Protocol of the Session on March 9, 2010

Trotz des von der Vorgängerregierung verbrannten Haushalts und einer unvermeidlichen Verschuldung seit Ende 2009, um unser soziales Gefüge und unser Miteinander zu sichern, haben wir mit der positiven Kinder- und Jugendentwicklung, mit der Stärkung der Familien ernst gemacht. Diesen Weg werden wir weitergehen.

(Britta Altenkamp [SPD]: Herr Kern, ich habe keine Lust mehr!)

Nie wurde in der Geschichte dieses schönen Bundeslandes, in den letzten 60 Jahren, so viel für Kinder und Jugendliche investiert.

(Beifall von CDU und FDP)

2,7 Milliarden € mehr für Bildung! Das sind zweitausendsiebenhundert Mal eine Million, falls Sie das nicht wissen.

(Britta Altenkamp [SPD]: Das ist nachweislich falsch!)

Dieser Paradigmenwechsel in der Politik kommt bei den Menschen an. Sie alle wissen, dass noch große Herausforderungen vor uns stehen, die wir insbesondere unter den Aspekten und Auswirkungen der Wirtschaftskrise zu meistern haben. Selbst davon werden wir uns in unserer guten Arbeit nicht aufhalten lassen.

(Beifall von CDU und FDP)

Meine Damen und Herren, die soziale Herkunft eines Kindes entscheidet in einem hohen Maß über seine Bildungschancen. Der Sozialbericht des Jahres 2007 auf der Datenbasis des Jahres 2005

(Britta Altenkamp [SPD]: Ist ein erschrecken- des Zeichen gescheiterter Politik! Das ist das, was wir morgen behandeln werden!)

ist ein erschreckendes Zeichen gescheiterter Politik des linken Lagers. Das war Ihre Abschlussbilanz!

(Beifall von CDU und FDP)

Wir sind jetzt auf dem Weg, NRW zu einem kinder- und familienfreundlichen Bundesland zu machen. Da sind wir ein gehöriges Stück weitergekommen.

Ich will zum Schluss kommen.

(Britta Altenkamp [SPD]: Zeit wird’s!)

Meine Damen und Herren, es mag Sie nicht wundern, wenn wir als Christdemokraten die Familie als Fundament der Gesellschaft ansehen. Wir werden die Familie weiter stärken und unterstützen. Dazu gehört auch die Unterstützung von Kindern und Jugendlichen. Anders gesagt: Keine Zukunft für uns ohne Kinder und Jugendliche! Die Familie ist auch das Fundament der sozialen Marktwirtschaft, weil der Starke da dem Schwachen hilft. Der Zugang zu Bildung ist und bleibt eine zentrale Aufgabe. Jugendliche in unserem Land haben heute deutlich bessere Perspektiven zur Teilhabe als vor fünf Jahren. – Ich danke Ihnen.

(Beifall von CDU und FDP)

Danke schön, Herr Kollege Kern. – Für die SPD spricht nun die Kollegin Hack.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mich hier nicht zu zukünftigen Mehrheitsverhältnissen äußern. Das Thema dieses Tagesordnungspunktes ist ein anderes.

(Zuruf von der CDU)

Dann können wir bestimmt über alles Mögliche reden. Sie tun das jetzt schon. Das zeigt eine gewisse Unruhe.

Das Thema der heutigen Debatte sind die Große Anfrage der Fraktion der Grünen zum Thema „Jugendliche in Nordrhein-Westfalen … „ und die Antwort der Landesregierung. Die Landesregierung geht ganz richtig – der Kollege Walter Kern hat das auch in weitem Maße getan – an zahlreichen Punkten auf die Situation von Kindern ein. Immerhin ist das, was mit Kindern in unserem Land passiert, Grundlage für das, was jugendpolitisch geschehen kann und wie Kinder und Jugendliche aufwachsen.

Die Antwort geht auf die frühe Bildung, Betreuung und Erziehung in Nordrhein-Westfalen ein sowie auf die Bemühungen der Landesregierung, NordrheinWestfalen nach dem 2005 ausgerufenen Plan zum kinderfreundlichsten Land zu machen.

