Protocol of the Session on February 27, 2025

Bevor ich die Besprechung zur Aktuellen Stunde der AfD beende, noch eine Klarstellung: Herr Bothe, Sie haben mir in Ihrer persönlichen Bemerkung sowie in einigen Zwischenrufen vorgeworfen, dass ich Ihnen nicht die Ihnen zustehende Redezeit gewährt hätte. Das ist nicht richtig. Der Kollege Pastewsky hier zu meiner Rechten kann sich davon auch überzeugen. Ich habe Ihnen aufgrund der Zwischenrufe und des Lautstärkepegels eineinhalb Minuten mehr gegeben.

(Deniz Kurku [SPD]: Ach!)

Das sollte reichen bei einer grundsätzlichen Redezeit von fünf Minuten, die Ihnen zusteht.

(Stephan Bothe [AfD] schüttelt den Kopf - Wiard Siebels [SPD]: Da schüt- telt er den Kopf, unglaublich! Das ist jetzt gefühlte Zeit, oder was? Die Zeit wird doch gemessen! Gefühlte Zeit bei der AfD!)

Wir beenden jetzt die Aussprache zur Aktuellen Stunde der AfD.

(Unruhe - Glocke der Präsidentin)

Nachdem sich alle beruhigt haben, eröffne ich die Besprechung zur Aktuellen Stunde zu:

b) Zukunft der hausärztlichen Versorgung - Niedersachsen stellt die richtigen Weichen! - Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 19/6582

Für die antragstellende Fraktion der SPD hat sich zu Wort gemeldet: die Abgeordnete Claudia Schüßler. Frau Schüßler, bitte!

(Beifall bei der SPD)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Eine gute medizinische Versorgung in unserem Land, ambulant und stationär, ist für die SPD-Fraktion ein wichtiger Auftrag. Eine Gesellschaft, die älter wird - wir wissen seit vielen Jahren, dass sie älter wird, und jetzt wird es auch akut -, muss sich neuen Herausforderungen stellen. Aber nicht nur die Menschen, die Behandlungen brauchen, werden älter, sondern auch Ärztinnen und Ärzte werden in den kommenden Jahren ins Rentenalter kommen. Das macht es sozusagen doppelt schwierig im Sinne einer guten Gesundheitsversorgung.

Die flächendeckende und qualitativ hochwertige Gesundheitsversorgung der Menschen ist immer eine zentrale politische Herausforderung. Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Menschen erwarten schlicht, dass wir diese Herausforderung bewältigen. Ich bin deshalb sehr froh, dass die Landesregierung die medizinische Versorgung sehr fokussiert in den Blick genommen hat. Über die stationäre Versorgung haben wir hier schon in einigen Runden debattiert und, wie ich finde, gute Lösungen gefunden.

In der vergangenen Woche hat die Landesregierung den „10-Punkte-Aktionsplan für mehr Hausärztinnen und Hausärzte in Niedersachsen“ vorgestellt. Darüber sollten wir hier auch im Plenum reden, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜ- NEN)

Denn Hausärztinnen und Hausärzte sind die Basis für jede gute medizinische Versorgung. Sie werden als Generalisten, als diejenigen, die eine Einstufung vornehmen können, wie krank jemand ist, und auch für ganz viele Behandlungsfälle dringend gebraucht.

Was soll also im Rahmen dieses 10-Punkte-Aktionsplans passieren? Es ist zunächst einmal wichtig und richtig, dass es eine enge Verzahnung zwischen dem Gesundheits- und dem Wissenschaftsministerium gibt. Gute Versorgung bedeutet nämlich, schon mit dem Studium eine Weichenstellung zu ermöglichen. Dazu gehören die neuen Studienplätze, die wir in Niedersachsen einrichten, aber auch eine optimierte Landarztquote und, ganz neu, ein Mentoring-Programm für Studierende.

Bei diesem Mentoring-Programm ist die Zielsetzung, Studierende mit praktizierenden Ärztinnen und Ärzten zu matchen, also zusammenzuführen,

und sie durch dieses Zusammenführen zu einem frühen Zeitpunkt auch fit für den Beruf der Hausärztin oder des Hausarztes zu machen. Es wird dadurch gelingen, mehr Studierende in diese Fachrichtung zu bewegen; davon bin ich überzeugt. Begleitet und unterstützt wird dieses Programm durch die Stärkung des Anteils der Allgemeinmedizin im Studium und durch den Aufbau eines hochschulübergreifenden Wissenschaftszentrums Allgemeinmedizin hier bei uns in Niedersachsen.

