Protocol of the Session on March 29, 2007

Die Koordination, Kooperation und gegebenenfalls auch Fusion von Krankenhäusern wird dadurch erleichtert, dass wir das im jetzigen Gesetz für den Fall eines Zusammenschlusses enthaltene Verbot von gleichen Fachdisziplinen an unterschiedlichen Standorten aufheben.

Fünftens. Die Bettenorientierung der pauschalen Investitionsförderung muss aufgegeben werden. An ihre Stelle soll das Fördersystem treten, das Karl-Josef Laumann dargestellt hat. Damit würde die Investitionsförderung auf eine Strukturkomponente mit wegweisendem Charakter umgestellt. Wir freuen uns über die positive Resonanz, auf die dieses Vorhaben gestoßen ist.

Sechstens. Der Minister hat es gesagt: Bei einer solchen Umstellung wird es Gewinner und Verlierer geben. Dass die so ausfallen, wie das in irgendwelchen Listen steht, bezweifle ich, weil diese Listen eine virtuelle Berechnung auf der Basis von Daten von 2005 zu sein scheinen.

(Barbara Steffens [GRÜNE]: Virtuell nicht!)

Es kann sich ja durchaus bis zum Jahr 2011, wenn die letzte Tranche dann wirksam wird, in der Wirklichkeit noch sehr viel ändern. Ich wäre vorsichtig, das alles schon in Bilanzen einzukalkulieren. Wir sind in der Anhörung oder im direkten Dialog mit den Beteiligten auch für Veränderungen im Detail offen. Aber eine Rückkehr zu dem althergebrachten System bettengestützter Förde

rung nach dem Motto „extra Geld fürs Extrabett“ wird es mit Sicherheit nicht geben.

Siebtens. Ein unverzichtbares Merkmal guter Krankenhausqualität ist die Unabhängigkeit der für die Behandlung verantwortlichen Ärztinnen und Ärzte. In der Untersuchung und Behandlung von Patientinnen und Patienten darf keine Bindung der verantwortlichen Ärzte an fachfremde Weisungen erfolgen. Die Koalition hält deshalb daran fest, dies im Gesetz zu regeln. Wir halten diese auch bisher gültige Bestimmung des bisherigen Krankenhausgesetzes für sehr wesentlich. Wir wollen helfen, dass der medizinische Sinn und die Patientenorientierung der Krankenhäuser nicht unter die Räder einer rein ökonomischen Zielsetzung geraten.

Achtens. Es ist eine gute Entscheidung, auf deklaratorische Selbstverständlichkeiten, die inzwischen entbehrlich sind, zu verzichten. Beispiele dafür sind genannt worden. Wir haben nicht die Meinung, dass da alle Punkte schon in Stein gemeißelt sind. Aber es bedürfte schon sehr starker Argumente, damit sich in diesen Punkten noch etwas ändert.

Den Vorschlag, dass die Krankenhäuser ihre Behandlungsergebnisse publizieren sollen, halten wir für bemerkenswert und interessant. Wir wollen ihm gerne im Ausschuss nachgehen, weisen allerdings auf die bundesrechtliche Gestaltung dieser Fragen hin.

Neuntens. Mit Interesse haben wir Wünsche aus der Kinderheilkunde gehört, dass der Landesgesetzgeber festlegen soll, dass alle Kinder und Jugendlichen regelhaft in speziellen Fachabteilungen bzw. Kliniken für Kinder- und Jugendmedizin betreut werden sollen. Wir haben viele Fragen zu diesem Konzept. Wenn es medizinische Überlegungen im Sinne einer bestmöglichen Versorgung erfordern, muss es möglich sein, Kinder auch in Erwachsenenstationen aufzunehmen und zu behandeln. Hier geht die Behandlung einem theoretischen Konzept vor. Aber wir gehen dem gerne noch einmal in den Ausschussberatungen nach.

Abschließend möchte ich sagen: Wir schließen natürlich nicht aus, dass die Weiterentwicklung des Bundesrechts in einiger Zeit auch für das Krankenhausgesetz Nordrhein-Westfalen neuen Anpassungsbedarf auslöst. Wenn ich mir die Debatte um duale und monistische Finanzierung auf Bundesebene angucke und sehe, dass die Gesundheitsminister in ihrer Konferenz am 8. März auf Initiative Nordrhein-Westfalens die Tür zu einer Weiterentwicklung zu einem bundeseinheitlichen Basisfallwert aufgestoßen haben, sind das

alles Entwicklungen, über deren Konsequenzen man zu gegebener Zeit diskutieren muss.

Ich habe schon an anderer Stelle zur Diskussion gestellt, ob die Mittel der Einzelförderung nicht komplett auf die pauschale Förderung übertragen werden sollen, weil dann das zugewendete Geld beim jeweiligen Krankenhaus zum frühestmöglichen Zeitpunkt ankäme und dort verwendet werden könnte. Eine solche Überlegung ist wichtig genug, dass wir auf jeden Fall prüfen sollten, ob bzw. wann ein solcher Vorschlag ohne Änderung der Bundesgesetzgebung realisiert werden könnte.

