In Schweden wurde das Elterngeld schon vor drei Jahrzehnten eingeführt. Wenn man sich die Wirkungen auf die Geburtenrate ansieht, kann man feststellen, dass sie 2004 dort bei 1,8 Kindern pro Frau lag, in Deutschland aber nur bei 1,3. 2004 betrug die Erwerbsbeteiligung von Frauen in Schweden 75,9 %, in Deutschland 59 %. Man muss sich schon fragen, was so ganz verkehrt daran ist, wenn man Kraftanstrengungen unternimmt, um den Schritt hin zum Kind zu erleichtern.
Zum zweiten Grund der Ablehnung! Sie beziehen sich auf die Aussage von Minister Laschet, der mit den Worten zitiert wird: Unsere Priorität ist der Ausbau der Betreuung, denn die Entscheidung für oder gegen Kinder hängt wesentlich davon ab, ob die Vereinbarkeit und das Betreuungsangebot vorhanden sind. – Liebe Kolleginnen und Kollegen, derselbe Minister hat angekündigt, bei den Kindergärten massiv zu kürzen: über 104 Millionen € bei den Sachkosten und bei der Bezu
doch, das ist so – und zwingt sie indirekt zu einer Beitragserhöhung. Mehr noch: Derselbe Minister kürzt bei der gesamten Infrastruktur für Kinder, Jugendliche und Familien: in der Jugendhilfe, in der Familienberatung und in der Erziehungsberatung.
Ich möchte Ihnen anhand meines Heimatkreises Minden-Lübbecke verdeutlichen, welche zusätzlichen Herausforderungen dort auf die insgesamt elf Städte und Gemeinden zukommen, die in vier Jugendamtsbezirken zusammengefasst sind.
Ja, wir reden über Kinder, über die Strukturen und über diejenigen, die auf der Landesebene und auf der kommunalen Ebene die Verantwortung tragen. Wir reden auch über die Eltern. Ich war Vorsitzender des Jugendhilfeausschusses. Ich weiß, was es bedeutet, mit einer differenzierten Kreisumlage umzugehen, wenn das, wie für MindenLübbecke, heißt, dass dem Kreis 1,2 Millionen € verloren gehen. Der Stadt Minden gehen 600.000 € verloren, der Stadt Porta Westfalica 300.000 € und der Stadt Bad Oeynhausen 400.000 €.
Dann sind Sie in einem Jahr bei 2,2 Millionen €. Da das Ganze in diesem Jahr nicht aufhört, sind Sie in dieser Legislaturperiode – um nur bei dem Betrag der 84 Millionen € zu bleiben – bei 10 Millionen €, die diesen Kommunen, diesen Gebietskörperschaften entzogen werden. Das ist die Wirklichkeit.
Ich denke, dass diese Sparbeschlüsse einseitig nur dem Land Luft verschaffen und unsere Städte und Kindergartenträger in die Zwangslage bringen, Elternbeiträge massiv erhöhen zu müssen. Erneut werden mit derlei Beschlüssen zusätzliche Finanzierungslasten und -risiken auf die Städte und Gemeinden abgewälzt.
An dieser Stelle wiederhole ich einmal etwas, was schon oft gesagt worden ist: Herr Minister Laschet, man muss aufpassen. Die Grünen meinen ja, sie hätten da einen richtigen Verbündeten. Ich glaube eher, dass Sie in dieser Regierung vielleicht der Kammerdiener sind, und erinnere daran, was mit den Landwirtschaftskammern passiert ist.
Es fällt mir schwer, das jetzt so zu sagen. Aber wir leben ja in der karnevalistischen fünften Jahreszeit. Außerdem halte ich es schon für angebracht, darauf hinzuweisen. Meine Befürchtung ist, dass das ganze Kabinett nach diesen vier Jahren als größte Kammerdienerveranstaltung dasteht – auch in anderen Bereichen. Das wird man schon sehen, glaube ich.
Damit will ich Folgendes sagen: Man muss aufpassen, dass hier nicht nur Geld in tradierte Besitzstände gesteckt wird, sondern dass tatsächlich neue Strukturen entwickelt werden. Und da müssen wir hinschauen – das ist meine Ansage an die Grünen –, welche Baustelle wir haben. Warum wir diesen Antrag ablehnen, ist ziemlich klar: Wir denken, dass man das Elterngeld – je nachdem, wie es ausgestattet wird – eben auch noch nicht ad acta legen kann. – Schönen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich darf mich zunächst sehr herzlich bei Frau Kollegin Asch für die permanente Wertschätzung bedanken, die die Grünen der Arbeit der FDP und unserer Stellung hier entgegenbringen. Das tut schon gut, wenn man weiß, welche traumatischen Erfahrungen Sie in den letzten zehn Jahren zu verarbeiten hatten.
