Protocol of the Session on December 20, 2006

(Beifall von der SPD)

Dieser Haushalt wächst um ein Mehr von 28 Millionen €. Diesem Mehr möchte ich eine andere Zahl entgegensetzen: Die Versorgungsansprüche im Einzelplan 05 für pensionierte Beamte steigen um 122 Millionen €. Man muss sich einmal auf der Zunge zergehen lassen, wo das Mehr letztlich bleibt. Man darf gespannt sein, wie Sie zukünftig diese Zahl schönreden werden.

Aber jetzt blicke ich nicht 39 Jahre zurück, wie Sie das immer wieder gerne tun – Herr Recker wird das bestimmt gleich auch wieder machen –, sondern ich blicke in die Zeit von 2003 bis 2005 zurück. Ich habe mir einmal den Aufwuchs des Haushaltes für Bildung in diesem Zeitraum ange

sehen. Über drei Jahre haben wir diesen Haushalt um 923 Millionen € steigen lassen. Das heißt, es waren Jahr für Jahr 300 Millionen € mehr.

(Ralf Witzel [FDP]: Bei steigenden Schüler- zahlen!)

Im zweiten Jahr der Regierungsverantwortung von Schwarz-Gelb beträgt der Aufwuchs gerade einmal 28 Millionen €, und hinzu kommen die steigenden Pensionslasten.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Das muss man sich vor Augen führen, wenn man dieser Priorität für Bildung nachspüren will. Ich sage, Sie sind keine Koalition der Erneuerung, sondern eine Koalition der Enttäuschung und eine Koalition der Täuschung.

(Beifall von der SPD)

Der zweite Bereich, den ich ansprechen möchte, sind die Lehrerstellen. Hier irritieren Sie uns fast täglich mit neuen Wasserstandmeldungen. Aber unterm Strich hilft ein schlichter Blick in den Haushaltsentwurf, den Sie vorlegen: Im Einzelplan 05 zeichnet sich nämlich auch für 2007 ab, dass Sie wieder einmal 500 Stellen abbauen wollen. Das heißt, Sie gehen ins Land NordrheinWestfalen und verkünden: Wir schaffen 4.000 zusätzliche Lehrerstellen. Aber schon letztes Jahr haben Sie das erste Mal 500 abgebaut. Dieses Jahr werden Sie weitere 500 abbauen. Auf Seite 121 ist nachzulesen, dass Sie bis zum Jahr 2008/2009 viermal 500 Lehrerstellen abbauen wollen. Dann bleiben in Ihrer Bilanz traurige 2.000 von 4.000 versprochenen Stellen übrig.

Also seien Sie endlich den Menschen im Land gegenüber ehrlich; ansonsten sind Sie eine Koalition der Täuschung!

(Beifall von der SPD)

Im Übrigen verweisen Sie gerne darauf, dass wir unter Rot-Grün diese 2000 kw-Stellen dort hineingeschrieben haben.

(Heiterkeit von der SPD – Ingrid Pieper-von Heiden [FDP]: Ja, genau!)

Ja, da freuen Sie sich. Sie sagen, das hätten wir gemacht. Aber wir haben diese Stellen nie realisiert!

(Lachen von CDU und FDP – Ralf Witzel [FDP]: Eine Täuschung des Parlamentes!)

Sie sind an die Regierung gekommen. Sie haben alle Möglichkeiten gehabt.

(Zuruf von Ralf Witzel [FDP])

Es gab immer kw-Stellen; wir haben sie nicht abgebaut. Sie haben die kw-Stellen das erste Mal abgebaut. Aber Sie brauchen es doch gar nicht zu tun. Sie sind doch in der Regierungsverantwortung. Sie haben doch andere von uns initiierte Dinge auch nicht fortlaufen lassen, wie zum Beispiel das Fach „Integrierte Naturwissenschaften“. Das haben Sie sofort wieder abgeschafft. Dann hätten Sie das Verfahren bei den kw-Stellen doch auch beibehalten können.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Sie können sich nicht herausreden. Es ist Ihre Verantwortung, dass 2.000 Stellen in NordrheinWestfalen abgebaut werden sollen.

Wie berechtigt die Annahme ist, dass Sie die Menschen im Lande täuschen wollen, wird an einem Punkt ganz besonders deutlich:

(Zuruf von Ralf Witzel [FDP])

an der Tatsache, dass Sie in diesem Jahr 120 Stellen an den Gesamtschulen für Schulleitungspauschale kürzen, ohne dies im Haushalt transparent nachzuweisen.

