Protocol of the Session on May 3, 2007

Bitte schön, Herr Kollege.

Jetzt – das gilt selbstverständlich auch für die CDU-Fraktion – muss genau geprüft und beantwortet werden, ob die individuellen Rechte der einzelnen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer deutlich gestärkt werden sollen, zum Beispiel durch die mitbestimmungsfreie Änderung bzw. Gestaltung des Arbeitsvertrages oder der Nebenabreden.

Ist es denn wirklich eine Einschränkung der Arbeit des Personalrates, wenn vollzeitige Freistellungen unterhalb der Schwelle von 300 Mitarbeitern und oberhalb der nun neuen Zwölf-Stunden-Regelung nur dann erfolgen dürfen, wenn dazu auch ein Anlass besteht? Weitere Fragen sind, wie sich die Herabzonung der Mitbestimmung zur Mitwirkung bei Kündigungen in der Praxis verhält zu der erheblichen Erweiterung der Rechte des Einzelnen, bei entsprechendem Verlangen bis zur rechtskräftigen Beendigung des Kündigungsschutzprozesses weiterbeschäftigt zu werden, und ob es wirklich der Sache nicht mehr förderlich ist, wenn man beispielsweise auf die förmliche Erörterung verzichtet, wenn die Erörterung auch ohne gesetzliche Regelung bis zur Entscheidung jederzeit möglich ist.

Es ist doch nicht ernsthaft in Abrede zu stellen, dass ein Mitarbeiter im Rahmen seines Dienstvertrages oder seiner gesetzlich normierten Dienstverpflichtung und im Rahmen seiner Ausbildung und Befähigung innerhalb einer Behörde oder eines Dienstortes umgesetzt werden kann. Es wird allerdings – das wird die Ausschussberatung aufgreifen müssen – auf die Frage zu rekurrieren sein, welchen Einfluss die Personalräte auf die Besetzung der Stellen haben werden und wer überprüft, ob es sich um eine Umsetzung oder um eine Versetzung handelt.

Selbstverständlich ist zu klären, warum eine Dienstvereinbarung während ihrer Laufzeit einseitig aufgehoben werden soll, wenn eine gemeinwohlorientierte Staatstätigkeit dies angezeigt erscheinen lässt. Diese verfassungsrechtliche Vorgabe ist kein Anlass zum Streit, weil sie nach unserer Auffassung ein absoluter Ausnahmefall, der übrigens weit über den juristisch definierten „wichtigen Grund“ hinausgeht, ist und gesetzlich geregelt werden muss.

Es ist doch selbstverständlich so, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der öffentlichen Verwaltung, übrigens anders als in der Privatwirtschaft – Stichwort: Betriebsverfassungsgesetz –, immer dem Gemeinwohl verpflichtet sind und selbstverständlich auch Dienstvereinbarungen dem Gemeinwohl entsprechen müssen.

Meine Damen und Herren, es gibt noch viele weitere Einzelfragen und Beispiele, die im Rahmen der Einbringung des Gesetzentwurfs nicht alle behandelt werden können. Wie gesagt: Das ist Ausschussarbeit; auf die wir uns freuen. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Preuß. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt Frau Abgeordnete Düker das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Preuß, auf die Beratung würde ich mich an Ihrer Stelle nicht freuen; denn das wird für Sie noch ganz heftig werden, und das zu Recht.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Die Geschichte des LPVG bis zu dieser ersten Lesung ist schon lang. Sie ist seitens der Regierung von Fehlinformation und Täuschung gekennzeichnet. Das finde ich ziemlich schlimm.

(Beifall von der SPD)

Die erste Täuschung ist, dass auch jetzt wieder im Gesetzentwurf die Problemdarstellung der Umsetzung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum schleswig-holsteinischen Mitbestimmungsgesetz als Grund für die Reform angeführt wird. Richtig ist: Die Bundesverfassungsgerichtsentscheidung – das muss man noch einmal ganz klar sagen – gibt tatsächlich vor, dass die Letztentscheidungsbestimmungsbefugnisse des Dienstherrn, gegebenenfalls auch auf NRW übertragbar, hier und da zu überarbeiten sind, aber – und das verschweigen sie – erstens nicht in dieser völlig überzogenen Form, wie Sie es tun, und zweitens hat dies nichts, aber auch gar nichts mit der Tabula rasa beim Abbau von Mitbestimmungsrechten zu tun, wie bei der Privatisierung, bei den Personalmaßnahmen schon ab A 16 anstatt ab B 3 oder sogar – das ist der Kernpunkt der Kritik an diesem Gesetz – bei der Abschaffung des Erörterungsverfahrens.

