Protocol of the Session on May 3, 2007

Es ist unverantwortlich, davon zu reden, dass Kinder durchgefallen sind.

(Britta Altenkamp [SPD]: Das ist Ihr Verfah- ren!)

Sie reden Kindern Scheiternserfahrungen ein. Das sollten Sie einstellen und sich hier dafür entschuldigen.

(Beifall von der CDU – Britta Altenkamp [SPD]: Sie machen aus jeder administrativen Aufgabe eine Wurst!)

Ich sage in aller Klarheit: Niemand ist durchgefallen. Das ist Ihre Kategorie, mit Kindern umzugehen.

(Zurufe von SPD und GRÜNEN)

Wir stellen fest, wo es Förderbedarf gibt.

Es kommt ein Zweites hinzu. Die Erzieherinnen in Kindertageseinrichtungen haben uns gesagt: Wir haben doch bisher auch schon Sprachförderung gemacht. – In der Tat: Jede Kindertagesstätte hat schon Sprachförderung gemacht. Das war auch bisher der Auftrag der Kindertagesstätte. Aber es gab zwei Unterschiede: Zum Ersten haben Sie kein zusätzliches Geld für die Kinder gegeben, die besonderen Sprachförderbedarf hatten.

(Beifall von CDU und FDP)

Das ist das eine, was wir ändern. Zum Zweiten wussten Sie gar nicht, wo individuell der größte Bedarf ist, wie man jedem einzelnen Kind gerecht wird. Auch das wissen wir in Zukunft.

(Britta Altenkamp [SPD]: Glauben Sie das wirklich, was Sie jetzt erzählen?)

Ich frage Sie, ob Sie glauben, dass das ein Kinderabitur ist. Das können Sie hier gleich einmal erklären.

(Britta Altenkamp [SPD]: Ja! Davon bin ich überzeugt!)

Sie haben die Eltern verunsichert. Sie hätten die große Chance gehabt, sich in die Reihe der 16 Länder zu stellen, die in der Integrationspolitik im Konsens erkannt haben, dass man solche Sprachtests machen sollte, sich in die Reihe der sozialdemokratischen Integrationspolitiker anderer Bundesländer zu stellen.

(Beifall von Marie-Theres Kastner [CDU])

Sie haben es vorgezogen, parteipolitische Spielchen zu machen und von Kinderabitur zu reden. Deshalb stehen Sie auch in dieser Frage leider nicht bei der Mehrheit der Menschen, die Bildungschancen für Kinder wollen.

(Beifall von der CDU – Britta Altenkamp [SPD]: Warum so dünnhäutig? Unglaublich! Das sind Ihre administrativen Fehler, nicht meine!)

Das Dritte ist – das haben wir letzte Woche von der Bonner Oberbürgermeisterin gehört –: Man wundert sich manchmal, dass auch Vertreter von kommunalen Spitzenverbänden nicht verstehen, wie man die Kinder, die nicht im Kindergarten sind, erreicht. Wie soll man sie denn erreichen? Wie wollen Sie sie denn erreichen, wenn Sie das

nicht an die Schulpflicht knüpfen und wenn Sie dazu nicht Lehrer verpflichten und auf der Basis von Verwaltungsakten handeln?

(Zuruf von Sylvia Löhrmann [GRÜNE])

Sie werden uns gleich vielleicht einmal erklären, wie man es nach dem deutschen Verfassungsrecht erreichen kann, Kinder, die nicht im Kindergarten sind, in eine Einrichtung zu bringen, um ihnen dort zwei Jahre lang Sprache beizubringen. Da bin ich einmal auf die Antwort gespannt. Die gibt es nämlich nicht. Wir haben unzählige Rechtsgutachten in Auftrag gegeben: Sie können Kinder nicht verpflichten – außer mit der Schulpflicht. Das ist eng mit der Schulpflicht verbunden. Deshalb mussten es Lehrer sein.

(Beifall von der CDU)

Dann kommt das Vierte: Es sei zu spät informiert worden. – Im September 2006 – schneller geht es gar nicht: im Juni haben wir den Aktionsplan beschlossen, dann waren Sommerferien – haben wir mit den Vertreterinnen und Vertretern der Trägerverbände von Kindertageseinrichtungen im ständigen Arbeitskreis „Förderung und Betreuung von Kindern“ die Durchführung des Verfahrens sowie die Verfahrensschritte erörtert. Im Oktober fanden in allen Bezirksregierungen Dienstbesprechungen mit den Schulrätinnen und Schulräten sowie Vertreterinnen und Vertretern des verwaltungsfachlichen Bereichs der Schulämter statt. Im November 2006 – über ein Vierteljahr vorher – erhielten alle Grundschulen und alle Kindertageseinrichtungen eine Fachinformation, wie das Ganze funktioniert. Am 16. Dezember informierte Frau Prof. Fried in einer Informationsveranstaltung alle Mitglieder in diesem Arbeitskreis über das gesamte Konzept. Ab Januar 2007 fanden Multiplikatorenschulungen für den Schulbereich und Ende Januar/Anfang Februar 2007 Multiplikatorenschulungen für Fachkräfte statt.

