Protocol of the Session on April 2, 2009

Vielen Dank, Herr Minister. – Meine Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Damit kommen wir zur Abstimmung.

Wir stimmen zunächst über den Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 14/8935 ab. Wer für diesen Änderungsantrag ist, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, die SPD-Fraktion und der Abgeordnete Sagel. Wer ist dagegen? – Das sind die Fraktionen von CDU und FDP. Wer enthält sich? – Niemand. Damit ist dieser Änderungsantrag abgelehnt.

Wir kommen zur Beschlussempfehlung und zum Bericht des Ausschusses für Innovation, Wissenschaft, Forschung und Technologie Drucksache 14/8895. Der Ausschuss empfiehlt, den Gesetzentwurf der Landesregierung Drucksache 14/8290 in geänderter Fassung anzunehmen. Da der Wunsch geäußert worden ist, über die einzelnen Artikel abzustimmen, tun wir das. Dabei habe ich die herzliche Bitte, Artikel 4 und 5 zusammenfassen zu dürfen,

(Zustimmung von den GRÜNEN)

weil Artikel 5 nur das Inkrafttreten betrifft.

Also stimmen wir zunächst über Artikel 1 ab. Wer diesem Artikel seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Koalitionsfraktionen. Wer ist dagegen? – Der Abgeordnete Sagel. Wer enthält sich? – Das sind die Fraktionen von SPD und von Bündnis 90/Die Grünen. Damit ist dieser Artikel angenommen.

In Artikel 2 geht es um die Änderung des Gesetzes über die Hochschulen des Landes NordrheinWestfalen. Wer für Artikel 2 ist, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Koalitionsfraktionen. Wer ist dagegen? – Das sind die Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen sowie der Abgeordnete Sagel. Enthält sich jemand? – Das ist nicht der Fall. Damit ist Artikel 2 angenommen.

In Artikel 3 geht es um die Änderung des Gesetzes über weitere dienstrechtliche und sonstige Regelungen im Hochschulbereich. Wer ist für Artikel 3? – Das sind die Fraktionen von CDU und FDP. Wer ist dagegen? – Das ist der Abgeordnete Sagel. Wer enthält sich? – Das sind die Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen. Damit ist Artikel 3 angenommen.

Nun stimmen wir gemeinsam über Artikel 4, der die Änderungen der Hochschulleistungsbezügeverordnung betrifft, und Artikel 5 ab, der das Inkrafttreten regelt. Wer dafür ist, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Koalitionsfraktionen. Wer ist dagegen? – Das ist der Abgeordnete Sagel. Wer enthält sich? – Das sind die Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen. Damit sind diese beiden Artikel angenommen.

Nun kommen wir zur Gesamtabstimmung über die Beschlussempfehlung und den Bericht Drucksache 14/8895. Wer dem seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Koalitionsfraktionen. Wer ist dagegen? – Das ist der Abgeordnete Sagel. Wer enthält sich? – Das sind die Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen. Damit ist der Gesetzentwurf in der Fassung der Drucksache 14/8895 angenommen.

Wir nähern uns nun zügig dem nächsten Tagesordnungspunkt.

Ich rufe auf:

7 Frühe Bildung für alle

Antrag der Fraktion der SPD Drucksache 14/8880

Ich eröffne die Beratung und erteile Frau Kollegin Veldhues von der SPD-Fraktion das Wort. Bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich warte noch einige Minuten, da ich sehe, dass einige dringend in ihre Büros müssen.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Frau Kollegin, beim besten Willen, Ihre Redezeit läuft.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Jedes Kind hat ein Recht auf Förderung seiner Entwicklung und auf Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit. – Ich glaube, dieses kann man unbestritten über alle Fraktionsgrenzen hinweg sagen.

Kinder haben vom vollendeten dritten Lebensjahr bis zum Schuleintritt einen Rechtsanspruch auf den Besuch einer Tageseinrichtung. Diese Grundansprüche gelten natürlich auch für Kinder mit Behinderung und auch für Kinder, die von einer Behinderung bedroht sind. Sie gehören damit zum Personenkreis der Kinder, für die die sogenannte Eingliederungshilfe nach dem Sozialgesetzbuch gilt.

