alle Schulformen. – Danke schön.
Vielen Dank, Herr Prof. Bovermann. – Für die CDU-Fraktion erhält der Abgeordnete Ratajczak das Wort.
Kommen wir von der Fraktion der Ankündigungen, wie Herr Prof. Bovermann selbst gesagt hat, wieder zur Fraktion der Macher.
Sehr verehrter Herr Präsident! Verehrte Frau Ministerin! Meine Damen und Herren! „Und täglich grüßt das Murmeltier.“ Die SPD kommt in guter
Ganztag mit der Gießkanne für alle und am besten sofort. – So funktioniert das sicher nicht, meine Damen und Herren. Das Schlimme ist: Die SPD weiß das. Somit handelt es sich wieder um eine Luftnummer der SPD.
Der Ausbau der Ganztagsbetreuung über die Grund- und Hauptschulen hinaus steht selbstverständlich mittel- und langfristig auf der Agenda der CDU-Fraktion und der Landesregierung. Das haben wir vor Beginn der Legislaturperiode immer wieder betont und ziehen es auch Schritt für Schritt am jeweiligen Bedarf orientiert sicher durch.
Auch in der aktuellen Zwischenbilanz der Landesregierung heißt es: Wir werden die Unterstützungssysteme für unsere Schulen weiter ausbauen. Dazu gehört vor allen Dingen auch der weitere Ausbau des Ganztags an allen Schulen, so auch an den Realschulen und an den Gymnasien.
Dass der qualitative Ausbau der Ganztagsschulen aber nicht von heute auf morgen passieren kann, liegt sicher auf der Hand. Da wir den Ausbau mit hoher Qualität klar und intensiv vorantreiben, haben wir den Schwerpunkt des Betreuungsausbaus in der Sekundarstufe I zunächst dort gelegt, wo es die Schülerinnen und Schüler am dringendsten brauchen, nämlich in den Hauptschulen, denn da hat die SPD jahrzehntelang gepennt und sie wie ein Stiefkind behandelt.
Der von unserer Landesregierung im Rahmen der „Qualitätsoffensive Hauptschule“ gestartete Ausbau der Ganztagsschulen ist ein voller Erfolg; die Zahlen sprechen für sich. Seit dem 1. Februar 2006 haben wir inzwischen 134 Hauptschulen mit einem erweiterten Ganztagsangebot eingerichtet. Für diese Schulen stehen 620 Lehrerstellen zur Verfügung. Im Schuljahr 2008/2009 kommen weitere 116 Schulen hinzu, sodass sich die Gesamtzahl auf 250 Schulen mit sage und schreibe 86.000 Plätzen im Endausbau erhöht.
Die Attraktivität der Hauptschulen steigt mit der Einführung des erweiterten Ganztags. Die ersten 900 Ganztagshauptschulen verzeichneten zum 1. August 2007 erstmals wieder ein Plus von knapp 10 % mehr Anmeldungen. Das ist an dieser Stelle hervorzuheben und sehr erfreulich.
Das zeigt auch, dass das Angebot der Landesregierung angenommen wird und wir auf dem richtigen Weg sind. Auch die anderen Schulformen verfügen zum Teil schon über ein Ganztagsangebot.
Das Programm „13 plus“ in der Sekundarstufe I umfasst inzwischen ein Volumen von über 2.060 Gruppen in Gymnasien, Realschulen und Hauptschulen. Die Landesregierung hat die Zahl der geförderten Gruppen zum 1. August 2007 um rund 20 % erhöht. Hierfür stehen ganze 12,2 Millionen € pro Schuljahr zur Verfügung.
In Bezug auf die Hauptschulen wird die CDUFraktion gemeinsam mit Frau Sommer erhebliche Anstrengungen unternehmen, um den erweiterten Ganztag an den Hauptschulen in NordrheinWestfalen weiter auszubauen. Das wird auch in der Antwort auf die Kleine Anfrage der Kollegin Beer vom 22. August sehr deutlich.
Es ist schon interessant, dass Sie sich in Ihrem Antrag dafür einsetzen, dass das Ganztagsangebot unter anderem an allen Hauptschulen eingeführt wird. Sie führen sich sozusagen einmal als Fürsprecher der Hauptschulen auf. Der geneigte Leser fragt sich, ob Sie Ihr schlechtes Gewissen gegenüber den Hauptschulen plagt, die vier Jahrzehnte lang der Mangelverwaltung unterlagen, oder was das eigentlich soll. Aus meiner Sicht ist es unglaublich heuchlerisch. Das ist so heuchlerisch, weil wir doch alle wissen, dass Sie die Hauptschule lieber heute statt morgen gänzlich abschaffen möchten. Sie verkennen aber, dass Sie damit nicht die Probleme abschaffen, die Sie uns einmal hinterlassen haben.
Meine Damen und Herren in der Opposition, es gibt bei Kleinkindern ein Phänomen: Kleinkinder denken, dass sie keiner mehr sieht, wenn sie sich die Augen zuhalten. Sie denken, dass es keine Hauptschüler mehr gibt, wenn Sie die Hauptschulen abschaffen. So einfach geht es aber nicht.
Wir machen die Augen nicht zu, sondern schauen hin, fördern und fordern die Schulen. Wir werden Gutes noch weiter verbessern.
Noch einmal zurück zum Thema Mangelverwaltung. Ich konnte gestern Abend nicht schlafen und habe mir daher die Mühe gemacht, einmal zu schauen, was ich aus der 13. Wahlperiode zum Thema Ganztagschule finden konnte. Ich habe eine Antwort von Frau Schäfer auf eine Frage des
geschätzten Kollegen Solf aus dem Jahre 2003 gefunden. Er hat gefragt, wie viele Anträge von Schulträgern auf Einrichtung echter Ganztagsschulen in den letzten fünf Jahren abgelehnt worden seien. Da hat Frau Schäfer geantwortet – ich fasse es zusammen –, dass 17 Ablehnungen im ganzen Land erfolgt seien.
Als der Kollege Solf dann noch fragte, warum diese abgelehnt worden seien, hat Frau Schäfer als ehemalige Ministerin mitgeteilt:
Die Anträge wurden abgelehnt, weil die erforderlichen Lehrerstellen im Landeshaushalt nicht zur Verfügung standen. – Das war 2003. Mein Fazit: Es hat sich nichts getan.
2004, ein Jahr später, hat Frau Exministerin Schäfer dem Ausschuss mitgeteilt, dass der Landeshaushalt seit Anfang der 90er-Jahre keine neuen Ganztagsangebote in der Sekundarstufe I zulasse. Ein Jahr später: Wieder nichts dazugelernt! Chance verpasst!
Am 11. Februar 2005 sagte die Exministerin auf der Veranstaltung „Ein Jahr Offene Ganztagsschule in Nordrhein-Westfalen“ – ich zitiere –:
„… und uns fehlen derzeit die Mittel für eine Erhöhung oder eine Ausweitung des Programms in der Sekundarstufe I.“