In der Tat war das ein ambitiöses Verfahren. Die Alternative wäre gewesen, ein weiteres Jahr zu warten, erneut Zehntausende Kinder nicht mit Sprachkompetenz auszustatten.

(Beifall von der CDU)

Wir waren in dieser Frage aufseiten der Kinder.

Ich weiß nicht, ob jemand von Ihnen einen solchen „Test“ mitgemacht hat.

(Ute Schäfer [SPD]: Ja, haben wir!)

Dann haben Sie aber scheinbar eine andere Wahrnehmung, als ich sie hatte.

(Ute Schäfer [SPD]: Das ist auch gut so!)

Kinder sind anders, als Sie sie beschreiben. Die Kinder saßen rund um dieses Spiel zusammen. Die Erzieherin hat mit ihnen dieses Spiel gespielt. Die Kinder wurden gefragt. Manches Kind hatte einfach keine Lust zu antworten, hat gar nicht mitgespielt. Das Kind hat aber nicht verloren, das Kind ist nicht durchgefallen. Auch dieses Kind bekam eine Karte, dass es genau wie die anderen Kinder anerkannt wurde.

(Beifall von der CDU – Britta Altenkamp [SPD]: Das können Sie doch gar nicht sicher sagen! – Weitere Zurufe)

Sie müssen sich das schon anhören. Es schadet ja nicht, ein bisschen aus der Praxis zu wissen. – Die Kinder gingen aus dem Raum heraus, und keines der vier Kinder, die das Spiel gespielt hatten, hat gewusst, ob es durchgefallen ist – wie Sie das nennen – oder nicht. Die Kinder haben ein Spiel gespielt und sind dann zurück in ihre Tagesgruppe gegangen. Die Lehrerin saß ganz am Rand und hat Protokoll geschrieben. Dann hat man eine Bewertung vorgenommen, hat das mit der Erzieherin zusammen erörtert und gesagt: Wir schauen uns das Kind ein zweites Mal an.

Die Kinder nehmen, wenn sie ein solches Spiel spielen, nicht einmal mehr wahr, wer da noch im Raum sitzt. Sie spielen ihr Spiel.

(Britta Altenkamp [SPD]: Manche Kinder ja!)

Und manche nicht. Aber das ist auch nicht schlimm, Frau Altenkamp. Dann ist das Kind doch nicht durchgefallen. Dann hat das Kind doch nicht den ersten Leistungskurs für das Abitur nicht geschafft,

(Britta Altenkamp [SPD]: Warum regen Sie sich so auf?)

sondern es wird ein zweites Mal getestet und gegebenenfalls gefördert.

(Sigrid Beer [GRÜNE]: Das ist Ihre Verant- wortung – dieser Koalition! – Beifall von den GRÜNEN – Widerspruch von der CDU)

Wissen Sie, das ist ein bisschen – ich glaube, man nennt es – beckmesserisch. Bei den „Meistersingern von Nürnberg“ gibt es so einen Beckmesser. Er sitzt da und wartet auf jeden Fehler, der irgendwie passiert, macht Striche auf die Tafel und wartet auf möglichst viele Fehler.

(Zuruf von Sylvia Löhrmann [GRÜNE])

Sehen Sie doch die größere Aufgabe dahinter!

(Beifall von der CDU)

Manche haben mir gesagt: Im Sauerland gibt es keinen Zoo, deshalb konnten die Kinder das Zoospiel nicht bestehen. – Es ist doch absurd, was an Argumenten vorgetragen wird, und es unterschätzt nebenbei unsere Erzieherinnen und Erzieher, es unterschätzt die Lehrerinnen und Lehrer, als wenn sie nicht wüssten, welches Kind Sprachförderung bekommen soll, wo wir individuell fördern können und wo wir für Kinder in diesem Lande neue Chancen schaffen.

Frau Kollegin Sommer und ich werden natürlich für das Jahr 2008 eine Analyse machen. Wir werden das Spiel ab November verbessern, präzisieren und was auch immer erforderlich ist, aber wir werden von einem nicht ablassen – da können Sie so viel schreien, wie Sie wollen –: neue Bildungschancen für Kinder zu schaffen, was Sie hier niemals geschafft haben.

(Anhaltender Beifall von CDU und FDP)

Danke schön, Herr Minister. – Für die SPD-Fraktion spricht nun Frau Hendricks.

(Achim Tüttenberg [SPD]: Aber warum sind denn so wenige von Ihnen da, wenn das so wichtig ist?)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kollegen und Kolleginnen! Ja, Herr Laschet, Sie haben recht.

(Beifall von CDU und FDP)

Aber Sie haben nicht in allem recht, Herr Laschet. Das werde ich Ihnen auch gleich darlegen. Sie haben recht damit, dass es PISA zu verdanken ist, dass Sprachförderung als vorrangiges Ziel erkannt wurde. PISA hat in der deutschen Bildungslandschaft wie ein Tsunami gewirkt. Nach den mäßigen Ergebnissen in den deutschen Ländern – nicht nur in Nordrhein-Westfalen – bei den internationalen Leistungsuntersuchungen haben die Länder in der KMK vereinbart, zukünftig Sprachförderung in den Vordergrund zu stellen. Deshalb heißt es auch in einem Papier der KMK aus dem Jahre 2002: