Protocol of the Session on March 10, 2010

(Beifall von den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Beer. – Jetzt hat Herr Solf für die CDUFraktion das Wort. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine lieben hier noch verweilenden Kollegen! Der Antrag der Grünen, den wir heute beraten, trägt nicht nur das Wort Theater im Titel, sondern er ist auch in doppelter Hinsicht ein Lehrstück: An ihm kann man lernen, wie das Verhältnis zwischen der Landesregierung und den Grünen ist, aber auch auf welch merkwürdige Art und Weise die Grünen manchmal Oppositionspolitik machen.

(Beifall von Ralf Witzel [FDP])

Kommen wir also zum ersten Akt des Lehrstücks: Auftritt des Chorus der Grünen von links. Hymnus: Theaterspielen in der Schule kann einen wichtigen Beitrag leisten. Leiser Monolog im Hintergrund: Die Landesregierung strengt sich ja in der Tat mächtig an, also Lob für die Landesinitiative. Modellland kulturelle Bildung: Nordrhein-Westfalen.

(Beifall von der CDU)

Klatscht einer? – Sehen Sie: Applaus von der CDU. Ja, liebe Grüne, wir stimmen vollständig überein, dass die kulturelle Bildung und nicht zuletzt das Theaterspielen ganz wichtig für unsere Schulen ist.

Würden wir nicht auch entsprechend handeln, dann gäbe es nicht jene zahlreichen Theaterprojekte im Programm „Kultur und Schule“,

(Sigrid Beer [GRÜNE]: Wie lange noch?)

dann gäbe es nicht den Landesschultheaterwettbewerb „Maulhelden“ – ich schaue niemanden an –, es gäbe auch nicht unsere Hilfen für den Bundeswettbewerb „Schultheater der Länder“. All diese Ansätze sind in vielen Schulen aufgenommen worden. Theaterspielen ist landauf, landab ein wichtiger Bestandteil von Schulprogrammen geworden. Grüne Schauspieler und schwarzes Publikum sind sich also eigentlich einig. – Jetzt klatschen sie nicht.

(Beifall von Sigrid Beer [GRÜNE])

Im zweiten Akt des Lehrstücks – gleich klatschen sie – sieht es dann ein bisschen anders aus. Wir bekommen vorgeführt, dass die Grünen schlechte Oppositionspolitik machen. Sie, sehr geschätzter Herr Kollege Keymis, der Sie leider nicht hier sitzen,

(Beifall von Ralf Witzel [FDP] und Zuruf: Jetzt können wir wieder klatschen!)

haben Theater gelernt und wissen daher doch besser als der Rest der Grünen, was Theaterdonner ist: Es ist nichts Gefährliches passiert, es hat nicht wirklich geblitzt, aber man macht ordentlich Krach, wackelt mit großen Blechen und hofft, das Publikum zu beeindrucken. Die Erwachsenen lassen sich schmunzelnd darauf ein, die Kinder kriegen einen Schreck.

So ist es auch mit Ihrem Antrag. Sie richten mit ihm nur ein wenig Theaterdonner an. Ihre Sorge um die Zukunft des Faches Literatur und um die Rolle, die das Theater dabei spielt, ist völlig unbegründet.

(Beifall von der CDU)

In der gymnasialen Oberstufe wird das Fach Literatur nach wie vor im Umfang von zwei Halbjahren als Ersatzfach für den Pflichtunterricht in Kunst und Musik angeboten.

(Sigrid Beer [GRÜNE]: Fragen Sie mal, was die Schulen planen!)

Damit hält sich Nordrhein-Westfalen exakt an die Praxis der meisten anderen Bundesländer. Auch die von Ihnen dankenswerterweise besonders gepriesenen Länder aus dem Süden der Republik und Hamburg tun nichts anderes. Zusätzlich gibt es die Möglichkeit, darstellendes Spiel im Rahmen von Projektkursen zu realisieren. Das, was die jungen Leute hier leisten, kann auch ins Abitur eingebracht werden. All das hat sich also bewährt, ist so und bleibt auch zunächst so.

Aber das wäre für die Opposition ja zu langweilig. Also muss das, was ist, dramatisiert werden. Sie, liebe Grüne, treten finster an die Bühnenkante und monologisieren über Ihre Ängste. Sie tun so, als würde das, was Sie für die Zeit ab 2013 befürchten, auch wirklich so kommen. Wieder erschrecken Sie die Leichtgläubigen und die Kinder.

(Sigrid Beer [GRÜNE]: Nein, wir sind ja da!)

Sie wissen doch ganz genau, dass wir den Schulen gesagt haben, diese Fragen vor der Erstellung von Bildungsstandards offenzuhalten. Zu diesem Fahrplan stehen wir. Wir sind bekannt dafür, dass wir Wort halten.

Ich finde, es war ein gutes Signal, wenn sich die Grünen für das Theaterspielen einsetzen. Wir sehen aber nicht die Notwendigkeit, schon heute krachende Resolutionen zu verabschieden. Schließlich sind wir im Landtag und nicht im Theater. – Ich danke Ihnen.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Solf. – Für die SPD-Fraktion Frau Kollegin Hendricks. Bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! An dem, was wir heute Abend geboten bekommen, kann man sehen, dass Theaterspielen in vielfältiger Art und Weise möglich ist. Herr Solf hat uns gerade beeindruckend dargestellt, dass er als Lehrer einer Schule wahrscheinlich wunderbar Theater spielen würde und es vermutlich bedauert, dass die politische Bühne das wunderschöne Theaterspielen nur manchmal tatsächlich ermöglicht.

