Protocol of the Session on December 20, 2006

Ich will zweitens ein Thema nennen, bei dem wir glauben, dass wir durch die avisierte Politik in Europa eine echte Bedrohung für unser Land haben und dass unsere Landespolitik, das heißt die Politik dieser Landesregierung, Bedrohlichem aus Europa auch noch Vorschub leistet. Das ist das Stichwort Daseinsvorsorge.

Wir dürfen nicht unterschätzen, meine Damen und Herren, dass es in Brüssel bei der Kommission, aber auch im Parlament starke Kräfte gibt, die traditionelle Vorgehensweisen unserer Politik im Sozialbereich, bei den sozialen Diensten, im Sparkassenwesen, in der kommunalen Gemeinwirtschaft zunichte machen wollen, die das für einen Weg halten, der zukünftig nicht mehr möglich sein soll. Wir stellen fest, dass Sie den Brüsselern Vorschub leisten, dass wir nach wie vor davon ausgehen müssen, dass wir mit § 107 Gemeindeordnung in veränderter Form keine vernünftige Grundlage mehr für Gemeinwirtschaft haben werden

(Beifall von den GRÜNEN)

und dass wir mit der Novelle, die zum Sparkassengesetz vorgelegt wird, wahrscheinlich auch eine verschlechterte Grundlage für diesen wichtigen Bereich des öffentlich-rechtlich verfassten Kreditwesens haben werden.

Drittens stellen wir fest – da ist jetzt eine Broschüre aufgelegt worden zum Bereich Förderprogramme für Kommunen, Herr Minister Breuer, was sicherlich verdienstvoll und ein richtiger Ansatz ist –, dass es uns an einem umfassenden Konzept für die Europafähigkeit der Kommunen mangelt, etwas, was wir Ihnen in diesem Hause mit einem entsprechenden Antrag vorgeschlagen haben. Wir halten daran fest. Mit einer solchen Veröffentlichung ist es nicht getan. Wir brauchen in der Tat so etwas wie einen Masterplan „Europafähigkeit der Kommunen in NordrheinWestfalen“.

(Beifall von den GRÜNEN)

Ich komme viertens zu einem Punkt, zu dem es eigentlich nichts festzustellen gäbe, was die Politik der Landesregierung anbelangt, wenn nicht just heute – manchmal ist es Fügung – der Bericht des Medienrates vorgelegt und der Präsidentin übergeben worden wäre. Das, meine Damen und Herren, ist ein vernichtendes Urteil über die Medienpolitik in diesem Lande, wie wir es kaum in einem anderen Politikbereich erlebt haben.

(Beifall von der SPD)

Das ist nicht etwas, was wir uns aus den Fingern gesogen haben, was Sie als Opposition abtun können. Ich darf mit Erlaubnis des Präsidenten zitieren. In dem zweiten Bericht des Medienrates heißt es:

„Die nordrhein-westfälische Medienpolitik setzt in diesem Bild keinen Kontrapunkt. Sie ist schwach aufgestellt – trotz vielfach formulierter Bekenntnisse zum Medienstandort NRW und der besonderen Potenziale des Landes; … sie vermissen eine erkennbare politische Auseinandersetzung mit Medienthemen. Da kaum medienpolitisches Handeln sichtbar wird, erscheint die nordrhein-westfälische Medienpolitik der wirtschaftlichen und publizistischen Bedeutung der Medien im Land nicht angemessen.“

Das, meine Damen und Herren, besagt der zweite Bericht des Medienrates. So ist es dort formuliert worden.

(Beifall von der SPD)

Wir können nachlesen, Herr Staatssekretär Krautscheid: „Medienstandort NRW geht zuversichtlich ins Jahr 2007“ – eine Veröffentlichung über www.digitalmagazin.info. Dort ist als einziger Punkt der Medienpolitik des Landes Nordrhein-Westfalen im Dezember 2006 angegeben – ich darf zitieren –.

