sehr wichtige Bausteine. Wir können die Details, die im Gesetzentwurf stecken, im Ausschuss beraten.
Eine politische Bemerkung möchte ich mir allerdings nicht verkneifen: Ich bin sehr froh, dass wir das schaffen, was Rot-Grün nie geschafft hat. Rot-Grün hat auf Bundesebene, als man dort noch dafür zuständig war, niemals ein Untersuchungshaftgesetz hinbekommen.
Insofern ist das ein weiterer Beleg dafür, dass wir handeln und Sie nur reden. – Herzlichen Dank, meine Damen und Herren.
Vielen Dank, Herr Kollege Dr. Orth. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht Frau Kollegin Düker.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach all dieser Lobhudelei von Herrn Orth und Herrn Giebels muss ich ein bisschen Wasser in den Wein gießen. Beim Strafvollzug das hohe Lied des Föderalismus zu singen, finde ich grundsätzlich falsch. Ich halte es für eine falsche Entscheidung der Föderalismuskommission, den Strafvollzug in den Ländern zu regeln.
Das Ergebnis haben wir hier schon erlebt. Wir haben es mit dem Jugendstrafvollzugsgesetz schon erlebt und erleben es jetzt wieder. Es kann doch nicht sein, dass ich als Gefangener – in anderen Zusammenhängen geht mir das genauso – Pech habe, weil ich beispielsweise in MecklenburgVorpommern im Knast sitze, das total pleite ist, oder vielleicht in Bayern, wo es noch ein bisschen mehr Geld gibt. Die Standards in den Gefängnissen dürfen meiner Meinung nach nicht in die Länderkompetenz gegeben werden.
Deshalb finde ich es eigentlich richtig, dass einige Länder das eingesehen haben. Kollege Sichau hat darauf hingewiesen. Es handelt sich um zwölf Bundesländer, die einen gemeinsamen Entwurf machen wollen. Beim Jugendstrafvollzugsgesetz waren es acht Länder, die das auch erkannt haben und beschlossen haben, einen Entwurf gemeinsam zu machen. Nordrhein-Westfalen ist aber wieder einmal nicht dabei.
Herr Giebels, jetzt komme ich zum Lob und zum Tadel. Soweit es um das Jugendstrafvollzugsgesetz geht, muss ich ehrlicherweise sagen, dass sich Nordrhein-Westfalen bei den Standards – ich denke, aus dem Schock von Siegburg; das muss man
Der Schock von Siegburg ist jetzt vergessen. Wenn man die Entwürfe nebeneinanderlegt, so muss sich Nordrhein-Westfalen im Strafvollzug im Ländervergleich offenbar nicht mehr mit den besten Standards profilieren. Nordrhein-Westfalen fällt deutlich hinter die anderen Bundesländer zurück. Das kritisiere ich am Entwurf und mache dies an konkreten Beispielen fest:
In § 11 wird das Arbeitsentgelt für Untersuchungsgefangene geregelt. Das Arbeitsentgelt soll nach dem NRW-Entwurf 5 % der Bezugsgröße nach SGB IV betragen. Schauen wir zum Ländervergleich in andere Gesetze: Brandenburg und Berlin gleichen das Arbeitsentgelt der Untersuchungsgefangenen mit 9 % an das der Strafgefangenen an. Hier sollte doch gleicher Lohn für gleiche Arbeit gezahlt werden. Das macht Nordrhein-Westfalen nicht.
Zweiter Punkt: Taschengeldregelung. Auch hier sind andere Gesetze weiter. Wiederum ein Blick nach Brandenburg und Berlin: Dort gibt es eine Taschengeldregelung für bedürftige Untersuchungsgefangene, denen keine Verdienstmöglichkeit angeboten werden kann. In NRW fehlt eine solche Regelung.
Ein weiterer Punkt ist die Einzelunterbringung. Wenn nicht wir in Nordrhein-Westfalen, wer sonst muss wissen, wie wichtig es ist, das Recht auf Einzelunterbringung im konkreten Knastalltag umzusetzen? Wir haben damit doch genug Probleme gehabt. Aber was macht Nordrhein-Westfalen? – Grundsätzlich gilt die Einzelunterbringung. Dann taucht diese kryptische Formulierung „gemeinsame Unterbringung unter besonderen Umständen zulässig“ auf. – Mehr Wischiwaschi geht an der Stelle nicht. Was bedeutet das?
Berlin und Brandenburg machen diesen Sondercharakter ganz klar und sprechen von „Gefahr für Leib und Leben“. Sie machen die sonstigen Dinge ganz eng, indem sie von „ausnahmsweise“ sprechen. So wird das an die „Gefahr für Leib und Leben“ und „Hilfebedürftigkeit“ gekoppelt, aber daneben werden die Räume für die Gemeinschaftsunterbringung sehr viel enger gemacht.
