Protocol of the Session on December 10, 2020

Was ich gesagt hatte, ist, dass er unberaten war. Denn es war in der Tat eine Unterrichtung, und Unterrichtungen erfolgen immer ohne eigenständige Beratung. Da gibt es höchstens noch Nachfragen an Regierungsvertreter oder tatsächlich nicht. Beraten wurde er nicht. Es wurden Verfahrensfragen geklärt, Anhörungen beschlossen und eine Unterrichtung entgegengenommen, die man nachlesen kann.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn Sie die Betriebsverfassung und die Mitbestimmung so hoch hängen, finde ich es schon erstaunlich, dass es zwei Jahre braucht, bis man tatsächlich einmal zum Plenum fertig wird.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Bode. - Zu Wort gemeldet hat sich seitens der Landesregierung Wirtschaftsminister Althusmann. Bitte schön, Herr Minister!

Sehr verehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In den Modalitätenstreit einer Antragsberatung möchte ich mich nicht einmischen. Das mögen die Fraktionen bitte unter sich klären. Ich möchte aber auf die Punkte dieser Aktuellen Stunde dann schon insofern eingehen, als dass ich versuche, beide Seiten zu betrachten, sowohl das, was der Kollege Bode gerade gesagt hat, als auch das, was von allen anderen Rednern hier gesagt wurde.

Denn eines ist unzweifelhaft klar: Der wirtschaftliche Erfolg der Bundesrepublik Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg beruht nun seit Jahrzehnten auf den Grundlagen der sozialen Marktwirtschaft. Diese soziale Marktwirtschaft ist getragen von einem gemeinsamen Prinzip, einer gemeinsamen Verantwortung von Unternehmerinnen und Unternehmern in diesem Land, gerade den Famili

enunternehmerinnen und -unternehmern, und natürlich den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in diesem Land, die gleichsam ein Ziel haben, zumindest ein Ziel haben sollten, nämlich den wirtschaftlichen Erfolg ihres Unternehmens zu sichern, weil damit die Grundlage für den eigenen Erfolg, für das eigene Einkommen, für den Wohlstand in unserer Gesellschaft gelegt wird. In diesem Ziel sollten sich Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie Arbeitgeber in den Unternehmen, glaube ich, grundsätzlich immer einig sein.

Daher beruhen der wirtschaftliche Erfolg und, wenn Sie so wollen, auch die Krisenfestigkeit, neudeutsch die Resilienz, der deutschen Wirtschaft ganz maßgeblich auf einer guten Sozialpartnerschaft, einer vertrauensvollen betrieblichen Mitbestimmung. Denn diese hat uns unzweifelhaft durch viele Krisen hindurchgeleitet, nicht nur die Finanzkrise. Sie wird uns auch durch die aktuelle Krise hindurchleiten.

Ihren Ursprung hat sie tatsächlich im Betriebsrätegesetz vom 4. Februar 1920. Diesem lag damals vor 100 Jahren die Idee zugrunde, dass man gemeinsam unterstützend die erfolgreiche Grundlage für einen Betrieb und dessen Zukunft legen will. Diese Idee gilt es nicht nur rückwärts über die letzten 100 Jahre zu betrachten: Was ist in diesen 100 Jahren geschehen an Gutem, vielleicht auch politisch Umstrittenen? Und es gab immer wieder Auseinandersetzungen. Auch über Fragen des Betriebsverfassungsgesetzes gab es immer wieder politische inhaltliche Auseinandersetzungen. Im Ergebnis erfolgte aber am Ende stets der Hinweis darauf, dass es sich um ein erfolgreiches Modell unserer sozialen Marktwirtschaft und einen Grundpfeiler unserer Arbeitsmarktordnung handelt.

Aber der Rückblick ist nur das eine. Das andere ist die Beschreibung der augenblicklichen Situation. In dieser möchte ich als Wirtschaftsminister dieses Landes schon an uns alle appellieren - an alle Arbeitgeber, an alle Unternehmen und an alle Betriebe, aber ebenso an alle Arbeitnehmervertreter in diesen Betrieben -: Wir müssen trotz Abstandsgebot gerade jetzt aufs Engste zusammenstehen, um die wahrscheinlich schwerwiegendste Wirtschaftskrise nach dem Zweiten Weltkrieg, die unser Land erfasst hat, gemeinsam tatsächlich zu bewältigen.

Das ist ein Appell, den wir alle sehr ernst nehmen sollten; denn wir sind durch die Corona-Krise im Moment im Besonderen gefordert: bei Airbus, bei Premium Aerotec, bei Conti, bei MAN, bei VW, bei

der Messe und bei vielen anderen Firmen in unserem Land, bei den mittelständischen ebenso wie auch bei den eher industriell orientierten Unternehmen. Alle gleichsam verbindet jetzt die Notwendigkeit, eng beisammenzubleiben, und es erweist sich meines Erachtens immer als Erfolg, wenn Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertreter einen kooperativen Stil, eine gewisse Haltung des respektvollen Umgangs miteinander pflegen. Dann wird es auch gelingen, durch diese Krisen hindurchzukommen.

Aber wo geht es hin? - Meine Damen und Herren, Homeoffice bzw. die Digitalisierung der Arbeitswelt erfordert neue Flexibilität, möglicherweise auch hinsichtlich der Arbeitszeiten. Es ist über Fragen des EU-Rechts zu sprechen, über die EUrechtlichen Vorgaben von wöchentlichen Höchstarbeitszeiten. Zumindest sind wir, die Bundesrepublik Deutschland, eines der Länder, die diese Vorgaben noch nicht umgesetzt haben.

Die Digitalisierung erfordert eine Neubewertung von Arbeit an sich - Arbeit 4.0. Die Entkopplung von Arbeitszeiten, teilweise auch die Beachtung der Arbeitnehmerrechte, des Schutzes der Arbeitnehmer, wenn es bis in die Abendstunden hineingeht, und die Frage der ständigen Erreichbarkeit sind große Herausforderungen für die Arbeitswelt der Zukunft. Wie kann man Vereinbarkeit von Familie und Beruf auch in den kommenden Jahren letztlich übereinander bringen, und wie geht es weiter mit Fragen der Tarifbindung, der Tarifautonomie, vor der ich höchsten Respekt habe? - Das sind die entscheidenden Herausforderungen, vor denen wir in den nächsten Jahren stehen werden. Von daher ist es nicht verwunderlich, dass wir uns gerade auch in dieser Zeit nach der Corona-Pandemie intensiv mit den Herausforderungen der Arbeitswelt 4.0 werden auseinandersetzen müssen, damit die Betriebe in Niedersachsen in den kommenden Jahren eine gute Zukunft haben.

Die neuen Anforderungen müssen unter gleichzeitiger Berücksichtigung der nicht selten konträr erscheinenden Interessen von Unternehmen und Beschäftigten bewältigt werden. Dessen bin ich mir bewusst. Das kann allerdings nur gelingen, wenn die Zusammenarbeit von Betriebsleitung und Beschäftigten aktiv gelebt wird. Denn nur so wird die Zukunft zum Wohl aller aktiv gestaltet werden können.

Daher wird die Niedersächsische Landesregierung auch künftig darauf hinwirken, das bewährte deutsche Modell der Sozialpartnerschaft zu erhalten,

es aber auch weiterzuentwickeln. Darin sehe ich im Übrigen eine echte Chance, Krisen-, Transformationsprozesse und Strukturwandel weitgehend im Konsens und im Ergebnis dann hoffentlich erfolgreich im Sinne des Landes Niedersachsen zu meistern und zu bewältigen. Dieser Aufgabe werden wir uns in den kommenden Monaten mit Engagement, mit Mut und mit Entschlossenheit stellen.

Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Minister Althusmann.

Damit schließe ich die Beratung zu der Aktuellen Stunde zu „100 Jahre Betriebsräte“, und damit ist auch der gesamte Tagungsabschnitt Aktuelle Stunde für dieses Plenum beendet.

Wir gehen über zum

Tagesordnungspunkt 36: Dringliche Anfragen

Es liegen zwei Dringliche Anfragen vor.

Die für die Behandlung Dringlicher Anfragen geltenden Geschäftsordnungsbestimmungen setze ich als allgemein bekannt voraus.

(Ministerpräsident Stephan Weil spricht mit Minister Olaf Lies)

- Meine Herren Ministerpräsident und Wirtschaftsminister, vielleicht geht es auch etwas leiser? Entschuldigung, da reicht selbst das Mikro nicht ganz - und ich habe eigentlich schon eine laute Stimme.

Ich weise wie üblich besonders darauf hin, dass einleitende Bemerkungen zu den Zusatzfragen nicht zulässig sind, und erinnere daran, dass ein fraktionsloses Mitglied in einem Tagungsabschnitt insgesamt eine Zusatzfrage stellen kann.

