Protocol of the Session on December 2, 2009

Würden Sie dem Ministerpräsidenten auch erklären, dass die Eltern dafür bestraft werden, dass sie ihre Kinder nicht an einer Hauptschule, sondern an einer Gesamtschule anmelden? War er etwa gar nicht für das Ganztagsschulverbot verantwortlich? Wer hat das Ganze denn auf den Weg gebracht? Ich glaube, darüber werden wir uns noch intensiver austauschen müssen.

(Beifall von GRÜNEN und SPD – Bernhard Recker [CDU]: Gerne!)

Die Befragung des VBE – der Hauptschulstimmungsmonitor, das Stimmungsbarometer – hat sehr deutlich gezeigt, dass selbst diejenigen, die in der Hauptschule arbeiten, Ihre Hauptschuloffensive für gescheitert erklären und der Schulform, vor allen Dingen den Kindern an diesem Lernort, keine Perspektive geben. Sie müssen sich also bewegen, daran geht kein Weg vorbei.

(Vorsitz: Vizepräsidentin Angela Freimuth)

Ich will gleich in der zweiten Runde gern noch etwas zum Thema Weiterbildung sagen, aber ganz klar ist: Mit dieser Haltung der Landesregierung haben wir viereinhalb Jahre wertvolle Zeit verpasst, und es ist zu mehr sozialer Segregation, zu mehr sozialer Spaltung und zu weniger Durchlässigkeit im Schulsystem von Nordrhein-Westfalen gekommen. Das haben Sie zu verantworten. Die Quittung dafür werden Sie auf dem Wahlzettel bekommen.

(Beifall von GRÜNEN und SPD – Ralf Witzel [FDP]: Unverschämt!)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Beer. – Als nächste Rednerin hat für die Landesregierung Frau Ministerin Sommer das Wort. Bitte schön, Frau Ministerin.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr verehrte Damen und Herren! Der gesamte Haushalt 2010 für Schule und Weiterbildung steht unter einem Begriff, und der heißt: Steigerung.

(Beifall von CDU und FDP)

Darüber freue ich mich sehr. Wir haben es eben schon gehört: Die historische Wirtschaftskrise, die auch Nordrhein-Westfalen erfasst hat, hat nicht zu finanziellen Einschnitten bei Schule und Weiterbildung geführt.

(Bernhard Recker [CDU]: Sehr gut!)

Weil uns bewusst ist, dass Investitionen in Bildung auch Investitionen in die Zukunft unseres Landes, in unser aller Zukunft sind, ist dieser Haushalt ein schöner Haushalt. Ich freue mich, Ihnen diesen heute vorstellen zu können.

(Beifall von der CDU)

Lassen Sie mich einige Eckpunkte des Schul- und Weiterbildungsetats für 2010 nennen: Das Gesamtvolumen – wir haben es eben schon von Herrn Recker gehört – des Landeshaushalts geht um rund 3,6 % zurück. Der Schuletat jedoch wächst um rund 4,3 %. Gegenüber 2009 steigen die Ausgaben des Einzelplans 05 um rund 580 Millionen € an.

(Beifall von Manfred Kuhmichel [CDU])

Sie setzen sich, meine Damen und Herren, unter anderem aus 1.209 zusätzlichen Lehrerstellen zusammen. Darin sind die 250 enthalten, die wir den Schulen als Reaktion auf die Auswirkungen der Finanzkrise zur Verfügung stellen. Meine Damen und Herren, ich sprach am Anfang von dem Begriff „Steigerung“; deshalb bitte ich Sie in diesem Moment, sich eine Zahl zu merken. Diese Zahl heißt: 8.124. Wir haben seit 2005 also 8.124 zusätzliche Lehrerstellen geschaffen.

(Beifall von CDU und FDP)

Damit, sehr geehrte Frau Beer, hat sich auch die Schüler-Stellen-Relation erheblich verbessert. Auf eine Lehrerstelle kommen damit im nächsten Schuljahr im Durchschnitt zwei Schüler weniger als zu Zeiten, als Rot-Grün noch die Verantwortung hatte.

(Manfred Kuhmichel [CDU]: Hört, hört!)

Wir erhöhen – das ist wirklich eine schöne Zahl – die Ganztagsplätze in der offenen Ganztagsschule noch einmal um 20.000 auf dann 225.000 Plätze.

