Protocol of the Session on March 9, 2010

(Beifall von CDU und FDP)

Der Elternbeitrag wird nicht in Bochum, Duisburg, Dortmund, Düsseldorf, Aachen und Münster gezahlt. Das ist überall im Land gleich. Im Gegenteil: Durch die Freigabe haben wir erlebt, dass die Kommunen das Einkommen, das zu Ihrer Zeit bei 11.000 € lag, auf 16.000, 17.000, 18.000, 19.000 € erhöht haben.

(Beifall von der FDP)

Für Kinder aus sozialschwachen Verhältnissen werden heute keine Elternbeiträge gezahlt. Deshalb ist der Versuch, an diesem Thema immer festzumachen, was Chancengleichheit ist, völlig untauglich.

Die Debatte über die Schulstruktur, die Sie bei jeder Gelegenheit anfangen, ist auch falsch. Sie können das dreigliedrige oder mehrgliedrige Schulsystem abschaffen, wenn Sie demnächst mit den Linken eine Mehrheit im Landtag haben sollten und RotRot-Grün hier regieren sollte.

(Ralf Witzel [FDP]: So weit wird es hoffentlich nie kommen!)

Nur solange es so ist, wie es heute ist, haben auch die Hauptschüler eine Chance verdient, Ganztag zu bekommen.

(Beifall von CDU und FDP)

Das machen Sie seit Jahren nicht, weil Sie auf dem Rücken der Hauptschüler ihren Schulkrieg führen.

Das ist verantwortungslos gegenüber Kindern, die eine Chance auf sozialen Aufstieg haben.

Trennen Sie doch einmal die Debatten. Führen Sie Ihre Schuldebatte mit allen Leuten, die auf Ihrer Seite stehen,

(Zuruf von Monika Düker [GRÜNE])

und kümmern Sie sich auf der anderen Seite um die Kinder. Die Kinder haben es verdient, dass sie auch in der Hauptschule anständig unterrichtet werden.

(Beifall von CDU und FDP)

Herr Minister, möchten Sie eine Anfrage von Frau Beer beantworten?

Ja.

Danke schön, Herr Minister. – Haben Sie zur Kenntnis genommen, dass es für Hauptschulen, die jetzt gerade im Ganztag ausgestattet worden sind – in Zahlen – drei Anmeldungen gab, zum Teil ursprünglich nur eine Anmeldung, und dass nur 1 % der Eltern in Köln im Dezember 2009 als Ursprungswunsch Hauptschule angegeben hat? Haben Sie das schon zur Kenntnis genommen?

Frau Beer, ich habe versucht, es gerade zu sagen. Wenn Sie, was der Wähler verhindern sollte, am 10. Mai ein rot-rotgrünes Bündnis machen,

(Zuruf von Johannes Remmel [GRÜNE])

dann können Sie in dem Moment die Hauptschule abschaffen. Herr Remmel, wir reden heute über den Kinder- und Jugendbericht. Und solange die Kinder da sind, hat jeder einzelne Hauptschüler – und wenn es ein Einzelner an einer Schule ist – das Recht, dass er anständige Angebote bekommt, dass da Sozialpädagogen sind, dass da vernünftige Arbeit geleistet wird.

(Beifall von CDU und FDP)

Das ist meine Botschaft. Und Sie haben den Kindern, indem Sie Ihnen den Ganztag nicht gestattet haben, diese Aufstiegschancen systematisch bis zum Jahre 2002 verwehrt. Das ist die Realität.

(Beifall von der CDU)

Die Schuldebatte können Sie an einem anderen Ort führen, auch mit anderen Leuten. Hier geht es um die Kinder und Jugendlichen, die da sind und die eine gute Betreuung verdient haben.

Die Ausgangslage, die wir vor fünf Jahren vorgefunden haben, war alles andere als komfortabel. Wir

haben Kinder- und Jugendberichte erlebt, in denen die Mittel Jahr für Jahr weiter abgeschmolzen sind. Wir haben immer noch Kinder in Armut und in Not. Nur der Unterschied ist: Wir als Landesregierung setzen das offen auf die Tagesordnung. Herr Kollege Laumann sagt: Darüber müssen wir reden. – Sie haben den letzten Armutsbericht gar nicht mehr ins Plenum gebracht, weil Sie über diese Kinder nicht sprechen wollten. Wir machen morgen von uns aus, acht Wochen vor der Landtagswahl, das Thema „Kinder in Not“ auf, weil wir daran weiterarbeiten wollen. Das ist der Unterschied, wie man sich den Problemen widmet.

Lassen Sie mich eine Bemerkung in aller Ruhe machen, auch wenn wir gerade über die Chancen von jungen Menschen sprechen. Das, was die Frau Kollegin Kraft im Hinblick auf Suizide und junge Leute gesagt hat, ist in jeder Hinsicht geschmacklos und zynisch. Das ist keine politische Frage.

(Beifall von CDU und FDP)

Man kann nicht sagen: weil die Kinder in Hartz IV sind, weil das Schulsystem falsch ist, weil die Väter in Afghanistan sind. Man kann keinen Wahlkampf machen mit den Erfahrungen von Eltern, deren Kinder sich das Leben genommen haben.

