Der Anteil der Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund liegt an den Gesamtschulen in der Oberstufe bei ca. 19,3 % und an Gymnasien nur bei 7,3 %. Nachzulesen ist das im Bericht „Migranten im Schulwesen NRW 2005/2006“.
Schulen, die diese Integrationsleistung für die Gesellschaft erbringen, müssen gestärkt werden und dürfen nicht zusätzlich durch eine Landesregierung abgestraft werden, weil die Schulform nicht in ihr Vorstellungsvermögen passt.
Jedem muss klar sein: Um die soziale Vererbung in unserem sozial ungerechten Schulsystem aufzubrechen, braucht es mehr als eine Schülergeneration und vor allem das flächendeckende Aufbrechen der Lern- und Schulformbarrieren, so wie es uns die Skandinavier erfolgreich vorgemacht haben. Die Schulen, die sich dieser Aufgabe angenommen haben, Kinder mit den unterschiedlichsten Lernausgangslagen zu Bildungserfolgen zu führen – das genau sind die Schulen, die wir in unserer Gesellschaft brauchen.
Aber diese benachteiligen Sie systematisch. Zum Beispiel geschieht das bei der Vertretungsreserve und der Reserve für Integrationsaufgaben schon im laufenden Haushalt 2006. Das zeigen die Zahlen, berechnet auf 1000 Schülerinnen und Schüler. Danach erhalten die Schulformen Hauptschule 1,872, Gymnasium 1,256 – die sind ja „grandios“ in der Integration von Migrantinnen und Migranten –, Realschule 0,74 und schließlich Gesamtschule lediglich 0,516 Stellen.
Bei der Zuweisung von Stellen nach Sozialindex tauchen die Gesamtschulen gar nicht erst auf. Und ich darf daran erinnern: Der Ministerpräsident wollte die Gesamtschulen sogar aus der Übergangsempfehlung für die weiterführenden Schulen gestrichen haben. Aber das ist zum Glück politisch gescheitert.
Die zu gesamtschulfreundlichen Äußerungen der Ministerin zu den Probeklausuren mussten daher heute schnell wieder eingefangen werden. Dieser schwarz-gelben Koalition der Fehlsteuerung schwimmen doch gerade die Felle immer schnel
ler davon. Immer mehr Eltern wollen diese Form des Turbodruck-Gymnasiums nicht, an der Sie gerade basteln.
Schauen Sie sich doch die Anmeldezahlen der Ganztagshauptschulen an! Ich gebe Ihnen gerne ein Beispiel. Ich nenne Ihnen die Schülerzahlen im fünften Jahrgang in den Ganztagshauptschulen in Dortmund im Vergleich der Jahre 2004 und 2006. Scharnhorst: 43, jetzt 28. In der Landwehr: 41, jetzt 22. Hörde: 65, jetzt 32. Innenstadt-West: 28, aktuell 14 Anmeldungen.
Überall im Land werden in den Kommunen notwendige Hauptschulschließungen diskutiert. So dick können Sie Ihre Ohren gar nicht mit Wachs verschließen. Herr Baumert schreibt es, Herr Hurrelmann schreibt es in einem offenen Brief bundesweit. Sogar die bayerische Schwester CSU schreibt es in Geheimpapieren: Es gibt keine Zukunft mehr für die Hauptschule, und zwar nicht zuletzt deshalb, weil die Schülerinnen und Schüler an den Hauptschulen zu wenig Zukunftschancen auf dem Arbeitsmarkt haben. Übrigens, in Bayern gibt es wenigstens noch Geheimpapiere. Herr Stahl, Ich hoffe, der Kollege hat Ihnen die mitgebracht. Sonst habe ich sie; Sie können gerne hereinschauen.
Bei uns müssen Sie nur in die Landtagsdrucksachen schauen, wenn Sie zum Beispiel die Veröffentlichung der Abitur-Evaluationsberichte im Jahr 2004 anschauen möchten.
Apropos Abitur-Evaluation: Was drohen Sie denn eigentlich den Gymnasien an Ressourcenabbau an, die ebenfalls zu einem erklecklichen Prozentsatz Klausuren in der Vergangenheit zu gut bewertet haben, wie die Evaluationsberichte ausweisen? – Aber ich will diese rückwärtsgewandte Debatte überhaupt nicht führen wie Sie.
