Protocol of the Session on September 27, 2006

Also, wir haben das erst einmal so stehen und auf uns wirken lassen. Warum regen Sie sich jetzt so auf? – Es ist Ihr eigenes Leitbild, das immer noch im Internet steht. Mit Verlaub: Momentan finde ich es ein wenig merkwürdig, was Sie hier inszenieren.

Frau Kollegin Keller.

Ich denke, es gilt hier Gründlichkeit vor Schnelligkeit. Insofern sind wir auch nicht bereit, vorschnell eine Partnerschaft mit einer Region in der Türkei aus dem Boden zu stampfen. Das muss alles sorgfältig erarbeitet werden. Hier sind wir uns fraktionsübergreifend einig, und das zeigt auch der gemeinsame Antrag.

Frau Kollegin Keller, gestatten Sie eine Zwischenfrage …

Der Ministerpräsident hat in den letzten 16 Monaten bereits zahlreiche Auslandsreisen unternommen. Sie haben eben die Niederlande erwähnt. Er war aber nicht nur in den Niederlanden. Er ist vielmehr auch in Frankreich, in Polen und in den USA gewesen und hat somit deutlich aufgezeigt, wo die grundsätzlichen Schwerpunkte liegen. Er hat deutlich gemacht, dass wir den Schwerpunkt in Europa und insbesondere Osteuropa sehen.

Zur Landesvertretung, die Sie eben angesprochen haben. Frau Kraft hatte seinerzeit mit ihrer Diskussion dazu beigetragen, ob in Brüssel etwas Neues entstehen oder altes Vorhandenes ausgebaut werden solle. Sie sind damals auch zu keinem Ergebnis gekommen.

(Zurufe von der SPD – Hannelore Kraft [SPD]: Doch! Bei uns gab es eine Entschei- dung!)

Nein, das hatten wir nicht so im Blickfeld. Es ging um gigantische Summen, die dort ausgegeben werden sollten.

Sie sprachen eben davon, wir müssten Geld in die Hand nehmen. Woher sollen wir es denn nehmen? – Wir müssen das Geld sorgfältig ausgeben und uns für die Zukunft positionieren. Da lassen

wir überhaupt nicht mit uns reden. Auch hier gilt Gründlichkeit vor Schnelligkeit. Der Minister wird genau prüfen, was in Brüssel zukünftig mit unserer Außenstelle passiert.

Frau Keller, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Kuschke?

Immer gerne, Herr Kollege Kuschke.

Bitte, Herr Kuschke.

Frau Kollegin, es war auch meine Erwartung, dass Sie das gerne tun. – Kann ich Ihrem flammenden Plädoyer für die Fortsetzung der Politik der alten Landesregierung entnehmen, dass wir in allen Bereichen, zu denen wir auf den Internetseiten der Landesregierung noch die alten Programme finden, auch eine Kontinuität der Politik haben werden?

(Beifall von der SPD)

Zumindest haben wir es als nicht schädlich angesehen. Sonst hätten wir es nicht stehen lassen. Nicht wahr, Herr Minister Breuer?

(Oh-Rufe von der SPD)

Also, wir haben es nicht als schädlich angesehen, werden uns aber gedanklich neu positionieren. Es wäre auch merkwürdig, und sonst würden Sie es hier nicht ständig von uns einfordern.

Lassen Sie mich noch ein paar Bemerkungen zur Entwicklungszusammenarbeit machen. Denn Sie haben auch diese im Hinblick auf Herrn Minister Laschet angesprochen.

Nur zur Erinnerung: Trotz eines starken Konsolidierungszwangs im Haushalt hat die Entwicklungspolitik für uns einen ganz hohen Stellenwert. Wir haben uns hier im Land ein ganz neues Profil gegeben; ich hoffe, dass Sie das festgestellt haben. Und wir orientieren uns in der Entwicklungszusammenarbeit an den Millenniums-Entwicklungszielen der Vereinten Nationen auf der einen Seite. Auf der anderen Seite stärken wir den internationalen UN-Standort in Bonn. Hier haben wir einen besonderen Haushaltstitel eingegeben – auch das haben Sie hoffentlich festgestellt –, indem wir 100.000 € in den Haushalt des Einzelplans 15 neu eingestellt haben. Das ist ein Pfund, mit dem wir wuchern wollen.

Für uns ist auch wichtig, darauf hinzuarbeiten, den Anteil privatwirtschaftlicher Förderung an der entwicklungspolitischen Arbeit in NordrheinWestfalen signifikant zu erhöhen und sie zu stärken und somit bürgerschaftliches Engagement stärker in die Bildungs- und Informationsarbeit einfließen zu lassen. Das ist für uns sehr wichtig. Wir wollen den Ausbau der Kooperation mit Entwicklungsorganisationen und Hilfswerken in den Mittelpunkt des Interesses stellen.

