Schauen Sie einmal zurück. Wann hätten die Lehrer, die jetzt eingestellt werden könnten, denn ihr Studium aufgenommen haben müssen? Exakt zu der Zeit, als Sie Verantwortung trugen und Interes
Nun komme ich zum Thema Schulden. Dass Sie dem Finanzminister jetzt 129 Milliarden € Schulden anlasten, ist skrupellos; denn Sie verschweigen, dass Sie uns 112 Milliarden € Schulden hinterlassen haben.
Ferner lassen Sie außer Acht, dass wir uns gegenwärtig in einer historisch noch nie gekannten Situation befinden,
die uns wie alle öffentlichen Haushalte vom Bund bis zu den Kommunen zwingt, Sorge dafür zu tragen, dass die Krise sich nicht verschärft, sondern möglichst geglättet wird. Das ist unsere Verantwortung, die wir auch wahrnehmen.
Frau Kollegin Kraft, Sie verdrängen Ihre Verantwortung für die Wahlergebnisse Ihrer Partei, deren Vorsitzende Sie ja sind, sowohl bei der Europawahl als auch bei den Kommunalwahlen. Ich persönlich bin der Auffassung: Eine der zentralen Ursachen Ihrer Verluste ist Ihre Substanzlosigkeit.
Ich will das belegen. Eine sehr große Zeitung in Nordrhein-Westfalen hat Ihnen drei Tage vor der Kommunalwahl die Möglichkeit gegeben, Ihre Konzepte darzulegen, wie Sie die Zukunft gestalten wollen. Ihre Antwort lautete, Frau Kollegin Kraft: „Bildung, Familie, sozialer Zusammenhalt.“ „Whow!“ kann ich zu dieser Aussage nur sagen. „Friede, Freude, Eierkuchen“ ist mit Sicherheit aussagekräftiger als die drei Begriffe, die Frau Kraft hier genannt hat.
(Beifall von der CDU – Rainer Schmeltzer [SPD]: Das sind schon drei Themen mehr als bei Frau Merkel!)
Und was nehmen die Leute davon an? Das ist doch hohl. Das ist doch inhaltsleer. Das sind doch Worthülsen.
Wenn man das ernst nimmt – es gibt auch Leute, die so etwas ernst nehmen; es gibt auch Leute, die ein Gedächtnis haben –, muss man das Thema Bildung einmal an den Kindern und Jugendlichen spiegeln, an denen Sie sich versündigt haben,
Von 1993 bis 2005 hat es keine einzige Hauptschule in Nordrhein-Westfalen geschafft, einen Ganztagsbetrieb zu bekommen. Sie haben die Lehrerinnen und Lehrer sowie die Kinder sträflich allein gelassen. Bildung ist der Schlüssel zum Leben. Sie haben diesen Kindern diesen Schlüssel verweigert. Das ist skandalös.
Erneut besucht. Ich besuche öfter Hauptschulen. Das kann ich Ihnen beweisen. Fragen Sie einmal herum. Ich weiß, was dort läuft.
Beim Besuch dieser Hauptschule wurde deutlich, welche Klimaveränderung sich dort vollzogen hat. Die spüren auf einmal Rückenwind. Die haben neue Konzepte. Die können den Kindern und Jugendlichen helfen. Da gucken einen strahlende Augen an. Da sind Lehrerinnen und Lehrer, die hoch engagiert arbeiten.
Genau das brauchen wir; denn das hilft den Kindern – und nicht Ihnen bei Ihrer ideologischen Auseinandersetzung, die Sie mit uns führen wollen.
Sie haben das Thema Familie angesprochen. Das haben Sie im Sommer im Übrigen auch getan. Beim Thema Familie haben Sie versucht, sich als Politikerin aus der dritten Reihe an einer Politikerin aus der ersten Reihe zu reiben, nämlich an Ursula von der Leyen.
Sie haben die These vertreten, der man anhängen kann: Dem Staat muss jedes Kind gleich viel wert sein. Zugegeben: Das klingt gut, das klingt gerecht. Nur, wenn man einmal darüber nachdenkt, ob das richtig ist, ist man sehr schnell bei einem gegenteiligen Ergebnis. Das kann ich an zwei Beispielen sehr deutlich machen. Wenn beispielsweise eine Kommune in einer Familie intervenieren muss, weil es um das Wohl des Kindes geht, dann muss selbstverständlich dieses Kind in diesem Augenblick uns allen viel mehr wert sein als ein anderes, normales Kind.
