Protocol of the Session on May 7, 2009

Man richtet also erst einmal eine Arbeitsgruppe ein, die sich dann aber erst ein Jahr später trifft, um anzufangen zu prüfen, ob man vielleicht ein zentrales Waffenregister braucht; etwas, was gerade die Polizei dringend fordert. Das nenne ich Handlungsunfähigkeit. Gerade nach den Vorfällen in Winnenden und Landshut ist in Deutschland Abrüstung angesagt. Wir brauchen keine Waffenlager in Privathaushalten.

(Beifall von den GRÜNEN)

Das wäre kein absoluter Schutz vor Amoktaten, natürlich nicht. Das schreiben wir ganz klar in unserem Antrag. Das hat nichts damit zu tun, dass wir meinten, Amoktaten verhindern zu können. Aber indem wir den Zugang zu Waffen erschweren, leisten wir einen Beitrag zur Prävention, leisten wir einen Beitrag für mehr Sicherheit, wenn Menschen ausrasten und durchdrehen, die heute solche brutalen Taten wie in Winnenden begehen. Dieses Erschwernis zu schaffen ist das Mindeste, was wir aus Winnenden lernen sollten.

Deswegen fordern wir: Keine Waffenlager zu Hause und Abrüstung in den Privathaushalten! – Danke schön.

(Beifall von den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Düker. -Als nächster Redner hat für die Fraktion der CDU der Kollege Lohn das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Anlass der heutigen Diskussion ist ein trauriger, nämlich der Amoklauf in Winnenden vom 11. März. Damals waren sich einige Politikerkollegen, einige selbsternannte Fachleute, nicht schlecht genug, wenige Stunden nach der Tat reflexartig Scheinlösungen zu präsentieren.

Wir haben es gerade gehört, verehrte Kolleginnen und Kollegen: Frau Düker hat gerade eine dieser

Scheinlösungen in einer, wie ich finde, unerträglichen Art wiederholt,

(Zustimmung von der CDU)

nämlich das Verbot jeglicher Waffen für Privatwohnungen. Ihnen geht es gar nicht darum, irgendein Problem zu lösen.

(Monika Düker [GRÜNE]: Quatsch!)

Sie wollen Jäger und Sportschützen an den Pranger stellen, sie denunzieren, obwohl von denen effektiv so gut wie keine Gefahr ausgeht.

(Beifall von der CDU – Monika Düker [GRÜ- NE]: Da spricht die Waffenlobby! – Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Sie haben nicht zuge- hört!)

Ich werde später noch genauer darauf eingehen, Frau Düker.

Heute sind wir sehr aktuell. Wir haben über die Einigung gesprochen, die auf Bundesebene anscheinend gefunden worden ist. Im Moment wird geplant, das Waffengesetz zu reformieren, es wird an den Texten gearbeitet, und schon Ende Mai soll ein Gesetzentwurf vorliegen.

Dieser Gesetzentwurf sieht neben vier Kernvorschlägen auch das Verbot von Paintball- oder sogenannten Gotcha-Spielen vor. Das halte ich für richtig, weil darin das Töten von Menschen geübt wird. Gleichzeitig wird dieser Gesetzentwurf wahrscheinlich auch, aber erst für einen späteren Zeitpunkt, Vorgaben zu biometrischen Sicherungssystemen für Waffen beziehungsweise Waffenlagerstätten enthalten.

Konzentrieren möchte ich mich auf vier Punkte, die wohl unumstritten zu sein scheinen:

Erstens. Es sollen verdachtsunabhängige Kontrollen in den Wohnungen der Waffenbesitzer ermöglicht werden.

Zweitens. Die beschleunigte Einrichtung eines nationalen Waffenregisters soll angegangen werden.

Drittens. Das Mindestalter für das Üben mit großkalibrigen Sportwaffen soll auf 18 Jahre erhöht werden.