Gleichwohl legen Sie uns hier regelmäßig dar, dass wir auf partnerschaftlicher Augenhöhe – Partnerschaft ist ja auch ein gutes Stichwort für diesen Antrag – gemeinsam mit unserem Koalitionspartner auftreten und uns eng abstimmen müssen. Da können Sie völlig beruhigt sein. Es gibt keinerlei Dissens zwischen den Regierungsfraktionen. Keiner redet gegen den anderen. Wir gehen gemeinsam vor. Wir werden auch diesen Ihren Antrag gemeinsam ablehnen. Wir haben nämlich gemeinsam als Koalition der Erneuerung den richtigen Reformkompass für NRW.
Zur Sache selbst: Ihr Antrag ist reichlich kurz gesprungen. Er reduziert Familienpolitik auf den Ausbau der Betreuungsangebote. Dabei sprach doch selbst in Ihrer alten gemeinsamen – nun abgewählten – Bundesregierung die frühere Bundesfamilienministerin Renate Schmidt unter Mitverantwortung der Grünen im Bund vom PolicyMix, einem Mehrklang aus Kinderbetreuung, effektiver finanzieller Unterstützung und familienfreundlichen Arbeitsbedingungen.
Auch die Grünen waren im vergangenen Jahr schon einmal weiter. In ihrem alten, überholten Wahlprogramm zur Bundestagswahl hieß es nämlich:
„Wir setzen auf den Ausbau der Infrastruktur, ohne die tatsächlich notwendigen Transfergeldleistungen zu vernachlässigen.“
Ein bedarfsgerechtes und qualitativ hochwertiges Kinderbetreuungssystem vor allem für unter Dreijährige ist dabei eine wichtige Komponente, aber eben auch nur eine Komponente, zu der sich auch alle Fraktionen hier im Hause bekannt haben. Die Grünen hatten aber sowohl im Bund als auch im Land viele, viele Jahre – eigentlich viel zu viele – die Chance, ein solches auch in die Tat umzusetzen.
Diese Zeit haben Sie – wie in vielen anderen Politikbereichen auch – wieder einmal ungenutzt verstreichen lassen. Rot-Grün hat die Regierungsverantwortung in Nordrhein-Westfalen – diese Zahl muss man sich wirklich einmal auf der Zunge zergehen lassen; deshalb wundere ich mich, dass Sie proaktiv dieses Thema suchen, anstatt sich für Ihre eigene Bilanz zu schämen – mit einer Betreuungsquote kleinerer Kinder von 2,8 % verlassen. Das ist die Bestandsaufnahme zum Ende Ihrer Regierungszeit. Bei Ihrer Abwahl waren es in Nordrhein-Westfalen 2,8 %. Damit haben Sie das von Ihnen selbst gesteckte Ziel von 20 % bis zum Jahr 2006 immens verfehlt.
Selbst der kostenneutralen Umwandlung von nicht mehr benötigten Kindergartenplätzen in solche für kleinere Kinder hat die von den Grünen mitgetragene Landesregierung in der letzten Legislaturperiode nur auf Druck stattgegeben. Wir erinnern uns sicherlich alle zum Beispiel an den Fall in Langenfeld. Sie wollten das Geld ursprünglich nämlich lieber als willkommenen Beitrag zum Stopfen allgemeiner Haushaltslöcher einsetzen.
Die Grünen haben bereits vor der Bundestagswahl 2002 versprochen, der Ausbau der Betreuungsinfrastruktur dürfe nicht zulasten der Länder
und Kommunen finanziert werden – und dann genau Gegenteiliges getan. Mit dem Tagesbetreuungsausbaugesetz – TAG – haben Sie auf der Grundlage falscher Zahlen und unter Annahme falscher Tatsachen den Kommunen 2,5 Milliarden € Entlastungen durch die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe zugesagt, wovon sie 1,5 Milliarden € in den Ausbau der Infrastruktur investieren sollten. Leider ist das Geld bis heute aber nicht bei den Kommunen angekommen. Im Gegenteil: Viele Städte und Gemeinden klagen seitdem über Mehrausgaben im Vollzug von Hartz IV.
Auf Nachfrage der FDP-Kollegen im Bund antwortete die inzwischen abgewählte, aber damals noch von den Grünen mitgetragene Bundesregierung lapidar: Sollte die Entlastung der Kommunen den Betrag von 2,5 Milliarden € über- oder unterschreiten, wird der Anteil des Bundes rückwirkend zum Jahresbeginn angepasst. – So einfach ist es also, in dem Moment, in dem man in Regierungsverantwortung steht, eine Zusage für einen Zeitpunkt nach der eigenen Abwahl zu machen.
