Protocol of the Session on January 28, 2009

Hier geht es weiter mit dem

Einzelplan 02 Ministerpräsident

Er umfasst die Teilbereiche Staatskanzlei und Europa-Angelegenheiten, Kultur und Medien.

Ich eröffne die Beratungen und weise darauf hin, dass es hierzu eine Beschlussempfehlung und ei

nen Bericht Drucksache 14/8002 gibt. Weiterhin gibt es Änderungsanträge der Fraktion der SPD und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Wir kommen nun zum

Teilbereich Staatskanzlei und Europa-Angelegenheiten

Ich eröffne hierzu die Beratung und erteile für die SPD-Fraktion Herrn Abgeordneten Kuschke das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte zu zwei Bereichen etwas sagen. Erstens möchte ich etwas zu einigen Haushaltsansätzen ausführen und zweitens einige europapolitische Schwerpunkte aus unserer Sicht nennen.

Zum ersten Bereich: Ich denke schon, dass die Landesregierung gut beraten ist, zu prüfen, ob vor dem Hintergrund der gegenwärtigen Haushalts- und Finanzentwicklung noch vertreten werden kann, bei der Amtsführung des Ministerpräsidenten solche Positionen zu haben, wie wir sie im Haushaltsentwurf vorfinden.

Zum Beispiel sind für wissenschaftliche Beratung und Zukunftskommission 2,25 Millionen € vorgesehen. Wir haben ein hohes Interesse zu erfahren, was diese Zukunftskommission, von der man hin und wieder in Schlagzeilen etwas hören kann, eigentlich macht. Welchen Stellenwert hat die Petersberger Convention mit einem vorgelagerten Galadiner in diesem Zusammenhang? Ob das in diese Zeit passt und was das für das Land NordrheinWestfalen und für die Menschen bringt – auf diese drängende Frage benötigen wir dringend eine Antwort.

Wir haben eine Reihe von Änderungsanträgen gestellt, die deutlich machen, was wir von diesen Titelansätzen halten. Die Grünen haben das ähnlich getan. Wir haben im Augenblick keine große Hoffnung, dass Sie diesen Änderungsanträgen zustimmen werden, aber wir lassen uns überraschen.

Zum zweiten Bereich: Bei der Europapolitik, Herr Minister Krautscheid, möchte ich mich für die konstruktive Zusammenarbeit bei der Summe für die Europa-Union und für die Europäische Bewegung bedanken. Ich finde, dass das ein gutes Signal für eine überparteiliche Organisation ist, die in diesem Bereich gute und notwendige Arbeit gerade im Jahr 2009 leistet.

Bei den europapolitischen Ansätzen gibt es eine Verschiebung zugunsten von Benelux. Dagegen ist von der Sache her nichts einzuwenden. Ob auszuhalten ist, dass im Gegenzug Ansätze für die restliche Auslandsarbeit verloren gehen, muss sicherlich noch geklärt werden.

Ein dritter Aspekt, der einen sehr ernsthaften Hintergrund hat, ist der Komplex von Maßnahmen der politischen Bildung, der bei uns beraten worden ist, insbesondere zum Bereich der Gedenkstätten. Meine Damen und Herren, wir tun gut daran, gerade am Tag nach dem Gedenktag und nach der beeindruckenden Veranstaltung des Bundestages darüber nachzudenken, ob wir eigentlich Ausreichendes tun und ob wir nicht etwas an Erbe und Verantwortung in Bezug auf die Gedenkstätten aufgeben, das ein Bestandteil politischer Bildung in der Vergangenheit war und zukünftig sein wird. Vielleicht bedauern wir einmal, dass wir das getan haben.

Wir brauchen zusätzliche Mittel in einer Größenordnung von etwa 180.000 €, um auf 300.000 € für eine dringende museologische Überarbeitung der Ausstellung zu kommen und die Zusammenarbeit zwischen Schulen und nordrhein-westfälischen Gedenkstätten auf den Weg zu bringen.

