Die antragstellenden Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen haben direkte Abstimmung beantragt. Wir stimmen also über den Inhalt des Antrags Drucksache 14/10697 ab. Wer für den Antrag ist, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind SPD und Bündnis 90/Die Grünen. Wer ist dagegen? – Das sind CDU und FDP. Gibt es Enthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist dieser Antrag mit der Mehrheit der Koalitionsfraktionen abgelehnt.
In dieser Drucksache liegen Ihnen die Mündlichen Anfragen 356 aus der letzten Fragestunde und 365 bis 377 vor.
der Abgeordneten Dr. Seidl von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf, die wir das letzte Mal zurückgestellt hatten. Sie lautet:
Prof. Ernst Schmachtenberg, Rektor der RWTH Aachen, will sich mit „aller Kraft“ dafür einsetzen, den akademischen Grad Diplom-Ingenieur (Dipl.- Ing.) „zu sichern“.
Anlässlich seines Amtsantritts als Vorsitzender der Hochschulvereinigung TU9 hat er die Forderung erhoben, den akademischen Grad des Diplom-Ingenieurs „als hochwertige Marke eines gleichermaßen für die Wissenschaft wie den Ingenieurberuf befähigenden 5-jährigen Ingenieurstudiums“ beizubehalten. Dies hat in der Wissenschaftslandschaft zu erheblicher Unruhe und zu einer brisanten Debatte geführt – auch deshalb, weil von interessierter Seite mit dieser Forderung eine Abkehr vom Bologna-Prozess verbunden wird.
Unterstützt die Landesregierung die Forderung der TU9 nach Beibehaltung des akademischen Grades „Diplom-Ingenieur“?
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr verehrte Frau Seidl! Sämtliche Länder der Bundesrepublik Deutschland haben sich darauf verständigt, den europaweiten Bologna-Prozess durch Einführung der BachelorMaster-Struktur umzusetzen. Die alten Abschlüsse des Diploms und des Magisters sollten dabei auslaufen. Die Gründe hierfür sind oftmals genannt worden. Ich möchte Sie Ihnen gleichwohl noch einmal kurz referieren.
Erstens. Die traditionellen Hochschulabschlüsse sollen durch international gebräuchliche, anerkannte und kompatible Studienabschlüsse ersetzt werden.
Zweitens. Mit der Umstellung auf die gestufte Studienstruktur soll eine echte Studienreform und keine bloße Umetikettierung einhergehen. Dies soll auch
Drittens. Die Rechtsklarheit und der Verbraucherschutz gebieten, dass es keine unnötigen Vermengungen zwischen den traditionellen und den neuen Abschlüssen gibt.
Diese Argumente, die bei Einführung des BolognaProzesses galten, tragen auch heute noch. Ich sehe daher keine Veranlassung, von meiner bisherigen Position abzuweichen. Die Beibehaltung des Diplom-Abschlusses führt zu einer Verwässerung der neuen Abschlüsse und suggeriert, dass keine echte Studienreform stattgefunden hat. Master und Diplom sind unterschiedliche Bezeichnungen, die für unterschiedliche Studien stehen. Ich halte nichts davon, ungleiche Tatbestände gleich zu behandeln. Darin sind sich im Übrigen Länder und Hochschulrektorenkonferenz einig.
Deshalb beantworte ich Ihre Frage klar und eindeutig: Ich unterstütze keine Forderung nach einer Beibehaltung des akademischen Grades DiplomIngenieur. Gleichwohl besteht die Möglichkeit, über ein Diploma Supplement die Gleichwertigkeit mit dem Diplomabschluss auszuweisen, ohne damit einen zweiten Titel zu verleihen. – Vielen Dank.
Vielen Dank. – Herr Minister, ist Ihnen bewusst, dass Professor Schmachtenberg mit seiner Wiederbelebungsattacke des DiplomIngenieurs ein Fass aufgemacht hat, wodurch er in der Hochschulszene einige Unruhe verursacht hat?
