Ich glaube, die Frage des sozialen Europas ist ein zentraler Punkt, der auch zu den negativen Entscheidung in den Referenden in den Ländern geführt hat und den wir gemeinsam beklagen. Das ist etwas, was wir voranbringen müssen. Dann steht auch in unserem Land die Frage des Mindestlohns auf der Agenda. Da müssen Sie sich auch bewegen und können nicht einfach sagen, Sie gingen auf diese Fragen nicht ein.
Wir Grüne sprechen gerne sehr positiv über Europa. Wir werben sehr für eine Europäische Union, die Klima und Umwelt schützt und für eine sichere Energieversorgung sorgt, für eine Europäische Union, die zu sicheren Arbeitsplätzen und sozialer Gerechtigkeit für Frauen und Männer beiträgt, die einen Grünen New Deal, der Finanz-, Klima- und Armutskrise mit einem ökologischen und sozialen Umbau der Industriegesellschaft beantwortet, eine Europäische Union, die ihrer internationalen Verantwortung gerecht wird, eine Europäische Union, die konsequent Leben von Flüchtlingen rettet und Wege legaler Zuwanderung schafft, eine Europäische Union, die sich um den Schutz der Bürgerrechte und Daten kümmert, eine Europäische Union, die die Rechte der Verbraucherinnen und Verbraucher stärkt und eine Europäische Union, die wirklich demokratisch, transparent und bürgernah ist.
Diese Punkte stehen im Kontext der Europawahl auf der politischen Agenda. Darüber sollten wir auch streiten, weil politischer Streit – das hat Herr von Alemann auf einer Ihrer Veranstaltungen gesagt – zu Berichterstattung über Auseinandersetzungen führt. Die Menschen merken: Aha, da geht es um etwas; da ist etwas für die Zukunft der Gesellschaft wichtig. – Deswegen müssen wir gemeinsam dazu beitragen, dass die Europawahl in der politischen Auseinandersetzung den Stellenwert bekommt, den sie verdient. Dass das ein hoher Stellenwert ist, habe ich für uns deutlich gemacht.
Wir beteiligen uns gerne an den weiteren Diskussionen, um eine gemeinsame Position des Landtags zu erreichen. – Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Frau Kollegin Löhrmann. – Für die Landesregierung hat Herr Minister Krautscheid das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich teile die von allen Vorrednern vorgetragene Besorgnis, dass auf dem Weg zur Europawahl noch eine Menge Arbeit auf uns wartet, um diesen Wahltermin zunächst einmal bekannt und bewusst zu machen. Es findet eine Menge an Aktivitäten statt, aber wir sind uns bewusst: Die klassischen Elemente eines Wahlkampfs fehlen weitgehend, etwa bekannte Köpfe als Spitzenkandidaten. Die undurchschaubaren Zuständigkeiten, die bekannten Demokratiedefizite, das eine oder andere bestehende Fragezeichen hinsichtlich der Unterschiedlichkeit von Programmen, all das macht Wahlkampf und Werben für Europa schwer.
Ich freue mich sehr, dass das Logo mit dem Knoten im Taschentuch, das wir in Auftrag gegeben haben, mittlerweile auch von vielen Abgeordneten genutzt wird. Es ist ausdrücklich freigegeben. Manche Institutionen nutzen es schon und klicken es an ihre EMails.
Wir sind dankbar für all diejenigen, die bei dem Tag „Europa in der Schule“ aktiv gewesen sind. Das waren viele aus dem Kabinett, aus dem Landtag, Mitarbeiter der EU-Kommission.
Wir freuen uns auch darüber, dass wir übermorgen 22 neue Europaschulen zertifizieren können. Damit sind es insgesamt 81 in Nordrhein-Westfalen. Wer einmal an einer solchen Schule gewesen ist, spürt, dass da wirklich europäischer Geist und europäische Begeisterung vorhanden sind.
Wir werden in den nächsten Tagen einen neuen Internetauftritt unseres Hauses online schalten. Wir werden in Chats mit Schulen gehen.
Aber wir sind uns auch allesamt einig: All das wird die breite Begeisterung und das große Verständnis für Europa noch nicht bewirken.
Ich glaube aber, es ist keine schlechte Zeit, um für Europa zu werben. Denn die Menschen in unserem Land spüren sehr genau, dass die Fragen, die im Moment die deutsche Politik ganz besonders bewegen und herausfordern, nur mit einem starken Europa überhaupt zu lösen sind.
Wir sehen es bei der Frage der Regulierung der Finanzmärkte. Hier ist eine europäische Position gefragt.