Die CDU-Landtagsfraktion stimmt der Überweisung in die Ausschüsse zu. Wir wollen das Gesetzgebungsverfahren im Herbst abschließen und das neue Krankenhausgestaltungsgesetz zum 1. Januar 2008 in Kraft setzen. Das ist wichtig, damit allen genügend Zeit bleibt, sich auf das neue Recht einzustellen. – Ich danke Ihnen, dass Sie mir zugehört haben.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Henke. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt Frau Kollegin Steffens das Wort.

(Minister Karl-Josef Laumann: Ich bin ge- spannt, was die jetzt sagt! – Sylvia Löhr- mann [GRÜNE]: Sie sollten immer gespannt sein, was sie sagt!)

Darauf sind Sie doch immer gespannt, Herr Minister.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben heute die erste Beratung zu einem sehr umfassenden Gesetz. Vorab kann ich sagen, dass schon Rot-Grün diesen Weg in der Vergangenheit eingeschlagen hatte. Es ist klar, dass man mit der Umstellung auf DRG vom bisherigen Finanzierungskonzept weg muss. Wir können nicht einfach weiter Betten finanzieren. Wir müssen zu einem neuen Finanzierungskonzept kommen. Trotzdem gibt es bei dem jetzt vorgelegten Gesetzentwurf natürlich auch eine Reihe von Fragezeichen. Aber dafür haben wir den anstehenden Beratungsprozess.

Uns Grünen ist ganz wichtig, dass die Daseinsvorsorge und die Grundversorgung bei den Krankenhäusern in der Fläche sichergestellt sind. Es gibt noch das eine oder andere Fragezeichen, ob das mit diesem Krankenhausgesetz möglich ist. Für uns ist nicht nur wichtig, dass das nur im länd

lichen Raum in der Fläche sichergestellt ist, sondern auch in städtischen Ballungsgebieten mit Zeit und Tempo. Denn wir wissen, dass gerade bei manchen Akuterkrankungen nur kurze Wege möglich sind. Das muss auch in Ballungsgebieten der Fall sein. Wir brauchen also eine Dichte an Häusern, die diese Versorgung wirklich sicherstellt.

Häuser mit einem breiten medizinischen Leistungsangebot sind darauf angewiesen, laufend sehr hohe und umfangreiche Investitionen zu tätigen. Dass diese Häuser in dem System von knappen Fallpauschalen bei diesem Gesetzentwurf überleben können, sehen wir noch nicht so ganz.

(Beifall von den GRÜNEN)

Aber auch darüber hinaus habe ich bei dem einen oder anderen Punkt noch Fragen. Ich habe das Gefühl, dass das jetzige System noch nicht wirklich ausgereift ist. Wir haben zum Beispiel in Bezug auf die Abschreibungen für kurz- und mittelfristige Anlagegüter noch Probleme. Vor allen Dingen werden Fachabteilungen mit hohem Wiederbeschaffungsaufwand und einem niedrigen Casemix – also die Gynäkologie und die Pädiatrie – benachteiligt. Hier gibt es hohe Anschaffungskosten, aber einen geringen Casemix. Hier brauchen wir für die Finanzierung einen Korrekturfaktor, weil die Finanzierung nach der Zahl belegter Betten und der Schwere des Falls gerade hier nicht ausreicht.

Auch der Kollege Bischoff hat eben gesagt, dass wir auf jeden Fall keine veränderte Krankenhauslandschaft in NRW in dem Sinne haben wollen, dass wir hinterher keine Trägervielfalt mehr haben. Wenn wir uns einen Teil der Listen, die in der Öffentlichkeit breit diskutiert und in einigen Medien abgedruckt worden sind, angucken, stehen gerade die kommunalen Krankenhäuser auf der Verliererseite.

Gleichzeitig werden sie durch eine andere Beteiligung an der Finanzierung mit der Erhöhung von 20 % auf 40 % noch mehr zur Kasse gebeten. Wir sehen das Problem, dass die Trägervielfalt bei den kommunalen Krankenhäusern an der einen oder anderen Stelle massiv infrage gestellt ist. Herr Dr. Stefan Articus hat dazu für die Kommunen klar Stellung bezogen und diese Gefahr auch schon angemahnt. Ich denke, darüber werden wir diskutieren müssen.

Wir werden aber auch noch darüber reden müssen – das hat der Kollege Bischoff vorhin auch schon angesprochen –, dass die Pflegedienstleitung nach Ihrem Gesetzentwurf aus der Betriebsleitung heraus soll. Das halten wir für ein extre

mes Problem. Das Gleiche diskutieren wir bei den Unikliniken. Das ist kein sinnvoller Weg. Hier müsste man das Gesetz deutlich korrigieren.

