Protocol of the Session on June 25, 2009

(Marc Jan Eumann [SPD]: Wer hat das denn gesagt?)

führende Sozialdemokraten im Rundfunkrat, Herr Kollege; ich kann Ihnen auch die Namen nennen –, das ist lächerlich. Ich glaube auch nicht, dass früher der WDR besonders staatsnah war. Viele werfen ihm jedoch vor, dass er bis heute sehr SPD-nah ist. Das hat sich trotz der Mehrheit in diesem Hause nicht geändert. Aber staatsfern war der WDR an und für sich immer.

Nun muss ich auch sagen: Wer den Rundfunkrat von 21 auf 43 erweitert, wie Sie das gemacht haben, der sollte sich bei einer weiteren Erweiterung um vier gar nicht zu Wort melden.

(Marc Jan Eumann [SPD]: Sie waren doch dabei!)

Ich habe im Gegensatz zur SPD dagegen gestimmt. Die SPD hat dieses Gremium aufgeblasen.

(Marc Jan Eumann [SPD]: Sie sind schon lange dabei! Die Zeit ändert sich!)

Ach so, damals war es richtig, zu erweitern, heute müssen wir verkleinern? Herr Kollege, das können Sie jemandem erzählen, der sich für Medienpolitik nicht interessiert. – Wenn es Ihnen passt, dann bauen Sie da drei Gewerkschafter ein, um auch noch die letzte Mehrheit zu stabilisieren. Dann haben Sie alles in den Rundfunkrat geschoben, was nicht schnell genug auf der Ampel war.

(Beifall von der CDU)

Jetzt wollen wir ein bisschen Ausgleich dort hineinbringen. Wir nehmen jetzt nicht die drei Gewerkschafter raus – womit die selber gerechnet haben,

dass die „böse CDU“ sie herausnimmt –, sondern wir sagen: Dann kann nicht nur ein Arbeitgeberverband, sondern es muss noch ein anderer Verband dort hinein; wenn wir uns über neue Medien unterhalten, dann nehmen wir Bitkom als Verband mit hinein. Das wird im Übrigen von vielen als inkompatibel angesehen; der WDR selbst hat aber mit Bitkom überhaupt keine Probleme.

Ich sage einmal: Das Programm ist früher nicht wesentlich besser geworden, als wir von 21 auf 43 erweitert haben. Es wird jetzt mit Sicherheit nicht wesentlich schlechter werden, wenn es überhaupt einen Einfluss auf das Programm haben wird.

Herr Hegemann, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Eumann, der zwar mit Ihnen schon einen Dialog geführt hat, ihn jetzt aber offiziell machen will?

Selbstverständlich, Herr Präsident.

Herr Eumann, bitte.

Das ist sehr nett, Herr Präsident, und beinahe noch netter, Herr Kollege Hegemann. Das Problem bei Ihren Wetten ist: Man kann nicht dagegen halten – sonst würde ich es natürlich gerne tun –, weil Sie die Voraussetzungen bestimmen. Erinnern Sie sich aufgrund Ihrer langjährigen Zugehörigkeit, mit welchen Fraktionen die letzte Novellierung der Zusammensetzung des WDR-Rundfunkrates im Hohen Hause beschlossen wurde?

Die Zusammensetzung war ein Ausfluss der Gesetzgebung von vor zehn Jahren. Dann ist darüber diskutiert worden, welche Parlamentarier, wie viele Frauen dort hineinkommen. Das war aber in einem Rahmen, der viel älter war. Gegen diesen Rahmen haben wir damals gekämpft. Die Verleger haben aber auch gegen das Zwei-Säulen-Modell gekämpft, aber sagen jetzt: Mittlerweile ist es eingeführt; lassen wir es dabei. – Also time save change. – Natürlich haben wir uns an dieses Gesetz gehalten, und wir haben über die Besetzung innerhalb dieser 43 gesprochen.

Aber ich sage noch einmal: Das Gremium wird nicht wesentlich schlagkräftiger, nicht wesentlich effektiver, aber auf keinen Fall schlechter. Es kommen ein paar Meinungen hinzu, auch Meinungen von Betroffenen. Wenn wir im öffentlich-rechtlichen System möglichst viele Meinungen aus der Bevölkerung dabei haben und der Bevölkerung das Gefühl geben wollen, dass dieser Sender keine Einbahnstraße ist – das ist ursprünglich das Wort von Gustav Heinemann gewesen, der gesagt hat, dass Radio

und Fernsehen keine Einbahnstraße sein dürfe, da müsse etwas zurückkommen –, dann muss in den Aufsichtsgremien ein großer Querschnitt aus der Bevölkerung vertreten sein. Dann ist das okay. Die Frage, ob das 43, 44 oder 35 sein müssen, wage ich nicht zu beantworten. Ich halte dies für einen vernünftigen Kompromiss.