Viertens. Zeitlich begrenzt soll eine Amnestie im Falle der freiwilligen Abgabe illegaler Waffen eingeräumt werden.

Zum ersten Punkt. Die Ursache des Amoklaufs in Winnenden war die fahrlässige Aufbewahrung einer scharfen Schusswaffe. Daher resultiert die Forderung, mehr Kontrollen und, wenn erforderlich, verdachtsunabhängige Kontrollen vorzunehmen.

(Monika Düker [GRÜNE]: Mit welchem Per- sonal denn?)

Mein Ansatz dazu: Ich bin für die verstärkten Kontrollen. Allerdings darf das Grundrecht auf Unver

letzlichkeit der Wohnung gemäß Art. 13 nicht außer Kraft gesetzt werden. Das ist eine hohe Herausforderung für den Bundesgesetzgeber. Ich bin mir aber sicher, dass er diese Herausforderung stemmen und meistern wird.

(Lachen von den GRÜNEN)

Zum zweiten Punkt. Die beschleunigte Einrichtung eines zentralen nationalen Waffenregisters ist, meine ich, relativ unumstritten. Sie ist wichtig; denn mit dem Waffenregister wird zukünftig auf Knopfdruck zu ermitteln sein, in welchem Haushalt sich legal welche Waffen befinden. Das erleichtert die Arbeit der Polizei sowohl im Bereich der Gefahrenabwehr als auch im Bereich der Strafverfolgung. Das hätte vielleicht schon eher passieren können. Es ist aber besser, dass es jetzt passieren soll als erst im Jahr 2014, in dem wir nach EU-Recht ohnehin verpflichtet gewesen wären, dies einzurichten.

Zum dritten Punkt. Von großkalibrigen Waffen kann, wenn sie in den falschen Händen sind, eine große Gefahr ausgehen. Deswegen soll das Mindestalter für junge Sportschützen von bisher 14 Jahre auf 18 Jahre erhöht werden. Das ist ein angemessener Schritt in die richtige Richtung.

Die SPD-Fraktion dieses Landtages ist mit ihrer Forderung weit darüber hinausgegangen. Sie will ein generelles Verbot von großkalibrigen Sportwaffen. Damit sind Sie über das Ziel hinausgeschossen. Die Bundes-SPD hat sich dem Gott sei Dank nicht angeschlossen. Man ist übereingekommen, das Mindestalter auf 18 Jahre zu erhöhen. Da hinkt die SPD bei uns im Lande etwas hinterher. Glücklicherweise ist man auf Bundesebene etwas schlauer.

Zum vierten Punkt. Mit der zeitlich befristeten Amnestie hat man bereits nach dem Amoklauf in Erfurt gute Erfahrungen gemacht. Deswegen stehe ich dem sehr positiv gegenüber.

Amokläufe kann man aber nicht allein durch Verschärfung des Waffengesetzes bekämpfen. Bei Amokläufen gilt der Grundsatz, dass die Gefahr in erster Linie nicht von der Waffe ausgeht, sondern von dem Menschen, der die Waffe trägt.

Deswegen müssen wir uns, wenn wir wirklich Amokprävention betreiben wollen, mehr den potenziellen Tätern, die auffällig geworden sind, zuwenden. Potenzielle Amoktäter werden nämlich auffällig: Sie lassen immer wieder Warnsignale durchtröpfeln – Fachleute nennen das Leaking –, indem sie zum Beispiel von Aggression, Enttäuschung, Verzweiflung erzählen und sogar kurz vor der Tat oftmals die Waffe im Bekanntenkreis präsentieren. Das sind Warnsignale, die wir ernst nehmen müssen. Wir müssen personenbezogene Amokprävention betreiben.

Vorbildlich hat das unsere Schulministerin in die Wege geleitet. Sie hat eine Expertenkommission

zur Amokprävention einberufen, die genau diesen Ansatz verfolgt. Dafür, für diese Weitsicht und für das professionelle und verantwortungsvolle Umgehen mit dem Thema, ein herzliches Dankeschön, Frau Sommer!