Die Präsidentin der HRK hat sich kürzlich dazu geäußert. Der konservative Hochschulverband, der noch nie ein Freund von Bologna war, frohlockt derzeit. Auch die Studierenden gehen auf die Barrikaden. Nur gibt es von Ihnen bislang kein öffentliches Wort dazu. Daher frage ich Sie: Was wollen Sie in dieser Situation tun, um die Wogen zu glätten?
Meine Damen und Herren, verehrte Frau Seidl, ich habe mich dazu öffentlich geäußert, als ich auf den Vorschlag von Herrn Schmachtenberg angesprochen wurde. Ich habe gesagt: Die RWTH Aachen hat bisher den besten Diplom-Ingenieur Deutschlands verliehen. Jetzt macht sich Aachen – da bin ich ganz zuversichtlich – auf den Weg, den besten Ingenieur-Master der Welt verleihen zu können.
Insofern bin ich sehr zuversichtlich, dass man auf dem Wege in Aachen wie an anderen Orten gut weiterarbeiten wird.
Das heißt also, dass Sie keine offizielle Verlautbarung herausgeben wollen, damit Klarheit auf allen Seiten herrscht?
Ich habe mich dazu, wie gesagt, öffentlich geäußert und Ihnen meine Position noch einmal dargelegt. Aus meiner Sicht besteht keine Veranlassung zu zusätzlichen Schritten.
Darüber hinausgehend habe ich von Aachen oder von anderen Hochschulen keine Initiativen angetroffen, die eine solche zusätzliche Verlautbarung notwendig erscheinen lassen.
Vielen Dank, Herr Minister. – Weitere Fragen sehe ich nicht. Dann schließe ich die Beantwortung dieser Frage.
Frau Kraft behauptet einen Zusammenhang zwischen Schulsystem und Selbstmorden von Kindern und Jugendlichen
Ausweislich der Presseberichterstattung hat die Vorsitzende der SPD in NRW und der SPDFraktion im nordrhein-westfälischen Landtag, Frau Kraft, bei einer SPD-Veranstaltung am Aschermittwoch einen direkten Zusammenhang hergestellt zwischen Selbstmorden von Kindern und Jugendlichen und der Verfasstheit des Schulwesens in Nordrhein-Westfalen. Sie hat deshalb die Landesregierung angegriffen und wörtlich ausgeführt: „Und wie weit sind die eigentlich weg von dem Druck, der da aufgebaut wird in unserem Bildungssystem? Wissen die eigentlich, wie die Zahl der Selbstmorde zunimmt bei den Kindern?“
Sind der Landesregierung empirisch belastbare Zahlen oder Statistiken bekannt, die den von Frau Kraft unterstellten Zusammenhang belegen?
Vielen Dank, Herr Präsident. – Die von der Frau Abgeordneten Kraft getroffene Aussage, dass es offensichtlich einen Zusammenhang zwischen einem Druck in unserem Bildungssystem und der steigenden Zahl der Selbstmorde bei Kindern gebe, ist durch uns vorliegende empirische Daten und Studien nicht belegbar.
Hinsichtlich einer Kausalität zwischen Leistungsdruck und Selbstmorden bzw. Selbstmordversuchen ist festzustellen, dass die Gründe für einen Selbstmord weitaus tiefer liegen und viel komplexer sind, als dies Frau Abgeordnete Kraft darstellt.
Nach allen wissenschaftlichen Erkenntnissen kommt immer eine Vielzahl von Faktoren hinzu: instabile Persönlichkeit, geringe Belastungsfähigkeit, unzureichende soziale Netze, fehlende Ansprechpartner und Ähnliches. Gerade auf die familiäre Situation wird immer wieder hingewiesen. Soziale Isolation bis hin zur Kontaktarmut und Kontaktlosigkeit sowie das Gefühl, nicht ausreichend angenommen und begleitet zu werden, sind zentrale Faktoren, die einem Kind das Gefühl der Aussichtslosigkeit geben können. Erkennbar ist, dass das Fehlen eines Netzes des Vertrauens und der Zuwendung von ganz entscheidender Bedeutung ist.