Rot-Grün hat die teilzentralen Prüfungen auf den Weg gebracht. Sie gehören zu einem Systemwechsel, der den Schulen ihre pädagogische Freiheit gibt, Eigenverantwortlichkeit und professionelles Handeln fordert und auf der anderen Seite Standards sichert. Ich kann Ihnen aus der Erfahrung der anderen Bundesländer sagen, Frau Ministerin – und das gilt auch für NordrheinWestfalen –: Die Gesamtschulen werden dabei erfolgreich sein. Und genau aus diesem Grund, nämlich um den Schulen diese von Ihnen vom Zaun gebrochenen unsäglichen Debatten zu er
Aber ich will noch eine Geschichtsklitterung ansprechen, weil die Ministerin das gestern wieder so nett gesagt hat: Einen Ganztagszuschlag gibt es nicht mal eben so obendrauf, um das Leben der Gesamtschulleitung schöner zu machen. Ich darf daran erinnern, dass die Gesamtschulen den Ganztag als unverzichtbaren pädagogischen Baustein mit zusätzlicher Arbeit erfolgreich praktiziert haben, als andere Schulformen sich noch mit Händen und Füßen dagegen gewehrt haben und ihr Lehrerprivileg „Halbtagsschule“ verteidigt haben.
Dass heute eine allgemeine Einsicht in die Notwendigkeit der Ganztagsschule gewachsen ist, begrüßen wir ausdrücklich. Die gesamte Schullandschaft muss dahin entwickelt werden. Die Ganztagsbetreuung bringt es aber nicht per se; das zeigen die Anmeldezahlen an Hauptschulen.
Also stellen Sie Ihre unseligen Attacken auf die Gesamtschule ein! Wir brauchen mehr Abiturienten. In den teilzentralen Prüfungen stellen sich jetzt alle dem gleichen Anforderungsniveau. Rechnen Sie erst einmal richtig, was die Schulleitungspauschale an Gesamtschulen angeht. Dann werden Sie feststellen: Im Vergleich zum Aufwand im gegliederten System dürften Sie den Gesamtschulen ruhig noch etwas draufpacken.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Manchmal lohnt es sich, in alten Unterlagen zu blättern. Ich zitiere:
„Die Veränderung der Schulstruktur wird von wichtigen Protagonisten der SPD immer noch verstanden als der Kampf gegen Privilegien des Bürgertums. Als deren Symbol wird das Gymnasium bekämpft, so mit der Unterstellung, dass dessen deutliche Leistungsverbesserungen bei der zweiten Pisa-Studie irregulär erschlichen oder auf Kosten anderer erreicht wurden. Die offensichtlichen Probleme der Gesamtschulen, die trotz guter Bedingungen unbefriedigende Ergebnisse sowohl in der Leis
Dieses Zitat, meine Damen und Herren, stammt von jemandem, der es wissen muss: von der früheren nordrhein-westfälischen Schulministerin Gabriele Behler.
Das Zitat stammt aus einem Aufsatz, den Frau Behler im Mai des vergangenen Jahres in der „Zeit“ veröffentlich hat. Wieso schlägt Gabriele Behler wenige Tage vor der Landtagswahl Alarm?
Das haben sich damals viele gefragt. Frau Schäfer, ihre Nachfolgerin im Ministeramt, hatte doch stets beteuert, die Schulstruktur nicht ändern zu wollen. Ich zitiere noch einmal:
„Änderungen der Schulstruktur stehen für mich nicht auf der Tagesordnung. … Ich habe immer betont, dass Fragen zur Schulstruktur für mich keinen Vorrang haben. Änderungen in diesem Bereich benötigen einen breiten gesellschaftlichen Konsens, den ich zurzeit nicht sehe.“
Dies erklärte Ute Schäfer in einer Pressemitteilung des Ministeriums noch am 10. März des vergangenen Jahres.
Mittlerweile hat sich das offensichtlich sehr deutlich verändert. Es heißt in einer SPDPressemitteilung:
„Ute Schäfer kritisierte, dass die Landesregierung entgegen allen wissenschaftlichen Bekenntnissen unbelehrbar am gegliederten Schulsystem festhalte.“
Könnte es sein, Frau Schäfer, dass Sie schon zu Regierungszeiten den Systemwechsel planten, aber die Wähler in Ihrer Absicht täuschten,
und dass deshalb Ihre Parteifreundin und Vorgängerin Gabriele Behler Alarm schlagen musste? Oder verfahren Sie nach der Methode: Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern? Das könnte auch sein.
kann es jedenfalls nicht geben. Die letzte PisaStudie ist mehr als zwei Jahre alt. Ihr Leiter, der Bildungsforscher Manfred Prenzel, kommt zu dem Schluss:
„In Deutschland zeigen Bundesländer mit sechsjähriger Grundschule, dass mit einer Strukturänderung allein noch nichts gewonnen ist.“
„Zum Beispiel haben auch die USA und Italien, die bei Pisa nicht gut abschneiden, Gesamtschulen. Eine Debatte über die Gesamtschule drängt vielmehr die Themen in den Hintergrund, über die nach Pisa gesprochen werden muss: den Unterricht, die Lehrerbildung, die Leseförderung.“