Letzteres, Herr Minister, wird auch von etlichen Ihrer Kabinettskollegen – unter anderem von der

Kollegin Justizministerin Müller-Piepenkötter – als falsch bewertet – die Stellungnahme kann ich Ihnen gerne vorlegen, und die kennen Sie auch, Herr Palmen –, also nicht nur von den Gewerkschaften, Verbänden und den üblichen Verdächtigen. Denn gerade das Erörterungsverfahren, meine Kolleginnen und Kollegen von der CDU, stärkt – und schwächt nicht – eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Dienststelle und Personalvertretung.

(Beifall von der SPD)

Es führt in fast allen Fällen – reden Sie doch einmal mit den Personalräten – zu einer gütlichen Einigung im Konsens.

Was gibt es denn, bitte schön, Moderneres als so ein effizientes Konfliktregelungsverfahren? – Herr Preuß, darauf geben Sie nie eine Antwort. Auch heute haben Sie in Ihren pathetischen Ausführungen keine Antwort darauf gegeben. Es gibt schlichtweg keine Begründung dafür, dies abzuschaffen. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind dann motiviert, wenn man ihre Interessen wirklich ernst nimmt und sie einbindet, und zwar auf Augenhöhe. Demokratie kann und darf aus unserer Sicht nicht vor Behördentüren haltmachen. Auch dies dient insbesondere zur Motivation von Beschäftigten.

Die zweite Täuschung der Öffentlichkeit und Fehlinformation zum Verfahren ist, dass Sie durch die öffentliche Verlautbarung suggerieren, dass Sie die Beteiligten – sprich: Gewerkschaften, Verbände und Personalräte – eingebunden haben.

Die dreisteste Fehlinformation steht in der Antwort auf eine Kleine Anfrage der Kollegin Ute Schäfer Drucksache 14/4170. Von der Landesregierung wird zu den Verfahrensfragen ausgeführt – ich zitiere –:

„Von Beginn der Meinungsbildung innerhalb der Landesregierung an wurden Einzelgespräche mit allen Gewerkschaften geführt, in denen die Grundzüge des nun vorliegenden Entwurfs frühzeitig und unter Außerachtlassen des für einen späteren Zeitpunkt vorgesehenen förmlichen Beteiligungsverfahrens zur Kenntnis gegeben und intensiv diskutiert wurden. Erfahrungen und Erkenntnisse aus diesen Gesprächen sind in den Beratungsprozess eingeflossen.“

Ja, bitte schön: Wo denn? – Und weiter:

„Nicht in allen Punkten konnte Einvernehmen erzielt werden; es war jedoch immer die Absicht der Landesregierung, eine möglichst breite Akzeptanz der Reformvorhaben durch die Verbände zu erreichen.“

Liebe Kolleginnen und Kollegen, was geblieben ist, ist nicht breite Akzeptanz, sondern breitester Protest, und zwar durch die ganze Landschaft. Das ist das Ergebnis. Diese Darstellung ist schlicht falsch.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Dies wurde vom Ministerpräsidenten versprochen, aber überhaupt nicht eingehalten. Spitzengespräche, die versprochen wurden, fanden ohne Spitzen statt.

(Theo Kruse [CDU]: Das ist falsch, Frau Dü- ker!)

Gewerkschaften wurden nicht eingebunden. Genau deswegen gibt es zu Recht diesen Protest, weil sich die Leute schlicht verarscht fühlen, um es einmal ganz deutlich auf den Punkt zu bringen.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Einen weiteren Höhepunkt beim Abbau von Mitbestimmungsrechten finden wir beim PEM – Personaleinsatzmanagement. Man könnte auch sagen: Personalabbaumanagement.