Das war nicht immer selbstverständlich. Den Anspruch auf Betreuung und Förderung, wie zum Beispiel die Erziehung und Bildung behinderter Kinder in Tageseinrichtungen durchzusetzen, war ein langer und beschwerlicher Prozess.

In der Jugendhilfe traten diese Kinder zunächst nicht in Erscheinung, weil sie ja in heilpädagogische Einrichtungen gingen, die von der Sozialhilfe finan

ziert wurden. Durch die gesetzlich festgeschriebene Finanzierungsregelung – zum einen der Sonderbereich für die gehandicapten Kinder und zum anderen der Regelbereich der Jugendhilfe für die nicht behinderten Kinder – trennten sich auch die Lebenswelten dieser Kinder. Alltagsbezogene Begegnungsmöglichkeiten und gemeinsame Erfahrungen wurden dadurch verhindert und Fremdsein bewirkt.

Eben diese Erfahrung, die Tabuisierung des Themas Behinderung, das Erleben von Berührungsängsten und Ausgrenzung waren für die Eltern in den 70er- und 80er-Jahren der Anstoß, darauf zu dringen, dass ihre behinderten oder von Behinderung bedrohten Töchter und Söhne gemeinsam mit den Nachbarkindern ohne Behinderung in Kindergarten und Schule spielen, lernen und leben können.

Sie waren zu der Erkenntnis gekommen, dass spezifische Förderung allein nicht ausreicht, um ihre Kinder in die Gesellschaft zu integrieren. Im Gegenteil: Die gut geführten Behinderteneinrichtungen, die nach dem Krieg entstanden waren, schienen die Allgemeinheit zu beruhigen. Wir waren sehr beruhigt und waren uns sicher, dass Menschen mit Behinderung gut versorgt waren; außerdem störten sie jedoch unsere eigenen Lebenskreise nicht.

Bei ihrem Drängen nach Integration führten die jungen Eltern die Tradition ihrer Elterngeneration fort. Hatten diese doch einst das Recht auf Bildung und Förderung behinderter Kinder mit Erfolg eingeklagt, so fordern heute junge Eltern das Recht auf Teilhabe an einem gesellschaftlichen Leben für ihre Kinder mit Handicap ein.

In den 80er-Jahren haben wir erlebt, dass in den verschiedenen Bundesländern Integrationsgruppen in Regelkindergärten aufgebaut wurden. Sie wurden wissenschaftlich begleitet; es gab sehr große Vorbehalte. Aber bereits die ersten Versuche dieser gemeinsamen Erziehung waren ermutigend und regten an, diesen Weg des Miteinanders weiter zu gehen.

Wir möchten in Nordrhein-Westfalen Kindergärten als Lebensraum für alle Kinder. Wir merken, es ist eine Bereicherung für die Kinder, für die Eltern und für die Pädagoginnen.

Meine Damen und Herren, Behinderungen können nicht beseitigt oder weggefördert werden. Aber gemeinsam zu spielen und zu lernen, gibt auch Kindern mit Behinderung die Chance, mit ihren individuellen Bedürfnissen und Möglichkeiten an der Realität der Außenwelt teilzuhaben. Kinder mit und ohne Behinderung spielen und lernen bei uns miteinander. Toleranz und gegenseitige Akzeptanz werden erfahrbar und bilden dann eine Grundlage für ihr späteres Leben.

Auch die Eltern erhalten so ein Stück Normalität zurück. Sie treffen die anderen Väter und Mütter ihrer Nachbarschaft dort wieder. Sie gehören dazu –

am Elternabend, bei Festen im Kindergarten. Sie sind nicht außen vor: eine Erfahrung, die ihre Kinder jeden Tag aufs Neue in der gemeinsamen Betreuung machen.