Es bleibt aus unserer Sicht festzuhalten: Wir sind auf einem guten Weg. Wir lassen uns von Ihnen nicht drängen und schikanieren.

(Zuruf von der SPD: Wie lange wollen Sie denn noch warten?)

Wir werden unseren Weg ganz konsequent fortsetzen. Sie werden das neue Leitbild rechtzeitig mitbekommen.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Frau Kollegin Keller. – Als nächste Rednerin hat für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen die Kollegin Löhrmann das Wort.

Schönen Dank, Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Ich finde es in gewisser Weise immer wieder amüsant, wenn sich Frau Keller über Anträge ärgert und aufregt. Es gehört nun einmal zum Spiel und zur Aufgabe in diesem Haus dazu, dass wir uns anhand von Anträgen über die Fortentwicklung der Politik auseinandersetzen. Das sei einmal ganz neutral und nüchtern festgestellt.

(Beifall von GRÜNEN und SPD – Gisela Walsken [SPD]: Das bleibt auch so!)

Wenn Sie das als quälen und schikanieren empfinden, gibt das einen gewissen Einblick in die Aufgaben, die Sie diesem Parlament zuweisen wollen. Unserem Anspruch entspricht das nicht, auch nicht, wie Sie sich mit „Gründlichkeit vor Schnelligkeit“ herauslavieren und herausreden. Wir würden uns von Ihnen, bevor Sie Dinge tun, Gründlichkeit an anderer Stelle wünschen.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Aber hier, wo es im Grunde gar nicht so schwierig sein dürfte, zu einem Konsens zu kommen, müssen Sie zugeben, dass Sie schlicht und ergreifend ein bisschen was verpennt haben. Das zu Ihrem Beitrag.

Eine gewisse Komik hat der Antrag der SPD allerdings schon,

(Beifall von den GRÜNEN)

weil er ein Leitbild einfordert, das Herr Kuschke, der bezeichnenderweise zu diesem Punkt nicht selber gesprochen hat, entworfen hat und das noch auf den Internetseiten der schwarz-gelben Regierung steht.

(Beifall von einzelnen Abgeordneten der CDU)

Insofern hat das eine gewisse Komik. Ich hätte es besser gefunden, Sie hätten gesagt: Das Leitbild steht noch. Wir als SPD finden dieses Leitbild nach wie vor gut. Machen Sie weiter so! Schlafen Sie weiter!

(Beifall von den GRÜNEN)

Das wäre aus meiner Sicht eine interessante Botschaft von der SPD gewesen.

Aber Scherz beiseite, meine Damen und Herren! Es ist so, dass das Leitbild, das Herr Kuschke entworfen hat und das offenbar nach wie vor das Leitbild von Schwarz-Gelb ist, unseren Ansprüchen auch damals schon nicht gerecht geworden ist. Sie erinnern sich, Herr Kuschke, dass Sie darüber in der gemeinsamen Regierungszeit an der einen oder anderen Stelle auch schon Auseinandersetzungen mit den Grünen hätten. Dass es Auseinandersetzungen gibt, gehört auch zur Demokratie.

Uns erschienen die Außenwirtschaftspolitik und auch die Eine-Welt-Arbeit in diesem Leitbild, das nun immer noch auf den Seiten steht, nicht entsprechend gewürdigt.

(Zustimmung von Minister Michael Breuer)

Herr Breuer nickt jetzt. Ich komme auf Ihr Nicken zurück. Ich sage das auch deshalb, weil ich befürchte, dass Sie gerade in der Frage der EineWelt-Politik, Herr Breuer, nicht in die richtige Richtung gehen; denn Ihr gelber Koalitionspartner hat mit Eine-Welt-Politik nichts zu tun.

(Dr. Gerhard Papke [FDP]: Ah! Frau Löhr- mann!)

Ihr gelber Koalitionspartner hat mit den Ansprüchen internationaler Klimaschutzpolitik und anderen Fragen nichts zu tun.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Ihr gelber Koalitionspartner hat bestimmte Beauftragte im Blick und möchte sie abschaffen.

Welche Rolle Sie der Eine-Welt-Politik beimessen, kann man auch am letzten Haushalt ablesen. Das kann man auch am neuen Haushaltsentwurf ablesen: Da geht es gegen Null. Das ist ein schlechtes Zeichen für Nordrhein-Westfalen, das international und innerhalb der Bundesrepublik wirklich einen guten Ruf zu verlieren hat. Da nutzt es auch nichts,

(Zuruf von Christian Lindner [FDP])

wenn ein netter Minister Laschet schöne Sonntagsreden zur Eine-Welt-Politik hält, aber materiell in diesem Haushalt nichts mehr davon zu finden ist.

(Beifall von den GRÜNEN)

Kommunale Entwicklungszusammenarbeit findet bei Ihnen nicht mehr statt. Das ist – das kann man nicht oft genug sagen –