Nacktuntersuchungen sind auch so ein Punkt. Es geht um die allgemeine Anordnung der Anstaltsleitung für Nacktuntersuchungen. Das Bundesverfassungsgericht hat in einem Fall in seiner aktuellen Rechtsprechung noch vor Kurzem ganz klar ausgeführt, dass Nacktuntersuchungen nur zur Abwehr von Gefahren oder zur Erhaltung oder Wiederherstellung der Anstaltsordnung und nach eingehender Prüfung der Verhältnismäßigkeit möglich sind. Der Eingriff in die Persönlichkeitsrechte ist auch an der Stelle sehr eng gefasst worden. Aber NordrheinWestfalen scheint das nicht zu interessieren. Mit der
Möglichkeit der allgemeinen Anordnung durch die Anstaltsleitung wird ein sehr weit gefasster Begriff ins Gesetz geschrieben.
Anders als beim Jugendstrafvollzugsgesetz stehen wir, Frau Ministerin, beim Untersuchungshaftgesetz im Ländervergleich nicht an erster Stelle. Das will ich ganz bewusst sagen.
Offenbar ist der Schock von Siegburg aus den Köpfen der Leute verschwunden. Es kann aber nicht angehen, dass wir unsere Standards danach setzen, wie viele Skandale wir gerade im Knast haben.
Vielen Dank, Frau Kollegin Düker. – Für die SPD-Fraktion meldet sich jetzt Herr Kollege Stotko zu Wort.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bevor Edgar Moron sagt, wir sollten uns noch mehr beeilen, will ich es kurz machen. – Es ist schön, wenn man nicht als Erster redet.
Frau Ministerin, Sie haben gesagt, die Unschuldsvermutung ziehe sich wie ein roter Faden durch Ihren Gesetzentwurf. Das sehe ich nicht so. Ich greife nur eine Regelung heraus: die Anordnung von Arrest von bis zu vier Wochen gegenüber UHäftlingen ohne richterlichen Beschluss. Sie können nicht ernsthaft behaupten, hier gelte noch eine Unschuldsvermutung. Das ist nicht der Fall.
Herr Kollege Giebels, Frau Ministerin MüllerPiepenkötter hat gesagt, die Besuchszeiten seien ja verdoppelt worden. Sie selbst haben am 16. November 2007 im Plenum ausgeführt – ich will Sie gern zitieren –, verbesserte Besuchsmöglichkeiten seien eine wichtige Maßnahme zur Gewaltprävention im Strafvollzug. – Können Sie mir dann erklären, warum zwölf andere Länder vier Stunden gewähren und Sie nur zwei? – Nein, können Sie mir nicht erklären; das habe ich mir schon gedacht.
Kollege Orth, der es dankenswerterweise auch kurz gemacht hat, hat ausgeführt, das Gesetz schütze die Persönlichkeitsrechte. Schauen wir einmal in § 34 des Gesetzentwurfs, in dem es unter anderem um die Videoüberwachung von Untersuchungshäftlingen geht. Ihr Minister hat ja schon gemeinsam mit Herrn Laumann der Videoüberwachung in der Psychiatrie zugestimmt. Das scheint jetzt in Bezug auf
Letzter Punkt: Ich habe einen Fehler gemacht; ich gebe es zu. Ich habe das Geld verbraucht und die heutige Pressemitteilung des Kollegen Giebels ausgedruckt. Sowohl die Tinte als auch das Papier waren es nicht wert; denn was Sie darin schreiben, Herr Kollege Giebels, ist Volksverdummung.
Sie schreiben, die SPD habe das Problem der Gefängnisse nicht in den Griff bekommen; alle unsere Gefängnisse seien vor Mitte der 70er-Jahre gebaut worden.
So haben Sie geschrieben. Soll ich Ihnen helfen? JVA Aachen: Neubau; Hunderte von Plätzen. JVA Gelsenkirchen: Neubau; Sondervolumen 1999; insgesamt 600 Haftplätze. Wir haben binnen fünf Jahren über 1.000 Haftplätze geschaffen. Sie haben in vier Jahren 140 geschafft. Ihre Bilanz ist wirklich beeindruckend.
Damit kommen wir zur Abstimmung. Der Ältestenrat hat empfohlen, den Gesetzentwurf Drucksache 14/8631 an den Rechtsausschuss zu überweisen. Wer ist für die Überweisung? – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich? – Damit einstimmig so überwiesen.
Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Innovation, Wissenschaft, Forschung und Technologie Drucksache 14/8717
Ich weise darauf hin, dass der genannte Antrag gemäß § 79 Abs. 2 Buchstabe b der Geschäftsordnung vom Plenum an den Ausschuss für Innovation, Wissenschaft, Forschung und Technologie überwiesen wurde mit der Maßgabe, dass eine Beratung und Abstimmung erst nach Vorlage einer Beschlussempfehlung erfolgt. Diese Beschlussempfehlung und der Bericht des Ausschusses liegen nunmehr in der genannten Drucksache vor.
Ich eröffne die Beratungen und erteile für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Frau Kollegin Dr. Seidl das Wort.