Protocol of the Session on September 9, 2009

sialfeindlich und förderschulfeindlich an. Das hören Sie bestimmt auch nicht gerne.

(Beifall von CDU und FDP)

Das tue ich nicht.

(Manfred Kuhmichel [CDU]: Alles Feinde!)

Meine Damen und Herren, eine Schulministerin trägt Verantwortung für alle Schulen. In diesem Zusammenhang gratuliere ich nicht nur den Gesamtschulen für ihre fabelhafte Arbeit, sondern allen Schulen.

(Beifall von der CDU)

Wir wissen, sehr geehrte Frau Beer – das können Sie fabelhaft praktizieren und machen es auch immer wieder –: Wiederholung ist die Mutter des Lernens. Ich versuche das heute auch einmal. Wiederholung ist die Mutter des Lernens.

Ich gebe nicht auf und wiederhole deshalb, was heute schon gesagt worden ist und an vielen anderen Stellen auch: Wir hatten bei Gesamtschulen natürlich immer Anmeldeüberhänge. Wir haben das einmal nachgeprüft. In den letzten beiden Jahren Ihrer Regierungszeit 2003 bis 2005 waren das ca. 14.000. Bei uns sind es nicht, Frau Hendricks, 15.000, sondern 11.650.

Jetzt könnte man sagen: Das geht runter, warten wir doch einmal ab. – Nein, wir handeln, meine Damen und Herren. Ich glaube, Sie müssen an dieser Stelle einfach einmal anerkennen, dass wir drei öffentliche und zwei private Gesamtschulen genehmigt haben. Das ist doch eine Reaktion auf Überhänge im Gegensatz zu dem, was Sie in den vorherigen Jahren geleistet haben.

Dass es an der einen oder anderen Stelle – ich nehme einmal Siegburg heraus – nicht geklappt hat, liegt tatsächlich daran, dass zum Schluss nicht genügend Eltern ihre Kinder angemeldet haben. Auch das ist kein Geheimnis. Ich bin ganz sicher – wir leben ja wirklich nicht in einem totalitären Staat –, dass es nicht in irgendeiner Weise eine Einschüchterungspraxis gegeben hat. Ich habe jedenfalls so einen Brief nicht unterschrieben. Ich glaube, es ist auch nicht seriös, wenn man behauptet, wir würden den Elternwillen nicht respektieren.

(Zurufe von Sigrid Beer [GRÜNE] und Frank Sichau [SPD])

Sie behaupten weiter, es gäbe keine andere Schulform, die so viele Schülerinnen und Schüler aus benachteiligten Familien zum Abitur führe. – In der Tat sind wir sehr, sehr dankbar, dass an dieser Stelle gute Arbeit geleistet wird. Ich bitte Sie nur, hier nicht auszublenden, dass wir auch sehr, sehr innovative, sehr gute Berufskollegs haben und viele Schülerinnen und Schüler dort inzwischen ihr Abitur erwerben. Das werden in der Statistik immer mehr. Auch dazu ein paar Zahlen:

(Beifall von der CDU)

Im Schuljahr 2008/2009 wechselten fast 20 % der Schülerinnen und Schüler aus Hauptschule und Realschule nach der Klasse 10 zur gymnasialen Oberstufe. 20 % ist eine Messlatte. Dahinter verbergen sich immerhin 19.000 Schülerinnen und Schüler. Aus den Gesamtschulen waren es 11.765. Das können wir genau angeben. Diese Gesamtmenge von Schülerinnen und Schülern wechselte sowohl in die Oberstufe der Gesamtschulen als auch der Berufskollegs als auch der Gymnasien. Diese Zahlen zeigen, dass wir an dieser Stelle durchaus eine große Durchlässigkeit bis zum Abitur haben.

Meine Damen und Herren, manchmal vermute ich und manchmal bestätigt sich das auch, wenn ich das Revue passieren lasse, was Sie hier von diesem Pult aus gesagt haben: Sie wittern bei uns immer eine Art von Benachteiligung, was die Gesamtschulen anbelangt.

Es genügt offenbar nicht, wenn ich die verbesserten Ergebnisse der Gesamtschulen im Abitur anspreche. Eine Verbesserung des Notendurchschnitts – Herr Hollstein hat es ja eben gesagt – von 2,87 in 2008 auf 2,83 in 2009 ist eine Verbesserung. Ich finde das auch gut und erfreulich, dass das geschehen ist.

Ich finde es besonders gut, dass in den Fächern, in denen wir richtig traurige Ergebnisse hatten, nämlich in Physik und Mathematik, die Fortbildung gegriffen hat und dass die Fortbildung nicht nur angenommen wird, sondern dass wir richtig Dank dafür ernten, dass wir sie installiert haben und Geld in die Hand genommen haben, um sie umzusetzen.

(Beifall von CDU und FDP)

Wir sehen daran doch, dass diese Unterstützung wirklich wirkt.

Ein anderer Blick ist natürlich der Notendurchschnitt. Nun ist der Notendurchschnitt der Gymnasien mit immer noch 2,53 deutlich besser. Auch daran muss man jetzt noch etwas tun. Ich kann mich doch nicht, meine Damen und Herren, damit zufrieden geben, dass es so ist wie es ist, sondern es muss doch das Bestreben einer Frau in dieser Funktion sein, es besser hinzukriegen.

(Beifall von CDU und FDP)

An den Gesamtschulen – auch diese Zahl ist schon genannt worden, aber ich wiederhole sie gerne noch einmal – haben 6,9 % der zur Abiturprüfung zugelassenen Schülerinnen und Schüler das Abitur nicht bestanden. Das waren doppelt so viele wie am Gymnasium mit 3,1 %.