Neben der Ausbildung wird es auch darum gehen, den Weg in die Facharztweiterbildung im Sinne von Hausarzt/Hausärztin zu optimieren, damit es an diesen Stellen keine Reibungsverluste gibt. Das Gleiche gilt auch bei einem Fachwechsel. In einem weiteren Baustein muss man natürlich dafür sorgen, dass die Hausärztinnen und Hausärzte, die man gewinnt, auch in dem gewählten Beruf bleiben.

Im Rahmen des 10-Punkte-Plans wird es darum gehen, Hürden auf dem Weg in die Selbstständigkeit abzusenken. Dazu gehören zum Beispiel attraktive Arbeitszeitmodelle, die ausdrücklich gefördert werden sollen, oder auch Erleichterungen durch den Einsatz von technischen Möglichkeiten. Eine gut umgesetzte Digitalisierung kann die Arbeit deutlich verbessern und effizienter machen. Natürlich soll auch hier das Ausmisten von überflüssigen bürokratischen Hürden dazu führen, die eigentliche Arbeit an Patientinnen und Patienten in den Fokus zu rücken.

Auch das Thema „Entlastung von Hausärztinnen und Hausärzten durch qualifiziertes nicht ärztliches Personal“ kann in der Zukunft eine wichtige Rolle spielen, wenn dieses Personal klug und unkompliziert eingesetzt werden kann. Denn am Ende geht es immer darum, mehr Patientinnen und Patienten qualitativ gut zu versorgen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bin sehr froh, dass die Pläne der Landesregierung von einem breiten Bündnis unterstützt werden, zum Beispiel durch die Kassenärztliche Vereinigung oder auch durch den Verband der Ersatzkassen, die sich in der vergangenen Woche ausdrücklich positiv zu dem Aktionsplan geäußert haben. Denn nur durch ein gemeinsames Verständnis von einer guten Gesundheitsversorgung der Menschen lassen sich die Herausforderungen im Gesundheitssystem erfolgreich angehen.

Ausdrücklich positiv finde ich auch die enge Begleitung durch das Gesundheitsministerium. Dort wird die Umsetzung des Aktionsplans auch in enger Zusammenarbeit mit den Aktionspartnerinnen

und -partnern begleitet. Sonst würde man den Plan wahrscheinlich auch nicht konsequent umsetzen können.

Wenn es um die Gesundheitsversorgung der Menschen geht - das wissen Sie alle hier im Raum -, kommt es natürlich auch immer auf die Weichenstellungen in Berlin an. Wir werden die kommenden Wochen abwarten müssen, bis wir wissen, wie eine neue Regierung ihre Schwerpunkte setzt.

Für uns ist aber wichtig, hier festzuhalten, dass wir in Niedersachsen unsere Hausaufgaben machen. Das heißt, dass wir immer versuchen, im Sinne der Menschen die stationäre und ambulante Versorgung frühzeitig voranzutreiben. Das wird uns auch weiterhin gelingen.

Danke schön.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜ- NEN)

Vielen Dank, Frau Schüßler. - Für die Fraktion der CDU hat sich zu Wort gemeldet: der Abgeordnete Eike Holsten. Herr Holsten, bitte!

(Beifall bei der CDU)

Sehr geehrte Frau Präsidentin, lieben Dank. - Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ansprechendes Layout, markige Ankündigung auf dem Titelblatt und dann sieben Seiten „Wir müssten eigentlich mal“: So sieht Ihr Aktionsplan aus, den der Minister in der vergangenen Woche vorgestellt hat.

Statt entschlossener Reformen Absichtserklärungen: Sie streben an, die Zahl der Studienplätze an UMG, MHH und EMS jeweils um 50 zu erhöhen; aber Sie machen das nicht. Sie sprechen von der Bedeutung nicht ärztlicher Fachkräfte und davon, dass deren akademische Ausbildung wichtig sei; aber wann und wo Sie was für sie tun wollen, schreiben Sie nicht.

Sie reaktivieren zwei Förderprogramme - allen Ernstes -: die Stipendien für angehende Hausärzte und die finanzielle Unterstützung für Medizinstudierende im Praktischen Jahr. Diese Programme aus 2018 haben Sie letztes Jahr gestrichen. Wir wollten sie über die politische Liste retten. Das haben Sie abgelehnt.

Dazu wird die Ausweitung der Landarztquote „geprüft“. Die Quotierung der Weiterbildung soll „geprüft und begleitet“ werden. Hören Sie raus, wie viel

Aktion im Aktionsplan steckt, liebe Kolleginnen und Kollegen? Ich schon: nämlich keine.