(Beifall von der CDU)

Für den planmäßigen Ausbau der erweiterten Ganztagshauptschulen und Ganztagsförderschulen in der Sekundarstufe I stellen wir 209 Lehrerstellen bereit. Im Rahmen der Ganztagsoffensive für Realschulen und Gymnasien erhalten die öffentlichen Schulen und die privaten Ersatzschulen zusammengenommen 298 Stellen bzw. Stellenäquivalente.

Ein Vergleich zu 2005: Insgesamt stellen wir im Rahmen unserer Ganztagsoffensive im nächsten Schuljahr rund 291.000 neue Ganztagsplätze zur Verfügung. Das sind allein in fünf Jahren über 450 neue gebundene Ganztagsschulen einschließlich des erweiterten Ganztags, die im nächsten Schuljahr zur Verfügung stehen.

(Beifall von CDU und FDP)

Stichwort: Ausbau des Ganztags. Meine Damen und Herren, ich glaube, wir sind uns alle darüber im Klaren, dass dies eine tiefgreifende Weiterentwicklung unseres Schulsystems darstellt. Diese Entwicklung wird für die nächsten Jahrzehnte prägend sein. Damit verbessern wir aber auch die Möglichkeiten der individuellen Förderung und sorgen wir für mehr Chancengleichheit. Nur so erhöhen wir die Zukunftschancen unserer Schülerinnen und Schüler und nicht, meine Damen und Herren, durch ideologische Strukturdebatten.

An dieser Stelle danke ich allen Lehrerinnen und Lehrern für ihre verantwortungsvolle Arbeit, die sie vor Ort leisten, jetzt und auch in Zukunft. Aber wir wollen auch künftig, dass geeignete und gut ausgebildete Lehrerinnen und Lehrer in unseren Schulen arbeiten. Im Zuge der neuen Lehrerausbildung ist eine neue Maßnahme, das Eignungspraktikum, hinzugekommen. Hierfür stellen wir 230 Lehrerstellen zur Verfügung.

Für den wichtigen Ausbau der schulpsychologischen Betreuung werden wir weitere 25 Stellen schaffen. Hinzu kommen – das darf man an dieser Stelle nicht vergessen – noch 25 Stellen, die die Kommunen im sogenannten Matching-Verfahren bereitstellen. Wir werden damit also in NordrheinWestfalen 50 neue Stellen in der schulpsychologischen Betreuung haben.

Wir planen aber – das haben wir hier schon im parlamentarischen Bereich debattiert – für die Schulen noch eine zweite Säule, die möglicherweise im Verbund mit anderen Schulen getragen werden kann, sodass einzelne Schulen ihre eigenen Schulpsychologen und -psychologinnen haben. Über die konkrete Ausgestaltung dieses Modells führen wir zurzeit Gespräche mit Lehrkräften und Verbänden.

Von Frau Beer ist es eben schon angesprochen worden: Wir stellen für den Mehrbedarf für integra

tive Lerngruppen in der Sekundarstufe I 25 zusätzliche Lehrerstellen bereit.

(Sigrid Beer [GRÜNE]: 500 Jahre!)

Sie sagten gerade „500 Jahre“. Ich wage nicht zu denken, wie es im Jahr 2510 mit unseren Schulen sein wird. Ich habe im Übrigen, Frau Beer, die Angaben zur Entwicklung der Inklusion in unserem Land sehr freiwillig gemacht. Man musste sie mir ja nicht aus der Nase ziehen. Ich habe es an dieser Stelle schon verdeutlicht und sage es gerne noch einmal: Dieser Prozess braucht auch Zeit. Wir können nicht den Schalter umlegen und sagen, nun sei alles umgestellt. Wir brauchen Zeit für diese Entwicklung.

(Zuruf von Sigrid Beer [GRÜNE])

Wir erhöhen, meine Damen und Herren, die Mittel für die Lehrerfortbildung gegenüber dem Jahr 2009 um rund 5,4 Millionen €. 2010 stehen damit rund 16 Millionen € an Sachmitteln zur Verfügung. Wir erhöhen die Reisekostenmittel für Lehrerinnen und Lehrer für die Teilnahme an mehrtägigen Klassenfahrten noch einmal um 2 Millionen €. Nachdem die Landesregierung in diesem Jahr bereits den gleichen Betrag aufgestockt hat, können sich unsere Lehrkräfte also über 6 Millionen € freuen. Das ist dreimal so viel wie im Jahr 2005.

