Es ist Aufgabe des Landes, mit den Verkehrsverbünden, deren Zuschnitt und Verantwortungsbereich die Landesregierung mit dem ÖPNV-Gesetz selbst festgelegt hat, konstruktiv an den Möglichkeiten zu arbeiten, wie Alternativen zum Sozialticket geschaffen werden können. Und es ist Aufgabe des Landes, dem Landtag Alternativen zu präsentieren für den Fall, dass mit den Verkehrsverbünden keine Einigung erzielt werden kann. Die Landesregierung muss ihren Beitrag dazu leisten, allen Menschen in NRW ein Mindestmaß an Mobilität zu garantieren.
Ich danke Ihnen, Herr Kollege Wißen. – Für die CDU-Fraktion erhält Herr Abgeordneter Lorth das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der vorliegende Antrag der SPDFraktion mit der plakativen Überschrift „Sozialticket nicht aufs Abstellgleis schicken“ entbehrt nicht der beabsichtigten Dramaturgie, und der Auftritt des Kollegen Wißen liefert den Hinweis, dass er sich offensichtlich um den Staatsschauspielpreis bewerben will.
Vor dem Hintergrund, dass wir bereits am 23. Oktober – vor sieben Wochen – im Plenum zwei Anträge von SPD und Bündnis 90/Die Grünen zur Einführung des Sozialtickets in Nordrhein-Westfalen diskutiert und in die Ausschüsse überwiesen haben und der federführende Ausschuss für Bauen und Verkehr noch gar nicht endgültig darüber beraten, geschweige denn abgestimmt hat,
wird die Frage aufgeworfen, ob die Eilbedürftigkeit für diesen Antrag und die erneute Befassung hier im Plenum erforderlich ist.
Sie wollen hier ganz einfach Klamauk machen. Unser Vorschlag ist deshalb ganz klar: Ziehen Sie diesen Eilantrag zurück, und aktualisieren Sie Ihren Antrag, über den wir noch im Ausschuss beraten, in der Ausschusssitzung. Dann können wir im Detail darüber abstimmen. Der Antrag ist hier völlig überflüssig.
Die SPD argumentiert, dass das sogenannte Großkundenmodell oder Provisionsmodell durch den Beschluss des Verwaltungsrats des VRR aufgehoben sei. Dabei wird der VRR verdächtigt, als Erfüllungsgehilfe für die Politik der Landesregierung zu fungieren.
Die christlich-liberale Landesregierung hat wie keine andere Regierung – weder zu Zeiten sozialdemokratischer Alleinherrschaft noch unter Rot-Grün – Verkehrsprobleme dieses Landes so intensiv angepackt wie heute.
Dazu gehört ohne Zweifel auch die Novellierung des öffentlichen Personennahverkehrs im vergangenen Jahr. Mit der ÖPNV-Novelle hat die Landesregierung unter dem Dach der drei Zweckverbände oder Kooperationsräume sowohl den organisatorischen Gesichtspunkten als auch der finanziellen Ausstattung mittels pauschalierter Investitionssummen eines zukunftsfähigen und attraktiven öffentlichen Personennahverkehrs Rechnung getragen.
Ganz bewusst wurde dabei die Verantwortung für die Ausgestaltung des Ticketangebots den Verkehrsverbünden und den Kooperationsräumen überlassen. Denn letzten Endes entscheiden die Kommunen darüber, wie zusätzliche Angebote wie etwa ein Sozialticket auf der Grundlage vorhandener Haushaltsmittel finanziert werden können. Den Kommunen obliegt das Risiko, darüber zu entscheiden, auf welche Weise durch ein solches subventioniertes Sonderangebot Defizite im ÖPNV ausgeglichen werden können.
Gerade das Beispiel Dortmund zeigt eindeutig, dass die geschätzten Zahlen überhaupt nicht stimmen, weit überschritten wurden und das der Dortmunder Steuerzahler zusätzlich aufbringen muss.
Deshalb kann die Landesregierung diese Ausgaben mit den Zuschüssen von 4 € pro Monat nicht decken. Das Land beteiligt sich an den die Konjunktur stützenden Investitionsausgaben für die Infrastruktur und auch an dem Konjunkturprogramm des
Bundes mit 3 Milliarden €. So wird die Landesregierung 501 Millionen € Investitionen für Krankenhäuser, 172,4 Millionen € für den Erhalt der Landesstraßen,
64 Millionen € zur energetischen Sanierung kommunaler Gebäude, 600 Millionen € für den Ganztagsausbau an Gymnasien und Realschulen und 450 Millionen € für unsere Hochschulen ausgeben. Weitere 600 Millionen € fließen in die Beteiligung des Konjunkturprogramms des Bundes. Deshalb verpuffen konsumtive Ausgaben – wie von Ihnen vorgeschlagen – sofort und haben keinen nachhaltigen Effekt.
