Ich verstehe Sie manchmal nicht, aber jetzt auch akustisch nicht. Deswegen möchte ich jetzt nicht näher darauf eingehen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr geehrten Damen und Herren, Früherkennung ist heute unser Thema, Verbesserung der kinder- und jugendpsychiatrischen Versorgung. Früherkennung,
Einsatz von Frühwarnsystemen, frühe Hilfen – das sind Forderungen, die von allen Politikern über alle Fraktions- und Parteigrenzen hinweg unterstützt werden.
Doch diese Forderung muss auch gelten für psychisch kranke oder nur auffällige Kinder. Dann stellt sich uns allen aber doch die Frage: Was nützt eine Früherkennung, wenn diese behandlungsbedürftigen Kinder und ihre Familien auf völlig unzureichende quantitative Angebote treffen? Was nützt mir eine Früherkennung, wenn zeitnah keine Therapie möglich ist?
In der oft zitierten ganztägigen Anhörung im Januar 2007 wurde von verschiedenen Sachverständigen ausgeführt, dass derzeit nur ca. 10 % dieser erkrankten Kinder und Jugendlichen ausreichend versorgt werden können.
Uns allen wurde sehr verdeutlicht, dass die Früherkennung und -behandlung einer psychischen Erkrankung von Kindern im Unterschied zu Ersterkrankungen im Erwachsenenalter für diese Kinder sehr entscheidend ist. Das trifft die Kinder in einer ganz wichtigen Entwicklungsphase und hat daher weitreichende Folgen insbesondere für die Persönlichkeitsentwicklung und den zukünftigen Krankheitsverlauf.
Dieser Beschreibung der Bedarfs- und Angebotslage wurde im Januar 2007 von keiner Seite widersprochen. Im Gegenteil, die Krankenhausgesellschaft, die Kassenärztlichen Vereinigungen, die Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände und alle anwesenden Sachverständigen haben uns diese Zahlen und diese Situation sehr verdeutlicht.
Dann gingen fast zwei Jahre ins Land. Es gab keine Reaktion der Landesregierung. Im Gegenteil, durch das Aussetzen der Investitionsförderung konnten kinder- und jugendpsychiatrische Klinikplätze und Tageskliniken nicht mehr zeitnah realisiert werden.
Wir begrüßen die jetzige Initiative der Landesregierung, die vorliegenden Anträge positiv zu entscheiden, fordern aber – das hat meine Kollegin Frau Gebhard sehr deutlich gemacht –, dass hierfür auch investive Hilfen vorzusehen sind, damit die Umsetzung zeitnah erfolgen kann. Wenn Sie eine ortsnahe Versorgung wollen, Herr Minister, dann können Sie die Finanzierbarkeit vor Ort nicht immer als gegeben voraussetzen. Dann haben wir wieder Schieflagen. Nur bei Trägern, die sich das leisten können, können Sie das realisieren. Dann wird es schwierig sein, die Ortsnähe immer zu gewährleisten. Wir werden sehen.
Mit einem solchen Programm außerhalb der Baupauschalen – das fordern wir – kann das Land seine Verantwortung in diesem wichtigen gesundheits
politischen Bereich effektiv wahrnehmen. Das bringt mehr als teure Wettbewerbe. Das kommt sofort bei den Menschen an, und zwar bei den Familien, die dringend auf Hilfen für ihre erkrankten Kinder warten.
Ich darf die Forderung der Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände zitieren, die in ihrer Stellungnahme zum aktuellen Landeshaushalt ausgeführt hat: Das bisherige Planungsverfahren ist zu ersetzen durch ein neues zukunftsgerichtetes Verfahren, das auch eine adäquate Berücksichtung der aktuellen dynamischen Entwicklung in diesem Bereich sicherstellt.
Genau das sind die konzeptionellen Überlegungen, die Sie angekündigt haben, die uns aber bis jetzt nicht vorliegen.
Von daher unser heutiger Antrag, dass einiges, die Schwerpunkte, die wir aufgeschrieben haben, bitte mit Berücksichtigung findet. Das werden wir im Ausschuss aber sicher noch ausgiebig mit Ihnen diskutieren.
Der ambulante Bereich ist vorhin angesprochen worden. Hier hat das Land nur sehr wenig Möglichkeiten. Für den teilstationären und stationären Bereich kann das Land aber sehr wohl steuernd tätig werden.
Wie meine Kollegin Frau Gebhard schon ausgeführt hat, wurde das Problem der langen Wartezeiten im stationären Bereich vom Ministerium mit Fehlbelegungen begründet. So einfach, Herr Minister, kann die Landesregierung diesem Problem nicht begegnen.
Sicher gibt es Jugendliche und Kinder, die gleichzeitig Hilfen aus beiden Systemen benötigen: Jugendhilfe und Gesundheitsversorgung. Daher unsere Forderung im Antrag, diese Hilfesysteme stärker und besser zu vernetzen. Auch dieses haben alle Experten in der Anhörung gefordert. Eine effektive Kooperation in der Jugendpsychiatrie und der Jugendhilfe muss stärker verankert werden. Wenn – wie von mir bereits ausgeführt – Kinder beide Hilfen benötigen, dann darf es kein unkoordiniertes Vorgehen geben, kein gegenseitiges Zuschieben der Fallverantwortung, sondern notwendig ist ein gemeinsames Fallkonzept mit der Integration von pädagogischen und psychiatrischen Hilfen. Nur so kann gegenseitiges Verständnis für die Handlungsmöglichkeiten und Kompetenzen der jeweils anderen Institution aufgebaut werden. Nur so können wir Zuständigkeitsgerangel in Krisensituationen überwinden.
