Protocol of the Session on December 18, 2008

(Beifall von CDU und FDP)

Ich will diese Vereinbarung ganz bewusst einordnen, weil eben noch andere Säulen, wenn Sie so wollen, unserer internationalen Arbeit im Verhältnis zu europäischen Partnern angesprochen sind. Für uns ist es kein Ersatz, keine Kompensation und bedeutet auch kein Cent weniger, sondern eine dritte Säule neben unseren bilateralen Beziehungen zu unseren Nachbarstaaten und der Arbeit in den Euregios.

Zu den Euregios ist eben gesagt worden: Die kommen auch nicht so recht voran. – Wer das verfolgt – ich bin dort sehr regelmäßig unterwegs –, wer weiß, dass wir im Haushalt eine bessere Finanzausstattung vorgesehen haben, wer sich ein bisschen informiert hat und weiß, dass zwei große sogenannte majeure Projekte genehmigt und frei gegeben worden sind, nämlich zum Thema Mechatronics und zum Thema Tierseuchenbekämpfung, weiß sehr wohl, dass die Arbeit in den Euregios funktioniert und von uns nach Kräften unterstützt wird.

(Beifall von CDU und FDP)

Es ist hier richtig gesagt worden, dass der neue Beneluxvertrag auch für die drei Länder nicht selbstverständlich war. Es ist wichtig, dass man weiß, wie in den drei Ländern diskutiert worden ist. Die Frage, ob sie einen neuen Beneluxvertrag abschließen sollen, war durchaus umstritten. Der alte, 50 Jahre lang in Kraft gewesen, lief aus. Die Inhalte sind mittlerweile zu 99 % Standard in Europa. Die drei haben sich gefragt – und darüber hat es auch Debatten in den Parlamenten gegeben –: Wollen wir einen neuen Beneluxvertrag abschließen? Sie haben sich dann dazu entschlossen, das zu tun.

Deswegen haben wir in einer frühen Phase, vor eineinhalb Jahren, zum ersten Mal die Überlegung eingebracht, in irgendeiner Weise beteiligt zu sein. Denn eines ist klar: Benelux war immer europäische Avantgarde. Die haben Dinge immer früher, schneller, besser und tiefgehender gemacht als viele andere europäische Länder. Deshalb war es für Nordrhein-Westfalen mit seinen vielfältigen Verflechtungen ausgesprochen naheliegend, dort mitwirken zu wollen.

Es war relativ schnell klar – völkerrechtlich selbstverständlich –, dass wir nicht Mitglied werden können. Dies ist auch jedem in Berlin klar gewesen. Aber die Maxime meiner Politik war: Ich möchte bis an die völkerrechtlichen Maximalgrenzen dessen gehen, was ein Bundesland machen kann. Dieses haben wir mit dieser Vereinbarung getan. Dieses haben wir erreicht.

Deswegen bin ich stolz darauf – das sage ich ganz deutlich –, dass die drei Staaten und die fünf ausländischen Ministerpräsidenten, die die Petersberger Erklärung unterschrieben haben, darin wörtlich festhalten: Nordrhein-Westfalen ist für uns der natürliche Partner einer neuen Form der Zusammenarbeit zwischen Benelux- und Nachbarteilstaaten. Das ist eine wirklich zufriedenstellende Erklärung unserer Nachbarn, die uns mit Stolz erfüllen darf.

(Beifall von Ilka von Boeselager [CDU])

Wer sich ein bisschen damit beschäftigt – etwas intensiver, als es bei manch einem oberflächlichen Beitrag hier deutlich geworden ist –, der erkennt, dass in diesem Vertrag eben nicht die großen völkerrechtlichen Dinge beschrieben werden, sondern dass es um ganz konkrete Projekte geht. Und das ist das Wichtige an diesem Vertrag. Denn gerade bei unseren Freunden im niederländischen Parlament, in der Zweiten Kammer, ist darüber diskutiert worden: Wenn wir einen neuen Vertrag machen, muss es um eine sehr konkrete, bewusst kleinteilige, für die Bürgerinnen und Bürger besonders spürbare Arbeit gehen, die konkrete Fortschritte will.

Deswegen ist es auch eine Besonderheit, was die drei Vertragsstaaten mit Nordrhein-Westfalen vereinbart haben.

(Unruhe)

Bitte hören Sie zu; das ist nicht selbstverständlich.

Dieser Vertrag ist noch nicht in Kraft. Er muss durch sieben Parlamente, allein fünf in Belgien. Es wird also noch einige Zeit dauern. Gegenstand unserer politischen Vereinbarung aus der letzten Woche ist:

Wir, die Beneluxstaaten, wollen das offizielle Inkrafttreten dieses Vertrages nicht abwarten, bevor wir die Ausgestaltung mit Nordrhein-Westfalen beginnen. Deshalb gehört ihr ab Januar zu unseren Arbeitsgruppen, die diesen Vertrag umsetzen werden.