Auch hier stellen wir uns die Frage: Welche Unterstützung können wir den Gesamtschulen geben, und zwar in Bezug auf den Notendurchschnitt allgemein und selbstverständlich auch in Bezug auf

die Durchfallerquote? Denn das ist sicherlich auch für denjenigen, der da durchfällt, ein trauriges Erlebnis.

Meine Damen und Herren, ich frage Sie wirklich: Finden Sie das, was ich Ihnen jetzt gesagt habe, verwerflich? Finden Sie das feindlich, dass ich mit anderen zusammen darüber nachdenke? Ich glaube, das kann man nicht unterstellen.

Allerdings möchte ich auch sagen: Eine Abschaffung des Gymnasiums, wie Sie es wollen, kann nicht der geeignete Weg sein, die Gesamtschule besser zu machen.

(Beifall von der CDU)

Meine Damen und Herren, Sie schreiben in Ihrem Antrag von einem Verbot der Einführung von Ganztagsbetrieb an Gesamtschulen. – Das ist meiner Ansicht nach eine ganz törichte Idee, wenn man weiß, dass 95 % unserer Gesamtschulen natürlich im Ganztag sind.

(Beifall von CDU und FDP)

95 %! Keine andere Schulform hat diese Quote aufzuweisen, nicht einmal annähernd. Wir müssen doch jetzt auch einmal den anderen Schulformen nicht nur die Möglichkeit, sondern auch die Chance geben, in den Ganztag zu gehen. Wir sind sehr stolz darauf, dass wir inzwischen die Hauptschulen zu 50 % in den Ganztag gebracht haben. Bei Gymnasien und Realschulen sind es 12 %. Ich denke, im Vergleich mit den 95 % der Gesamtschulen ist das immer noch recht wenig.

(Beifall von der CDU)

Man muss wirklich deutlich sagen: Neu gegründete Gesamtschulen müssen nicht mittags ihren Laden schließen, sondern sie profitieren genauso von den Verbesserungen, die die Ganztagsprogramme vorhalten.

(Beifall von CDU und FDP)

Sie werden genauso unterstützt und gefördert wie alle anderen Schulen auch. Ich glaube, es ist an dieser Stelle wirklich das Schlüsselwort zu sagen: wie alle anderen Schulen auch.

Meine Damen und Herren, ich habe mich in vielen Schulen umgesehen. Ich bin jede Woche in einer Schule. Ich habe viele Gesamtschulen gesehen, ihre Arbeit kennengelernt und sicherlich auch vieles von ihnen gelernt. Insofern spreche ich hier nicht aus dem Trockendock, wenn ich über Gesamtschulen spreche.

Natürlich kann ich verstehen, sehr verehrte Damen und Herren von Bündnis 90/Die Grünen, wenn man jahrelang ein Einzelkind hatte, das man gehätschelt und getätschelt und besonders in den Fokus genommen hat,

(Zuruf von Sigrid Beer [GRÜNE])

dann ist es vielleicht nicht ganz einfach zu verdauen, dass es jemand anderen gibt, der dieses Kind auch wachsen und gedeihen lässt. – Herzlichen Dank.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Frau Ministerin Sommer. – Als nächste Rednerin hat für die Fraktion der SPD Frau Abgeordnete Schäfer das Wort. Bitte schön, Frau Kollegin.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Liebe Gäste! Den Gratulationen an die Gesamtschule zum 40-jährigen Jubiläum möchte ich mich auch gerne anschließen. Dabei ging mir nur durch den Kopf, dass diese Landesregierung vergessen hat, dass die Hauptschulen im letzten Jahr das 40-jährige Jubiläum hatten. Dazu haben Sie sich gar nicht zu Wort gemeldet.

(Ministerin Barbara Sommer: Alle ist alle!)

Das finde ich bei dem, was Sie so tun, sehr bedauerlich. Das vorab.

Bei den Zahlen zu den Hauptschulen möchte ich bleiben. Sie sind 2005 gestartet und haben gesagt: Die rot-grüne Landesregierung hat die Hauptschulen sträflich vernachlässigt, und es braucht jetzt die Qualitätsoffensive, damit man diese Schulform wieder stärkt und wir eine Schulform für die praktisch Begabten haben. Das war der Impetus, mit dem Sie damals gestartet sind.

(Ralf Witzel [FDP]: Und Sie reden nur die Hauptschule schlecht!)

Ich nenne Ihnen einmal Zahlen, Herr Witzel – Sie haben eben auch viele Zahlen vorgetragen –, die Sie nachdenklich stimmen müssen:

Von 1970 bis 2008 hat sich die Zahl der Hauptschüler im Übergang von 60 % auf 15 % verringert. Von 2001 bis 2008 haben die Hauptschulen bei den Übergängern aus der Grundschule 37 % verloren. Das heißt, Sie verschließen die Augen vor einer Schulentwicklung in diesem Land. Das nenne ich unverantwortlich.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Sie machen sich keine Gedanken über die Zukunft dieser Schulform. Sie zeigen keine Lösung auf und beharren auf der Mehrgliedrigkeit dieses Schulsystems. Ich sage Ihnen noch etwas, das ich verwerflich finde: Hinter den Kulissen arbeiten Sie mit Sicherheit an ganz anderen Plänen, und Sie führen die Menschen in Nordrhein-Westfalen hinters Licht, indem Sie ihnen nicht mitteilen, was Sie wirklich vorhaben.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Die Zahlen sprechen hier eine eindeutige Sprache.