Mit Blick auf die Gegenfinanzierung ist auch bei diesem Antrag Fehlanzeige gegeben. Sie greifen in die ideologische Mottenkiste der Linken, die Sie offensichtlich vor sich hertreiben. Aus Angst vor den Linken kommen solche Anträge.
das Großkundenmodell auszusetzen und einer rechtlichen Prüfung zu unterziehen. In der gleichen Sitzung ist im Verwaltungsrat darüber gesprochen worden, im kommenden Jahr neue sozial ausgewogene Ticketstrukturen auszuarbeiten und zeitnah einzuführen. Das haben die Antragsteller hier bewusst verschwiegen. Sie mussten es besser wissen. Das nennen wir einen miesen politischen Stil.
Ich komme zum Schluss. Die Rede, die ich am 23. Oktober gehalten habe, möchte ich Ihrer Lektüre empfehlen. Sie können dort Richtungweisendes darüber nachlesen, wie wir zu dem Thema stehen. – Vielen Dank.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die grundsätzliche Haltung der FDP-Fraktion zur Einführung eines Sozialtickets dürfte auch Ihnen nach der Debatte im Oktober bekannt sein.
ten, um bedürftigen Mitbürgern zu helfen. Es ist aber eben nicht die Sache des Landes, sich hier einzumischen, und schon gar nicht, weitere finanzielle Zuwendungen zu geben, wie Sie sie hier fordern. Das Land zahlt den Kommunen bereits eine Pauschale gemäß ÖPNV-Gesetz in Höhe von 110 Millionen €. Diese Finanzmittel können bei Bedarf auch für das Sozialticket eingesetzt werden.
Jetzt nehmen Sie den Beschluss des VRR zur Rücknahme des Großkundenvertriebsmodells zum Anlass, um das Ende des Sozialtickets zu beschwören. Offenbar haben einige Städte ihre Sozialtickets bisher über das Großkundenvertriebsmodell finanziert.
Lassen Sie mich zunächst einige Erläuterungen zum Beschluss des VRR vom 10. Dezember 2008 geben. Das Großkundenvertriebsmodell gibt es seit dem 1. Januar 2005. Es bedarf im Gegensatz zu anderen Tarifangeboten für den Großkundenbereich aber keiner tariflichen Genehmigung. Allerdings hat sich laut Beschlussvorlage herausgestellt, dass die Gefahr einer massiven Ungleichbehandlung der Endkunden vorliegt und gegen den für kommunale Verkehrsunternehmen geltenden Gleichbehandlungsgrundsatz verstoßen wird.
Endkunden, die ihr Ticket vom Verkehrsunternehmen erhalten, zahlen den Normalpreis, während Endkunden, die ihr Ticket über den zwischengeschalteten Großkunden beziehen, von einem subventionierten Preis profitieren. Eine solche Ungleichbehandlung bei den Ermäßigungen ist laut VRR verboten. Das Großkundenvertriebsmodell kann diesen Gleichheitsgrundsatz offenbar nicht erfüllen. Deshalb soll das Modell nicht weiter zum Einsatz kommen. Bestehende Verträge bleiben davon allerdings unberührt, wenn diese nicht in tariflichen Modellen weitergeführt werden. Auch das ist ein wichtiger Hinweis, den die SPD-Fraktion unterschlägt.
Einseitig sind zudem die Lösungsvorschläge. Erneut wird eine kräftige Finanzspritze des Landes eingefordert. Das hatten Sie erst im Oktober gemacht. Ich finde es spannend, dass Sie in dem Eilantrag wieder eine solche Forderung stellen; denn in den zwei Monaten hat sich die Finanzsituation dieses Landes nicht gebessert. Falls es Ihnen entgangen ist: Die finanziellen Zeiten sind von Monat zu Monat eher dramatischer geworden.
Mit einer erneuten Forderung, die jetzt im Eilverfahren beschlossen werden soll, nehmen Sie die Verantwortung des Landes nicht ernst. Wir dagegen sehen nach wie vor keinen Handlungsbedarf für das Land.
Zur Finanzlage habe ich gerade deutliche Worte gesagt. Ihr soziales Profil werden Sie dadurch sicher nicht stärken. Sie nehmen es auch nicht besonders ernst, weil Ihr sozialpolitischer Sprecher und der Ihrer Fraktion angehörende Vorsitzende des Sozialausschusses bei dieser Debatte gar nicht anwesend sind. Eine Debatte in ein soziales Licht zu rücken, während die führenden Sozialpolitiker Ihrer Fraktion fehlen, wirft die Frage auf, ob die Diskussion ernst gemeint ist. Ist meine, dieser Eilantrag ist nicht ernst gemeint.
Wir haben über die Grundinhalte noch im Oktober debattiert. Deshalb ist der Eilantrag überflüssig. – Danke sehr.