Wenn man die Grundsatzreden vergleicht, die wir alle halten, sind wir uns einig. Aber wir unterscheiden uns in den Konzepten. Wir unterscheiden uns bei der Definition des richtigen Weges. Und – es ist mir sehr wichtig, das noch einmal herauszustellen – wir unterscheiden uns im Umgang mit den betroffenen Menschen in diesem Land.
Sie und wir sind uns einig: Die Zukunft hängt davon ab, dass es gelingt, den Zugang zu Bildung und Wissen für möglichst alle Kinder zu öffnen. Wir müssen ihnen ermöglichen, ihre Potenziale umfassend zu entwickeln und auszuschöpfen.
Dabei kommt es entscheidend darauf an – ich glaube, auch da sind wir uns einig, Herr Kollege Lindner –, so früh wie möglich zu fördern und auch Defizite auszugleichen.
Wir alle wissen auch, dass diese Förderung schon bislang nicht allein durch die Familien erfolgen konnte. Die sozialen Entwicklungen dieser Jahre machen es noch dringlicher, dass hier ergänzend auch der Staat und die Gesellschaft tätig werden müssen.
Eine entscheidende Rolle kommt dabei den Kindergärten und der vorschulischen Bildungsarbeit zu. Wir sagen: Die Kindergärten in unserem Land brauchen dafür dringend wieder mehr Mittel. Darum haben wir beantragt, die Kürzung in Höhe von 176,6 Millionen € in diesem Bereich zurückzunehmen und mehr Geld für die Betreuung der unter Dreijährigen aufzuwenden. Das haben Sie in diesem Haushaltsverfahren abgelehnt.
Im Ziel sind wir uns einig, aber Ihr Weg ist ein Irrweg. Jetzt gucken Sie bedröppelt, Herr Lindner. Sie waren da stellenweise auf dem richtigen Weg.
Sie und wir sind uns einig: Wir brauchen mehr und intensivere frühkindliche Förderung und vorschulische Bildung. Bildung fängt nicht erst mit der Schule an. Wir sagen: Das muss sich dann aber auch im Landeshaushalt niederschlagen. Darum haben wir beantragt, für ein verpflichtendes, beitragsfreies letztes Kindergartenjahr 60 Millionen € bereitzustellen. Damit könnte der Bildungsauftrag sichergestellt werden, ohne dass die Kommunen einen Euro Mehrbelastung hätten. Sie haben das in diesem Haushaltsverfahren abgelehnt.
Wir sind uns einig: NRW braucht mehr Kinder. Wir müssen die Eltern stärken und unterstützen, damit sie sich den Herausforderungen stellen und ihnen gewachsen sind. NRW soll ein kinder- und familienfreundliches Land werden.
Wir sagen: Dazu gehören auch leistungsfähige Familienberatungs- und Bildungseinrichtungen. Wer Beratung und Bildung für Familien will, der muss dafür auch Geld bereitstellen. Wir haben darum beantragt, die Kürzung für die Familien in Höhe von 6,6 Millionen € rückgängig zu machen. Sie haben das abgelehnt.
Herr Minister Laschet, Ihr Weg mit den Familienzentren geht ja in die richtige Richtung. Aber dass Sie gleichzeitig bei denen kürzen, die die Zentren demnächst tragen sollen, das ist doch fatal, das ist falsch.
Sie und wir sind uns, glaube ich, einig: Die Jugend unseres Landes ist unsere Zukunft. Ihr Wissen, ihre Kreativität, aber auch ihre soziale Kompetenz sind unser wichtigstes Kapital. Für die demokratische Gesellschaft ist es unverzichtbar, dass die Jugend den Regeln des Zusammenlebens vertraut und sich selbst an diesem Zusammenleben beteiligt. Weil das so ist, sagen wir: Es kann nichts Schlimmeres geben, als gerade hier ein gegebenes Versprechen zu brechen.
mit 96 Millionen € ausgestattet werden sollte. Für uns ist klar: Das Versprechen muss gehalten, der Landesjugendplan muss entsprechend ausgestattet werden. Es kann nicht sein, dass die 20 Millionen € aus dem Landesjugendplan quasi zur Landwirtschaftskammer verschoben werden und dafür das Vertrauen der Jugend in die Politik geopfert wird.