Ansonsten hat der WDR Anpassungen aus dem Europäischen Recht hinzunehmen. Er hat auch bei der Besetzung des Rundfunkrates Anpassungen aufgrund der geänderten Mehrheitsverhältnisse hinzunehmen; das ist aber keine Sache des Gesetzes. Es ist ja nicht ein reines WDR-Gesetz, sondern wir haben ein Artikelgesetz, das mehrere Bereiche umfasst. Der WDR kann sehr gut damit leben. Er ist sehr zufrieden damit und sieht in diesem Gesetz auch keinen Angriff auf seine Entwicklungsmöglichkeiten. Ich glaube, dass das zumindest zur großen Zufriedenheit des WDR geregelt ist.

Allerdings sage ich auch: Es geht kein Gesetz so heraus, wie es hineingekommen ist. Wir werden das eine oder andere noch ändern. Dafür führen Sie eine Riesenanhörung mit 40 Sachverständigen durch. Für eine so kleine Sache holen Sie so viele kluge Leute hierher. Dieses Recht soll Ihnen aber nicht genommen werden. Das Ganze wird uns alle sehr beschäftigen. Im Großen und Ganzen wird das Gesetz allerdings so in Kraft treten, wenngleich wir sicherlich bereit sein werden, an der einen oder anderen Stelle noch über bestimmte Dinge zu reden.

Lassen Sie mich noch einmal auf den Anfang Ihrer Ausführungen zurückkommen, Herr Eumann. Sie haben gesagt: Der Reformbedarf im Medienbereich ist da, und crossmediale Medien sind da; Sie geben aber keine Antwort darauf. – Das erinnert mich ein bisschen an den Berliner, der in München erklärt: Wir haben zwar keine Berge; aber wenn wir welche hätten, wären sie höher. – Sie haben keine einzige Antwort auf Ihre Forderungen gegeben. Sie sagen, dass die Landesregierung die Antworten auf Fragen geben muss, die Sie noch gar nicht gestellt haben.

So funktioniert das nicht. In diesem Bereich ist sehr viel im Fluss. Ich glaube, da werden wir die Gesetze mit einer höheren Schlagzahl ändern müssen; denn auch die Betroffenen – die Verleger, die Macher von elektronischen Medien – wissen nicht genau, wohin die Reise geht.

Man kann auch nicht nur sagen, es gäbe keine Antwort auf die digitale Herausforderung. – Digital ist für mich zunächst einmal nur der Verbreitungsweg. Mit dem Inhalt hat das überhaupt nichts zu tun. Digital ist nur insofern etwas mehr als nur der Verbreitungsweg, als Digital mehr Verbreitungsmöglichkeiten bietet als Analog. Es ist aber nicht besser oder schlechter; lieber gut analog als schlecht digital.

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk muss sich hier allerdings einschränken. Deshalb finde ich es auch angemessen, dass die europäische Ebene fordert: Bevor ihr etwas Neues macht, müsst ihr das Ganze auf den Kopf stellen, noch einmal auf Wasserdichtigkeit untersuchen und prüfen, ob das überhaupt euer Auftrag ist.

In diesem Zusammenhang ist jetzt der sogenannte Drei-Stufen-Test entwickelt worden. Ich finde ihn auch nicht prickelnd. Seine Durchführung löst eine Wahnsinnsarbeit aus. Aber: Wenn der öffentlichrechtliche Rundfunk wieder etwas Neues machen und in Bereiche vordringen will, in denen andere, die zur Meinungsvielfalt beitragen, auch Geld verdienen können, muss man dies wirklich kritisch sehen. Die Öffentlich-Rechtlichen können nicht argumentieren: Das ist aber gut; deshalb dürfen wir es machen.

Das jüngste Beispiel in Verbindung mit dem DreiStufen-Test: Im Internet sollte ein Kinderkanal – nicht KI.KA, sondern noch kleiner; er hieß www.kikaninchen.de – eingeführt werden. Natürlich finden alle Leute gut, was da gemacht wird. Aber nicht alles, was gut ist, kann der öffentlich-rechtliche Rundfunk exklusiv für sich beanspruchen.

Wenn wir wirklich Meinungsfreiheit wollen, müssen wir den öffentlich-rechtlichen Rundfunk deshalb manchmal daran erinnern, sich einmal ein wenig zu beschränken. Wenn er das nicht von selber tut, müssen wir die Holpertortur des Drei-Stufen-Tests gehen.

Ich bin auch der Meinung, dass man das ehrenamtlich nicht schaffen kann. Professionell kann aber auch nicht heißen, dass dafür dann der wissenschaftliche Mitarbeiter der SPD-Fraktion eingestellt wird, Herr Eumann.