Wir können heute Morgen in einem gemeinsamen Beitrag von Jan Peter Balkenende und Angela Merkel in der „FAZ“ nachlesen, wie sich Europa auf den G-20-Gipfel vorbereitet.
Egal, ob es nun die Terrorismusbekämpfung, die internationale Sicherheitskooperation oder die Fragen des Klimawandels betrifft – die Menschen spüren, hierfür brauchen wir ein starkes Europa. Den einen oder anderen Skeptiker beschleicht auch die Ahnung, was wohl in diesen Zeiten passiert wäre, wenn wir den Euro nicht hätten.
Meine Damen und Herren, es ist in diesen Tagen relativ einfach, den Menschen klarzumachen, warum wir in Nordrhein-Westfalen ein starkes Europa brauchen. Wir können auch erklären – nachdem einige Jahre besonders die Erweiterung der Europäischen Union im Vordergrund gestanden hat –, dass wir jetzt über eine Vertiefung, eine Effizienzsteigerung reden. Das ist für Glaubwürdigkeit und Leistungsfähigkeit der Europäischen Union ungemein wichtig. Deswegen ist für uns alle – und wir haben hier einen großen Konsens – die Umsetzung des Vertrages von Lissabon von so großer Bedeutung, weil wir uns davon eine deutlich attraktivere Europäische Union versprechen.
Also: Auf dem Weg bis zur Wahl haben wir gute Chancen, Europa und die Notwendigkeit von Europa zu erklären.
Ich will zum Abschluss noch eine Bemerkung machen: Vor einigen Tagen habe ich in der „Rheinischen Post“ ein Interview über Europa mit jemandem, der Verantwortung in einem großen deutschen Bundesland getragen hat und sich jetzt in Brüssel besonders der Bürokratiebekämpfung widmet, gelesen. In diesem Interview kam das Zitat vor: Europa war immer eine Kopfgeburt und es wird auch immer so bleiben. – Das hat mich doch sehr geärgert. Ich persönlich empfinde es nicht so.
Für viele Politiker in Nordrhein-Westfalen, auch für die, die vor uns in den letzten 50 Jahren Politik gemacht haben, war Europa immer eine Herzensangelegenheit. Es wird so bleiben, und deswegen freue ich mich, dass wir vielleicht einen gemeinsamen Antrag im Hauptausschuss hinbekommen. Ich will mich auch gerne daran beteiligen, denn wir brauchen ein starkes Signal für mehr Europa. Das liegt im Interesse Nordrhein-Westfalens.
Herzlichen Dank, Minister Krautscheid. – Es liegen keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Ich schließe damit die Beratung.
Wir kommen zur Abstimmung. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Antrages Drucksache 14/8553 an den Hauptausschuss. Die abschließende Beratung und Abstimmung wird im Hauptausschuss in öffentlicher Sitzung erfolgen. Ist jemand dagegen? – Enthält sich jemand? – Der Rest ist dafür. Dann haben wir das einstimmig so angenommen.
5 Das Gesetz zur Verbesserung des Nichtraucherschutzes in Nordrhein-Westfalen überarbeiten – Wirksamen Schutz vor Passivrauchern im öffentlichen Raum umsetzen!
Ich eröffne die Beratung und erteile für die antragstellende Fraktion Frau Kollegin Steffens das Wort. Bitte schön.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Als wir den Antrag gestellt haben, hatten wir noch Hoffnung, dass diese Landesregierung, bezogen auf den Nichtraucherschutz, noch zur Besinnung kommt. Nach der Presseberichterstattung, die wir zurzeit wahrnehmen können, zweifle ich im Moment aber doch daran. NordrheinWestfalen hat schon jetzt mit dem Gesetz, das zum 1. Januar 2008 in Kraft trat, wohl mit das löchrigste Nichtraucherschutzgesetz bundesweit. Es ist ein Gesetz, das voll von Ausnahmen, Sonderregelungen, Hinterzimmerlösungen ist. Man hätte im Grunde genommen eigentlich gar kein Gesetz machen müssen, weil dieses Gesetz überhaupt nicht schützt.