Darum haben wir beantragt, den Landesjugendplan auf die gesetzlich vorgeschriebene Summe anzuheben. Sie haben das abgelehnt.
Herr Kollege Papke, Sie haben wie immer noch einen draufgesetzt. In einer Pressekonferenz haben Sie zu diesem Tagesordnungspunkt gesagt: „Schlaraffenland ist abgebrannt.“
(Zuruf von der SPD: Unglaublich den Leuten gegenüber! – Dr. Gerhard Papke [FDP]: Das ist Ihre Verantwortung, Frau Kollegin! – Rai- ner Schmeltzer [SPD]: Das ist unsere Ver- antwortung? Wo leben Sie denn?)
Wissen Sie, wie zynisch das für die vielen Beschäftigten ist, die in diesem Bereich tätig sind, die da eine hervorragende Arbeit weit über das übliche Maß hinaus leisten? Wissen Sie das?
(Lebhafter Beifall von SPD und GRÜNEN – Dr. Gerhard Papke [FDP]: 112 Milliarden €! – Rainer Schmeltzer [SPD]: Zyniker, Herr Pap- ke!)
In allen vier Beispielen stimmen wir in der Analyse und im Ziel überein. Aber entscheidend ist: Ihr Weg führt nicht zu Ihren Zielen. Diese Beispiele zeigen, warum wir Änderungen am Haushalt für dringend erforderlich halten. Sie haben alle unsere Vorschläge kategorisch abgelehnt.
Die Änderungen, die Sie stattdessen vorgenommen haben, sind überwiegend kosmetischer Natur. Sie ändern nichts daran, dass Sie das soziale Netz reißen lassen: bei Kindern, bei Familien, bei Frauen, beim Ehrenamt und leider auch – auch das ist Verbauen von Zukunftschancen – bei der Weiterbildung.
Ich fasse zusammen: Mit diesem Haushalt verlässt NRW den Weg einer sozial verlässlichen Politik. Darum lehnen wir diesen Weg ab, und darum lehnen wir auch den Haushalt ab, meine Damen und Herren.
Auf falschem Weg sind Sie nicht nur bei der Aufstellung des Haushaltes. Die Menschen spüren die Wende zum Schlechteren. Das wird durchgängig deutlich, wenn in diesen Tagen Bilanz gezogen wird.
62 %? Herr Papke, es ist mir klar, dass Sie sich diese Zahl heraussuchen. Gucken Sie doch mal auf die Sonntagsfrage! Die CDU hat seit der letzten Wahl 4,8 Prozentpunkte verloren. Sie haben nur plus 1 Prozentpunkt. Wir verlieren nur 2,1 Prozentpunkte. Das heißt, Sie verlieren wesentlich mehr als wir. Wenn Sie jedes Jahr 4,8 Prozentpunkte verlieren, kann das aus meiner Sicht so weitergehen, Herr Kollege Papke.
Ich komme zur Schul- und Bildungspolitik. Wir bleiben dabei: Die Abschaffung der Grundschulbezirke ist falsch.
Sie führt zu Eliteschulen, und sie führt dazu, dass Restschulen in den sozialen Brennpunkten bleiben. Dort werden die Integrationsprobleme verschärft.
Herr Laschet, Sie sagen zur Integration ja viel Richtiges. An dieser Stelle wären Sie gefordert. Kämpfen Sie in der NRW-CDU für Ihre Position! Unsere Unterstützung haben Sie, auch gegen Angriffe von Herrn Bosbach und anderen. Die Fachleute sagen nämlich: Verbindliche Grundschulgutachten verschärfen die soziale Selektion. Deshalb dürfen wir sie nicht einführen.
(Lebhafter Beifall von SPD und GRÜNEN – Christian Lindner [FDP]: Lieber nach nicht erfolgreicher Orientierungsphase am Gym- nasium wie bisher ein Drittel der Schüler wie- der abschieben auf die Hauptschule!)
Studiengebühren werden nicht nur Kinder aus Familien der finanzschwächeren und bildungsfernen Schicht abschrecken. Das wird weit in die Mittelschicht hineinwirken.
Herr Kollege Pinkwart hört nicht zu, obwohl ich mich gerade mit seinem Bereich befasse. Vielleicht sollten wir hier auch einmal Kopfnoten verteilen.