Protocol of the Session on November 8, 2024

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Leddin. - Für die Landesregierung hat sich Frau Ministerin Staudte zu Wort gemeldet. Bitte schön!

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Gestatten Sie mir vor der Beantwortung der Fragen einige Vorbemerkungen.

Es ist richtig dargestellt worden: Die Afrikanische Schweinepest befindet sich in Europa weiterhin auf dem Vormarsch. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum ist in Brandenburg und Sachsen zwar ein deutlicher Rückgang der ASP-Nachweise bei Wildschweinen festzustellen - um etwa 70 %; an dieser Stelle einen ganz herzlichen Dank an diese Länder, die unglaublich viel in Zäune etc. investiert haben, um eine Ausbreitung einzudämmen -, im Juni 2024 sind, wie hier schon dargestellt, dann aber in Hessen, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg ASP-Ausbrüche sowohl beim Wild als auch bei Hausschweinen festgestellt worden. Nach der Einrichtung der Sperrzonen und der Schlachtung der Schweine aus diesen Ländern müssen wir feststellen, dass die Abläufe hinsichtlich der Vermarktung sehr mühsam und ohne Erlöse für die abgebenden Erzeugerbetriebe sind.

Zum Teil wurden Tiere zur Schlachtung aus Hessen nach Schleswig-Holstein transportiert, zur Verarbeitung kamen sie dann nach Niedersachsen, und jetzt sind sie auch größtenteils in Niedersachsen - in Verden - im Kühlhaus eingelagert. Lediglich 20 % des in Schleswig-Holstein geschlachteten Fleischs wurde wärmebehandelt und ging danach in die Vermarktung. Ungefähr 65 t aus Hessen sind - soweit uns das bekannt ist - zumindest derzeit eingelagert. Das muss uns wirklich alarmieren; denn wir wissen alle, dass die betroffenen Länder nicht gerade „Schweinehochburgen“ sind. Bei uns wäre ein solcher Fall sehr viel gravierender. Die Branche weiß das auch. Ich habe aber das Gefühl, dass öffentlich nicht sehr viel darüber geredet wird. Deswegen auch einen herzlichen Dank für die Anfrage.

Letztendlich ist das ein Damoklesschwert, das über der ganzen Branche hängt und zum Beispiel auch Auswirkungen auf den Umbau der Tierhaltung hat, der dadurch natürlich erschwert wird. Gerade, wenn Kredite mit im Spiel sind, sagen die Banken dann: Wir wissen gar nicht, ob du deine gesunden Schweine übermorgen noch vermarkten kannst. - Das betrifft aber alle Haltungsformen. Auch der am besten umgebaute Tierstall hat dann Probleme mit der Vermarktung. Deswegen müssen wir dieses Thema weiter ansprechen und für eine Öffentlichkeit sorgen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Dies vorangestellt, beantworte ich die Fragen wie folgt:

Zu Frage 1: Wie groß schätzt die Landesregierung das Risiko für einen Ausbruch der Schweinepest in Niedersachsen ein, und welche Folgen hätte ein solcher Ausbruch?

Das habe ich gerade teilweise schon dargestellt. Die Höhe des Risikos lässt sich nicht in Prozentzahlen ausdrücken. Wir können nicht sagen: Zu x % wird hier in den nächsten drei Monaten ein Ausbruch stattfinden. - Das Risiko setzt sich immer aus dem potenziellen Schadensausmaß - das wäre eben enorm - und der Eintrittswahrscheinlichkeit zusammen. Und da ist es einfach so, dass alle sagen - egal wen man fragt -: Es ist nur eine Frage der Zeit.

Das aktuelle ASP-Geschehen in Hessen und Rheinland-Pfalz belegt, dass das ASP-Virus jederzeit durch menschliche Aktivität eingeschleppt werden kann. Wie Herr Leddin schon in der Anfrage vorgetragen hat, ist es dort eben nicht der Virustyp gewesen, der von Osten her kommt, sondern ist es ein südosteuropäischer Serotyp. Das bedeutet, dass es einen sehr großen Sprung gab. Und das bedeutet wiederum: Wahrscheinlich kam das Virus auf vier Rädern oder zwei Beinen, aber eben nicht auf vier Beinen. Insofern ist jederzeit auch hier mit einer Einschleppung zu rechnen. Das Virus kann über Lebensmittel - das berühmte Schinkenbrot mit dem roh verarbeiteten Schinken zum Beispiel -, durch Tourismus, durch Jagden in Infektionsgebieten oder durch Menschen, die in der Land- und Forstwirtschaft als Saisonarbeitskräfte tätig sind, eingebracht werden. Deswegen würde ich sagen: Das Risiko ist hier weiterhin sehr, sehr hoch.