Wir haben aber auch eine Menge von anderen Fragen, etwa: Welche Perspektiven sind eigentlich für kleine Krankenhäuser in ländlichen Regionen, etwa Portalkliniken, Gesundheitszentren oder eine Bündelung von stationärer und ambulanter Versorgung, vorgesehen? Das ist aus dem Gesetzentwurf nicht wirklich ersichtlich. Auch eine Weiterentwicklung und Verbesserung der integrierten Versorgung ist für mich bei diesem Gesetzentwurf überhaupt nicht zu erkennen. Das waren gerade Ansatzpunkte, die unter Rot-Grün gemeinsam massiv vorangetrieben worden sind und in der Krankenhauslandschaft unumstritten waren.

Zu den Listen möchte ich auch noch das eine oder andere sagen. Ich finde, dass das im weiteren Verlauf der Diskussion nichts direkt mit dem Krankenhausgesetz zu tun hat. Natürlich ist es sinnvoll, dass ein Ministerium seinen eigenen Gesetzentwurf durchrechnen lässt. Es ist immer sinnvoll, wenn man weiß, welche Auswirkungen ein Gesetz hat.

Wenn wir uns jetzt anschauen, was das Durchstechen dieser Listen bedeutet, kann ich nur sagen: Es wäre doch gut, wenn der Minister auf solche Daten, die extrem sensibel sind, ein bisschen besser aufpasst und sie nicht in der Art und Weise durchstechen lässt, wie es jetzt passiert ist.

(Beifall von der SPD)

Daher gibt es eine Menge Fragen, die im Detail diskutiert werden müssen, und eine Menge Forderungen, die aus unserer Sicht nachgebessert werden.

(Minister Karl-Josef Laumann: Ja, ja, ja!)

Herr Minister Laumann, wichtig wird vor allen Dingen die Diskussion um den Korrekturfaktor, den auch die Krankenhausgesellschaft und andere fordern und der die Daseinsvorsorge, die flächendeckende Grundversorgung und die Trägervielfalt wirklich sicherstellt.

(Minister Karl-Josef Laumann: Nein!)

Darüber werden wir diskutieren müssen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Sie hatten sich eben gefreut, als Herr Henke gesagt hat: „Lieber Karl-Josef Laumann …“ Herr Minister, wenn Sie im Laufe dieses Prozesses die eine oder andere Korrektur in die richtige Richtung mit uns machen, werden wir als Opposition bei der Beschlussfassung des Gesetzes auch sa

gen: „Lieber Karl-Josef Laumann …“ Daher wird es ganz von Ihnen abhängig, wie freundlich wir als Opposition mit Ihnen umgehen. Die Türen sind dafür auf jeden Fall offen.

(Beifall und Heiterkeit von den GRÜNEN – Lachen von der CDU – Minister Karl-Josef Laumann: Das ist ein Anreiz! – Zuruf von Sylvia Löhrmann [GRÜNE] – Weitere Zurufe)

Vielen Dank, Frau Kollegin Steffens. – Für die Fraktion der FDP hat nun der Kollege Dr. Romberg das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr verehrte Damen und Herren! Selten ist ein so wichtiges Reformwerk, das die Landesregierung einbringt, im Grundsatz so wenig umstritten wie dieses neue Krankenhausgesetz. Das zeigt die Qualität dieses Gesetzentwurfs.

(Beifall von FDP und CDU)

Dass die generelle Umstellung vom Grundsatz der Abkehr von der reinen Bettenförderung her von allen Fraktionen mitgetragen wird, zeigt, dass das ein richtiger und wichtiger Schritt ist, um die Krankenhauslandschaft langfristig zu stabilisieren.

(Barbara Steffens [GRÜNE]: Das haben wir auch schon gefordert! – Weitere Zurufe)

Herr Bischoff, auch ich finde es richtig, dass wir eine Trägervielfalt haben, die erhalten werden soll. Ich denke, dass sie unter den jetzigen Voraussetzungen erhalten bleibt, weil sie bereichernd wirkt.

Bei Ihrer Argumentation kann ich die Zusammensetzung der Betriebsleitung nicht unterschreiben. Ein Staat muss sie nicht vorschreiben. Das hat nichts mit Ärztelobby zu tun. Das ist ein Stück mehr Freiheit für Krankenhäuser und weniger Staat. Das ist der richtige Weg, den wir mit diesem neuen Krankenhausgesetz gehen wollen.

Auch bei der Qualitätstransparenz und bei den verbraucherfreundlichen Informationen, die für potenzielle Patienten dringend erforderlich sind, wenn sie ein Krankenhaus betreten, sind wir im weiteren Gesetzgebungsverfahren sehr diskussionsfreudig.

Der vorliegende Gesetzentwurf ist eine gute Grundlage, um eine flächendeckende und wohnortnahe Versorgung mit Krankenhausleistungen in NRW langfristig sicherzustellen. Jeder Mensch soll auch in Zukunft darauf zählen können, dass ihm bei gesundheitlichen Problemen, die der sta

tionären Behandlung bedürfen, ebenso schnell wie wirksam geholfen wird. Das gilt insbesondere für die Notfallversorgung, aber natürlich auch für die planbaren Eingriffe und Therapien bis hin zur Palliativbehandlung und -pflege.