Für den auch nicht gänzlich ausgeschlossenen Fall, dass ein privater Partner seine ihm übertragenen Aufgaben nicht oder nur schlecht erfüllen würde, wäre ebenfalls geeignete Vorsorge zu treffen. Dabei sind Heimfallrechte, gekoppelt an die Aufgabenerfüllung, für die Wahrung der Interessen der öffentlichen Seite von besonderer Bedeutung. Sie machen es allerdings auch notwendig, für den Fall eines solchen Heimfalls über ein Auffangkonzept zu verfügen.
Organisatorisch muss das Binnenverhältnis von Klinikum und Fakultät bewältigt werden, wobei schon aus der Erfahrung mit den in NordrheinWestfalen zu Zeiten rot-grüner Koalition geschaffenen Anstalten öffentlichen Rechts darauf hinzuweisen ist, dass es einen Konflikt zwischen den Bedürfnissen der Medizinischen Fakultäten und der wettbewerbsfähigen Positionierung des Universitätsklinikums als Krankenhaus im Wettbewerb mit anderen Krankenhäusern um die Patientenversorgung geben kann.
Die bevorstehende Scharfschaltung des sogenannten DRG-Systems, also des neuen Systems mit pauschalierten Vergütungen, lässt trotz aller erfreulichen Entwicklungen der Abbildungsschärfe der Fallpauschalenkataloge erwarten, dass diese Spannungen eher zunehmen werden. Deshalb wird im öffentlichen wie im formal oder materiell privatisierten Universitätsklinikum die künftige Stellung des Dekans in der Geschäftsführung mit besonderer Sorgfalt zu gestalten sein. Es geht immerhin um die Wahrung der Belange von Forschung und Lehre, die den universitären Charakter des Klinikums an der Universität überhaupt erst bedingen.
Mit gleicher Sorgfalt ist zu klären, wie im Rahmen sachgerechter organisatorischer Verzahnung gemeinsame Strategie-, Struktur- und Ausstattungsplanungen gelingen:
Wie beispielsweise sorgt man dafür, dass sich insbesondere das Fächerspektrum an den Vorgaben von Forschung und Lehre ausrichtet und nicht an der Rentabilität bestimmter Leistungen im Fallpauschalensystem?
Wie sorgt man für ein abgestimmtes Verfahren zur Berufung von Professoren, die gleichzeitig im Klinikum als leitende Ärzte tätig werden sollen?
Wie gehen wir mit der Kritik um, dass der vom Land zugewiesene Zuschuss für Forschung und Lehre an die Medizinische Fakultät in NordrheinWestfalen gegenwärtig vom Verwaltungsdirektor des Universitätsklinikums bewirtschaftet wird – das haben wir beim Besuch unseres Wissenschaftsausschusses in Aachen und Maastricht vom Rektorat der RWTH Aachen gehört – und mancher Professor in der Verwendung dieser Mittel eine eingeschränkte Souveränität der Medizinischen Fakultät empfindet?
An derartigen Konflikten sieht man, dass bereits in der Konzeption jeder öffentlich-privaten Kooperation Mechanismen zur Lösung von Konfliktfällen zwischen Universitätsklinikum und Medizinischer Fakultät vorzusehen sind.
All diese Bemerkungen zeigen, dass wir vor einer großen Herausforderung stehen, wenn wir uns mit der künftigen Gestaltung der universitären Medizin und der dazu erforderlichen Universitätsklinika befassen. Auf ideologische Vorfestlegungen nach dem Motto „Privatisierung ist der einzige Heilsweg“ oder „Privatisierung ist ein einziger Teufelsweg“ dürfen wir bei einer solchen Debatte nicht hereinfallen.
Ich bitte Sie deshalb herzlich um Verständnis, dass die CDU-Fraktion den vorliegenden SPDAntrag ablehnen muss. Aber natürlich haben wir gegen eine Beratung in den Ausschüssen keine Einwände. – Herzlichen Dank, dass Sie mir zugehört haben.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin der SPD-Fraktion dankbar, dass sie mit ihrem Antrag eine solche Debatte über die Zukunft der U
niversitätsklinika angeregt hat; denn dieses bedeutsame Thema ist es wert, lieber Herr Henke, dass wir in diesem Hause endlich darüber debattieren und Nägel mit Köpfen machen.
Die Menschen draußen im Land, aber auch wir als gesetzgebende Körperschaft haben ein Recht darauf, zu erfahren, was die Landesregierung zu diesem Thema vorhat.