(Beifall von der CDU)

Zum Schluss noch zwei Sätze zu den Forderungen der Grünen. Dass das Verbot von Waffen in Privatwohnungen wirklich am Ziel vorbeigeht, zeigt auch die Zahl, dass nur 0,03 % aller Straftaten mit legal besessenen Waffen begangen werden.

(Monika Düker [GRÜNE]: Sicher tödlich!)

Über 99 % aller Straftaten werden mit illegal besessenen Waffen begangen. Deswegen sind die Vorschläge der Grünen unter das Motto einzuordnen: schnell, sicher falsch. Von daher können wir ihrem Antrag nicht zustimmen.

Ich freue mich auf die Beratung im Ausschuss. Ich denke, dass auf Bundesebene eine vernünftige Lösung gefunden wird. – Danke schön.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Lohn. – Als nächster Redner hat für die Fraktion der SPD der Kollege Dr. Rudolph das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.

Ich darf übrigens mit Blick auf Ihre Anschlusstermine darauf hinweisen, dass wir ungefähr eine halbe Stunde zurückliegen.

Das geht ja noch, ich habe schon viel Schlimmeres erlebt, Frau Präsidentin. Herzlichen Dank dafür, dass Sie mir nach diesem wichtigen Hinweis das Wort erteilt haben. Ich verstehe ihn als Ermahnung an mich, mich möglichst kurz zu fassen. Ich versuche es.

Das würde mir nie einfallen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Kollege Lohn hat auf den Hintergrund der heutigen Debatte, nämlich den schrecklichen Amoklauf in Winnenden, hingewiesen. Natürlich muss auch die Politik eingestehen, dass es weder ein Patentrezept noch eine Musterlösung gibt, mit denen man Amoktäter davon abhalten kann, sich irgendwo irgendwelche Waffen zu beschaffen und damit schlimme Taten zu verüben.

Insbesondere wir von der Politik sind es den Opfern und deren Angehörigen aber schuldig, die Hürden möglichst hoch zu hängen, die man überwinden muss, um an Waffen zu gelangen. Wir glauben nicht, dass man damit derartige Amokläufe für alle

Zeiten ausschließen könnte. Aber man kann zumindest versuchen, solche Amokläufe zu erschweren.

Frau Düker hat in ihrem sympathischen und wortreichen Beitrag der SPD und anderen vorgeworfen, sie würden die zentralen Fragen, die sich stellen, nicht beantworten. – Das kann man zwar so sagen, sollte dann aber keinen Antrag vorlegen, in dem immer die Rede von „könnte man“, „müsste man“ oder „sollte man“ die Rede ist. Deswegen ist uns eigentlich auch nicht ganz klar geworden, was die Grünen eigentlich außer „könnte man, müsste man, sollte man“ wollen. Wir brauchen ein paar klare Antworten auf die Frage, was zur Verschärfung des Waffenrechts geändert werden soll.

Mit den unabhängigen Kontrollen, die auch wir in unserem Antrag vorschlagen, sind keine Hausdurchsuchungen gemeint. Damit ist auch kein Eindringen in eine Wohnung gemeint, mit der Art. 13 des Grundgesetzes verletzt würde.

Gemeint ist damit, dass die Waffenbehörde ab und zu einmal nachschaut, ob die Waffen gesetzes- und ordnungsgemäß aufbewahrt werden. Der Schornsteinfeger, der bestimmte technische Anlagen im Haus überprüft, macht es genauso: Will man ihn nicht reinlassen, darf der auch nicht rein. Bei einer Waffenbehörde verhält es sich nicht anders. Allerdings wird eine Waffenbehörde, die mehrfach keinen Einlass bekommt, irgendwelche Rückschlüsse auf den Besitzer von Waffen ziehen können. Darum geht es, und darauf hat sich die Koalition in Bonn verständigt.