Protocol of the Session on November 4, 2009

Beschlussempfehlung und Bericht des Haushalts- und Finanzausschusses Drucksache 14/10034

zweite Lesung

Ich eröffne die Aussprache und erteile Herrn Möbius, der schon bereitsteht, das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.

Vielen Dank, Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Gesetzentwurf der Landesregierung zur Anpassung der Dienst- und Versorgungsbezüge in 2009 und 2010 hat uns in den vergangenen Wochen und Monaten bereits vielfach beschäftigt. Zahlreiche Mails und Zuschriften haben wir Abgeordnete zu diesem Thema erhalten. Auch nach der Anhörung im Fachausschuss bleibt festzuhalten, dass der Tarifabschluss von Potsdam 1:1 – nämlich zeit-, inhalts- und wirkungsgleich – auf die Beamten, Richter, Versorgungsempfänger und Beamtenanwärter übertragen wurde.

Der eben genannte Personenkreis hat bereits im Vorgriff auf den vorliegenden Gesetzentwurf rückwirkend zum 1. März 2009 eine Erhöhung der Grundgehälter um 20 € und anschließend eine lineare Steigerung von 3 % erhalten. Außerdem folgt zum 1. März 2010 eine weitere lineare Erhöhung um 1,2 %.

Bei der Anhörung zu dem Gesetzesvorhaben haben die Interessenvertreter sich vor allem zu dem vermeintlich zu niedrigen Sockelbetrag eingelassen. Diese Diskussion wurde bereits sehr intensiv geführt; die Argumente brauchen an dieser Stelle nicht wiederholt zu werden. Richtig ist und bleibt in diesem Zusammenhang die Aussage, dass jeder Beamte, Richter und Versorgungsempfänger genauso viel mehr erhält wie die Tarifbeschäftigten; daran gibt es nichts zu deuteln. Dieses Mehr kann sich durchaus sehen lassen: 20 € Grundbetrag, die drei

prozentige Steigerung in 2009 und weitere 1,2 % im März 2010.

Das sind übrigens Zahlen, die in der Anhörung von keinem Interessenvertreter in den Mund genommen wurden. Das hat uns dann doch sehr erstaunt; denn angesichts der immer noch andauernden Wirtschafts- und Finanzkrise handelt es sich um beachtliche Steigerungen der Bezüge – insbesondere dann, wenn man bedenkt, dass in diesem Jahr keine Preissteigerung zu verzeichnen ist und die Inflationsrate bei null Prozent liegt. Damit ist festzustellen, dass die Beamten und Versorgungsempfänger real deutlich mehr Geld zur Verfügung haben.

Dieses ausgesprochen erfreuliche Signal für die Beamtenschaft ist bei der Anhörung leider überhaupt nicht zur Sprache gekommen. Auch die Tatsache, dass es bei der Übertragung des Tarifergebnisses auf die Beamten eben keine Ungleichbehandlung oder Sonderopfer gibt, ist bei der Anhörung zu kurz gekommen.

Allerdings haben die Sachverständigen und Verbände in der Anhörung auf die Benachteiligungen der Beamtenschaft in der Vergangenheit, besonders unter der rot-grünen Vorgängerregierung, hingewiesen. Ich kann sie gerne noch einmal alle nennen: zahlreiche Nullrunden, Streichung des Urlaubsgeldes, Einführung der Kostendämpfungspauschale, Verdoppelung der Kostendämpfungspauschale, Kürzung der Sonderzuwendungen, Verlängerung der Wochenarbeitszeit, Streichung der Leistungsprämien, mehrfache Verschiebung der Besoldungserhöhungen, Kürzungen im Beihilferecht bis hin zur Streichung des Sterbegeldes, Anhebung der Altersgrenzen, Abschläge bei den Versorgungsbezügen etc.

Herr Möbius, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn TrampeBrinkmann?

Ich möchte gerne durchgehend vortragen.

(Lachen von Thomas Trampe-Brinkmann [SPD])

Diese Liste ließe sich noch beliebig fortsetzen.

Deshalb sind die gleich folgenden Ausführungen der Oppositionsparteien – ich glaube, Kollege Peschkes wird noch dazu sprechen –, wie sich schon im Fachausschuss gezeigt hat, nichts anderes als unglaubwürdige platte Worthülsen und vergossene Krokodilstränen. Der Kollege Groth ist da ein besonderes Beispiel.

(Carina Gödecke [SPD]: Wenn ich keine Zwi- schenfrage zulasse, sollte ich nicht mit Stei- nen werfen!)

Vertreter von Rot-Grün haben angesichts der Kürzungsorgien in der Vergangenheit jedes Recht verwirkt, sich zu Anwälten der Beamtenschaft aufzuspielen. Was also gleich folgen wird, ist nichts anderes als platte Oppositionspolemik.