Wenn Kinder sogenannter bildungsferner Schichten genauso wie Kinder, die hochbegabt sind, zu ihrer persönlichen Entfaltung mehr Hilfe brauchen, dann
muss es selbstverständlich so sein, dass der Staat, dass die Gemeinschaft ihnen diese zusätzliche Hilfe angedeihen lässt.
Das ist also ein Unsinnssatz, wenn man ihn wirklich sachlich-fachlich durchkonjugiert. Sollte es so sein – was ich vermute –, dass Sie damit das Spannungsfeld von Kinderfreibetrag und Kindergeld beschreiben wollen, nämlich zugunsten des Kindergeldes, Frau Kollegin Kraft, dann zeigt das, dass 30 Jahre lang die Debatte komplett an Ihnen vorbeigelaufen ist.
Sie hätten alle Chancen gehabt, mit Ihrem Finanzminister, mit unserem Finanzminister Peer Steinbrück darüber zu reden. Er hätte Ihnen Folgendes gesagt: Liebe Kollegin Kraft, tut mir leid. Dies ist uns nicht möglich, weil uns das Bundesverfassungsgericht die Möglichkeit nicht eröffnet.
Liebe Hannelore, hätte er zum Zweiten gesagt, es gibt auch gute Gründe, dass wir nicht so verfahren, wie Sie vorgeschlagen haben, weil dann nämlich kinderreiche Familien mehr Steuern zahlen müssten als kinderarme. Das kann doch nicht gerecht sein.
Wenn ich das einmal alles zusammenfasse, Frau Kollegin Kraft, dann kann ich nur sagen: Platt, ungetrübt von Sachkenntnis plappern Sie herum. Am Niederrhein würde man sagen – das habe ich von dort mitgenommen –: Viel Gequieke, wenig Wolle.
Sie haben sich vorhin darüber echauffiert, dass Jürgen Rüttgers, der Parteivorsitzende und Ministerpräsident, sich am Wahlabend verhalten hat, wie er sich verhalten hat. Das haben Sie kritisiert. Das können Sie machen. Was ich allerdings kritisiere und was ich überhaupt nicht okay finde: Sie feierten an diesem Abend eine „Ü-20-Party“ – über 20 %. Früher waren es einmal „Ü-40“, und Ihre Vorgänger wären ins Mauseloch gekrochen, wenn sie das hätten feiern müssen, aber das ist Ihr Job.
Wenn ich die Photos und die Filmsequenzen sehe, die davon übermittelt wurden, dann frage ich mich: Was ist da los? Wie kann man objektive Verluste nur einfach wegjubeln wollen? Das kann nicht mit rechten Dingen zugehen. Ich vermute, Sie haben da unter einer gewaltigen Fehlausschüttung von Glückshormonen gelitten, was völlig neben der Realität war.
Risiken wie diese, vermute ich, haben auch den Kanzlerkandidaten der SPD – Sie haben den Bundestagwahlkampf ja hier bemüht –, bewogen, Sie nicht in sein Team zu berufen. Ich vermute das und viele mit mir. Wahrscheinlich hat er angesichts dessen, was ich auch gerade hier vorgetragen habe, gesagt: Sie bringt mir sowieso nichts. – Oder Sie haben gesagt: Das traue ich mir nicht zu. – Auch das ist in Ordnung.
Dann gibt es noch eine dritte Variante, die da heißt: Sie sind davon ausgegangen, dass Herr Steinmeier keine Chance hat, Bundeskanzler zu werden. In dem Augenblick wären Sie Teil eines Verliererteams gewesen, und das wollten Sie sich nicht antun. Das war, würde ich sagen, sträflich als Vorsitzende des größten SPD-Bezirks in Deutschland. Da haben Sie Herrn Steinmeier ganz schön ein Ei ins Nest gelegt. Das ist etwas, was Ihrer Verantwortung – so meine ich – als Parteivorsitzende in Nordrhein-Westfalen widerspricht.