Meine ganz herzliche Bitte an die Kolleginnen und Kollegen aus den Fraktionen, die Verantwortung in diesem Bereich tragen, lautet: Lassen Sie uns die Zeit zwischen zweiter und dritter Lesung nutzen, um zu prüfen, ob wir nicht durch gemeinsame Kraftanstrengungen zu diesem Betrag kommen. Ich glaube, das wäre des Schweißes der Edlen wert.

Nun zur zweiten Abteilung, Europapolitik. Wir meinen, dass unter den denkbaren Schwerpunkten, die man sich dort vorstellen kann, vier an herausragender Stelle genannt werden müssen.

Erstens, die Europafähigkeit des Landes NordrheinWestfalen, sprich: die Europafähigkeit der Landesregierung, des Landtags, aber auch der Kommunen, die dort mit einbezogen werden müssen. Wir haben ja in der Bundesrepublik Deutschland ein Mehrebenensystem politischer Verantwortung, was nicht so ganz einfach ist. Wir haben es gewollt, auch mit der Föderalismusreform I noch einmal dafür gesorgt, dass die Länder in den Bereichen Bildung, Medien und Kultur besondere Zuständigkeiten haben. Allerdings müssen wir natürlich verhindern, dass wir in Brüssel und Straßburg als diejenigen angesehen werden, die in diesen Bereichen nicht mit einem Mann oder einer Frau, sondern mit 16 auftreten. Das muss gebündelt werden.

Ich kann hier aus Zeitgründen nicht alle die Dinge nennen, die notwendig sind, aber ich will einen Aspekt herausgreifen: Wir meinen schon, dass wir ein besonderes Konsultationsrecht der Kommunen – wahrgenommen über die kommunalen Spitzenverbände oder wie auch immer – brauchen, wenn wir den Anspruch „Stärkung des kommunalen Selbstverwaltungsrechts“ ernst nehmen.

Darüber hinaus – das wird hoffentlich in den Sitzungen des Hauptausschusses in den nächsten Wochen auf der Tagesordnung stehen – müssen wir endlich bei den Rechten des Parlamentes im Zusammenhang mit Europapolitik und Europagestal

tung weiterkommen, sprich konkret: Parlaments- und Informationsrechte, das, was wir als Diskussionsgrundlage für eine Änderung der Art. 45 a und b der Landesverfassung vorgelegt haben. Das muss nicht im Wortlaut so sein, wie wir es vorgeschlagen haben; es gibt auch andere Regelungen. Wir brauchen aber dringend eine Vereinbarung zwischen Landesregierung und Landtag als einen wichtigen Bestandteil der Europafähigkeit.

Zweitens, die grenzüberschreitende Zusammenarbeit. Hier klares Signal: Ja, wir sind bereit, gemeinsam mit Ihnen, Herr Minister Krautscheid, und anderen Kolleginnen und Kollegen auf der Basis des jetzt mit der Neufassung des Beneluxstaatsvertrags Erreichten zu arbeiten. Da brauchen wir kein Wort mehr über die Vergangenheit zu verlieren, die ja etwas verschlungen gewesen ist – das würden Sie ja wahrscheinlich ehrlicherweise auch einräumen –, sondern wir konzentrieren uns auf diesen Punkt.

Wir glauben allerdings, dass wir neben dem, was sozusagen zu dem Traditionellen, zu dem Handwerklichen der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit gehört, dringend darauf angewiesen sind, einen Durchbruch zu erzielen, ein Symbol zu haben, was verwirklicht werden kann.

Bei dem Besuch der Zweiten Kammer in Den Haag vor wenigen Tagen mit einer Delegation des Hauptausschusses ist von den Kolleginnen und Kollegen aus den Niederlanden klar gesagt worden, dass dies für sie eindeutig der Eiserne Rhein sei; das ist der Eiserne Rhein mit einer- in Richtung der Verkehrspolitiker unter uns gedacht – jahrzehntelangen Vorgeschichte. Mein Gefühl bei dem Besuch in den Niederlanden war – ich glaube aber nicht, dass das nur mein Gefühl war –, wir sind von einer Lösung weiter entfernt, als wir vor wenigen Monaten noch dachten.

(Christof Rasche [FDP] schüttelt den Kopf.)