Herr Pinkwart, es geht nicht an, dass die Landesregierung – ich erlebe das seit anderthalb Jahren immer wieder – bei jedem, aber auch jedem wichtigen Thema irgendein Gutachten vorschiebt, dessen Eingang man noch abwartet.
Das ist Gutachteritis, Herr Pinkwart. Wir haben ein Anrecht darauf, zu erfahren, was Sie politisch wollen. Dass man das hinterher durch Gutachten absichert und prüft, ob das geht oder nicht, ist klar, aber man kann doch den politischen Gestaltungswillen nicht an der Garderobe von Gutachtern abgeben.
Meine Damen und Herren, an unseren Universitätsklinika findet nicht nur erstklassige Forschung zur ständigen Verbesserung der medizinischen Versorgung statt, hier werden nicht nur unsere Ärztinnen und Ärzte ausgebildet, die ihr Wissen dann in der Praxis an den Mann und an die Frau bringen, sondern an unseren Universitätsklinika werden auch in jedem Jahr knapp 270.000 Patienten stationär und mehr als 600.000 Patienten ambulant behandelt. Ich vermute, fast jeder und jede von uns hat selber schon einmal Erfahrungen mit der hohen Qualität der dortigen Behandlung gemacht.
Schließlich – auch das sollten wir nicht vergessen – sind unsere Universitätsklinika mit 30.000 Beschäftigten und mehr als 2 Milliarden € Umsatz im Jahr als Arbeitgeber und Wirtschaftsunternehmen ihrer jeweiligen Region von wesentlicher Bedeutung.
Umso unbefriedigender ist es für uns als Abgeordnete, dass die Landesregierung zu diesem Thema seit Monaten Gespräche und Verhandlungen hinter verschlossenen Türen führt und uns als gewähltes Parlament immer wieder vertröstet. Ich will sehr deutlich sagen, Herr Pinkwart: Wenn Sie tatsächlich eine Privatisierung der Uniklinika nach hessischem Muster vorhaben, dann können Sie das auf keinen Fall einfach so auf dem Verordnungswege tun, sondern hierüber muss schon nach dem Wesentlichkeitsgebot der Gesetzgeber das letzte Wort haben.
Im Übrigen ist es zu früh, um aus den hessischen Erfahrungen die eine oder andere Variante als gesichert hinzustellen. Diese Erfahrungen helfen uns nicht weiter, weil der Erfahrungszeitraum noch zu kurz ist. Durch die hessischen Erfahrungen lässt sich heute weder die eine noch die andere Richtung belegen.
Deswegen kann ich auch Ihre Antwort auf die Kleinen Anfragen verschiedener Kolleginnen und Kollegen zu diesem Thema so nicht stehen lassen. Sie haben gesagt:
„Erst nach der im Herbst 2006 avisierten Vorlage des externen Gutachtens wird die Landesregierung eine Entscheidung über konkrete strukturelle Veränderungen der Universitätsklinika treffen.“
Meine Damen und Herren, natürlich ist es richtig, dass sich eine Landesregierung ihre Meinung aufgrund unterschiedlicher Fachmeinungen bildet. Eine Entscheidung über konkrete Veränderungen muss dann aber der Gesetzgeber, also der Landtag treffen. Das war – wie Sie wissen – in Hessen auch nicht anders.
Wenn Sie es nicht bestreiten, ist das schon ein positives Ergebnis dieser Debatte, Herr Lindner. Wunderbar! Dann hat sich der Nachmittag schon gelohnt.
Meine Damen und Herren, man muss die unterschiedlichen Argumente – auch die, die die SPD hier vorgetragen hat – sehr genau prüfen.
Stichwort: Sicherstellungsauftrag. Solange alles gut läuft, mag die Krankenversorgung durch Universitätsklinika auch in privater Trägerschaft gewährleistet sein. Aber was ist, wenn es eben nicht rund läuft, wenn der Träger die Leistung nicht mehr erbringen kann oder will, sei es aus strategischen Erwägungen oder weil er sich wirtschaftlich dazu nicht mehr in der Lage sieht?