Drehtüreffekte, meine Damen und Herren, sind für die ohnehin schon in ihrer Beziehungsfähigkeit beeinträchtigten Jugendlichen zu vermeiden. Leidtra
gende der aktuellen Situation sind immer die Kinder und Jugendlichen und natürlich auch ihre Familien.
Die Forderung der Sachverständigen, hier landesseits initiativ tätig zu werden, um eine bessere Koordinierung zu erreichen, unterstützen wir. Lassen Sie uns dieses doch in einigen Modellregionen einmal exemplarisch so angehen! Auch das war eine Forderung von allen Sachverständigen aus dem Januar 2007.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir reden immer von der notwendigen Entstigmatisierung und von der Gleichberechtigung der psychiatrischen und der somatischen Versorgung. Können Sie sich vorstellen, welche Reaktionen wir im Lande hätten, wenn Familien mit somatisch erkrankten Kindern so lange auf eine Behandlung warten müssten? Allein darin drückt sich doch wieder der Unterschied aus, dass die Psychiatrie nicht die gleichberechtigte Versorgung vorfindet wie die somatische Medizin.
Ich appelliere an Sie alle: Lassen Sie uns gemeinsam für eine Verbesserung eintreten! Erkennen wir den Leidensdruck dieser Familien an, helfen wir mit, setzen wir ein Zeichen und nehmen wir alle Möglichkeiten auf Landesebene wahr, um dem steuernd entgegenzuwirken. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit und freue mich auf die Diskussion im Ausschuss.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Minister hat schon deutlich gemacht, dass wir das Thema „Psychiatrische Versorgung von Kindern und Jugendlichen“ bereits mehrmals und noch ganz aktuell vor kurzem – nicht nur hier im Parlament, sondern auch in den Landtagsausschüssen – diskutiert haben.
Ich bin der Meinung, dass das, was die Opposition hier vorgetragen hat, nicht ganz richtig ist, weil die Erkenntnisse und Aufträge bereits abgearbeitet werden. Wir sind auf einem guten Weg. Deshalb halte ich den Antrag zum heutigen Zeitpunkt auch nicht für angebracht, erneut darüber zu diskutieren.
Es besteht auch nicht erst seit Antritt dieser neuen Landesregierung Handlungsbedarf. Erfreulicherweise haben Sie von der SPD das im Antrag auch deutlich gemacht, indem Sie vom Armutsbericht sprechen, der auf die Datenlage vor 2005 zurückgreift und die Versäumnisse dort klar artikuliert. Sie sprechen auch von den Versäumnissen der letzten zwölf Jahre. Sie wissen ja sicherlich, dass wir in den letzten zwölf Jahren nicht ununterbrochen an der Regierung waren – leider, das kann man bedauern,
Ich finde es jedoch fair, dass Sie darauf hinweisen, Frau Gebhard, dass natürlich auch zu Ihrer Zeit die Erkenntnisse, die eigentlich vorliegen müssten, nicht zur Kenntnis genommen worden sind und kein Handlungsbedarf gesehen worden ist. Das ist heute völlig anders. Unser Minister hat das auch in seiner Rede deutlich gemacht.
Ich will aber auch darauf hinweisen, dass wir in dieser Frage einen Grundsatz haben, nämlich: Qualität vor Zeit. Oder, anders ausgedrückt: Keine Konzepte aus der Hüfte! Wir wollen das vernünftig machen, vernünftig für die Betroffenen.
Meine Damen und Herren, ich glaube, dass wir alle gar nicht so weit inhaltlich auseinander liegen. Der Antrag ist sehr interessant. Abgesehen von einigen wertenden Formulierungen und damit auch falschen Schlussfolgerungen, Frau Gebhard, sind wir doch in der Beschreibung der Bedarfslage gar nicht weit auseinander.
Frau Veldhues, Ihr letzter Satz hat mir sehr gut gefallen, mit dem Sie uns alle daran erinnert haben, dass wir in diesem Bereich für die Kinder und Jugendlichen eigentlich gemeinsam nach vorne marschieren sollten. Bei den Ausführungen des Ministers war deutlich zu verspüren, dass es hierzu ein Angebot gibt.
Abschließend will ich noch auf eine Besonderheit hinweisen. Wenn Sie die Darbietung der vollstationären Angebote der Kinder- und Jugendpsychiatrie einmal beachten, muss man natürlich sagen, dass die Randbereiche des Landes Nordrhein-Westfalen hier vernachlässigt worden sind. Ich darf daran erinnern, dass einige Kreise – ich nenne nur beispielhaft die Kreise Borken oder Steinfurt in der Grenzlage zu den Niederlanden und zu Niedersachsen – in den Bedarfen hinterherhinken. Ich empfehle, in den zukünftigen Beratungen daran zu denken, wie wir dort – vielleicht auch länderübergreifende – Angebote realisieren können, um der Bedarfslage der Menschen entgegenzukommen.
Ich denke, ein Fazit müssen wir heute ziehen: Die SPD steht hier weiter für eine rationierte Flatrate-Behandlung von Kindern in ambulanter Behandlung.
Sie sagen, dafür sei kein Geld da. Das halte ich für absurd. Das finde ich sogar abscheulich, wenn Sie sagen: Für die Behandlung psychisch kranker Menschen sei nicht genügend Geld da. Sie stellen die Bundesgesundheitsministerin, die das verantwortet!
Sie unterstützen sie. Und Sie stellen den Bundesfinanzminister, der gleichzeitig 5 Milliarden € für abgewrackte Autos ausgibt. Diese Politik muss aufhören! Kinder müssen in diesem Parlament wirklich Lobby haben!