„Ich will im neuen Jahr regelmäßig zu Gesprächskreisen rund um aktuelle medienpolitische Fragen in die Staatskanzlei einladen.“

So Krautscheid. – Meine Damen und Herren, schlimmer geht es nimmer in der Medienpolitik des Landes Nordrhein-Westfalen!

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Ein Desaster, was sich dort abzeichnet!

Der Kollege Marc Jan Eumann und ich haben heute in Richtung Medienforum im Juni 2007 überlegt, der Bundeskanzlerin, die kommen wird, was wir gut finden, Herr Krautscheid, den Bericht des Medienrates als gute Vorbereitung, als Überblick über die Medienpolitik des Landes Nordrhein-Westfalen zu übersenden; wir übernehmen auch die Portokosten. Dann ist die Kanzlerin im Bild. Sie braucht sich nicht durch Riesigenaktenberge zu quälen, sondern weiß, wie es mit der Medienpolitik in diesem Lande bestellt ist.

(Beifall von Marc Jan Eumann [SPD])

Kurzum, meine Damen und Herren, wir stellen angesichts der zweiten Lesung des Einzelplans 02 fest: Keine klare Schwerpunktsetzung in der Europapolitik, ein Versagen in der Medienpolitik auf der ganzen Linie, ein vernichtendes Urteil für die Politik der Landesregierung, insbesondere für denjenigen, der diesen Einzelplan in besonderer Art und Weise verantwortet, nämlich für den Ministerpräsidenten!

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Kuschke. – Für die CDU-Fraktion hat jetzt Frau von Boeselager das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Herr Kuschke, wir sind mit der Europapolitik der Staatskanzlei sehr zufrieden und finden, dass wir in unserer Regierungszeit bereits vieles nach vorne gebracht haben. Ich denke nur an die Landesvertretung in Brüssel: Da haben wir eingelöst, was bei Ihnen ständig eingefordert, aber nicht umgesetzt wurde, nämlich dass wir von dort regelmäßig Informationen erhalten.

Ich halte das Sparvolumen für angemessen. Es sind etwa 560.000 €, sodass wir für die Landesvertretung immerhin 3,9 Millionen € zur Verfügung haben. Es ist doch sehr klug, dass wir uns da neu aufstellen wollen, damit wir diesem großen Land Nordrhein-Westfalen gerecht werden können.

(Beifall von der CDU)

In der Strukturpolitik – das haben Sie eben selber bestätigt – sind wir ein großes Stück weiter gekommen. Wir lassen Wettbewerb zu, wir ermöglichen die private Unterstützung in Form von Kofinanzierung. Das kann sich doch alles sehen lassen. Da brauchen wir unser Licht weiß Gott nicht unter den Scheffel zu stellen.

Wir haben 170.000 € für die anstehende EU-Ratspräsidentschaft veranschlagt. Frau Merkel wird sich darüber freuen. Sie wird natürlich hier zu Besuch sein, denn in Nordrhein-Westfalen finden sehr viele Termine statt. Hierbei werden wir deutlich machen, dass wir in Nordrhein-Westfalen sehr europafreundlich sind. Damit signalisieren wir den Bürgerinnen und Bürgern, dass es uns mit Europa ernst ist, dass sie Europa miterleben können und dass wir sie in diesen Prozess mit einbinden.

Zusammengefasst: Europa ist bei uns gut aufgehoben. Das internationale Leitbild, das Sie auch kritisiert haben – dies ist im Übrigen Ihres –, haben wir angepackt und es für wirtschafts- und außenpolitische Themenfelder erweitert, weil das für uns in Zukunft ein Schwerpunkt sein wird.

In diesem Sinne kann ich zum Bereich Europa und Internationales nur sagen: Herr Minister Breuer, weiter so! Wir werden Sie dabei unterstützen.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Frau von Boeselager. – Für Bündnis 90/Die Grünen hat Frau Löhrmann das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau von Boeselager, ich kann nur immer wieder erstaunt feststellen, wie selbstzufrieden und genügsam Sie sind und mit wie wenig Sie im Grunde zufrieden sind.

