Kommen wir zu den einzelnen Punkten! Ob Herr Laumann in der CDU anerkannt ist oder nicht, das müssen Sie entscheiden.
Europaweit? Das glaube ich nicht, da ist bei der Definition von Europa wahrscheinlich die CDUFraktion gemeint gewesen. Das kann man nicht bewerten. Ich glaube auch nicht, dass das eine Rolle spielt.
Wenn man sich nämlich die Ergebnisse anschaut, die Herr Laumann bei den Forderungen, die er bei den Koalitionsverhandlungen in Berlin eingebracht hat, erzielt hat, spielt er zumindest in Berlin keine Rolle, da alle Forderungen, die er vorher hier im Ausschuss angekündigt hatte, nicht umgesetzt worden sind.
Deswegen: Wenn er in Europa eine Rolle spielte, dann vielleicht in einem Stück, aber nicht auf der politischen Bühne, die für uns hier in NordrheinWestfalen relevant ist.
Herr Tenhumberg, Sie haben eben die wirtschaftliche Entwicklung gelobt und gesagt, wie toll das alles ist. Ihnen ist doch wohl klar – das haben wir schon öfter diskutiert –, dass das nicht das Verdienst des Ministers hier in Nordrhein-Westfalen ist. Wir sehen dagegen, dass die Schere ganz weit auseinandergeht. Da sind diejenigen, die von diesem wirtschaftlichen Aufschwung profitieren, und diejenigen, die langzeitarbeitslos sind, diejenigen, die gering qualifiziert sind und bei weitem weniger von dem Aufschwung profitieren. Hier wären eigentlich Maßnahmen notwendig. Hier hat das Land auch eine sozialpolitische Aufgabe. Und da versagt NRW im Moment in Gänze; denn für diese Zielgruppe gibt es nichts.
Herr Laumann sagt dazu auch klar: Zielgruppenmaßnahmen für Langzeitarbeitslose sind nicht seine Aufgabe. In seinen Vorstellungen sind dafür – das hat er im Ausschuss mehrfach gesagt – die BA und die Argen mit dem Eingliederungstitel zuständig. Er hat aber alle Appelle, doch dafür zu kämpfen, dass die nicht abgerufenen Mittel der Eingliederungstitel vom Bund an die Länder fließen, bisher nicht umgesetzt. Er macht auf Bundesebene nur Geschrei – das haben wir hier auch schon mehrfach erlebt –, wenn er weiß, dass er keinen Erfolg haben wird, aber damit eine Show machen kann. Doch da, wo es wirklich um die Sache und um das Land geht, findet sein Einsatz in Berlin an der Stelle nicht statt.
Wenn ich mir die Arbeitsmarktpolitik anschaue, stelle ich fest: Das, was als Allererstes fehlt, ist eine Gesamtkonzeption. Sie liegt nicht vor. Es ist immer eine Schnellschusspolitik. Die kennen wir auch von Politikern anderer Couleur. Wir hatten hier schon des Öfteren Schnellschusspolitiker sitzen: Da läuft einer durchs Land, hat die Idee, etwas zu machen, und dann wird das umgesetzt, ob es klappt oder nicht.
Herr Laumann, wir hatten hier die Auseinandersetzung zum Werkstattjahr. In der Debatte habe ich Ihnen ganz klar gesagt: Lassen Sie uns vorher eine Anhörung machen, lassen Sie uns schauen, was verbessert werden muss. Es gibt da Defizite. – Sie haben gesagt: Wir können das alles besser. Lassen Sie es laufen! Wir machen die Anhörung später.
Wir haben die Anhörung später gemacht. Wir sind Ihrem Wunsch nachgekommen. Die Anhörung hat mich bestätigt, und Sie haben das, was ich vorher gefordert habe,
Monate später nachgebessert. Das hätten Sie auch schneller haben können. Das war ein ganz klarer Schnellschuss von Ihnen. Sie haben aber auch einige andere gemacht.
Sie versuchen etwa Programme auf den Tisch zu legen, bei denen es nicht um Ihr Geld geht. Das war zum Beispiel bei den Kombilohnmodellen der Fall, die Sie landauf, landab als tolle Innovation und als Ihre tolle Idee vertreten haben. Dabei sind es Elemente, die in der Arbeitsmarktpolitik immer schon vorhanden waren. Es sind also keine neuen Ideen. Das ist das Geld der Agenturen, und Sie versuchen da als Land hineinzugrätschen. Von vielen vor Ort wird sehr heftig kritisiert, dass Sie versuchen, Mittel, die anders gebunden werden sollen, zum Kombilohnmodell umzulenken. Das ist weiß Gott kein Erfolgsmodell und kein Erfolgskonzept.