Herr Kollege, wenn es anders sein sollte, würden wir uns darüber freuen. Aber wir müssen an dieser Stelle weiterkommen.

Drittens. Ja, auch wir als Land Nordrhein-Westfalen, als ein Bundesland sind gehalten, darüber nachzudenken, welchen Beitrag wir zur Gestaltung eines sozialen Europas leisten können. Wir können die Menschen auf dem Weg nach Europa nur mitnehmen, wenn wir ihnen klarmachen: Es kommt nicht immer nur Schlechtes aus Brüssel, da geht es nicht nur um Richtlinien, um Kleinteiliges, sondern es geht ganz konkret darum, wie euer Leben gestaltet wird, wie euer Leben besser wird, also Stichwort Daseinsvorsorge, eine Änderung des Prinzips „Privat vor Staat“, wie es von einigen wahrgenommen wird. Wir wollen keine Umkehrung, aber wir wollen, dass die Kommunen einen gewichtigen Part auf dem Feld der Daseinsvorsorge spielen.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Viertens. Ein Bereich, über den wir als Parlament – jedenfalls in dieser Legislaturperiode – erst anfangen müssen zu diskutieren, ist die zukünftige Kohäsionspolitik. Die jetzige Förderperiode läuft noch bis 2014, sodass viele denken könnten, 2014 wäre noch weit weg. Im europäischen Maßstab ist das leider keine sehr lange Zeit. Wir müssen darüber nachdenken, welches Interesse wir als Land Nordrhein-Westfalen an einer Fortsetzung der Kohäsionspolitik haben und wie diese Kohäsionspolitik aussehen soll.

Hier empfiehlt sich manchmal ein Blick in die Geschichte. Insofern möchte ich Jacques Delors zitieren, der 1989 ausgeführt hat:

Die Kräfte des Marktes sind sehr mächtig. Wenn wir die Dinge dem Selbstlauf überließen, würde sich die Industrie im Norden konzentrieren und die Freizeitbranche im Süden. Aber die Kräfte des Marktes, so mächtig sie auch sein mögen, weisen nicht immer in die gleiche Richtung. Durch bürgerschaftliches Engagement und politisches Handeln wollen wir für territoriale Ausgewogenheit sorgen.

Das war damals weitsichtig und gilt heute immer noch, insbesondere wenn wir daran denken, dass wir im Lissaboner Reformvertrag ein neues politisches Ziel der Europäischen Union eingeführt haben, nämlich den territorialen Zusammenhalt, der weitaus stärker als in der Vergangenheit darauf abstellt, dass für die EU-Bürgerinnen und -Bürger gleiche Chancen auf Lebensqualität gelten sollen, insbesondere auf den Sektoren Infrastruktur, Bildung und grundlegende Dienstleistungen.

Meine Damen und Herren, insbesondere an die Landesregierung gerichtet – das ist natürlich eine Aufgabe, die von Frau Thoben wahrzunehmen wäre –: Was müssen wir als unseren Standpunkt in dieser Frage definieren, um dort mithalten zu können, und zwar gegenüber der Bundesregierung und natürlich gegenüber dem Europäischen Parlament und der Europäischen Kommission insgesamt?

Wir würden uns freuen, wenn wir über die Diskussion von einzelnen Positionen des Haushalts hinaus in den kommenden Monaten, möglicherweise auch in der Zuspitzung zu den Europaparlamentswahlen, eine Diskussion über diese Schwerpunkte führen könnten. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Kuschke. – Für die CDU-Fraktion hat jetzt Frau Kollegin von Boeselager das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollege! Insgesamt steigen die Gesamtausgaben des Einzelplans 02 von rund

287 Millionen € um mehr als 15 Millionen € auf fast 303 Millionen €. Das liegt im Wesentlichen an unserer Kulturförderung, die wir auch im Jahre 2009 ganz entschlossen anpacken. Dazu wird aber gleich der Kollege noch etwas sagen.

Die Ausgaben im Kapitel des Ministerpräsidenten, in Kapitel 02 010, steigen um 4 % auf rund 38,9 Millionen €, die Ausgaben in Kapitel 02 030 – Europa- und internationale Angelegenheiten – um etwa 1,2 % auf 3.533.000 €.