Das ist, finde ich, eine Qualität, die wir so noch nicht erlebt haben. Das ist ein starkes Signal unserer Partner, über das wir uns gefreut haben.

Also, ganz praktisch, ab Beginn nächsten Jahres werden nordrhein-westfälische Experten über ganz konkrete Themen mit unseren Beneluxfreunden zusammen beraten. Ich nenne sie: polizeiliche Zusammenarbeit, bessere Einbeziehung von Nordrhein-Westfalen an Übungen der drei Staaten, Krisenbewältigung – hier: wesentliche Einbeziehung etwa bei der Erstellung von Risikokatastern –, Feinstaubproblematik.

Meine Damen und Herren, wir tun uns in NordrheinWestfalen schwer genug, halbwegs einheitlich mit diesem Thema umzugehen. Das gleiche Thema haben wir ganz massiv in der Randstad. Wir haben es auch im Raum Antwerpen ganz massiv. Es liegt ausgesprochen nahe, da gemeinsame Dinge zu besprechen.

Beim Thema Landesentwicklungsplanung versuchen wir, eine engere Verzahnung mit der Arbeit von Benelux hinzubekommen. Ähnliches gilt für die Tierseuchenbekämpfung, Nahrungsmittelsicherheit und die Anerkennung von Schulabschlüssen.

All das sind Themen, mit denen die drei sich beschäftigen und bei denen wir eingeladen sind, uns zu beteiligen und zu Vereinbarungen zu kommen.

Ich glaube, das sind genau die bewusst kleinteiligen konkreten Projekte und Themen, die ein solcher Vertrag – spürbar für die Bürgerinnen und Bürger – herbeiführen muss. Das sind keine großspurigen Vereinbarungen auf Diplomatenebene, das ist konkrete Sacharbeit zum Wohle der Bürgerinnen und Bürger in Nordrhein-Westfalen.

(Beifall von Dietmar Brockes [FDP])

Deswegen werden wir uns ab Beginn des neuen Jahres in diesen Arbeitsgruppen beteiligen.

Ich will aber zum Abschluss das Ganze auch politisch bewerten. Ich glaube schon, dass eine solche gemeinsame Vertragsunterzeichnung und auch – ganz bewusst – die Anreise dieser Regierungschefs nach Nordrhein-Westfalen und das gemeinsame Treffen wichtig sind, um einen politischen Willen zum Ausdruck zu bringen.

Wir sind uns einig – das geht aus dieser Erklärung hervor –, dass wir in einer europäischen Region gemeinsam leben und arbeiten wollen und dass es unsere politische Pflicht ist, weit über alle Parteigrenzen hinweg diese gemeinsame Region in Nordwesteuropa weiter zusammenwachsen zu lassen. Das ist kein vorübergehender Zustand, sondern wir sind aufgefordert, diese Entwicklung zu stärken und die Vorteile für unsere Bürgerinnen und Bürger erheblich zu vergrößern.

Wir sind uns darin einig. Das hätten Sie auf dem Petersberg auch aus den Gesprächen und aus den politischen Erklärungen, wie sie etwa Jean-Claude Juncker im Vorfeld des Europäischen Rates abgegeben hat, sehr genau erfahren können.

Frau Löhrmann, deswegen sage ich – ich will Sie nicht dafür kritisieren, weil ich der gleichen Meinung bin –: Lassen Sie uns hier, bitte schön, nicht versuchen, europäische Regionen gegeneinander auszuspielen.

(Beifall von der CDU – Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Das haben Sie doch heute Morgen gemacht!)

Wer vor drei Wochen in Düsseldorf die Stimmung beim Besuch unserer Freunde aus Schlesien miterlebt hat, wer diese Gespräche verfolgt hat und weiß, dass wir eine neue Vereinbarung geschlossen haben, der kann keinen Unterschied sehen, wenn gefragt wird: Was ist euch lieber, Benelux, Schlesien, Polen oder andere Regionen Europas?

(Zuruf von Sylvia Löhrmann [GRÜNE])

Wir wissen, dass wir zusammen mit den Beneluxstaaten dafür verantwortlich sind, die europäische Einigung und Vertiefung weiter voranzutreiben. Das wollen wir mit vielen Partnern zusammen erreichen.

Ich will zum Abschluss sehr deutlich machen – nach eineinhalb Jahren Arbeit ist ein solcher Vertragsabschluss schon eine gewisse Zäsur –, dass wir unseren Partnern in den Beneluxstaaten insgesamt danken.

Ich will den Generalsekretär der Benelux-Union, den Kollegen van Laarhoven, der uns ausgesprochen hilfreich zur Seite gestanden hat, besonders erwähnen. Wir bedanken uns bei allen ausländischen Partnern, die das Zustandekommen dieses Vertrags ermöglicht haben. Ich bedanke mich auch ausdrücklich bei meinem Team in der Staatskanzlei, das mehr als anderthalb Jahre lang viele Gespräche in Brüssel, Luxemburg und Den Haag geführt hat, um zu diesem Ergebnis zu kommen.