Hinsichtlich des Schadensausmaßes können wir Zahlen aus der Vergangenheit heranziehen. Der Ausbruch im Emsland im Jahr 2022 mit einer Sperrdauer von drei Monaten hat 15 Millionen Euro Schaden bei den Erzeugern verursacht. Diese Zahlen haben wir aus der Branche. Bei Wildschweinen wäre eine Sperrdauer mindestens zwölf Monate lang, je nachdem, wie lang sich das Virus hält. Insofern kann man da einfach hochrechnen.

Zu Frage 2: Welche Vorbereitungen für den ASPSeuchenfall wurden von der Landesregierung seit 2022 bereits ergriffen bzw. sind für die nahe Zukunft geplant?

Niedersachsen bereitet sich schon seit 2014 auf mögliche ASP-Ausbrüche vor. Im Zuge des ASPEreignisses im Emsland im Jahr 2022 und der aktuellen ASP-Ausbrüche wurden die Vorbereitungen weiter intensiviert. Hier einige Eckpfeiler der Vorbereitungen:

Es werden regelmäßig Seuchenbekämpfungsübungen durchgeführt. Ich habe auch an einer teilgenommen. Wir hatten gerade erst im September zwei Stationsübungen, bei denen es um die Kadaversuche und auch um die Kadaverbergung ging. An dieser Stelle einen herzlichen Dank an alle ehrenamtlichen Kadaversuchhundeführer, die sich nicht nur um die Ausbildung ihrer Hunde bemühen, sondern auch regelmäßig üben.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Für Februar oder März 2025 ist eine einwöchige ASP-Übung geplant, an der neben Behörden auch die Akteure entlang der Wertschöpfungskette teilnehmen werden. Dabei geht es also nicht um eine Seuchenübung, sondern um eine Vermarktungsübung für den Ernstfall. Ich freue mich, dass der Lebensmitteleinzelhandel zugesagt hat, teilzunehmen.

Es werden Zaunmaterial und die Ausrüstungen für die Bergung und Beseitigung von Kadavern vorgehalten.

Es gibt, wie gesagt, die Ausbildung von Kadaversuchhundegespannen.

Es wurden mehrere niedersächsische Arbeitsgruppen zur Erstellung und Bearbeitung von Ablaufplänen etabliert.

Wir haben Branchengespräche durchgeführt und Fortbildungen und Dienstbesprechungen angeboten.

Es wurde Informationsmaterial in verschiedenen Sprachen erarbeitet, das beispielweise an Autobahnraststätten und Parkplätzen entlang der Hauptverkehrswege zur Sensibilisierung beitragen soll.

Die WilKEA-App, die Wildtier-Koordinaten-Erfassungs-App, zur Erfassung von ASP-Blutproben von verendeten oder erlegten Tieren zur Untersuchung auf ASP, ist am Start. Die habe ich mir bei der Übung auch zeigen lassen. Das ist wirklich eine sehr hilfreiche App, die auch andere Länder nutzen wollen. Daneben gibt es die WilMA-App, die webbasierte Wildtiermanagement-Anwendung, für die behördliche Organisation von Fallwildsuchen bei einem ASP-Ausbruch.

Durch die intensive Arbeit in den verschiedenen Arbeitsgruppen ist es uns gelungen, eine Unbedenklichkeitsbescheinigung des Bundesinstituts für Risikobewertung und des FLI für das Fleisch von gesunden Tieren aus Sperrzonen zu erwirken. Das ist ein ganz wichtiger Zwischenschritt. Diesbezüglich

werden Aufklärungsvideos zur Bereitstellung in den sozialen Medien erarbeitet.

Es gab Beteiligungen an der Erstellung von Konzepten und Leitlinien zur Optimierung der Biosicherheit in landwirtschaftlichen Betrieben. Es ist ein ganz wichtiges Thema, zu verhindern, dass es über den Menschen zu einem Eintrag kommt.

Wir halten eine Vorsorgegesellschaft für den Einsatz im Falle eines ASP-Ausbruchs bei Wildschweinen vor.

Wir haben ein Positionspapier erarbeitet. Noch einmal herzlichen Dank an alle, die mitgewirkt haben: LAVES, Landkreistag, Tierseuchenkasse, Landvolk, Landwirtschaftskammer. Das ist wirklich richtungsweisend und wird auch in andere Sprachen übersetzt, um die Vermarktung zu verbessern.

Auf EU-Ebene gibt es bekanntermaßen noch einige Restriktionen, die unserer Meinung nach nicht fachgerecht sind. Als wir das bei einer Delegationsreise in Brüssel vorgetragen haben, wurde uns klipp und klar gesagt: Wir müssen an diesen hohen Restriktionsauflagen festhalten, weil wir auf den Export achten und irgendwo in Asien noch erkennbar sein soll, dass es bei uns ein strenges Management gibt: Nichts geht rein, nichts geht raus. Und das hat jetzt eben Auswirkungen auf den Binnenabsatz und verursacht diese großen Probleme, die wir im Moment haben. Stichwort: Einlagerung in Verden.

Wir haben das Thema auf der AMK platziert.

