Protocol of the Session on January 25, 2007

Wenn wir unsere Führungsrolle behalten wollen, müssen wir gegen die Luftverschmutzung vorgehen und die technologische Spitzenposition, die wir heute noch in der Welt haben, festigen und ausbauen.

Die Bedeutung des Luftverkehrs für das wirtschaftliche Wachstum und den Wohlstand in einer globalisierten und arbeitsteiligen Gesellschaft ist unbestritten. Die Emissionen des Luftverkehrs tragen jedoch dazu bei, dass der vom Menschen verursachte Klimawandel weitergeht. Ich weiß, dass die FDP das wieder bestreiten wird, auch wenn Herr Ellerbrock nicht da ist.

(Holger Ellerbrock [FDP]: Hallo!)

Ach, Herr Ellerbrock ist doch da. – Also: Auch wenn Herr Ellerbrock der Überzeugung ist, es gibt keinen vom Menschen verursachten Klimawandel, müssen wir einfach den Fakt zur Kenntnis nehmen, dass die Emissionen zum Klimawandel beitragen und es den Klimawandel gibt.

(Beifall von den GRÜNEN)

Auf internationaler Ebene gibt es zurzeit von verschiedenen internationalen Organisationen Diskussionen darüber, mit welchen Instrumenten wir die Umweltziele erreichen und gleichzeitig die wirtschaftlichen Ziele optimal realisieren können.

Inzwischen ist unumstritten, dass der Handel mit Emissionsrechten dabei die ökonomisch effizienteste und auch ökologisch am meisten anerkannte Art und Weise ist, damit umzugehen. Demzufolge ist die Einbindung des Luftverkehrs nichts anderes als sinnvoll; es ist sinnvoll, eine Verknüpfung mit dem System des Emissionshandels, das schon funktioniert, herzustellen. Mit dem Emissionshandel für den Flugverkehr kann es gelingen, sowohl die Transaktionskosten zu senken als auch feste Umweltziele zu erreichen, ohne das Wachstum des Luftverkehrs zu behindern.

Deswegen begrüßt die SPD-Fraktion die Intention, den Flugverkehr in den Emissionshandel einzubeziehen, ausdrücklich. Es muss darum gehen, den Ausstoß von Kohlendioxyd zu begrenzen, ohne gegen den Luftverkehr vorzugehen. Wir dürfen uns da nicht verkämpfen. Wir müssen darauf achten, den Luftverkehr nicht zu behindern, sondern Investitionen in moderne Flugzeuge und Triebwerke zu belohnen. Wir müssen dafür sorgen, dass langfristig die Fluglinien im Vorteil sind,

die eine sehr moderne Flotte haben und mit möglichst niedriger Umweltbelastung fliegen. Damit können wir die Wertschöpfung für eine neue Technologie nach Deutschland holen und gleichzeitig Arbeitsplätze sichern und schaffen.

Wir müssen daher bei allen Maßnahmen, die wir diskutieren, ganz genau prüfen, was hinten rauskommt,

(Beifall von der SPD)

und zwar für die Umwelt, die Arbeitsplätze und die Wirtschaft bei uns im Lande. Denn für NordrheinWestfalen stellt sich schon die Frage, ob wir zukünftig nur noch Einzugsbereich oder auch Luftverkehrsstandort sein sollen. Deswegen muss unsere Umwelt-, Verkehrs- und Wirtschaftspolitik darauf abzielen, den Luftverkehrsstandort NRW zu stärken und zukunftsfähig zu machen und in moderne Technologien zu investieren.

Wir müssen den Emissionshandel im Luftverkehr weltweit einheitlich regeln. Das ist wohl auch möglich. Wir tun das bei der Flugsicherheit und bei den Lufttransporten schon seit Jahrzehnten. Deswegen muss es uns auch gelingen, den Emissionshandel international zu regeln.

(Beifall von der SPD)

Die europäische Ebene kann für uns nur ein Anfang sein. Letztendlich müssen wir internationale Standards vereinbaren.

Dennoch werden wir uns bei dem Antrag enthalten, weil zwar die Richtung stimmt, aber jetzt klar, einheitlich und schnell gehandelt werden muss. Der Antrag fordert eine Menge Nachbesserungen. Wir sind davon überzeugt, dass dadurch die dringend notwendigen Aktivitäten zeitlich hinausgezögert würden.

Wir setzen uns über den Bundestag dafür ein, im Rahmen der EU-Präsidentschaft die Fluggesellschaften in den Emissionshandel einzubeziehen. Wir sehen die Chance, in den nächsten sechs Monaten der EU-Ratspräsidentschaft insoweit voranzukommen. Wir setzen auf den Bericht, der von der Internationalen Zivilen Luftfahrtorganisation zum Klimaschutz angekündigt worden ist. Wir glauben an ein Gelingen auf Bundesebene in den nächsten Monaten, sodass wir den vorliegenden Antrag nicht brauchen. – Ganz herzlichen Dank.

