Das war, meine Damen und Herren, der Abgeordnete Becker für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor, sodass wir am Schluss der Beratung sind.
Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag Drucksache 14/10743. Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat gemäß § 43 unserer Geschäftsordnung eine namentliche Abstimmung beantragt.
Nach § 43 Absatz 2 erfolgt die namentliche Abstimmung durch Aufruf der Namen der Abgeordneten. Die Abstimmenden haben bei Namensaufruf mit Ja oder Nein zu antworten oder zu erklären, dass sie sich der Stimme enthalten.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, nachdem niemand mehr im Saal seine Stimme abgeben möchte, schließe ich die Abstimmung und bitte die Schriftführer, die Auszählung vorzunehmen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich gebe Ihnen das Ergebnis der namentlichen Abstimmung bekannt: mit Ja stimmten 55 Abgeordnete, mit Nein votierten 84 Abgeordnete. Eine Stimmenthaltung haben wir nicht feststellen können. Damit hat der Antrag
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich lasse weiterhin abstimmen über den Entschließungsantrag der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP Drucksache 14/10812. Wer dem Antrag zustimmen möchte, den darf ich um sein Handzeichen bitten. – Das sind die Fraktionen von CDU und FDP. Gegenstimmen? – Das sind die Abgeordneten der Fraktion der SPD. Enthaltungen? – Das sind die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen sowie der Abgeordnete Solf. Damit hat der Entschließungsantrag eine deutliche Mehrheit im Haus bekommen und ist somit angenommen.
Der Antrag wurde gemäß § 79 Abs. 2 Ziffer b der Geschäftsordnung vom Plenum an den Ausschuss für Schule und Weiterbildung mit der Maßgabe überwiesen, dass Beratung und Abstimmung erst nach Vorlage einer Beschlussempfehlung im Plenum erfolgen. Die Beschlussempfehlung und der Bericht liegen nunmehr vor.
Ich eröffne die Beratung und erteile für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Frau Kollegin Beer das Wort. Bitte sehr, Frau Kollegin.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte zu Beginn aus einer Erklärung zitieren, die mittlerweile 800 Grundschulleitungen unterzeichnet haben. Sie hat den folgenden Text:
Die Erfahrungen in den Grundschulen und viele wissenschaftliche Untersuchungen belegen, dass die Schulformprognosen zu einem erschreckend hohen Prozentsatz im Laufe der weiteren Schullaufbahn revidiert werden müssen.
Dabei ist nach Erfahrung aller Beteiligten nicht die Beratung der Grundschule oder die Entscheidung der Eltern falsch, falsch ist allein der Zwang, diese Entscheidung überhaupt zu diesem Zeitpunkt für so junge Kinder fällen zu müssen. Eine längere gemeinsame Schulzeit wäre
mehr Zeit für jedes einzelne Kind, damit es in kleinen Gruppen seine individuellen Stärken entwickeln kann;
mehr Zeit für die individuelle Entwicklung ohne den Druck durch eine frühe Trennung in verschiedene Schulformen;
Wie fragwürdig die verbindlichen Schulformempfehlungen sind, belegen auch die Daten, die die Gesamtschulverbände am 26. Februar dieses Jahres vorgelegt haben. Die Schulleitungsvereinigung der Gesamtschulen hat das letzte Anmeldeverfahren ausgewertet, um die Bandbreite der Notendurchschnitte zu erheben. Dies hat sie auf einer Grundlage von 13.000 Zeugnissen gemacht, die in die Erhebung eingeflossen sind.
Anhand dieser Auswertung können Sie feststellen, Frau Ministerin, dass die Notendurchschnitte für eine Gymnasialempfehlung von 1,4 bis 2,8, für die Realschule von 2,0 bis 3,7 und für die Hauptschule von 2,7 bis 4,3 schwanken. Mit dem Notendurchschnitt von 2,7 ist vor allem eines ganz klar: Das Kind kann eine Empfehlung zur Hauptschule, zur Realschule, zum Gymnasium und natürlich zur Gesamtschule erhalten. Es entscheidet vor allem der Sozialstatus, das Geschlecht oder der Migrationsstatus über die letztendliche Grundschulempfehlung.
Ich möchte anhand von anderen Daten noch einmal verdeutlichen, dass Schulformempfehlungen massiv von Nichtleistungskriterien beeinflusst werden. Dafür nehme ich natürlich gerne die Unterlagen hinzu, die mir das Ministerium als Antwort auf die Kleine Anfrage „Sind Kinder in Hille intelligenter als Kinder in Eslohe?“ zur Verfügung gestellt hat. Ich fand es schon sehr beruhigend, dass das Ministerium dort auch festgestellt hat: In der Begabungsforschung liegen keine Erkenntnisse zur regionalen Verteilung von Intelligenz vor. – Wenigstens dort haben wir einmal eine Übereinstimmung, was die Begabungsforschung angeht.
Wenn das wirklich so ist, dann muss einen doch der Blick auf die Übergansquoten der Schulformempfehlungen in Nordrhein-Westfalen stutzig machen. Denn diese sind in der Tat sehr aufschlussreich. Wir haben auf insgesamt 14 Seiten die einzelnen Werte für die Kommunen dargelegt bekommen. Die Übergangsquoten an das Gymnasium liegen in NRW zwischen 21 % und über 60 %. Bei der Frage, welche Schulform man besuchen kann, kommt es in NRW also darauf an, wo man wohnt.
Das hat nun wirklich nichts mit Leistungsgerechtigkeit oder einer Auskunft über Potenziale von Kindern zu tun.
Das spiegelt sich ebenfalls – das möchte ich noch einmal wiederholen, auch wenn wir gestern bereits darüber gesprochen haben – in den Erhebungen der Gesamtschulen zum Abiturjahrgang 2009 wider, in denen festgestellt werden konnte, dass 75 % der Abiturienten keine Gymnasialempfehlung von Anfang an hatten, das Zentralabitur aber trotzdem erfolgreich abgelegt haben.
Dies zeigt uns: Wir sind einig mit den Grundschulleitungen und auch mit vielen Experten aus der Wissenschaft, dass diese Form der Grundschulempfehlung ein Fehler ist, dass sie die Energien in den Schulen in eine ganz falsche Richtung leitet und dass wir ein anderes Lernen ohne Lernbarrieren entwickeln müssen, damit die Potentiaze der Schülerinnen und Schüler wirklich entwickelt werden können.
Ich sage es hier noch einmal gerne: Das Aufteilen von Kindern im Alter von 9 Jahren in verschiedene Schulformen, die unterschiedliche Lebenschancen bereiten, das verbietet sich. Kartoffeln kann man in Güteklassen sortieren, aber nicht Kinder im Alter von 9 Jahren.
Die Grundschulempfehlungen wird es mit einer neuen Landesregierung nicht mehr geben. RotGrün wird dafür sorgen.
(Beifall von GRÜNEN und SPD – Lachen von Ralf Witzel [FDP] – Minister Lutz Lienenkäm- per: Ihr Optimismus in allen Ehren!)
Beer. – Als nächster Redner hat nun für die Fraktion der CDU der Abgeordnete Hollstein das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.
Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! „Staatlich verordnete Hellseherei abschaffen“ ist nicht nur Titel des Antrages, den wir hier vorliegen und über den wir heute zu beraten haben, sondern war auch Thema der Anhörung am 27. Januar 2010. Das Thema war ein Dauerbrenner in den vergangenen Jahren. Um Weihnachten herum erschien es immer wieder in der Presse. Es hat etwas von Loch Ness. Auch hier beschäftigen wir uns in regelmäßigen Abständen mit diesem Thema.
Wenn wir uns die Anhörung anschauen und sie auswerten, stellen wir fest, dass der PhilologenVerband, der Elternverein, der Realschullehrerverband und die Rheinische Direktorenvereinigung sich sehr eindeutig gegen den grünen Antrag ausgesprochen haben. Für den Antrag der Grünen haben sich das Dortmunder Institut für Schulentwicklungsforschung, der Grundschullehrerverband und der Schulleiterverband Gesamtschule ausgesprochen.