Und selbstverständlich haben wir, als es den Ausbruch in Hessen, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg gegeben hat, zusammen mit der Landesjägerschaft noch einmal Öffentlichkeitsarbeit gemacht und darauf hingewiesen, dass in solchen Gegenden bitte kein Jagdtourismus stattfinden soll, um eine Verschleppung zu verhindern.

Zu Frage 3: Welche Änderungen bei den Restriktionsvorgaben der EU haben sich seit dem Fall aus 2022 ergeben, und welchen Einfluss haben diese auf die Vermarktung gesunder Tiere innerhalb der betroffenen Zonen?

Niedersachsen hat sich nach dem Ausbruch der ASP im Landkreis Emsland für eine Anpassung der rechtlichen Anforderungen an die risikomindernde Behandlung von Fleisch aus ASP-Sperrzonen eingesetzt. - Hier geht immer um das Fleisch der gesunden Tiere in den ASP-Zonen und selbstverständlich nicht um das der betroffenen Betriebe.

In der einschlägigen Verordnung wurde geändert, dass nicht mehr eine Wärmebehandlung von 80 °C erforderlich ist, sondern nur noch von 70 °C stattfinden muss. Ich glaube, daran kann noch weiter gearbeitet werden: Kann man die Temperatur noch weiter reduzieren, wenn man dafür über einen längeren Zeitraum erhitzt? Denn das hätte zur Folge, dass eine größere Bandbreite an Wurst- und Fleischwaren erzeugt werden könnte, was wiederum natürlich eine bessere Vermarktung ermöglichen würde.

Das hat immerhin gewisse Erleichterungen für die Verarbeitung von Fleisch aus Sperrzonen gebracht. Aber wie gesagt, es kann uns nicht zufriedenstellen. Deswegen sind weitere Anpassungen des EURechts im Hinblick auf die Dauer der Einschränkungen in den betroffenen Gebieten, aber auch, was die Restriktionszonen zum Beispiel angeht, wirklich notwendig.

An dieser Stelle sei noch einmal erwähnt: Diese Unbedenklichkeitsbescheinigung ist wirklich ein Lichtblick, weil sie ganz klar dokumentiert, dass der Handel diese Waren verwenden kann; es ist mit keinen Nachteilen zu rechnen. Diesen Appell geben wir natürlich auch in die Außer-Haus-Verpflegung, die einen sehr großen Teil absetzt und die in den Gesprächen immer schon gesagt hat, sie wäre durchaus bereit.

So viel zur Beantwortung der Anfrage.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Vielen Dank. - Wir kommen zu den Zusatzfragen. Die erste Zusatzfrage kommt aus der AfD-Fraktion. Herr Abgeordneter Dannenberg!

(Beifall bei der AfD)

Als Hinweis: Die Landesregierung hat noch eine Restredezeit von 2:45 Minuten.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Sehr geehrte Frau Ministerin Staudte, wie steht es aktuell um die Einrichtung definierter Schlachthöfe im Seuchenfall, also von sogenannten Seuchenschlachthöfen? - Danke schön.

(Beifall bei der AfD)

Bitte, Frau Ministerin Staudte!

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Ja, das ist eine wichtige Frage. Wir haben das auf der AMK thematisiert, weil immer auch im Raum steht, dass, wenn angeordnet wird, dass es der Schlachthof XY werden soll, die anordnende Ebene die Zusatzkosten übernehmen muss.

In den vielen Gesprächen, die wir mit der Wirtschaft geführt haben, wurde ein solcher Interventionsschlachthof sehr kritisch gesehen. Man befürchtet eine noch größere Stigmatisierung und, dass diese Schlachthöfe die Exportgenehmigung verlieren könnten, auf die sie sich eingelassen haben. Das war zum Beispiel ein Grund, warum in SchleswigHolstein geschlachtet wurde: Der Schlachthof in Kellinghusen exportiert nicht, und deswegen gab es da keine Nachteile. Dieser Schlachthof hat aber so geringe Kapazitäten, dass er für einen Fall bei uns nicht infrage käme.

Wir werden in der Übung, die wir im Frühjahr durchführen, sehen, ob es funktioniert oder nicht. Sagen die Wirtschaftsbeteiligten: „Wenn im Landkreis XY ein Fall auftritt, können die Tiere in diesem oder jenem Schlachthof geschlachtet werden“, oder sagen sie es nicht? Und daran schließt sich die große Frage an: Was muss vorbereitet werden, um solche Schlachthöfe festzulegen?

(Beifall bei den GRÜNEN und verein- zelt bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Ministerin. - Die erste Zusatzfrage aus der CDU-Fraktion: Herr Abgeordneter Moorkamp. Bitte!

(Beifall bei der CDU)

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Ministerin Staudte, werden Sie Ihre Entscheidung zur Einrichtung eines Entschädigungsfonds für Betriebe, die indirekt von einem ASP-Ausbruch betroffen sind und die kein Geld von einer Tierseuchenkasse bekommen, aufgrund des aktuellen dynamischen Geschehens in Deutschland noch mal überdenken? - Vielen Dank.