(Beifall von der SPD)

Herzlichen Dank, Frau Kollegin Schulze. – Für die FDP-Fraktion spricht Herr Rasche.

(Bodo Wißen [SPD]: Der große Umweltpoliti- ker!)

Danke für das Kompliment, lieber Kollege Wißen. – Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! In sturmreichen Zeiten ist der Klimaschutz ein medienwirksames Thema. Mit überzogenen und unhaltbaren Behauptungen mögen die Grünen morgen einige Schlagzeilen produzieren. Aber damit packen sie weder das Problem an noch lösen sie es.

Die Europäische Kommission geht davon aus, dass der Anteil des Luftverkehrs an der Gesamtmenge der Treibhausgasemissionen etwa 3 % beträgt. Der Luftfahrtindustrie ist es in der Vergangenheit gelungen, die Auswirkungen des zunehmenden Luftverkehrs insbesondere durch technische Verbesserungen zu begrenzen. So sind die auf den internationalen Luftverkehr zurückzuführenden Treibhausgasemissionen deutlich geringer gestiegen als das Luftverkehrsaufkommen in der EU. Dennoch haben die ökologischen Belastungen durch den gestiegenen Luftverkehr in den letzten Jahren erheblich zugenommen.

Selbstverständlich müssen die Abgasemissionen im Luftverkehr in Zukunft reduziert werden. Dazu ist der Emissionshandel im Sinne des KyotoProtokolls auch aus Sicht der FDP ein erfolgversprechendes Instrument. Es ist geeignet, verbindliche und anspruchsvolle ökologische Ziele zu erreichen und zugleich die Emission klimaschädlicher Gase so kostengünstig wie möglich zu verringern. Dabei macht es Sinn, möglichst alle relevanten Treibhausgasquellen, also auch den Luftverkehr, in den Emissionshandel einzubeziehen.

Den Schutz der Erdatmosphäre muss man global angehen. Diese Aufgabe erfordert weltweit ansetzende Maßnahmen der internationalen Staatengemeinschaft. Klimaschädliche Gase machen nicht vor den Grenzen der Europäischen Union und schon gar nicht vor den Grenzen Deutschlands halt.

Für den Klimaschutz wäre überhaupt nichts gewonnen, wenn der internationale Flugverkehr nicht mehr über Frankfurt oder London abgewickelt würde, sondern über Kairo und Dubai. Die einzige Folge einer europäischen Insellösung wäre, dass die Luftverkehrswirtschaft in Deutschland und Europa sowie der Wirtschaftsstandort Europa empfindliche Wettbewerbsnachteile erleiden würden. Erforderlich ist eine weltweite und keine europäische Lösung.

Schaut man sich den Antrag der Grünen näher an, stellt man schnell fest, dass es hier gar nicht

um Klimaschutz geht. Mit dem Vorschlag der EUKommission zur Einbeziehung des Luftverkehrs in den Emissionshandel haben sie lediglich einen neuen Ansatzpunkt für ihre ideologisch motivierte Anti-Luftverkehrs-Politik gefunden.

(Beifall von FDP und CDU)

Meine Damen und Herren, der Antrag der Grünen besteht überwiegend aus völlig überzogenen und wissenschaftlich unhaltbaren Behauptungen.

(Widerspruch von Horst Becker [GRÜNE])

Damit ist dieser Antrag überhaupt keine sachliche Grundlage, um über die Auswirkungen des Luftverkehrs auf den Klimawandel zu diskutieren, Herr Becker.

(Beifall von FDP und CDU)

Die Vorstellungen der Grünen führen dazu, dass die Bürgerinnen und Bürger für einen Interkontinentalflug einen um 215 € höheren Ticketpreis bezahlen müssen. Doch das reicht den Grünen noch längst nicht aus. Sie fordern zudem höhere Start- und Landegebühren sowie die Einführung einer Kerosinsteuer.

Meine Damen und Herren, Tausende von Arbeitsplätzen und der Wirtschaftsstandort Deutschland – hier natürlich ganz besonders NordrheinWestfalen – spielen für die Grünen keine Rolle.

Wir werden ihnen auf ihrem ideologischen Kriegszug gegen den Luftverkehr nicht folgen. Wir wollen durch weltweite Ansätze – da hat Frau Schulze Recht – die Reduzierung der Abgasemissionen im Luftverkehr erreichen. Insellösungen, wie sie von den Grünen gefordert werden, verlagern den Luftverkehr, kosten Arbeitsplätze und belasten den Wirtschaftsstandort. Für den Klimaschutz bringen diese Insellösungen überhaupt nichts, meine Damen und Herren. – Vielen Dank.