Die Antwort auf die Anfrage nennt eine Vielzahl von Initiativen, Projekten, Begonnenem und Durchgesetztem, alles dem Ziel dienend – ich zitiere –, den Zugang zu Bildung unabhängig von Herkunft und Geschlecht zu ermöglichen und soziale und individuelle Benachteiligungen abzubauen. Das, liebe Kolleginnen und Kollegen der Regierung und der Regierungsfraktionen, ist Ihnen mit Ihrer Kinder- und Jugendpolitik nun wirklich nicht gelungen.

(Beifall von Britta Altenkamp [SPD])

In mancherlei Hinsicht haben Sie das Gegenteil erreicht.

Zum Ersten. Auch wenn es hier schon unzählige Male nicht nur von uns als Opposition, sondern auch von vielen weiteren Akteuren im Lande thematisiert wurde und Sie ebenso oft widersprochen haben: Der Zugang zu Bildung unabhängig von der Herkunft wurde durch Ihr Regierungshandeln aktiv erschwert und verschlechtert.

(Beifall von Britta Altenkamp [SPD])

Ich will ein Beispiel nennen. Bei den Jüngsten in unserem Land hängt es vom Wohnort der Eltern ab, welche Kosten für frühe Bildung anfallen. Ihnen ist eben nicht jedes Kind gleich viel wert, sondern Sie haben mit Ihrer Elternbeitragsregelung den Wettbewerb unter den Kommunen ausgerufen und verletzen damit aus unserer Sicht eklatant und dauerhaft den Grundsatz, für gleiche Lebensbedingungen im Land Sorge zu tragen.

(Beifall von der SPD)

Ähnliche Folgen haben Sie – so viel steht inzwischen fest – mit den Finanzierungsregelungen des KiBiz hervorgerufen. Bei den Trägern sind inzwischen Gewinner und klare Verlierer auszumachen: große gegen kleine Träger, solche in sozialen Brennpunkten gegen solche, die in noch relativ unkomplizierten Sozialräumen agieren, Träger mit jungen Belegschaften gegen Träger, die langjährige, erfahrene Kräfte beschäftigen.

(Zuruf von Minister Armin Laschet)

Diese Reihe der Gegensätze ließe sich noch fortsetzen.

Die Freie Wohlfahrtspflege, Herr Laschet, äußert sich dazu anders, und das wissen Sie.

(Minister Armin Laschet: Das tut sie nicht!)

Aus unserer Sicht auch hier von unabhängigem Zugang zu Bildung – das ist Ihre Zielsetzung, die Sie beschreiben – keine Spur!

Vergleichbares, liebe Kollegen, müssen wir übrigens bei der Ausstattung der OGS feststellen. Die kommunale Kassenlage entscheidet auch hier nämlich ganz wesentlich darüber, wie vielfältig und wie nachhaltig das Bildungsangebot ist. So sind beispielsweise im Regierungsbezirk Düsseldorf unterschiedliche Finanzierungshöhen für eine OGSGruppe zwischen 30.750 € und 68.000 € – hier möchte ich drei Ausrufezeichen machen – zu finden.

Auch wenn wir hier unendliche Schuldebatten geführt haben, möchte ich Ihnen eines nicht ersparen: Von einzelnen Maßnahmen abgesehen, trägt Ihr Beharren auf dem selektiven System in weiterführenden Schulen ganz wesentlich dazu bei, den Zugang zu Bildung abhängig von der sozialen Herkunft zu belassen.

(Beifall von Britta Altenkamp [SPD])

Ich möchte zurück zur frühen Bildung kommen. Zahlreiche Ihrer Vorhaben und Neuerungen betreffen die Fachkräfte, das Personal in den Einrichtungen und stellten oder stellen sie nach wie vor vor neue Aufgaben, vor allem durch die Öffnung der Kitagruppen für zweijährige Kinder – dieser Aspekt bleibt in Ihrer Antwort leider unerwähnt, aber das war auch nicht der Schwerpunkt –, aber auch durch den erweiterten Kinderschutz oder den Bereich der Partizipation von Kindern und ihren Eltern, die Sprachstandserhebung, die Familienzentren usw.