Wir wollen die Familien unterstützen und Brücken bauen. Unterschiedliche gesetzliche Regelungen, unterschiedliche Zuständigkeiten und Kostenträgerschaften dürfen die Integration nicht behindern.

Wenn sich jetzt aktuell bei der Umsetzung des KiBiz zeigt, dass die Interessen und Förderbedarfe von behinderten Kindern nicht ausreichend berücksichtigt sind, muss hier schnellstens nachgebessert werden.

(Beifall von der SPD)

Wenn die Angebote für Kinder unter drei Jahren massiv ausgebaut werden, meine Damen und Herren, müssen selbstverständlich auch besondere Regelungen für Kinder mit Handicap geschaffen werden. Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie frühkindliche Förderung gilt für diese Familien ohne Abstriche.

Ein weiterer Punkt, den ich gerne ansprechen möchte: Oft zeigt sich eine Behinderung erst nach der Aufnahme in die Kindertagesstätte. Das KiBiz sieht dann keine Refinanzierung des nötigen Mehraufwandes im laufenden Kindergartenjahr vor.

(Christian Lindner [FDP]: Nein, das stimmt nicht!)

Ihnen liegen die Appelle und Resolutionen beider Landschaftsverbände vor, in denen genau dieser Punkt aufgezeichnet ist. Sie können das ja gleich klarstellen.

Wir legen Wert darauf, dass Kinder sofort nach Aufnahme eine Förderung erfahren. Die Alternative kann nicht ein bloßes Verbleiben in der Gruppe sein. Wie heute Mittag schon diskutiert wurde – wenn die Kinder dann das Kindergartenalter verlassen –, beginnt für die Eltern bei der Einschulung die Odyssee aufs Neue.

Daher unsere Forderung nach einem Konzept zur Bildungsplanung für Kinder mit Behinderungen. Wir müssen es entwickeln und als Handreichung an die Kreise und kreisfreien Städte geben.

Wenn Kinder als unter Dreijährige in die Kindertagesstätte gehen, ist auch oft eine Tagespflege angedacht. Aber auch Tagesmütter müssen für diese Herausforderung geschult werden.

Wir möchten, dass das Land da federführend eintritt.

Ferner möchten wir ein Konzept, in dem deutlich wird, wie zukünftig die Finanzierung für die Erziehung, Bildung und Betreuung von Kindern mit Behinderung über alle Grenzen hinweg gestaltet werden soll.

Meine Damen und Herren, mit unseren Forderungen wollen wir erreichen, dass alle Kinder die Chance haben, zu erleben, dass es in NordrheinWestfalen normal ist, verschieden zu sein. – Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Veldhues. – Für die CDU-Fraktion erhält Frau Abgeordnete Kastner das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir diskutieren heute zum zweiten Mal an diesem Tag über Kinder mit besonderem Förderbedarf. Das finde ich ganz in Ordnung, weil diese Kinder häufig in Vergessenheit geraten.

Wenn ich den Antrag richtig gelesen und richtig verstanden habe, was Sie gerade vorgetragen haben, Frau Veldhues, spiegelt das die Wirklichkeit im Lande Nordrhein-Westfalen nicht ganz richtig wider, vor allen Dingen nicht in Bezug auf das Gesetz, was wir gemacht haben.

Das alte GTK hat Kinder mit Handicaps ein gutes Stück außen vor gelassen. „Als dem Landschaftsverband Westfalen sehr zugeneigt“, haben wir die Erfahrung gemacht, dass hier wohl die Heilpädagogischen Einrichtungen für Kinder unter drei Jahren gefördert wurden, nicht aber die regulären Kindergärten in diese Förderung einbezogen wurden.

(Britta Altenkamp [SPD]: Im LWL sind die enthalten! – Elisabeth Veldhues [SPD]: Mit 40 Millionen!)

Im LWL gab es das schon, Frau Altenkamp. Wir verstehen uns da schon richtig. Es gab große Schwierigkeiten, und wir in Westfalen fühlten uns immer sehr benachteiligt, um es einmal so zu formulieren.