(Zuruf von Hans-Theodor Peschkes [SPD])

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir halten unser Versprechen, dass die Beamten und Versorgungsempfänger dieses Mal nicht schlechter gestellt werden als die Tarifbeschäftigten. Wir haben dagegen nicht versprochen, dass eine Rücknahme der in der Vergangenheit erfolgten Kürzungen geschehen kann. Dies können wir angesichts der Finanzlage des Landes auch nicht.

Mit dem Wiedereinstieg in die Systematik der inhalts- und wirkungsgleichen Übernahme des Tarifergebnisses der Angestellten im öffentlichen Dienst gehen wir einen wichtigen Schritt zur Wiederherstellung von Verlässlichkeit und Berechenbarkeit für die Beamtenschaft. Diesen Weg wollen wir weitergehen. Die Beamten, Richter und Versorgungsempfänger können sicher sein, dass wir ihre Interessen auch in Zukunft angemessen berücksichtigen. –

(Thomas Trampe-Brinkmann [SPD]: Davor haben die Angst!)

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Möbius. – Nächster Redner ist der Abgeordnete Peschkes von der SPD-Fraktion.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Möbius, wenn Sie hier von einer exakten 1:1-Umsetzung sprechen, dann ist das eine Wahrnehmung, die nur Sie teilen. Draußen im Lande schlägt Ihnen bei diesem Gesetzentwurf nackte Empörung entgegen.

(Beifall von der SPD)

Wenn wir nämlich heute dieses Gesetz in zweiter Lesung beraten, ist das nichts anderes als die Fortsetzung eines Trauerspiels. Denn das, was Sie mit den Beamtinnen und Beamten dieses Landes in den Jahren Ihrer Regierungszeit gemacht haben, ist nur traurig. Anders kann man das nicht bezeichnen.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Daran ändert auch der heutige Gesetzentwurf nichts – im Gegenteil.

(Ralf Witzel [FDP]: Dann müssen Sie mal an Ihre Regierungszeit zurückdenken!)

Er zeigt nämlich einmal mehr, dass die Beamtinnen und Beamten dieses Landes von dieser Koalition faktisch nur noch als monetäre Verfügungsmasse

gesehen werden. Vor allem zeigt der Gesetzentwurf, dass die Versprechungen dieser Landesregierung gegenüber den Beamten wertlos sind.

Ich will gerne an das erste Versprechen von Schwarz-Gelb erinnern, das Sie gegenüber den Beamten gebrochen haben. Es war der damalige Oppositionsführer und heutige Ministerpräsident, der noch im Jahre 2003 auf einer Demonstration der Beamten verkündete, er würde noch am Wahltag die Kürzungen von Rot-Grün zurücknehmen.

(Thomas Trampe-Brinkmann [SPD]: Hört, hört! – Ewald Groth [GRÜNE]: Versprochen – gebrochen!)

Wenig später wussten die Beamten, was Sie von dem Versprechen zu halten haben: Schwarz-Gelb hatte die Wahl gewonnen.

(Zuruf von Christian Möbius [CDU])

Die Landesregierung hat die Kürzungen nicht zurückgenommen. Im Gegenteil: Sie hat sie noch verschärft. So viel zu „versprochen – gebrochen“.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Herr Möbius, es ist der Gipfel, wenn Sie hier die Kürzungen von Rot-Grün beklagen, die befristet waren. Sie haben sie in Nacht- und Nebelaktionen hier im Hause unbefristet verlängert.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

So viel nur zu einer „glaubwürdigen“ Politik.

Es ist mir schleierhaft, wie Sie sagen können, was heute an Steigerungen beschlossen werden soll, sei eine beachtliche Steigerung der Bezüge, wenn Sie gleichzeitig verschweigen, dass drei Jahre lang faktisch keine Besoldungserhöhungen vorgenommen worden sind.

(Beifall von SPD und GRÜNEN – Christian Möbius [CDU]: Null Prozent Inflation!)

Ich sage Ihnen: Mit diesem Gesetzentwurf folgt der nächste Wortbruch. Noch im März hat die Landesregierung erklärt, den Tarifabschluss der Angestellten auch für die Beamten 1:1 umsetzen zu wollen – ohne Wenn und Aber.

(Christian Möbius [CDU]: Das machen wir auch!)

Aber jetzt, wo es konkret um die Umsetzung Ihres Versprechens geht, wollen Sie von allem nichts mehr wissen. Auch dieses Versprechen ist Makulatur.

(Christian Möbius [CDU]: Das ist doch Unfug, Herr Kollege!)

Die Reduzierung des Sockelbetrages von 40 € auf 20 € und die Nichtgewährung des Einmalzuschlags, wie sie im Gesetzentwurf festgeschrieben wurden, sind so eindeutig, dass Ihnen da auch keine Spitz

findigkeit, keine Wort- und Zahlenakrobatik helfen, um so einen eklatanten Wortbruch zu verschleiern.

Ich frage Sie: Halten Sie die Beamtinnen und Beamten wirklich für so dumm und einfältig, dass sie auf Ihre Tricksereien hereinfallen? Ich glaube nicht.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)