(Beifall von der SPD)

Das werfe ich Ihnen wirklich vor. Das ist eine Täuschung und Missachtung des Parlamentes gewesen.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Zufällig ist das herausgekommen.

(Ralf Witzel [FDP]: Zufällig? Wir haben das kommuniziert!)

Dann haben wir im Parlament Frau Ministerin Sommer bei einer Mündlichen Anfrage befragt, wie sie diese 120 Stellen, die sie streicht, erklären will. Sie konnte es nicht!

Sie hat dann Herrn Link, dem damaligen Fragesteller, einen schriftlichen Bericht über diese Kürzung der 120 Stellen zugeleitet. Wir als Parlamentarier konnten dort nachlesen, wir hätten an der veränderten Schüler-Lehrer-Relation erkennen müssen, dass es um einen Abbau von 120 Stellen geht. Das ist eine echte Täuschung und Verschleierung Ihrer wirklichen Absichten.

(Beifall von der SPD)

Ich sage Ihnen: Von Haushaltsklarheit und Haushaltswahrheit sind Sie weit entfernt.

(Zustimmung von der SPD)

Sie können uns auch nicht erklären, wie es zusammenpasst, dass Ihre Personalausgaben ohne

Versorgungsbezüge, also ohne Pensionen, um 0,6 % sinken, Sie aber munter im Land verkünden, Sie würden einen Stellenzuwachs finanzieren. Mehr Lehrer mit weniger Geld? Das können Sie wirklich niemandem erklären. Für die SPDFraktion sage ich: „Priorität für Bildung und Chancengleichheit“ bleibt für 2007 eine Leerformel oder eine Gleichung mit mehr als zwei Unbekannten.

Als Opposition erwarten wir in einem Haushaltsverfahren Transparenz durch die Landesregierung. Wir erwarten auch, dass Sie endlich für diesen Bereich einen Stufenplan einbringen, der deutlich macht, wie Sie Ihre bildungspolitischen Versprechungen umsetzen wollen. Dem entziehen Sie sich konsequent. Einen Plan brauchen Sie offensichtlich nicht.

Aber vielleicht unterziehen wir einmal Ihre politische Arbeit, Frau Ministerin Sommer, einer Qualitätsanalyse. Ich bin über eine Äußerung von Ihnen in einem Interview in der „WAZ“ am 6. Oktober 2006 gestolpert, über die man mehr als entsetzt sein kann:

„Lehrer mit Defiziten werden im Kollegium identifiziert und isoliert.“

„Bislang konnte man so vor sich hin dümpeln.“

Das haben Sie wörtlich in der „WAZ“ am 6. Oktober 2006 gesagt.

Ich frage mich wirklich: Was für ein Bild der Ihnen anvertrauten Lehrerinnen und Lehrer steckt hinter dieser Aussage und welche Klischees wollen Sie damit bedienen? – Wir sind schlichtweg entsetzt!

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Für unsere Fraktion stelle ich fest, dass diese Landesregierung damit nicht nur Lehrerinnen und Lehrer, Schüler und Eltern im Regen stehen lässt, sondern auch die Kommunen. Unsere Anträge auf mehr Ganztag an allen weiterführenden Schulen, den wir dringend brauchen, haben Sie dreimal in Folge niedergestimmt.

Priorität für Bildung hat sich unter Ihrer Regierung sehr schnell als eine Farce entpuppt. Neue Aufgaben finden Sie viele, aber immer lassen Sie die Schulen nach dem geschilderten Muster mit der Umsetzung alleine. Gehen Sie doch einfach einmal an die Basis und fragen, wie das Klima an den Schulen in Nordrhein-Westfalen ist.

(Zuruf von der CDU: Sehr gut!)

Ich sage Ihnen: Die Menschen im Land haben nach dem Regierungswechsel im Mai 2005 hohe

Erwartungen in Sie gesetzt. Aber Sie sind Stück für Stück dabei, diese Erwartungen zu entzaubern. Ich sage Ihnen: Sie produzieren damit Täuschungen und Enttäuschungen. Das haben unsere Schülerinnen und Schüler, unsere Lehrerinnen und Lehrer im Lande nicht verdient. – Herzlichen Dank.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Schäfer. – Für die CDU-Fraktion hat das Wort der Abgeordnete Recker.