Zudem wird das Personalkarussell, also das Personalsoll, des gesamten Einzelplans um 34 Stellen auf 623 Stellen reduziert. Die Verwaltung wird, so wie wir das auch beschlossen haben, verschlankt.

Wir wollen, dass der Ministerpräsident in Zukunft die entsprechenden Voraussetzungen hat, um dieses Land adäquat zu vertreten. Die SPD hatte bei den Haushaltsberatungen im Ausschuss merkwürdigerweise massive Kürzungen bei den Ansätzen für wissenschaftliche Beratung und die Gewinnung von Planungs- und Entscheidungshilfen gefordert. Die darin enthaltenen Mittel für die Veröffentlichungen, Herr Kuschke, wollte man sogar komplett streichen.

Das können wir natürlich nicht so sehen und stimmen dem auch nicht zu. Für uns ist es ganz wichtig, dass entsprechende Mittel gerade auch für eine wissenschaftliche Begleitung und Koordinierung bei der Umsetzung der Föderalismusreform I vorhanden sind.

Wir wollen durch ausreichende Beratung und durch sachverständige Institute unser Wissen auch noch vertiefen. In diesen bewegten Zeiten, Kolleginnen und Kollegen, brauchen wir alle einen Kompass, um den richtigen Weg für die Zukunft zu finden. Deshalb begrüßen wir es auch, dass unser Ministerpräsident Dr. Jürgen Rüttgers eine breite, wissenschaftlich fundierte und öffentlich geführte Diskussion über die Zukunft des Landes fördert.

Ausdruck dieser Diskussion ist die Arbeit der Zukunftskommission NRW. Diese ist mit hervorragenden Persönlichkeiten aus allen Bereichen des politischen, ökonomischen und gesellschaftlichen Lebens besetzt und wird mit den Mitteln finanziert, die Sie, Herr Kuschke, und die Kollegen von der Opposition zusammenstreichen wollten. Wir sind aber nicht bösartig und wollen das hier auch gar nicht zu sehr politisch interpretieren, sondern wir wollen ganz gezielt unseren Weg in die Zukunft gehen. Im Interesse unserer Bürgerinnen und Bürger soll dies gestaltet werden.

Gleiches gilt hinsichtlich der Mittel für die Repräsentationsverpflichtungen der Landesregierung, Kapitel 02 010, Titel 541 10. Hier sind unverändert 1,5 Millionen € angesetzt. Auch das halten wir durchaus für maßvoll. Die Auslandsreisen tragen dazu bei, dass wir neue Arbeitsplätze für die Zukunft generieren und dass wir unsere Beziehungen international festigen. Das ist sehr wichtig.

Deshalb brauchen wir auch diesen Titel Europa- und internationale Angelegenheiten.

Die Vertiefung der Partnerschaft mit den Beneluxstaaten – Herr Kuschke, Sie haben gesagt, die Kritik sollten wir vergessen – ist uns wichtig. Wir wollen in Zukunft zusammenarbeiten. Sie sehen auch, dass es richtig ist, dass wir mit unserem Ministerpräsident diesen Weg beschreiten und uns als Region für die Zukunft formieren, als große Region, die natürlich durch die Zusammenarbeit – auch in Brüssel – nur gewinnen kann, wenn wir hier mit einer Stimme sprechen, ganz abgesehen vom wirtschaftlichen Austausch, vom kulturellen Austausch und, was noch viel wichtiger ist, vom Miteinander der Menschen.

Sie haben eben erwähnt, dass wir in Den Haag waren, und Sie haben gesehen, dass unser Besuch dort in der Zweiten Kammer sehr gut angenommen wurde und dass man sehr gerne auch in diesem Jahr zu uns ins Parlament kommt.

Wir konnten auch sehen, wie in den Niederlanden im Parlament gearbeitet wird. Das ist doch etwas anders, als es bei uns der Fall ist. Das war für uns alle sehr interessant.

Deshalb haben wir mit der Erhöhung der Mittel für die Maßnahmen zur Förderung der politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Beziehungen mit dem Benelux-Raum einen Schwerpunkt gesetzt.