Der allergrößte Auswuchs dieses Gesetzes ist die Lösung über Raucherclubs. Denn mittlerweile finden sich fast flächendeckend in allen Kommunen Bäckereien und Stehcafés, Gaststätten und Imbissbuden, die zu Raucherclubs erklärt worden sind. Ich habe in den letzten Wochen dazu aufgerufen, mir Beispiele mitzuteilen. Es gibt flächendeckend entsprechende Beispiele. Das, was wirklich toppt, sind die Stehcafés, wo früher die Kinder auf dem Weg zur Schule ihre Brötchen geholt haben und heute keine belegten Brötchen mehr kaufen dürfen, weil es ein Raucherclub ist und sie als Minderjährige dort keinen Zugang haben und nichts mehr kaufen oder verzehren dürfen.
strömung der Vernunft in dieser Koalition Einzug halten. Herr Laumann hat vielfach erklärt: Das mit den Raucherclubs mache ich so nicht mit, das kann so nicht sein. – Und auch der Kollege Henke, der als Mediziner schon über notwendigen Nichtraucherschutz geredet hat und heute hier nicht anwesend ist – wahrscheinlich wegen der Debatte –, hat oft gesagt: Wir brauchen mehr Nichtraucherschutz.
Aber das, was jetzt in der Diskussion ist, was wir jetzt öffentlich gehört haben und was im Kabinett diskutiert worden ist, ist kein Nichtraucherschutz.
Es ist das Gegenteil davon. Es ist das nochmalige Festschreiben von Ausnahmen. Die Raucherclubs soll es weiter geben. Ich habe einen netten Spruch gehört. Minister Laumann habe geäußert, es sei alles gar kein Problem. Nur 14 % aller Kneipen seien Raucherclubs; das sei überhaupt nicht dramatisch.
Wenn man sich dann aber einzelne Beispiele anschaut, sieht man etwas anderes. Bei Kontrollen in Wuppertaler Kneipen sind in nahezu jeder Gastwirtschaft Verstöße gegen das Rauchverbot entdeckt worden, Herr Minister Laumann. Von 20 geprüften Gaststätten waren es 18, in denen gegen das Rauchverbot verstoßen worden ist. Auch die Zahl der Raucherclubs lautet in kommunalen Stichproben anders als 14 %, als die 14 %, die Sie jetzt als Argument auf die Frage nennen, warum Sie dann doch der FDP nachgeben und weiterhin Raucherclubs zulassen.
Wir appellieren noch einmal klar und deutlich an Sie: Wir brauchen ein wirklich vollständiges Rauchverbot, eines ohne Wenn und Aber, damit die Leute, die Essen gehen wollen, die Leute, die rauchfreie Gastronomie aufsuchen wollen, das auch wirklich können. Wir wollen, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Gastronomie geschützt werden, und wir wollen, dass es hier eine klare Regelung und nicht Tausende von Schlupflöchern gibt.
Zu dem, was Sie jetzt als Gesetz diskutieren, kann man nur sagen: Machen Sie lieber gar kein Gesetz. Dann haben alle Menschen Klarheit, dass sie sich selbst überlassen sind und sich um sich selbst kümmern müssen. Dieses Gesetz hat es nicht verdient, Nichtraucherschutzgesetz genannt zu werden.
Von daher, Herr Minister Laumann: Ihr damaliger Staatssekretär hat das Amt niedergelegt und Ihnen das Gesetz vor die Füße geworfen. Er hat erklärt: Eine solche Gesetzgebung mache ich nicht mit. Ich mache es nicht mit, dass in diesem Land Gesundheitsschutz nicht auf der Agenda steht, dass er ganz klein geschrieben wird.
Ich würde mir wünschen, dass Sie sich nicht von der FDP am Nasenring durch die Arena führen lassen, sondern dass Sie das „Gesundheit“ in Ihrem
Ministertitel ernst nehmen. Legen Sie entweder ein richtiges Gesetz vor, oder streichen Sie andernfalls das „Gesundheit“ im Namen Ihres Ministeriums; denn das, was Sie hier machen, nützt den Menschen überhaupt nichts, es ist nur krankheitsfördernd.
Vielen Dank, Frau Kollegin Steffens. – Jetzt hat für die CDU-Fraktion Herr Abgeordneter Kleff das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich mit einer nicht ganz bitter ernst zu nehmenden Feststellung beginnen: Das ab 1. Januar 2008 in Kraft befindliche Nichtraucherschutzgesetz hat vor mancher Tür im Freien zu vorher nicht geahnten Freundschaften und Begegnungen geführt. Die Toleranz zwischen Rauchern und Nichtrauchern hat sich deutlich erhöht. Ich meine, die zwischenmenschlichen Beziehungen sind einfach besser geworden.
Sehr geehrte Damen und Herren, ich rufe noch einmal in Erinnerung: Das Bundesverfassungsgericht hat am 30. Juli 2008 einer Klage von Wirten, die Einraumkneipen bewirtschaften, stattgegeben. 14 von 16 Bundesländern waren von dem Urteil betroffen. Nach diesem Urteilsspruch hat der Landtag zwei Möglichkeiten: erstens, ein absolutes Rauchverbot festzulegen,