Vor diesem Hintergrund ist es fast schon dreist, wenn auf der Homepage der Grünen unter der Rubrik „Das haben wir erreicht“ öffentlich steht – das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen –:
„Deshalb haben wir … das Gesetz zur Betreuung von Kindern unter drei Jahren umgesetzt. Damit haben wir erreicht, dass Familie und Beruf besser miteinander vereinbar sind.“
Wenn das, was Sie dort auf Ihrer Homepage schreiben, stimmt, muss sich jeder, der klar denken kann, fragen: Warum legen Sie dann heute noch diesen Antrag in dieser Form vor?
Betreuung ist nicht alles. Der Familienatlas 2005 von Prognos und der „Zeit“ zur Lebenssituation von Familien in einzelnen Regionen Deutschlands zeigt, wie sehr Kinder- und Familienfreundlichkeit auch von anderen Faktoren abhängig sind wie wirtschaftlichem Wohlstand, Arbeitsmarktsituation etc. So werden beispielsweise die neuen Länder trotz flächendeckender Betreuungsplätze nicht als familienfreundlich bewertet, da es dort wegen der schlechten Arbeitsmarktlage an anderweitigen Perspektiven mangelt.
Nachhaltige Familienpolitik ist damit nun eine echte Querschnittsaufgabe, die Zukunftschancen sichert. Familienpolitik muss nach unserer Auffassung als FDP-Landtagsfraktion den Tatsachen insgesamt ins Auge sehen und auch veränderte
Lebensbedingungen zur Kenntnis nehmen. Längere Ausbildungszeiten, ein härterer Wettbewerb am Arbeitsmarkt insgesamt, besonders um hoch qualifizierte Positionen, steigende Anforderungen an Flexibilität und Mobilität – all das sind Faktoren, die es jungen Menschen schwerer machen, sich für Kinder zu entscheiden.
Eine erfolgreiche Familienpolitik trägt dem Bedürfnis nach materieller Unabhängigkeit, vor allem von Transferleistungen des Staates, und beruflichem Fortkommen trotz Kind Rechnung. Aber Familienpolitik darf sich auch nicht überschätzen. Denn Politik kann eben nicht alle Ursachen von Kinderlosigkeit beheben. Als Stichworte sei hier nur verwiesen auf eine steigende Lebenszufriedenheit jüngerer Menschen ohne Kinder sowie auf ganz pragmatische Fragen wie das Fehlen des richtigen Partners.
Auch wenn die Grünen meinen, mit der Erhöhung des Kindergeldes, des Kinderfreibetrages sowie mit Einführung des Kindergeldzuschlages für ALG II-Empfänger einen riesigen Schritt nach vorne gemacht zu haben, so irren sie. Jeder weiß – und die geringe Geburtenrate von 1,3 Kindern zeigt es deutlich –, dass diese familiären Zahlungen nicht alleine den Ausschlag geben, Kinder zu bekommen. Denn sie sind im Verhältnis zu den tatsächlichen Kosten, die Eltern für ein Kind aufbringen müssen – wenn man sich am anerkannten Ifo-Institut und der dortigen Berechung orientiert, sind das bis zum 18. Lebensjahr rund 150.000 € –, nur ein Tropfen auf den heißen Stein, wenngleich sie einen Baustein im Gesamtsystem ausmachen.
Sicherlich sind vor dem Hintergrund, dass nirgendwo in Europa die familienpolitischen Transferleistungen so hoch und die Geburtenraten so niedrig sind, die gesamten familienbedingten Subventionen zu überdenken und weiter zu entwickeln. Aber die Aufregung der Grünen bezüglich des Elterngeldes ist für uns nicht nachvollziehbar. Das ist sie schon deshalb nicht, weil Sie das System Elterngeld – Sie haben es als Lohnersatzleistung für Eltern nach schwedischem Modell bezeichnet – als Instrument der Familienpolitik für die zu Ende gegangene Wahlperiode im Bundestag in Erwägung gezogen haben.
Was man diskutieren kann und muss, ist die genaue Ausgestaltung. Es gibt sicherlich vieles im Detail, was zu kritisieren ist, zum Beispiel die im aktuellen Modell vorgesehene Männerquote. Dazu sagen wir: Entscheidend ist die persönliche Freiheit und nicht der staatsdirigistische Eingriff in
Wir als FDP-Landtagsfraktion setzen auf eine nachhaltige Familienpolitik. Wir glauben, dass alle Aufgaben …