Einen Punkt muss man Ihnen ganz massiv vorhalten; das ist die Frage der Transparenz. Die damalige Opposition hat immer „Transparenz, Transparenz!“ geschrien. Jetzt, wo sie an der Regierung ist, ist die Transparenz noch weniger transparent und ist es noch nebeliger, als es jemals der Fall war.
Herr Schmelzer hat es eben angesprochen: Ich habe mehrfach darum gebeten, dass wir klare Zahlen zum ESF bekommen, dass wir klare Zahlen dazu bekommen, wie viele Mittel in welche Bereiche abgeflossen sind, in welchen Bereichen Anträge in welcher Höhe gestellt und welche Anträge nicht bewilligt worden sind, damit man einen Überblick darüber bekommt, wie viel verausgabt worden ist.
Ich habe auch darum gebeten, dass wir einen Überblick über die Umsetzung der Anforderungen an die Frauenquote bekommen. Wir erhalten keine Antwort. Vielmehr sagt Laumann in der einen Ausschusssitzung: Alles kein Problem. Es ist ge
nug Geld da. Alles, was an Anträgen vorliegt, wird bewilligt. – Kurz danach erfahren wir vom Bewilligungsstopp. Dann erfahren wir, dass die Weiterbildungsträger einen Zugriff auf die ESF-Mittel zugesagt bekommen. Gleichzeitig bekommt auf denselben Topf die Initiative „Regionen stärken Frauen“ den Zugriff versprochen. Plötzlich wird alles mit Bewilligungsstopp belegt. Da kann ich nur sagen: Ein solches Chaos hat es in dem Haus noch nie gegeben!
Deswegen noch einmal der Appell – vielleicht kann man ja die Weihnachtspause nutzen, um die Hausaufgaben zu machen, gerade damit man in die nächste Förderphase klarer und deutlicher aufgestellt hineingeht, in der Auslaufphase keine Fehler macht und so Schäden für das Land vermeidet; denn Sie wissen ja: wenn bestimmte Kriterien nicht eingehalten werden, dann können später Rückforderungen auf das Land zukommen –: Legen Sie uns bitte endlich die Zahlen vor, welche ESF-Mittel in welchen Bereichen, für welche Programme abgeflossen sind und was beantragt ist! Und legen Sie uns eine konzeptionelle Planung vor, was Sie in der Auslauffinanzierung machen und wie Sie sich das in der neuen Förderphase vorstellen! Denn sonst muss man wirklich den Eindruck haben: Selbst Sie, Herr Minister, wissen es nicht, da Sie dazu in jedem Ausschuss etwas anderes sagen.
Wir Grüne haben Ihnen eine Reihe von Vorschlägen gemacht: Wir haben in einem Antrag zum Übergang von Schule in Beruf für Jugendliche aus der Warteschleife Alternativen zur Warteschleife vorgelegt, wir haben einen Antrag für einen dauerhaft öffentlich geförderten Arbeitsmarkt nach dem Modell „Samhall“ vorgelegt, wir haben einen Antrag für haushaltsnahe Dienstleistungen vorgelegt. Wir merken: Sie versuchen immer mal wieder, vielleicht ein kleines Element aus diesen Anträgen herauszugreifen, aber in der Umsetzung hapert es an allen Ecken und Enden.
Jetzt gehen Sie auch noch hin und lassen sich beim Ausbildungskonsens ganz eindeutig über den Tisch ziehen! Anders kann man das nicht bezeichnen, wenn das Land Nordrhein-Westfalen 30 Millionen € pro Jahr über drei Jahre für 3.000 Ausbildungsplätze ausgibt, obwohl die Arbeitgeber eigentlich die Verantwortung haben, Ausbildungsplätze zu schaffen. Es gibt etliche Ideen und Modelle, wie man auch da anders hätte vorgehen können.
Egal, ob man eine Ausbildungsplatzumlage einführt, die Sie nicht wollen, oder ob man, wie das IAT vorschlägt, einen Ausbildungsfonds gründet, oder ob man andere Sachen macht – es gibt zahlreiche Modelle und Ideen. Aber es ist nicht Landesaufgabe, mit Mitteln des Europäischen Sozialfonds die Grundaufgabe der Arbeitgeber, nämlich Ausbildungsplätze zu schaffen, zu übernehmen. Wenn Sie immer sagen, es sei Aufgabe der Argen, Angebote für Menschen, die arbeitslos sind, zu schaffen, dann kann ich nur sagen: Das Argument hinkt, wenn Sie es nicht gleichzeitig auf die Arbeitgeber anwenden.