All diese Aufgaben haben eines gemein: Sie erfordern Zeitressourcen ebenso wie viele der ja ganz zu Recht gewünschten oder geforderten Weiterbildungsaktivitäten der Fachkräfte. Aber diese Zeitressourcen – das haben wir hier auch hinlänglich besprochen – sind gerade mit dem KiBiz vielerorts verringert worden, und zwar, wie wir wissen, oft zulasten der Qualität der Arbeit und damit zulasten der Kinder. Sie werden dazu sicherlich immer andere Informationen haben; offensichtlich ist NRW da informationspolitisch zweigeteilt.

Ich möchte es noch einmal betonen: Wir haben immer Ja gesagt zu Neuerungen, zu Innovationen und zum Fortschritt in diesem fundamentalen Bereich unserer Bildungspolitik, aber nicht zu der Art und Weise, in der Sie das seit 2005 zum wiederholten Male angegangen sind. Sie haben das System der frühen Bildung in sehr kurzer Zeit grundlegend geändert bzw. ändern wollen, ohne die zahlreichen Akteure – die Eltern und ihre Kinder, die Fachkräfte, die Träger, die Kommunen – ausreichend darauf vorzubereiten.

(Minister Armin Laschet: Die haben alle mit- gemacht! Das wissen Sie doch! Dann erzäh- len Sie doch nicht etwas anderes!)

Die haben das unterschrieben, richtig. Aber die Kritik, die im Laufe dieses Prozesses kam, haben auch Sie, Herr Minister, wahrgenommen. Wir können sicherlich alle miteinander gespannt sein, was spätestens bei der Evaluation herauskommen wird.

(Britta Altenkamp [SPD]: Erinnern Sie sich an die Veranstaltung in Bochum, Herr Minister?)

Ich weiß das nicht, aber Sie kündigen diese an und geben uns vorher nicht die Möglichkeit, Dinge zu evaluieren.

Ich möchte zum zweiten Punkt kommen. Ihre in der Antwort auf die Große Anfrage zitierte Zielsetzung von Kinder- und Jugendpolitik, soziale und individuelle Benachteilungen abzubauen, haben Sie nicht erreichen können. Individuelles Fördern, individuelle Lebenslagen und Chancen verbessern erreicht man eben nicht durch Pauschalen und durch Gleichbehandlung. Das gilt insbesondere für arme Kinder in Nordrhein-Westfalen – darüber wird an diesen Plenartagen ja noch zu reden sein –, das gilt aber auch

für das Instrument der weder kindgerecht noch individuell geplanten Sprachstandserhebungen.

Ein Weiteres: Sie beschreiben die Funktion und Arbeit der Familienzentren im Rahmen der ganz richtig erkannten notwendigen Weiterentwicklung und Bündelung möglichst früher und umfassender Hilfen für Eltern und ihre Jüngsten. Hoch engagiert haben sich Leitungen und Teams mit externen Partnern auf den Weg gemacht, die anspruchsvolle Zertifizierung zu erreichen. Viele stellen inzwischen aber fest, dass bei der derzeitigen Finanzierung sowohl die eigenen als auch die Ressourcen der externen Partner nicht ausreichen. Familienberatung und Familienbildung – um nur zwei Beispiele zu nennen, die Sie in Ihrer Antwort erwähnen – können eben nicht beliebig ausgebaut werden, wenn durch ein ohne Zweifel verbessertes Angebot auch die Nachfrage danach zunimmt.

Aus der Praxis vieler Familienzentren, aber auch aus unseren Anhörungen hier im Hause wissen wir, dass die 12.000 € Landesförderung natürlich eine willkommene, aber eben nicht bedarfsgerechte Unterstützung sind.

Kurz: Sie haben vieles begonnen und in der Landschaft der frühen Bildung viele Baustellen aufgemacht, von denen sich einige aber als unterfinanziert oder schlecht durchdacht oder beides erweisen. Aus unserer Sicht ist dies keine gute Grundlage für das gedeihliche Aufwachsen von Kindern und Jugendlichen in Nordrhein-Westfalen. Um Ihre Replik vorwegzunehmen, dass es viele dieser Instrumente zu rot-grüner Zeit gar nicht gab, stelle ich fest: