Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich wünsche mir die Debatte manchmal auch für Schulen, im Hinblick auf den Lehrkräftemangel zum Beispiel. Lehrer haben wir nicht - in der dritten und vierten Stunde kann Deutsch und Englisch unterrichtet werden, danach kommt eine Mutter oder ein Vater, die oder der sich vorstellen kann, ein paar Schulstunden zu übernehmen, weil sie ja sowieso morgens zu Hause sind. - Es würde zu Recht ein riesiger Aufschrei durch dieses Land gehen.
So, liebe Kolleginnen und Kollegen, kommen wir zur Realität zurück! Unsere Kitas sind keine Aufbewahrungsstätten. Sie sind nach SGB VIII Bildungseinrichtungen.
Das ist ein gesetzlich verankerter Bildungsauftrag. Diesen übernehmen gut ausgebildete Fach- und Assistenzkräfte. Wir müssen endlich darüber reden, wie wir diesem Bildungsauftrag wieder gerecht werden können. Und wir brauchen jetzt Lösungen, schnellstmöglich.
Wenn wir diesem Auftrag nicht mehr gerecht werden können, müssen wir auch über feste verlässliche Betreuungszeiten reden. Und ja, damit meine ich auch Kürzungen der Betreuungszeiten. Aber verlässlich!
einem großen Kita-Gipfel geladen, um Praxis, Verbände und die kommunale Ebene an einen Tisch zu holen. Das begrüße ich ausdrücklich; denn es wird nur im gemeinsamen Dialog funktionieren, bei dem es am Ende auch Kompromisse geben muss.
Jetzt gilt für unsere niedersächsischen Kitas, für die Kinder, Fachkräfte, Eltern und für die Kommunen: Wir brauchen schnellstmöglich einen Kita-Notfallplan, eine klare Gesamtstrategie mit Maßnahmen, die kurz- und mittelfristig umgesetzt werden können - für einen begrenzten Zeitraum, aber mit langfristigen Perspektiven und Strategien, wie es besser werden kann. Ein paar mögliche Lösungsansätze - auch wenn Sie es vielleicht nicht ganz verstanden haben, Herr Lechner - habe ich bereits skizziert.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, Ihren Gesetzentwurf lehnt meine Fraktion ab, aber trotzdem freue ich mich auf die weiteren Beratungen im Ausschuss.
Bei einer Restredezeit von knapp sechseinhalb Minuten erteile ich für die CDU-Fraktion dem Abgeordneten Christian Fühner das Wort.
Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich bin für die Wortbeiträge seitens der regierungstragenden Fraktionen sehr dankbar, weil sie zweierlei sehr deutlich gemacht haben: Zum einen haben Sie hier kein einziges anständiges und auch tragfähiges Gegenargument zu unserem Gesetzentwurf vorgetragen.
- Herr Siebel, Sie können das alles im Protokoll nachlesen und mir zeigen, wo da ein Gegenargument gewesen sein soll.
Zum anderen haben Sie keinen einzigen eigenen Lösungsvorschlag präsentiert, Frau Lange. Wir haben von Ihnen keinen einzigen Lösungsvorschlag gehört.
Ich fand es gut, Frau Lange, dass Sie gesagt haben: Wir wollen uns mal an den Realitäten orientieren. - Das haben Sie betont, und das ist genau das, was wir in dieser Diskussion brauchen: Wir müssen uns die Realitäten anschauen. Wir müssen nach acht Monaten aber auch langsam mal die Rolle der Kultusministerin Frau Hamburg ansprechen.
Liebe Frau Kultusministerin, es ist an der Zeit - gerade in dieser Situation, in der die Eltern verzweifelt sind, in der die Erzieherinnen und Erzieher extrem belastet sind -, dass Sie aus Ihrer Haltung herauskommen: Wir führen nur Gespräche, wir gründen irgendwelche Fachforen, und wir streiten uns mit den kommunalen Spitzenverbänden. - Das reicht nicht! Schauen wir uns die Realitäten an! Wir brauchen keine Worthülsen und keine leeren Worte, sondern wir brauchen endlich Taten und Gesetze, die die Dinge in dieser Situation verbessern können.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich habe Ihnen zwei Beispiele mitgebracht, die zeigen, was in diesem Land los ist. Schauen wir einmal in die Stadt Osnabrück! Der Mangel an Erzieherinnen und Erziehern ist mittlerweile so problematisch, dass dort die Kindeswohlgefährdung in Kauf genommen werden muss. Im Jugendhilfeausschuss der Stadt Osnabrück musste gesagt werden - ich zitiere aus der Neuen Osnabrücker Zeitung -: Das Jugendamt kann seiner gesetzlichen Aufgabe, den Kinderschutz zu gewährleisten, nicht mehr nachkommen.
Das verdeutlicht die Dramatik! Hier geht es um Kinder, die unter häuslicher Gewalt leiden, deren Eltern beispielsweise auch Alkohol oder Drogen konsumieren. Das Jugendamt möchte diese jungen Menschen aus dieser Situation herausnehmen, aber kann für sie zum Teil keine Plätze mehr finden - eben weil wir diesen erheblichen Erziehermangel haben.
Herr Bajus, ich weiß, dass Sie sich sehr bemühen, da eine Lösung zu finden. Das unterstützen wir ausdrücklich. Ich habe auch nicht gesagt, dass das die Schuld der Kultusministerin ist. Aber es beschreibt die Dramatik der Lage, in der wir aktuell sind.
Einen Moment, bitte, Herr Fühner! Wo Sie schon den Abgeordneten Volker Bajus lobend erwähnen: Lassen Sie eine Zwischenfrage von selbigem zu?
In der Tat haben wir in Osnabrück eine schwierige Situation bei der Inobhutnahme, und ich bin den Kolleginnen und Kollegen aller Fraktionen, auch Ihren Leuten, sehr dankbar, dass wir damit sehr ernsthaft und verantwortlich umgehen und es nicht zum Thema einer parteipolitischen Kontroverse machen.
Aber können Sie mir erläutern, was die Krise bei der Inobhutnahme in Osnabrück, wo es vor allen Dingen um Jugendliche geht, mit der aktuellen Problematik der Unterversorgung in den Kitas in Niedersachsen zu tun hat und welche Rolle dabei die Kultusministerin spielt? Denn diese haben Sie im selben Atemzug genannt. Finden Sie es eigentlich seriös, das in diesem Zusammenhang zu bringen, Herr Fühner?
Verehrter Herr Kollege Bajus, ich will die zweite Frage als Erstes beantworten. Ich habe gesagt, dass die Kultusministerin handeln muss, weil wir eine dramatische Lage haben, was den Erziehermangel angeht. Ich habe nicht gesagt, dass die Kultusministerin für die Lage in Osnabrück verantwortlich ist.
Nun zur zweiten Frage. Sie hatten ja zwei Fragen gestellt. Sie fragten: Was hat eigentlich das, was wir hier diskutieren, mit der Lage in Osnabrück zu tun?
Diese Frage ist ganz einfach zu beantworten. Wir haben einen erheblichen Mangel an Erzieherinnen und Erziehern, und Frau Lange hat gerade in ihrer Rede gesagt, dass das mit dem Thema Ausbildung nicht zu regeln sei. Aber wenn wir nicht mehr Erzieherinnen und Erzieher in diesem Land ausbilden, nicht die Vergütungen einführen und nicht eine attraktive Ausbildung organisieren, dann wird das nicht nur in Osnabrück ein Problem werden, sondern überall in Niedersachsen - weil wir diese Erzieherinnen und Erzieher in Zukunft brauchen werden, Herr Bajus.
Ich möchte das zweite Beispiel aus der Realität anführen, aus einer Kita, die ich vor wenigen Wochen besucht habe. Frau Lange hat gesagt, sie könne sich gar nicht vorstellen, was für Personen wir genau meinen, die wir da einsetzen wollten. Ich will Ihnen ein Beispiel nennen. Vielleicht können Sie dann ja beurteilen, ob Sie diese Person für kompetent genug halten.
Dort wollte man eine junge Mutter für Vertretungs- und Randzeiten einstellen. Die Qualifikation dieser jungen Frau: seit fünf Jahren Instrumentalpädagogin mit Berufserfahrung an einer Schule, abgeschlossenes Studium als Musiklehrerin im Ausland inklusive Berufserfahrung sowie Teilnahme an einer Weiterbildung mit dem Titel „Einführungskurs für Zusatzkräfte in Kindertagesstätten im Rahmen der QiK-Qualitätsrichtlinie“.
Das wurde im Kultusministerium geprüft. Ich bin auch sehr dankbar, dass man sich den Fall dort angeschaut hat. Aber die Antwort war: Nein, diese Person kann in Vertretungszeiten nicht ausreichend eingesetzt werden, kann in den Randzeiten nicht eingesetzt werden - obwohl der Träger sagt, obwohl die Kita-Leitung sagt: Wir wollen diese Person haben, weil sie empathisch ist, weil sie qualifiziert und kompetent ist.
Ich möchte Ihnen auch noch etwas zum Thema Ausbildung sagen, weil das ja hier auch in die Diskussion gekommen ist.
Ich finde es klasse, Frau Lange, dass Sie diese Ausbildung absolviert haben. Aber hätten Sie sich nicht auch gewünscht, in den ersten zwei Jahren der Ausbildung zur Sozialpädagogischen Assistentin eine
Ausbildungsvergütung zu bekommen? Auch ich spreche viel mit jungen Menschen in den Einrichtungen. Sie sagen mir: Das waren harte zwei Jahre, weil ich die ersten zwei Jahre keine Vergütung bekommen habe. Die, mit denen ich die Schule abgeschlossen habe, bekommen in ihrer Ausbildung eine Vergütung, die bekommen 1 000 Euro im Monat und können sich eine Wohnung leisten. Ich kann das nicht, weil ich Erzieher werden möchte.
Das müssen wir in Niedersachsen schnellstmöglich ändern, damit es attraktiv ist, in diesem Land diesen wunderbaren Beruf auszuüben.