(Beifall von der CDU)

Und auch das Nachlegen, nämlich zu sagen, es waren nur Versuche, ist falsch. Die Zahl geht überall zurück.

(Wolfgang Jörg [SPD]: Das ist falsch!)

Die Zahl der Selbsttötungen geht zurück. Es gibt andere Bundesländer mit anderen Schulsystemen. Lieber Herr Kollege Jörg, ich bitte Sie eindringlich, Ihrer Fraktionsvorsitzenden zu sagen, das Thema Suizide, Selbsttötung von Kindern dringend aus dem Landtagswahlkampf herauszuhalten – in jeder Hinsicht. Sonst ist es schlecht für die Kinder.

(Beifall von CDU und FDP)

Noch ein Letztes: Ich habe mit einem Krankenhaus in Köln gesprochen. Nach dem Tod von Torwart Enke gab es eine Zunahme bei Kindern, die das nachahmen. Wenn man einen gedanklichen Schluss zwischen Scheitern in der Schule und Suiziden herstellt, gefährdet man sogar das Leben junger Menschen, indem man ihnen das als Thema auf die Füße legt. Auch deshalb sollten Sie es lassen.

(Beifall von der CDU)

Ich komme nun zu einem zweiten Thema. Ich habe gerade das Thema Kinder in Not gerade angesprochen. Der Bericht, den wir hier vorlegen, zeigt, dass 464 Kinder und Jugendliche unter 15 Jahren von Sozialgeld in Nordrhein-Westfalen leben. Das sind 464 Kinder zu viel, und das ist auch eine Botschaft, dass man keinen zurücklassen soll. Deshalb ist die neue Hartz-Debatte, die Sie jetzt anstoßen, wonach

Sie die Eltern dieser Kinder zu 25 % abschreiben und sagen, mit denen kann man nichts mehr machen, genauso unverantwortlich und wird den Kindern nicht gerecht.

(Beifall von der CDU – Wolfgang Jörg [SPD]: Das tut doch keiner! Sie müssen zuhören!)

Sie treiben mit einer solchen Politik die Linke geradezu in diesen Landtag hinein, um sich eine Mehrheit mit der Linken zu schaffen, obwohl Sie eigentlich versprochen haben, sich mit der Linken auseinanderzusetzen.

(Beifall von der CDU)

Der 9. Kinder- und Jugendbericht und die Antwort auf die Große Anfrage zeigen, dass wir versucht haben, die richtigen Schlüsse daraus zu ziehen. Man ist nie perfekt in dem, was man versucht. Aber wir haben mit einem massiven Ausbau frühkindlicher Bildungsangebote von einer Bildungskette von null bis zehn versucht, den Kindern entgegenzukommen.

Sie haben das Projekt Familienzentren erwähnt. Dieses Projekt bezieht ganz stark die Eltern mit ein. Wir haben die Sprachförderung vervierfacht, auch das ist erwähnt worden. Und wir haben mit 100.000 Betreuungsplätzen, die im Jahre 2010 bereitstehen, für viele Kinder erst den Weg aus der Armut ermöglicht, weil sie nämlich heute, wenn sie in die Schule kommen, die gleiche Startchance haben.

Insgesamt wurden 1,26 Milliarden € im Haushaltsjahr 2010 für den Bereich der frühkindlichen Bildung veranschlagt. Und der Kinder- und Jugendförderplan ist von 75 Millionen € auf 80 Millionen € erhöht worden.

Nun hat eben Frau Kollegin Asch – ich bedauere, dass sie als Antragstellerin die Antwort nicht mehr hören kann, und bitte, ihr das zu übermitteln …

(Zuruf von Sigrid Beer [GRÜNE])

Nein, es ist nicht ganz so witzig; Kollege Witzel hat schon Recht. Die Große Anfrage ist ein Kerninstrument. Da machen sich viele Mitarbeiter über Wochen Arbeit.

(Beifall von der CDU)

Wenn die Fragestellerin dann nicht da ist, ist das nicht gerade eine Anerkennung der Arbeit der vielen, die daran mitgewirkt haben. Frau Asch hat gesagt, wir hätten die Mittel für die Jugendsozialarbeit gekürzt, und zwar von 5 Millionen € auf 2 Millionen €. Die Zahl ist falsch! Wir haben 12 Millionen € für die Jugendsozialarbeit im Haushalt stehen. Daran ist überhaupt nichts verändert worden. Sie kritisiert, dass wir jetzt Jugendaustausch mit Israel, mit Ghana und mit der Türkei machen. Diese Gelder sind zusätzlich draufgekommen. Die Mittel für die Jugendsozialarbeit sind nicht gekürzt worden.

Hier zu sagen, ihr sorgt jetzt dafür, dass Kinder in die Türkei oder nach Israel reisen können, anstatt sich um die Kinder in der Jugendsozialarbeit zu kümmern – so hat sie das eben gesagt –, das wird den Zahlen nicht gerecht, die wir hier vorbereitet haben.

Ein modernes ganzheitliches Bildungsverständnis erfordert auch, schulische und außerschulische Angebote besser zu vernetzen. Das ist mein Dauerkampf mit der Schulministerin. Es ist kein wirklicher Kampf. Aber ein Jugendminister muss dazu sagen – das sagt auch der ganze Bericht –: Bildung findet nicht nur in der Schule statt. Da sind wir uns einig.