(Beifall von CDU und FDP)

Ich habe immer gesagt, dass eine wichtige Säule in unserem Schulsystem auch die Ersatzschulen sind. Für diese stellen wir nämlich rund 1,17 Milliarden € bereit. Das sind noch einmal rund 40 Millionen € mehr als in diesem Jahr.

Wir erhöhen die Zahl der Stellen für Lehramtsanwärter noch einmal um 571 auf dann 16.893 Ausbildungsstellen. Seit dem Jahr 2005 haben wir die Zahl damit um 3.000 erhöht. Damit, meine Damen und Herren, schaffen wir die Voraussetzung dafür, dass die Stellen, die in geringen Umfang nicht besetzt worden sind, jetzt und in Zukunft besetzt werden können. Das ist eine sehr, sehr gute und vorausschauende Perspektive.

(Beifall von der CDU)

Lassen Sie mich bitte noch einige Anmerkungen zur Weiterbildungspolitik in unserem Land machen. Das Wichtigste vorweg: Wir haben in NordrheinWestfalen eine leistungsstarke, eine vielfältige und eine plurale Weiterbildungslandschaft. Im Vergleich zu anderen Bundesländern sind wir sehr gut aufgestellt. Es muss das Ziel für die nächsten Jahre sein, diese Position zu erhalten und sie noch auszubauen. Wir haben der Weiterbildung von Anfang an Planungssicherheit versprochen – sowohl bezüglich der Landesmittel als auch bezüglich der Gelder aus dem Europäischen Sozialfonds.

Die Haushaltszahlen des Jahres 2010 belegen: Wir haben das Versprechen gehalten. Der Haushalts

entwurf zur Förderung für das Weiterbildungsgesetz weist für das kommende Jahr insgesamt fast 92 Millionen € für die Weiterbildung aus. Ich denke, das ist eine stolze Summe. Die Haushaltsansätze in den beiden großen Titeln der Weiterbildung werden im Jahr 2010 sogar leicht ansteigen. Die Mittel für die Volkshochschulen und für die sonstigen Einrichtungen der Weiterbildung in freier Trägerschaft werden um rund 1,95 Millionen € aufgestockt. Damit erfüllen wir die gesetzlichen Ansprüche der Einrichtungen.

(Beifall von Ingrid Pieper-von Heiden [FDP] – Carina Gödecke [SPD]: Da muss man nicht klatschen!)

Ich meine, die Weiterbildung ist im Jahr 2010 auch in Nordrhein-Westfalen gut aufgestellt.

Sehr geehrte Damen und Herren, ich habe Ihnen jetzt viele Zahlen zugemutet. Ich fasse einmal zusammen: Dieser Haushaltsentwurf ist eine Erfolgsgeschichte. Eine Erfolgsgeschichte in Sachen Bildung für dieses Land Nordrhein-Westfalen seit dem Regierungsantritt, seit wir die Verantwortung übernommen haben. Man kann es von dieser Stelle aus leicht sagen, aber ich glaube fest daran, dass die Erfolgsbilanz für die, die ich schon mehrfach angesprochen habe, nämlich für unsere Wählerinnen und Wähler messbar und spürbar ist.

(Beifall von CDU und FDP)

Davon lasse ich mich auch nicht abbringen.

Einen solchen Haushaltsentwurf hat es für Bildung und Weiterbildung noch nie gegeben. Es ist ein kraftvoller Einsatz für Schülerinnen und Schüler, deren Bildung und Weiterbildung uns am Herzen liegt. Darauf sollten eigentlich alle, die wir hier versammelt sind, stolz sein, und ich meine auch: alle. Stattdessen höre ich ständiges Beklagen, ständiges Miesmachen, Schlechtreden schulpolitischer Verbesserungen. Meine Damen und Herren von der Opposition, was ist das für eine Rolle?

(Beifall von CDU und FDP)

Ich habe Ihnen eben gesagt, ich habe sehr viel Freude an diesem Haushalt und daran, ihn Ihnen vorzustellen. Ich darf aber an diesem Tag nicht vergessen, danke zu sagen. Eben habe ich das schon auf die Lehrerinnen und Lehrer bezogen. Ich beziehe es aber gerne auch auf all die, die hier sitzen und so tatkräftig in der Vergangenheit und jetzt daran mitgearbeitet haben und es sicherlich auch in der Zukunft tun werden,

(Manfred Kuhmichel [CDU]: Nicht die Mies- macher!)

damit der Einzelplan 05 so steht. Ganz herzlichen Dank.