(Beifall bei der CDU und von Delia Kla- ges [AfD])

Liebe Kollegen, meinen Lieblingssatz aus dem Programm lese ich Ihnen vor:

„Ein Antragsentwurf für eine Aufbaufinanzierung des Wissenschaftszentrums Allgemeinmedizin befindet sich in der Abstimmung. Ein Förderstart vorbehaltlich einer erfolgreichen wissenschaftlichen Begutachtung könnte gegebenenfalls im Jahr 2026 erfolgen.“

(Marcel Scharrelmann [CDU]: Wahn- sinn!)

Zum Mitschreiben: Sie haben einen Entwurf für einen Antrag - also keinen Antrag - für eine Aufbaufinanzierung - also nicht etwa für eine langfristige Finanzierung -, und zwar - das schreiben Sie so - gegebenenfalls und auch nur unter bestimmten Vorbehalten für nächstes Jahr in der Abstimmung mit wem auch immer. Das grenzt doch an Satire, liebe Kolleginnen und Kollegen!

(Beifall bei der CDU, von Delia Klages [AfD] und von Jozef Rakicky [fraktions- los])

Das geht im vermeintlichen Aktionsplan so weiter. Aber genug davon! Denn - das gehört zur Wahrheit dazu, und jetzt würde ich gerne ein bisschen ernster werden - darin stehen auch gescheite Sachen, die wir an anderer Stelle auch schon so formuliert haben.

Ich habe mich beim Lesen sehr an die Drucksache 20/11955 vom Juni 2024 aus dem Deutschen Bundestag erinnert gefühlt, die ich im Zuge des Wahlkampfs zur Vorbereitung einer Veranstaltung gelesen habe. Sie trägt den Titel „Gesundheitsversorgung im ländlichen Raum stärken“ und ist ein Antrag von CDU/CSU. Darin ist unter anderem die Rede von Entbudgetierung hausärztlicher Leistungen, von gezielten Förderprogrammen für Hausarztpraxen im ländlichen Raum, vom Ausbau der Telemedizin, von sektorenübergreifenden Versorgungsmodellen und von vielem mehr. Vor allem ist dort auch echter Bürokratierückbau beschrieben.

Sie schreiben in Ihrem Aktionsplan auch, dass viele Ihrer Ansätze vor strukturellen Hürden aufgrund fehlender gesetzlicher Regelungen auf Bundesebene stehen. Während Lauterbach das von ihm so genannte Kliniksterben vorangetrieben hat und ne

benher Cannabis legalisierte, sind geplante Reformen wie das Bürokratieentlastungsgesetz, das Pflegekompetenzgesetz oder die Notfallreform liegen geblieben.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, im Wahlkampf bin ich auf einem Termin mit Frau Dr. Wenker von der Ärztekammer Niedersachsen gewesen. Sie sprach davon, wenn man die Ärztinnen und Ärzte in Deutschland um rund die Hälfte der Bürokratie entlasten würde, entspräche das 35 000 zusätzlichen Ärzten im System - 35 000! Machen Sie nur 10 % Bürokratierückbau, wären das immer noch 7 000, also bummelig 700 für Niedersachsen, auch wenn man7 das so platt natürlich nicht rechnen darf. Aber im Schnitt verbringen Hausärztinnen und Hausärzte in Niedersachsen 61 Tage pro Jahr mit administrativen Aufgaben - 61 Tage, die dringend für die Patientenversorgung gebraucht würden. „Was kann eigentlich mal weg?“ ist in Anbetracht dieser Zahlen die Frage der Stunde, liebe Kolleginnen und Kollegen.

Nehmen wir, Kollegen der SPD, dieses Papier Ihres Ministers. Nehmen wir unsere genannte Drucksache, die Papiere zum Bürokratierückbau und zur besseren Gesundheitsversorgung. Einige Niedersachsen spielen wohl bei den anstehenden Koalitionsverhandlungen eine gewisse Rolle. Geben wir ihnen diese Papiere mit. Dann könnte aus Niedersachsen heraus viel Gutes für die ärztliche Versorgung gelingen. Das ist das Gebot der Stunde.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und von Jozef Ra- kicky [fraktionslos])

Herzlichen Dank, Herr Holsten. - Für die Fraktion der AfD hat sich die Abgeordnete Delia Klages zu Wort gemeldet. Bitte schön, Frau Klages!

(Beifall bei der AfD)