Wir freuen uns über diesen Schritt. Wir sind ein bisschen stolz darauf, aber wir sehen es auch als Ansporn und als Motivation, jetzt die konkreten Projekte voranzutreiben. Deswegen ist dieser Vertrag – und damit auch der Antrag, der von CDU und FDP heute im Parlament gestellt worden ist – ein gutes,

ein starkes Signal für Nordrhein-Westfalen in Europa.

(Beifall von CDU und FDP)

Danke schön, Herr Minister. – Herr Kuschke von der SPD-Fraktion hat nun das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich habe mich noch einmal zu Wort gemeldet, weil ich den Versuch unternehmen will, in einigen Punkten doch so etwas wie Übereinstimmung festzustellen.

Erster Punkt. Der Kollege Töns und wir haben immer anerkannt, dass wir in der Zusammenarbeit mit den Beneluxstaaten eine Tradition haben.

Herr Minister, bei dieser Gelegenheit will ich auch gerne sagen, dass wir Sie zu denjenigen zählen, die sich in dieser Tradition bewegen.

Frau Kollegin von Boeselager, von Ihnen kann man das nicht uneingeschränkt behaupten. Der Kollege Töns hat nämlich – vielleicht verständigen wir uns darauf, dass es das letzte Mal war, aber er musste es noch einmal sagen – darauf hingewiesen, dass das Ganze maßgeblich auf Betreiben der CDUFraktion vor zweieinhalb Jahren auf eine Ebene geschoben worden ist, die sich als unrealistisch erwiesen hat.

(Vorsitz: Vizepräsident Edgar Moron)

Sie haben wirklich den Eindruck erweckt, als würde Nordrhein-Westfalen als voll gültiger Partner dem neuen Benelux-Staatsvertrag beitreten. Das war das Dilemma, durch das wir zwei Jahre verloren haben, bis die Angelegenheit dann eine andere Entwicklung genommen hat. – Ich habe das noch einmal gesagt, und jetzt ist es auch gut.

Zweiter Punkt. Ja, Benelux hat natürlich eine herausragende Bedeutung, aber noch einmal – ich will das, was der Kollege formuliert hat, unterstreichen –: Das darf nicht dazu führen – und ich glaube, darin stimmen wir auch überein –, dass andere Bereiche vernachlässigt werden. Ein Dreieck – oder Viereck, wenn Sie so wollen – besteht also erstens aus Benelux, zweitens aus der bilateralen Zusammenarbeit, drittens aus der euregionalen, grenzüberschreitenden Zusammenarbeit und viertens aus regionalen Partnerschaften.

Der Kollege Berger ist nicht im Raum. Herr Kollege Brockes, dann formuliere ich es in Ihre Richtung: Das schließt natürlich auch regionale Partnerschaften in anderen europäischen Ländern mit ein. Wir haben doch auch nicht kritisiert, dass die Landesregierung beispielsweise eine französische Region mit einer besonderen Partnerschaft ausgestattet hat.

Dritter Punkt. Herr Minister Krautscheid, da gibt es eine Differenz. Diese ist noch einmal klar geworden,

als Sie die unterschiedlichen Bereiche der Zusammenarbeit aufgelistet haben.

Ich meine das nicht abwertend, aber eine Reihe der von Ihnen angeführten Sachverhalte in der Zusammenarbeit, sehe ich durchaus in einer Kontinuität abarbeitbar. Die hat es auch schon gegeben.

Die Nagelprobe besteht in der Tat – sonst bedürfe es nicht einer besonderen Anstrengung, um dieses Abkommen hervorzuheben – in der Entwicklungsplanung, die Sie zu Recht genannt haben, in der Flächenplanung und in der Gebietsentwicklungsplanung insgesamt bis hin zu Fragen gemeinsamer Industrie- und Gewerbegebiete. Wir wissen nämlich – das ist eine Erfahrung, die Frau Kollegin Kraft und ich gemacht haben –, dass wir dort teilweise Gesetzesänderungen brauchen. Das reicht bis zu Verfassungsänderungen. Dann kommen wir an die Grenze des Vertrags, der abgeschlossen worden ist.

Ein anderer Punkt ist – das wurde in der Debatte vorhin auch gesagt –: Ich glaube – gar nicht im Sinne eines Vorwerfens –, dass wir uns gemeinsam zwei oder drei Projekte herausgreifen sollten, die wir als Messlatte nehmen. Dazu gehört beispielsweise auch so etwas wie der „Eiserne Rhein“.

Herr Kollege Brockes, jenseits von Schuldzuweisungen – wo das gerade hakt, wer die bessere Variante für die Trasse hat –: Es wäre wirklich ein Zeichen, wenn es uns gelingen würde, dort etwas Vernünftiges auf den Weg zu bringen.