Stichwort: Planung und Zusammenarbeit. Wie soll das Land bei einer privaten Trägerschaft seiner Verantwortung für eine vernünftige Landesplanung nachkommen: bei den Ausbildungskapazitäten, bei den Forschungsschwerpunkten, bei der Zusammenarbeit der Klinika mit den Hochschulen und anderen Forschungseinrichtungen?
schulfreiheitsgesetzes ein ganz neuralgischer Punkt, zu dem, wie Sie wissen, vor einigen Wochen von Experten in diesem Raum gravierende Bedenken vorgetragen worden sind. Um wie viel schwerer wiegen solche Bedenken im Falle einer echten Privatisierung, selbst wenn sie formal nur die Klinika und nicht die dazugehörigen medizinischen Fachbereiche der Hochschulen betreffen sollte?
Stichwort: Personal. Wie kann das Land seiner Verantwortung für die immerhin 30.000 Beschäftigten gerecht werden? Schon bei der Verselbstständigung der Uniklinika hat es, wie wir wissen, massive Bedenken gegeben. Wir haben diese Bedenken verstanden und haben dennoch nach sorgfältiger Abwägung den Weg eingeschlagen, den wir bis heute gegangen sind. Aber ob wir diesen Weg noch weitergehen, muss deswegen umso genauer geprüft werden. Ich bin mir sicher, dass wir uns einig sind, dass wir die Interessen der Beschäftigten vor Augen haben müssen.
Deshalb noch einmal die Bitte an die Landesregierung: Legen Sie die Karten auf den Tisch! Lassen Sie uns die notwendige Debatte im Ausschuss führen, und zwar nicht erst, nachdem, sondern bevor Sie als Landesregierung sich festgelegt haben! Ich bin sehr gespannt auf die Argumente und die Beratungen im zuständigen Ausschuss. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Herr Vesper hat eingangs seiner Rede davon gesprochen, es sei eine gewisse Gutachteritis bei der neuen Regierungskoalition festzustellen. Sie haben appelliert, dass wir doch unseren politischen Willen erklären sollten.
Ich weiß nicht, wie Sie gearbeitet haben, aber wir legen schon Wert darauf, dass eine Lage erst in der Tiefe analysiert werden muss, bevor man überhaupt einen politischen Willen formulieren kann. Genau das passiert hier. Hier wird eine Lage analysiert. Die Probleme werden aufgenom
men und die Möglichkeiten, auch die Handlungsoptionen beschrieben, bevor in diesem Parlament gemeinsam ein politisches Urteil getroffen wird.
Es geht dabei nicht um einen abstrakten, präpotenten Gestaltungswillen, den man hier zeigen wollte, sondern es geht darum, dass wir uns auf die eigentlichen Zielsetzungen besinnen. Es geht um die Qualität der Maximalversorgung, es geht um die Qualität der Universitätsklinika.
Zum Stichwort Gutachteritis, lieber Herr Vesper: Diese Koalition, diese Landesregierung hat, was das Verfahren angeht, Transparenz geschaffen, wann und wo welches Gutachten in Auftrag gegeben worden ist, welche Ergebnisse erwartet werden,
welche Fragen die Landesregierung an die Gutachter richtet. Herr Henke hat Ihnen hier gesagt, dass der Bau- und Liegenschaftsbetrieb in der vergangenen Legislaturperiode eigene gutachterliche Stellungnahmen angefordert hat. Davon haben wir noch nicht einmal erfahren, höchstens auf dem Obergefreitendienstweg. Offiziell sind wir noch nicht einmal unterrichtet worden, dass innerhalb der Landesregierung von Herrn Krebs solche Überlegungen angestellt werden. Da ziehe ich dieses transparente und ergebnisoffene Verfahren dem Verfahren der Vorgängerregierung deutlich vor,
in dem nach Art geheimer Kommandosache Dinge geprüft wurden, die offiziell noch gar nicht bekannt gegeben werden durften.
Wir haben sechs Universitätsklinika in NordrheinWestfalen – wenn ich das richtig überblicke, die dichteste hochschulmedizinische Landschaft in der ganzen Bundesrepublik.
Wir haben aber auch eine Hochschulmedizin, die stark unter Druck steht, weil wir dort einen Investitionsstau haben, der damit zusammenhängt, dass in diesem Bereich der Maximalversorgung technischer Fortschritt mit in die tägliche Arbeit einfließen muss. Da gibt es wenige Routinevorgänge; da geht es um Maximalversorgung hart am oberen Ende des aktuellen Forschungsstandes. Das erfordert Investitionen. Diese Investitionen in einem Landeshaushalt zu leisten, wie wir ihn von Ihnen übernommen haben, das fällt nicht leicht.