(Zuruf von Theo Kruse [CDU])

Weitere Abweichungen von Mitbestimmungsrechten im PEM-Gesetzentwurf sind nur damit zu begründen, dass man diese Beschäftigten als Verschiebemasse zu Beschäftigten zweiter Klasse degradiert, denen jeglicher personalvertretungsrechtlicher Schutz verweigert wird, sodass hier ein Personalvertretungsrecht zweiter Klasse durch die Hintertür eingeführt wird. Auch das wird in der Debatte oft verschwiegen und sollte noch einmal gesagt werden.

Meine Forderung an die Koalitionsfraktionen und vor allen Dingen auch an die Regierung ist: Seien Sie in der Debatte wenigstens ehrlich! Sagen Sie, worum es geht. Dann versuchen wir, auf einer sachlichen Ebene zu diskutieren, und in ganz vielen Ihrer Vorschläge wird sich zeigen, dass sie nicht modern sind, dass sie nicht zum Bürokratieabbau führen, dass sie auch nicht effizient sind, sondern dass es schlicht um Demokratie- und Mitbestimmungsrechteabbau geht, der für die Verwaltungsabläufe überhaupt nichts Positives, dafür aber viel Negatives für die demokratische Mitbestimmungskultur in unserem Land bringt. Das schreibt Ihnen auch die CDA ins Stammbuch. Herr Kruse, Herr Preuß, ich zitiere aus einem Schreiben der CDA-Basis vom Ende letzten Jahres:

„Wir bitten darum, unsere Bedenken nicht auf die leichte Schulter zu nehmen. Bei einem Au

gen-zu-und-Durch in dieser Frage steht die Glaubwürdigkeit der CDU auf dem Spiel.“

(Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: So ist es!)

Es grüßt „aus Verbundenheit zum Menschenbild unserer Partei“ Therese Viehof von der Basis der CDA.

Nehmen Sie das doch ernst, Herr Preuß!

(Beifall von den GRÜNEN)

Sie können so etwas doch nicht völlig ignorieren und Ihr sozialpolitisches Mäntelchen der CDA weiter zu völliger Unglaubwürdigkeit degradieren. Das nimmt irgendwann überhaupt niemand mehr ernst. Unter diesem Mäntelchen versteckt sich auch Herr Rüttgers immer gerne.

(Theo Kruse [CDU]: Kümmern Sie sich um Ihre Partei, dann haben Sie genug zu tun!)

Demokratie ist in unserer Partei gut ausgeprägt. Da brauche ich mir keine Gedanken zu machen. Ich lade Sie gerne einmal zu einem Parteitag der Grünen ein, dann können Sie sehen, wie Demokratie und Mitbestimmung funktionieren. Da wird nicht von oben herunter diktiert, sondern von der Basis mitbestimmt.

(Beifall von den GRÜNEN)

Ich könnte noch viele Punkte aufzählen, belasse es aber dabei: Dieser Gesetzentwurf findet unsere Zustimmung nicht. Kehren Sie zurück zu einem Miteinander. Es sind 500.000 Beschäftigte in diesem Land, um deren Rechte es geht. Nehmen Sie diese ernst, ignorieren Sie diese Debatte nicht und kehren Sie um. Herr Preuß, nehmen Sie bitte ernst, was im Moment im Lande passiert. – Danke schön.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Düker. In Ihrem Redebeitrag hat sich ein Wort befunden, von dem wir anhand des Wortprotokolls noch prüfen, ob es nicht doch zu den unparlamentarischen Ausdrücken gehört und entsprechend geahndet werden muss. Diese Prüfung behalten wir uns vor. Entsprechend werden wir darauf zurückkommen.

Ich erteile für die FDP-Fraktion dem Abgeordneten Engel das Wort. Bitte schön, Herr Engel.

Horst Enge*)l (FDP): Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Das Thema Landespersonalvertretungsgesetz ist nun vielfach diskutiert worden. Es gab Lob und auch Tadel – das ist hier

hinreichend vorgetragen worden – zur ersten Lesung.

(Zurufe von der SPD: Lob habe ich nicht ge- hört! Wo gab es denn Lob?)