(Beifall von der CDU)

Das ist nämlich jetzt beim WDR geschehen. Bevor irgendeiner überhaupt wusste, was los war, wurde professionelle Hilfe eingestellt – und das war zufällig der wissenschaftliche Mitarbeiter der SPD-Fraktion. Ich bin auch nicht der Meinung, dass anderen Jusos dort ein neues Forum geboten werden sollte, auf dem sie sich austoben können.

Herr Hegemann, Ihre Redezeit ist zu Ende.

Dort ist das letzte Wort also noch nicht gesprochen, glaube ich.

Es wird Prüfungen geben. Ob jedoch diese Form auf Dauer Bestand haben wird, weiß ich nicht. Die Selbstbeschränkung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist meines Erachtens aber die beste Garantie für seinen Fortbestand.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Hegemann. –Herr Minister Krautscheid hat sich noch einmal zu Wort gemeldet.

Herr Präsident! Ich will kurz auf einige Punkte eingehen.

Erstens. Frau Scheler hat ausgeführt: Unter dem bestehenden Recht klappt mit den Beteiligungen doch alles; es sind doch Lizenzen vergeben worden. – Ja, natürlich sind Lizenzen vergeben worden, aber unter der Bedingung: maximal 24,9 %. Das führt überall zu total zersplitterten Strukturen und dazu, dass niemand richtig investiert, weil ihm der Laden nicht gehört.

Dies wollen wir – unter Auflagen – möglich machen. Diese Sender müssen sich weiterentwickeln – auch qualitativ. Das setzt voraus, dass jemand Geld hineinsteckt.

(Beifall von der CDU)

Zweitens. Herr Eumann, interessanterweise haben Sie die Stellungnahme des Vorsitzenden des Zeitungsverlegerverbandes Nordrhein-Westfalen, Clemens Bauer, zum ersten Arbeitsentwurf vorgelesen. Leider haben Sie nicht zitiert, was er zu unserem Endprodukt gesagt hat. Das kann ich Ihnen jetzt nicht ersparen.

Unter der Überschrift „Zeitungsverleger in NRW begrüßen Modernisierung des Landesmedienrechts“ erklärt Herr Bauer, damit könnten die Verlage die Weiterentwicklung zu Medienhäusern fortsetzen und ihre Angebote im lokalen Fernsehmarkt besser als bisher verwirklichen. Zur Novellierung des WDR-Gesetzes stellt er des Weiteren fest, dies schaffe inhaltliche Klarheit und Transparenz.

Herr Eumann, ich kann nur feststellen: Bauer ist schlauer.

(Beifall von Ilka von Boeselager [CDU])

Drittens. Sie haben uns vorgeworfen, beim Thema Crossmedialität zu schwach zu sein. Ich darf darauf hinweisen, was der Präsident des Bundesverbandes Deutscher Zeitungsverleger zu diesem Thema erklärt hat:

Im Grundsatz gilt: Wir Medienunternehmer wollen verlässliche politische Rahmenbedingungen. Aktuell stelle ich mit Befriedigung fest, dass die Landespolitik richtige Akzente setzt. Das gilt insbesondere für das Thema Crossmedia. Der vorliegende Entwurf des Mediengesetzes lässt darauf hoffen, dass in Nordrhein-Westfalen die medienübergreifende Beteiligung … spürbar erleichtert wird. Im Vergleich mit anderen Bundesländern besitzt Nordrhein-Westfalen hier durchaus eine Vorreiterrolle.

So viel zum Thema Medienstandort!

Herr Eumann, Sie haben einiges kritisiert. Fragen Sie einmal die Kollegen in der SPD, die für die Medienpolitik in Mainz oder in Berlin Verantwortung tragen. Das Medienland Nordrhein-Westfalen ist so gut aufgestellt wie lange nicht mehr. Die Medienpolitik dieses Landes wird beachtet wie seit zehn Jahren nicht mehr.

Gestatten Sie mir abschließend eine ganz persönliche Bemerkung. Sie haben vier Jahre Zeit gehabt, hierzu etwas zu entwickeln. Nicht ein einziges Blatt Papier liegt auf dem Tisch. Ich bin eineinviertel Jahre im Amt und habe das komplette Medienrecht modernisiert. Mit Verlaub: Wer selber nichts auf der Pfanne hat, sollte nicht bei anderen an der Speisekarte herummeckern. – Danke schön.

(Beifall von der CDU)

Vielen Dank, Herr Minister. – Meine Damen und Herren, Sie haben alle Ihre Redezeiten voll ausgeschöpft und überschritten. Jetzt machen wir Schluss mit der Beratung.

Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Gesetzentwurfes Drucksache 14/9393 an den Hauptausschuss. Dort wird dann weiter diskutiert. Wer dieser Überweisungsempfehlung seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. – Ist jemand dagegen? – Enthaltungen? – Einstimmig haben wir das so beschlossen.