Deswegen ist das aus meiner Sicht eine vollkommen verfehlte Entscheidung. Damit meine ich nicht die Entscheidung, Ausbildungsplätze zu schaffen, sondern die Entscheidung, da als Land eine solche Summe an Mitteln auszugehen.
Gleichzeitig gibt es – das haben wir heute Morgen schon mit Herrn Laschet diskutiert – für Frauen keine Angebote mehr zur Wiedereingliederung, sondern nur noch eine Hotline, bei der man, wenn man Glück hat, nach zehn Minuten Durchklicken durch das Telefonmenü an der Stelle ankommt, wo man sich beschweren kann. Das ist wie bei der Telekom: Das sind die Nachrichten, die nicht bearbeitet, sondern kontinuierlich gelöscht werden.
Was gibt es sonst noch an Arbeitsmarktpolitik bei Ihnen und in Ihrem Haus? Ich stelle fest: Es gibt nichts außer dem Vorschlag, im nächsten Jahr die Mittel noch einmal zu kürzen, weitere 41 Millionen € herauszunehmen und ins Folgejahr zu schieben. Wir brauchen im nächsten Jahr ja nicht besonders viel an Arbeitsmarktmitteln! Das ist ja nicht nötig! – Auch das halte ich für eine vollkommen falsche Entscheidung. Man hätte im nächsten Jahr mit diesen Mitteln an den Start gehen und dauerhafte Sektoren anschieben müssen, die man in den Jahren danach dann vielleicht wieder degressiv herunterfahren könnte oder bei denen die BA vielleicht in einer anderen Höhe mitfinanziert. Aber die Finanzmittel ins nächste Jahr zu schieben, weil es im Jahr danach mit den Finanzen noch schlechter werden könnte, halte für vollkommen falsch.
Letzter Punkt: Natürlich gehört auch der Bereich des Arbeitsschutzes zur Arbeitsmarktpolitik. Dass in Nordrhein-Westfalen der Arbeitsschutz dermaßen entwertet wird, wie das durch die Verschiebung der Verwaltungsstrukturreform der Fall sein wird, ohne dass das dem Land einen Benefit einbringt, ist, wie ich finde, die größte Niederlage des
Arbeitsministers. Ich hätte mir vorher nicht vorstellen können, dass das unter einem Minister passiert. Aber bei Herrn Laumann ist es eben passiert!
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Schmeltzer war wieder einmal laut – mehr, glaube ich, nicht.
Aber Lautstärke ist mittlerweile ja ein Qualifikationsmerkmal für Führungsämter in der SPD. – Da ist Herr Schmeltzer ja wieder.
(Rainer Schmeltzer [SPD]: Ich werde doch Ihre Rede nicht verpassen! Das ist das hu- moristische Highlight!)
(Zuruf von der SPD: Nein, wissen Sie, was das ist? Das ist schmerzfrei! Das ist nicht eh- renwert! – Weiterer Zuruf von der SPD: Las- sen Sie sich nicht aus der Ruhe bringen!)
(Rainer Schmeltzer [SPD]: Sie haben wie immer nicht zugehört! Ich hatte keine Kritik an ESF-Mitteln! – Gegenruf von der SPD: Lass es! Dann ist es schneller vorbei!)
Ich kann mich noch gut erinnern: Vor etlichen Monaten haben Sie im Ausschuss gemahnt, dass nicht ausreichend ESF-Mittel im Land abgerufen werden.
Natürlich. Mit den ESF-Mitteln sind Sie eben gestartet. Es war ein Kritikpunkt, dass die Arbeitsmarktpolitik mittlerweile mit vielen ESFMitteln finanziert wird. Aber warum ist das denn so? Wenn man einen Schuldenberg von 113 Milliarden € übernimmt,
(Rainer Schmeltzer [SPD]: Da ist er wieder, der Redebaustein! Nach eineinhalb Jahren sollten Sie den Redebaustein langsam ein- mal austauschen!)
dann sind die finanziellen Bedingungen schlecht und die Möglichkeiten, überhaupt noch Arbeitsmarktpolitik zu machen, auf ein Minimum beschränkt. Dann sucht man natürlich nach alternativen Quellen. Verstärkt europäische Mitteln abzurufen, das ist legitim und ein vernünftiger Weg, um die Haushaltskonsolidierung überhaupt hinzubekommen.