Protocol of the Session on February 4, 2010

(Barbara Steffens [GRÜNE]: Das ist ja lächer- lich!)

Jedes Gesetz wird stichtagsbezogen beschlossen. Bei dynamischer Betrachtungsweise ergibt sich unter veränderten Rahmenbedingungen Handlungsbedarf.

(Gerda Kieninger [SPD]: Ich habe es Ihnen doch sehr genau erklärt!)

Deswegen bin ich wie Sie sehr dafür, dass wir sorgfältig hinschauen. Bevor Sie pauschal das sozial- und arbeitsmarktpolitische Instrument der geringfügigen Beschäftigung in Misskredit bringen, schauen wir doch einmal hin:

(Gerda Kieninger [SPD]: Sie scheinen nicht zugehört zu haben!)

Wirtschaftsinstitute schätzen, dass rund 16 % der Schwarzarbeit auf Angebote wie Kinder- und Hausaufgabenbetreuung oder Putzhilfen entfallen, also auf Dienstleistungen, die Familien im Alltag entlasten. Auch hier setzte seinerzeit der Grundgedanke der Reform an. Denn neben sozialversicherungspflichtigen Erleichterungen sind steuerliche Besserstellungen in diesem Bereich ein wirksames Mittel zur Bekämpfung der Schwarzarbeit. Das gilt im Übrigen auch in der Gastronomie und in der Gebäudereinigung.

Was können wir festhalten? Mit der Einführung des Gesetzes ist es für Privathaushalte attraktiver geworden, Beschäftigungsverhältnisse zu begründen. Das Gesetz sollte für mehr Legalität sorgen und hat dies meines Erachtens auch erreicht.

Gute Arbeitsmarktpolitik bezieht sich nicht nur auf angemessene Löhne. Ich glaube, es ist notwendig, Ihnen in Erinnerung zu rufen, welche vielfältigen und erfolgreichen Aktivitäten die schwarz-gelbe Landesregierung in dieser Legislaturperiode auf den Weg gebracht hat. Ich glaube, dafür ist heute der richtige Tag.

An diesen Beispielen können Sie nachvollziehen, dass die wirkliche Sozial- und Arbeitsmarktpolitik durch die Union, durch unseren Minister Karl-Josef Laumann initiiert wurde. Ich nenne Ihnen einige Beispiele – Sie brauchen nicht mitzuschreiben; Sie können das im Protokoll nachlesen –:

(Heiterkeit von der CDU)

das Handlungsprogramm für Berufsrückkehrende, „Brücken bauen in den Beruf“, die Teilzeitberufsausbildung,

(Barbara Steffens [GRÜNE]: Das ist doch Quatsch!)

das Erfolgsmodell Bildungsscheck, die Möglichkeit des Beschäftigungstausches, das Konzept „Erfolgreich Arbeiten“, die Potenzialberatung für Unternehmen, die Verbundausbildung, „Jugend in Arbeit plus“, Jobperspektive und Kombilohn, die Unterstüt

zung des Modells „Eintopf“, das „Sonderprogramm Ausbildung“ und auch das Erfolgsprojekt, das wirklich mit dem Namen von Karl-Josef Laumann verbunden ist, nämlich „Werkstattjahr“, der dritte Weg in der Berufsausbildung, 100 zusätzliche Ausbildungsplätze für behinderte Jugendliche, die Unterstützung der Integrationswerkstätten, die Integrationsunternehmen usw.

Das alles sind Initiativen der Landesregierung, die kurz- und mittelfristig Arbeitnehmern und Arbeitgebern geholfen haben und immer noch helfen. Ich bin sicher, dass durch unsere langfristig angelegte Wirtschafts-, Bildungs-, Wissenschafts- und Innovationspolitik der Entwicklung unseres Landes und unseren Menschen gedient wird, sodass wir zukünftig langfristig wieder Arbeitsplätze schaffen und Sicherheit in die Familien bringen.

Zurück zu Ihrem Antrag! Rainer Schmeltzer hat 2005 gesagt, der CDU-Minister Laumann sollte bei seinem pauschalen Gemeckere über die HartzGesetze etwas vorsichtiger sein.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Ja!)

Jetzt kommt dieser Antrag. Frau Kieninger und Herr Schmeltzer, Ihre Partei ist der Erfinder des wankenden Motors: heute hü und morgen hott. Die Forderung nach Abschaffung von Hartz IV hat Ihnen der fraktionslose Kollege Sagel, der im Moment nicht im Raum ist, vor der Nase weggeschnappt. Warum grenzen Sie sich eigentlich nicht von diesem linken Demagogen ab?

(Barbara Steffens [GRÜNE]: Was hat denn geringfügige Beschäftigung mit Hartz IV zu tun?)

Die SPD-Blaupause aus Hessen müsste Ihnen eigentlich die Schamröte ins Gesicht steigen lassen. Sie werden Rot-Rot ziehen, wenn Sie die Möglichkeit bekommen. Das müssen die Bürger wissen.

Meine Damen und Herren von der SPD, anders als Sie sehen wir von der CDU – ich denke, auch unser Koalitionspartner FDP – die geringfügige Beschäftigung nicht grundsätzlich als ein schlechtes Arbeitsmarktinstrument an. Denn hier finden auch Menschen eine Arbeit, die ohne diese Möglichkeit überhaupt keine Beschäftigung finden würden. Wir haben eben über die Bildung gesprochen.

Zudem gibt es auch Menschen, die ganz bewusst nur eine Teilzeitbeschäftigung anstreben.

(Barbara Steffens [GRÜNE]: Das sind dieje- nigen, die gerne im Alter arm sein möchten!)

Auch ihnen hilft dieses Arbeitsmarktinstrument.

Natürlich – da bin ich sehr bei Ihnen – müssen wir aufmerksam hinsehen, dass dort auf Dauer kein Working-poor-Effekt entsteht. Hierdurch haben die Tarifvertragsparteien – Arbeitgeber wie Gewerkschaften – auch eine große gesellschaftliche Verantwortung.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Das steht doch im Antrag!)

Auch wir werden uns dieser Verantwortung sicherlich stellen.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Dann haben Sie unsere Forderung mit diesem Satz gerade unterstützt! – Gegenruf von der CDU – Rai- ner Schmeltzer [SPD]: Das steht doch da drin! – Gerda Kieninger [SPD]: Nichts ande- res steht da!)

Herr Schmeltzer, wie sieht die konkrete Situation in Nordrhein-Westfalen aus? Da wir als starker Industriestandort in einem hohen Maße von der exportierenden Wirtschaft abhängig sind, sind wir in besonderer Weise von der Weltwirtschaftskrise betroffen.

Ich sage Ihnen: Gerade Frauen wollen und müssen arbeiten. Aus wichtigen familiären Gründen, zum Beispiel Betreuung und Pflege, wollen sie dies oft in geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen tun.

(Gerda Kieninger [SPD]: Oft wollen sie das nicht! Oft bekommen sie nichts anderes!)

Es ist eine Frage der Solidarität, auch solche Beschäftigungen zu ermöglichen, anzubieten und unbürokratisch zuzulassen.

Darüber hinaus gibt es geringfügige Beschäftigung, die vom Charakter her keine Ganztagsbeschäftigung erlaubt, zum Beispiel das Berufsbild des Zeitungsboten. Mit Ihrem Antrag wenden Sie sich gegen notwendige Flexibilisierung und erschweren so neue Beschäftigungsverhältnisse.

Die Aussage, dass geringfügige Beschäftigung nicht als nachhaltiges Arbeitsmarktinstrument geeignet ist, teilen wir nicht, hilft sie doch Arbeitgebern und Arbeitnehmern gleichzeitig; das habe ich aufgezeigt.

(Zuruf von Barbara Steffens [GRÜNE])

Dass geringfügige Beschäftigung die Ausweitung des Niedriglohnmarktes fördert, ist keine Zwangsläufigkeit.

(Lachen von Barbara Steffens [GRÜNE] – Gerda Kieninger [SPD]: Das wäre ja noch schöner!)

Hierbei ist natürlich kritisches Hinsehen geboten. Die Mindestlöhne sorgen für den Sog nach unten. Mitarbeiter sind mehr als der Produktionsfaktor Arbeit. Deshalb gehört es zur Fürsorgepflicht eines Arbeitgebers, für diese Menschen auch mit angemessenem Lohn zu sorgen. Das ist ein wertvolles Gut.

Dass Minijobs in erheblichem Maße prekär oder armutsgefährdend sind, kann so isoliert nicht stehenbleiben,

(Barbara Steffens [GRÜNE]: Was?)

stellen sie doch oft den Einstieg in eine nachhaltige Teilzeit- oder Vollzeittätigkeit dar.

(Barbara Steffens [GRÜNE]: Das stimmt nicht! – Gerda Kieninger [SPD]: Schauen Sie doch mal nach, was das Statistische Bun- desamt festgestellt hat!)

Gerade in dem so wichtigen angestrebten Aufschwung brauchen wir Flexibilität. Minijobs gefährden, isoliert betrachtet, nicht die Altersvorsorge, sondern Niedriglöhne und zu lange Arbeitslosigkeit sind das Grundübel.

Herr Kollege Kern, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Frau Steffens?

Das möchte ich heute nicht tun. Wir werden gleich noch einige Anträge behandeln. Vielleicht komme ich nachher darauf zurück.

(Zuruf von Barbara Steffens [GRÜNE])

Eine Stundenhöchstzahl bei Minijobs fördert Schwarzarbeit und ist gerade durch den Gesetzentwurf auf Bundesebene, den ich eben angesprochen habe, abgeschafft worden.

(Gerda Kieninger [SPD]: Es fördert Lohn- dumping, wenn keiner da ist!)

Deshalb, meine Damen und Herren, ist es wichtiger, dass die Wirtschaft wieder ins Rollen kommt. Denn nur mit guter wirtschaftlicher Entwicklung können wir neue Auslastungen am Arbeitsmarkt und Beschäftigung generieren und damit diesen Forderungen nachkommen.

(Gerda Kieninger [SPD]: 30 Stunden pro Wo- che für 400 €!)

Die Bürger dieses Landes wissen, wem sie wirtschaftliche Kompetenz zuordnen können.