Um dem Präsidium den Überblick zu erleichtern, bitte ich, dass Sie sich schriftlich zu Wort melden.

Wir beginnen mit der Dringlichen Anfrage der FDPFraktion:

a) Warum fällt die Verkleinerung der „roten Gebiete“ in Niedersachsen so gering aus? - Anfrage der Fraktion der FDP - Drs. 18/8116

Zur Einbringung hat sich der Abgeordnete Hermann Grupe zu Wort gemeldet. Bitte schön!

Vielen Dank, Frau Präsidentin.

Am 25. November 2020 hat Landwirtschaftsministerin Barbara Otte-Kinast in einer Pressemitteilung mitgeteilt, dass ein neuer Entwurf für die nitrat- und phosphatsensiblen Gebiete in die Ressortabstimmung gegeben werde, wozu auch 1 800 Detailkarten mit den sogenannten roten Gebieten gehören.

Als „großen Erfolg“ bezeichnete die Ministerin die Tatsache, dass auf Basis der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift (AVV) nun das Verursacherprinzip, also die Berücksichtigung der Emissionsdaten, verwendet werde.

In der Emissionsberechnung sei auch berücksichtig worden, dass der Mineraldüngereinsatz in Niedersachsen deutlich gesunken sei, wodurch es auch zu einer Neuausweisung der „roten Gebiete“ gekommen sei. Von vormals 39 % der landwirtschaftlichen Fläche seien nun 31 % der landwirtschaftlichen Fläche in Niedersachsen „rotes Gebiet“.

Am 22. Oktober 2020 berichtete der Bauernverband Schleswig-Holstein, dass die dortigen „roten Gebiete“ nach der Anwendung der AVV deutlich kleiner werden und nur noch 10 % der landwirtschaftlichen Nutzfläche der bisherigen Kulisse umfassen. Bislang umfasste die Nitratkulisse etwa 50 % der Landesfläche. Es sind dort also nur noch 5 % der Landesfläche Schleswig-Holsteins im „roten Gebiet“.

Wir fragen die Landesregierung:

1. Wie schätzt die Landesregierung die Vergleichbarkeit der Grundwassersituation bzw. Grundwasserdaten von Schleswig-Holstein und Niedersachsen ein?

2. Inwiefern wurde der gesamte Spielraum, den die AVV bei einer messstellenbasierten Bewertung der Gefährdung gibt, genutzt?

3. Warum fallen etwa 41 % der niedersächsischen Ackerfläche in „rote Gebiete“, obwohl der Stickstoffsaldo in den letzten Jahren von 80 000 t auf nahe null gesenkt wurde?

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank auch Ihnen. - Frau Ministerin OtteKinast wird antworten, und dann warten wir auf Nachfragen dazu. Die machen wir dann im Anschluss bitte wieder über das Saalmikrofon.

Bitte, Frau Ministerin!

Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Verehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen aus der FDP-Fraktion, das ML und das MU haben in den vergangenen Tagen sehr ausführlich über die Ausweisung der nitratsensiblen Gebiete in Niedersachsen informiert. Auch dem FDP-Agrarsprecher haben wir mehr als eine Stunde lang die Hintergründe der Neuausweisung dargelegt.

Daher überrascht es ein wenig - nein, eigentlich bin ich gar nicht überrascht -, dass dieses Thema erneut auf der Tagesordnung steht. Aber ich wiederhole gern nochmal: Die Ausweisung der nitratsensiblen Gebiete in Niedersachsen erfolgt strikt nach der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift. Dabei wird das vorgegebene dreistufige Verfahren angewendet. Jetzt sind rund 220 000 ha landwirtschaftliche Nutzfläche weniger als bisher in den „roten Gebieten“ und nur noch 3 % Grünland statt bisher mehr als 20 %. Das zeigt ganz genau den Erfolg des Emissionsansatzes, den ich mit Umweltminister Lies verfolgt habe. Er ist in dieser AVV verankert, und er wirkt.

Dieses vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen wie folgt.

Zu Frage 1: Wie schätzt die Landesregierung die Vergleichbarkeit der Grundwassersituation bzw. Grundwasserdaten von Schleswig-Holstein und Niedersachsen ein?

Ein Vergleich der Grundwassersituation und insbesondere der Grundwasserdaten erfordert eine Abfrage der aktuellen Datenlage des Landes Schleswig-Holstein und eine anschließende Analyse. Dies kann durch die Landesregierung nicht kurzfristig erbracht werden.