(Beifall von den GRÜNEN)

Wir stellen sowieso immer mehr fest, dass die Koalitionsfraktionen sagen: Hauptsache regieren! Lasst die Regierung mal machen! Wir klatschen es ab, wir loben es hinterher. – Eigenständige, nach vorne gerichtete Politik, eigenständige, kreative Ideen: Fehlanzeige! – Meine Damen und Her

ren, so ist die Demokratie nicht angelegt, so ist auch der Parlamentarismus nicht angelegt. Deswegen kann ich immer nur erstaunt sagen: Sie sollten mit Ihrer Regierung nicht so zufrieden sein, sondern Sie sollten sie anspornen.

(Ralf Witzel [FDP]: Wahrnehmungsstörun- gen? – Weitere Zurufe von der FDP)

Dass wir mit dieser Regierung nicht so zufrieden sind, das dürfte auf der Hand liegen. Herr Kuschke hat ja auch schon einige Punkte angesprochen.

Der Haushalt des Ministerpräsidenten zeigt im Grunde das ganze Desaster der Regierungspolitik. Er zeigt wie durch eine Lupe, was den Ministerpräsidenten im negativen Sinne auszeichnet. Er redet als Sozialapostel, aber wenn man zum Beispiel in seinen Einzelplan guckt, dann sieht man die düstere Realität und dann werden die Widersprüche dieser Regierung deutlich.

„Sparen, sparen, sparen, jeder wird es merken, jeder wird es spüren“ – das war das abstrakte Motto von Herrn Rüttgers. In vielen Einzelplänen beklagen wir das ja auch; das haben wir heute gehört, und das werden wir morgen wieder hören. Aber in der Staatskanzlei wird nicht gespart. In der Staatskanzlei wird dick und fett draufgesattelt, meine Damen und Herren. Da werden für Parteigänger Stellen geschaffen.

(Christian Lindner [FDP]: Was? – Gegenrufe von Rainer Schmeltzer [SPD]: Ihre nicht, Herr Lindner!)

Natürlich! In Brüssel sind für Sie von der FDP Stellen geschaffen worden, obwohl da Leute gesessen haben, die allseits anerkannt waren.

(Christian Lindner [FDP]: Das sagen ausge- rechnet Sie? – Weitere Zurufe von der FDP)

Es freut mich, dass Sie sich aufregen; ich scheine ins Schwarze oder ins Gelbe getroffen zu haben.

Herr Kuschke hat es schon angesprochen: Mit der Personalpolitik des Ministerpräsidenten ist es offensichtlich nicht so gut bestellt.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Komische Arbei- terführer!)

Da werden Leute geschasst, andere müssen her – und alles auf Kosten der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler, meine Damen und Herren. So sieht es doch aus!

(Zuruf von Christian Lindner [FDP])

Bei der Repräsentation des Ministerpräsidenten wird auch nicht geknapst; Hunderttausende werden da eingestellt. Wir haben Anträge eingebracht, diesen Betrag abzusenken, dies an den Sparhaushalt, den es ansonsten gibt, anzupassen. Da gibt es Mittel für Gutachten, da bekommen Experten viel zu tun, aber mit der wirklichen, faktischen Politik für die Menschen in NordrheinWestfalen hat das sehr, sehr wenig zu tun. Es geht vielmehr um das Image des Ministerpräsidenten, das offensichtlich deutlich aufpoliert werden muss.

(Zuruf von Christian Lindner [FDP])

Eines habe ich bedauert, meine Damen und Herren: dass Sie sich unserem Antrag auf Etablierung eines interreligiösen Dialogs auch mit den muslimischen Verbänden nicht angeschlossen haben. Das ist eigentlich erklärter Wille des gesamten Hauses. Sie sind damit leider der Initiative der grünen Fraktion nicht gefolgt, eine institutionalisierte Vertretung der Muslime zu schaffen, damit wir in zentralen Fragen der Integrationspolitik weiterkommen. Das wäre ein kleines, aber wichtiges Zeichen gewesen. Aus unserer Sicht vertun Sie damit eine große Chance.

(Ralf Witzel [FDP]: Alleingang?)