(Beifall von FDP und CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Rasche. – Jetzt hat Frau Ministerin Thoben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Klimaschutz ist für uns ein wichtiges politisches Ziel. Wir unterstützen daher die Bundesregierung in ihren Bemühungen, das nationale Klimaschutzziel – Reduzierung der Treibhausgasemissionen um 21 % bis 2012 – im Rahmen des europäischen Emissionshandels zu realisieren. Das gilt sowohl für die seit 2005 dem Emissionshandel unterliegende Industrie und E

nergiewirtschaft in Nordrhein-Westfalen als auch für die nicht emissionshandelspflichtigen Sektoren, insbesondere die Haushalte und den Verkehr.

Die besondere Herausforderung liegt für uns darin, einen anspruchsvollen Klimaschutz zu verwirklichen, Wettbewerbsverzerrungen zum Nachteil der nordrhein-westfälischen Wirtschaft zu vermeiden und hier zugleich Arbeitsplätze zu sichern und neu zu schaffen.

Am 20. Dezember 2006 hat Umweltkommissar Dimas den Richtlinienvorschlag zur Einbeziehung des Luftverkehrs in den europäischen Emissionshandel vorgelegt. Danach will die Kommission den Luftverkehr in zwei Schritten in den bestehenden Emissionshandel einbeziehen. Im ersten Schritt sollen ab 2011 innergemeinschaftliche Flüge erfasst werden, im zweiten Schritt ab 2012 alle auf europäischen Flughäfen startenden und landenden Flugzeuge.

Der vorliegende Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zielt darauf ab, den Landtag aufzufordern, gegenüber dem von der Europäischen Union Geplanten noch eine weitere Verschärfung der Richtlinien zulasten des Luftverkehrs innerhalb der EU vorzunehmen. Diese Forderungen werden mit zum Teil unrichtigen, zum Teil behaupteten, aber nicht belegten und zum Teil vermuteten und unterstellten Annahmen zum Luftverkehr begründet.

So ist zum Beispiel die pauschale Aussage, das Flugzeug habe von allen Verkehrsmitteln die schlechteste Klimabilanz, unzutreffend. Moderne Flugzeuge verbrauchen weniger als 4,5, einige moderne Baumuster nur 3,4 Liter Treibstoff pro 100 Sitzplatzkilometer. Der spezifische Kraftstoffverbrauch bei Personen- und Lastkraftfahrzeugen liegt häufig über diesem Wert.

Nicht zutreffend ist auch die Behauptung, die Kondensstreifen der Flugzeuge lieferten einen wesentlichen Beitrag zum Treibhauseffekt. Der Bedeckungsgrad durch Kondensstreifen lag 1999 in Mitteleuropa bei etwa 0,3 % und weltweit bei 0,05 %. Er dürfte heute nicht wesentlich höher liegen. Hier von einem wesentlichen Beitrag zum Treibhauseffekt zu reden ist nicht nachvollziehbar.

Wissenschaftlich nicht belegt ist auch folgende Behauptung:

„Die künstliche Bewölkung und andere Effekte wirken … beim Luftverkehr im globalen Mittel heute 4,4-mal stärker erwärmend als seine reinen CO2-Emissionen, …“

(Horst Becker [GRÜNE]: Da sind Sie aber nicht auf der Höhe der Zeit!)

Die von solchen Behauptungen abgeleitete Mutmaßung, im Vergleich zu anderen Verkehrsmitteln „scheint der Luftverkehr daher pro verbrauchtem Liter Treibstoff die Erdatmosphäre heute etwa viermal stärker zu erwärmen“, ist rein spekulativ.

Unrichtig ist auch die Behauptung, der Luftverkehr sei steuerlich privilegiert, weil er im Gegensatz zu Eisenbahnen und Bussen nicht der Mineralölsteuer und im Auslandsverkehr nicht der Mehrwertsteuer unterliegt. Im Gegensatz zum steuerfinanzierten Straßen- und Schienennetz – allein die Deutsche Bahn wird jährlich mit rund 20 Milliarden € aus Steuermitteln subventioniert – zahlt der Luftverkehr seine Infrastruktur – Start- und Landebahnen, Terminals und Flugsicherung – über Gebühren und Entgelte selbst.

Der Europäische Gerichtshof hat daher im April 2006 die Klage der Deutschen Bahn AG gegen die EU-Kommission wegen angeblich ungerechtfertigter Begünstigung des Luftverkehrs gegenüber der Bahn abgewiesen.

Meine Damen und Herren, ich will nicht missverstanden werden. Bei geeigneter Ausgestaltung kann der Emissionshandel grundsätzlich ein wirkungsvolles Instrument zur Reduzierung der Abgasemissionen im Luftverkehr darstellen. Er sollte allerdings so gestaltet sein, dass sowohl eine ökologische Wirkung erzielt als auch Wettbewerbsverzerrungen vermieden werden.