(Beifall von Rainer Schmeltzer [SPD])

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir unterstützen den Antrag der Fraktion der Grünen, weil wir

in der Tat nicht wissen, wie die Oberstufenrichtlinien wirklich aussehen werden. Herr Solf hat gerade ein paar Hinweise gegeben. Wenn dem wirklich so sein sollte – als Regierungskoalition wissen Sie vielleicht mehr als wir –, wäre das völlig richtig; dennoch ist der Antrag legitim. Die musisch-kulturelle Bildung der Schüler und Schülerinnen ist eine nicht zu unterschätzende Chance für die Persönlichkeitsentwicklung. Das hat der Antrag der Grünen insofern sehr schön ausgeführt.

Das hat übrigens auch der 12. Kinder- und Jugendbericht der Bundesregierung noch einmal deutlich gemacht, indem er darauf hingewiesen hat, wie viel über non-formales Lernen für die Persönlichkeitsentwicklung entsteht. Das Fach Literatur ist nämlich nicht nur ein schmückendes Beiwerk der gymnasialen Oberstufe, sondern fördert auch ganz maßgeblich die soziale Kompetenz, die Kreativität und die Intelligenz der Schüler.

Die Arbeit der Literaturkurse und ihre Darbietung bei Schulveranstaltungen und Wettbewerben sind Bestandteil von Schulkultur und Schulklima. Darüber hinaus ist es das einzige Fach im Fächerkanon der gymnasialen Oberstufe, das derart vielschichtig und praktisch sowie projektorientiert angelegt ist. Deshalb unterstützen wir die Forderung der Grünen, die Ausbildung von der Primarstufe bis zur Sekundarstufe II weiterhin als gleichberechtigtes Fach neben Kunst und Musik im Curriculum zu verankern.

Das Fach Literatur wird derzeit nicht an allen Gymnasien in Nordrhein-Westfalen angeboten. Auch das muss man einmal sagen. Die Themen und Projekte werden jedoch in einer Vielzahl von Gymnasien im normalen Deutschunterricht erarbeitet. Uns ist bewusst, dass dies allerdings stark vom Engagement der jeweiligen Schule und von den jeweiligen Lehrern abhängt.

(Sigrid Beer [GRÜNE]: Von der Arbeitsbelas- tung!)

Dabei ist das Angebot der Literaturkurse nicht durch eine traditionelle AG wie zum Beispiel Theater-, Chor- oder Literatur-AG aufzufangen, da diese sporadisch entstehen und nicht in einen Gesamtzusammenhang eingebettet sind. Der Ganztag bietet Lehrern und Lehrerinnen sowie allen anderen Mitarbeitern die Möglichkeit, sich verstärkt den künstlerischen Bedürfnissen, Fähigkeiten und Interessen der Schüler und Schülerinnen zu widmen und ihre Begabungen zu fördern.

An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass RTL in einer Anhörung zum Thema Medienschutz darauf hingewiesen hat, dass wir Entwicklungsland in Sachen darstellendes Spiel sind und sich RTL sozusagen als Begabtenförderer betrachtet.

(Zuruf von Michael Solf [CDU])

Ich halte das für problematisch und möchte Begabtenförderung nicht durch RTL durchgeführt haben.

Dennoch muss die Wahl des Literaturkurses für Schüler weiterhin möglich sein. Das Fach Literatur muss gleichberechtigt zu den Fächern Kunst und Musik angeboten und die Wahl des Faches attraktiver gemacht werden. Seine Belegung darf von vornherein nicht durch überfüllte Stundenpläne und mangelnde Zeit für Kreativität gehemmt werden.

(Beifall von den GRÜNEN)

Den musisch-künstlerischen Fächern steht mehr Anerkennung zu, als sie durch die marginalisierte Stellung im Stundenplan eigentlich haben. Auch die Entscheidung der KMK, kulturelle, musische und ästhetische Bildung zum Schwerpunktthema des Bildungsberichtes 2012 zu machen, sollte richtungsweisend für die Lehrplanentwicklung in Nordrhein-Westfalen sein.

Im Rahmen des Schwerpunktkapitels sollten deshalb von der frühkindlichen Bildung bis hinein in die Erwachsenenwelt die differenzierten Formen kultureller Bildung in unterschiedlichen Lebenszusammenhängen und Lebensphasen bildungsübergreifend dargestellt werden. Das Herantasten an eine endgültige Lösung ist durch die Terminierung des Antrages angestoßen, wird jedoch wohl erst nach dem Mai 2010 möglich werden.

Festzuhalten bleibt an dieser Stelle, dass die musisch-kulturelle Bildung eine Vorrangstellung in der schulischen Ausbildung haben muss und keine Einschränkung erfahren darf, weil sie für die Entwicklung von jungen Menschen von eklatanter Bedeutung ist. – Ich bedanke mich.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Hendricks. – Für die FDP-Fraktion spricht der Abgeordnete Witzel.

(Zuruf: Nein, besser nicht!)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir sind große Freunde des Theaters –

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Ja, das wissen wir! – Johannes Remmel [GRÜNE]: Von Bur- lesken! – Heiterkeit von den GRÜNEN)

mit seinem Wert für Kinder und Jugendliche, solange es sich dabei nicht um grünes Polit-Theater handelt. Herr Remmel hat mit seinem Zuruf diesen Hinweis auf grünes Polit-Theater gerade hinreichend konkretisiert. Bei Ihnen denkt man wirklich mehr an Brecht und Dürrenmatt; da haben Sie ganz recht.

(Zuruf von den GRÜNEN: Nein, Burlesken!)

Frau Beer hat bemerkenswerterweise eine große intellektuelle Leistung erbracht. Sie hat es geschafft,

innerhalb von sechs Wochen eine Zuschrift des Landesverbandes Theater in Schulen in eine Landtagsdrucksache gießen zu lassen. Das ist schon mal nicht schlecht.