Protocol of the Session on December 9, 2020

Auch der EEG-Entwurf Ihrer Parteifreundinnen und -freunde im Bund - Sie vergessen ja manchmal, dass es Ihre GroKo ist, die dort gerade regiert - reiht sich in diese sehr bittere Tradition ein.

Die Energiewende hat einmal als Graswurzelbewegung begonnen. Bürgerinnen und Bürger und Energiegenossenschaften haben die Stromerzeugung selbst in die Hand genommen und ihren Beitrag zum Klimaschutz geleistet. Das war wirklich beeindruckend, und das müssen wir weiter unterstützen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die EU sieht das genauso wie wir. Sie sieht ausdrücklich ein Recht auf Bürgerinnen- und Bürgerenergie und Selbstversorgung vor. Die entsprechende Erneuerbare-Energien-Richtlinie, die es sich wirklich einmal durchzulesen lohnt, verbietet unnötige Hürden für die Eigenerzeugung und muss auch in Deutschland bis spätestens Mitte 2021 umgesetzt werden.

Wenn ich es richtig sehe, steht eine Bundestagswahl vor der Tür. Das heißt, die letzte Möglichkeit für diese Bundesregierung, das umzusetzen, ist über eine EEG-Novelle 2021. Aber Ihren Partei

freundinnen und -freunden ist das offensichtlich ziemlich egal. Sie brechen im Bund einfach weiter EU-Recht. Das geht natürlich nicht, liebe Kolleginnen und Kollegen!

(Beifall bei den GRÜNEN)

Mit wirklich absurden Anforderungen durch intelligente Messsysteme und Belastungen durch die Sonnensteuer wird der Weiterbetrieb all der dezentralen Bestandssolaranlagen, die jetzt nach 20 Jahren aus der Förderung fallen, bewusst verhindert.

Jetzt sollten vielleicht auch einmal die Abgeordneten aufhorchen, die sich sonst nicht so mit Energiepolitik beschäftigen: Erklären Sie doch mal all denjenigen, die vor 20 Jahren Pionierarbeit in Ihrem Wahlkreis geleistet haben, weshalb diese Anlagen jetzt de facto vom Netz gehen sollen bzw. verdrängt werden, obwohl wir sie dringend für die Energieversorgung brauchen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Mit neuen Ausschreibungspflichten für große Solaranlagen auf Dächern wird der laufende PVAusbau zurückgestutzt - das ist eigentlich gerade das Einzige, was noch so richtig funktioniert. Auch hier werden die letzten Bürgerenergiegenossenschaften, die in diesem letzten Bereich noch aktiv sind, aus dem Markt gedrängt.

Mieterinnen- und Mieterstrom wird weiter verkompliziert und teuer gemacht. Das ist eine sozial unfaire Benachteiligung von Mieterinnen und Mietern gegenüber Hausbesitzerinnen und Hausbesitzern.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das Thema Bürgerinnen- und Bürgerenergie - das ist klar - funktioniert nur dann, wenn wir auch kleinere Projekte von der Ausschreibungspflicht befreien. Bis 18 GW würde das laut EU auch gehen. Aber CDU und SPD im Bund stellen sich weiter fröhlich quer.

Nun schimpfen Sie hier völlig zu Recht öfter mal auf die Parteikolleginnen und -kollegen im Bund. Ich kann mich da nur anschließen; diese Kritik ist definitiv berechtigt. Aber auch auf Landesebene bleiben Sie die ganze Zeit hinter Ihren Möglichkeiten zurück. Dementsprechend ist diese Kritik wenig glaubwürdig.

Klimaziele, die 1,5-°C-konform sind, lehnen Sie ab! Den grünen Vorschlag für einen Klimavorbehalt in der Landesverfassung, um diese schwachen Klimaziele zumindest verbindlich zu machen, lehnen

Sie ab! Verbindliche Flächenziele für die Windenergie lehnen Sie ab! Der grüne Vorschlag für eine Solarpflicht auf allen Neubauten - abgelehnt! Der grüne Vorschlag für ein Erneuerbare-WärmeGesetz, um die Erneuerbaren im Heizungsbestand zu beflügeln - abgelehnt!

Daran sieht man doch, was Energiepolitik hier auf Landesebene bedeutet. Das ist leider deutlich zu schwach, liebe Kolleginnen und Kollegen.

Danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin. - Für die FDP-Fraktion hat sich der Abgeordnete Dr. Birkner zu Wort gemeldet. Bitte schön! Sie haben ebenfalls 4:30 Minuten.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Minister Lies, Sie haben heute leider nichts zu den Kosten der erneuerbaren Energien gesagt. Dieser Aspekt darf in dieser ganzen Debatte nicht zu kurz kommen - aber er ist bisher zu kurz gekommen und von niemandem wirklich angesprochen worden.

Das, was dort gefördert werden soll, muss ja auch von jemandem bezahlt werden. Das sind Kosten, die besonders die energieintensive Industrie, aber auch andere energieintensive Bereiche zu tragen haben. Die große Herausforderung ist doch, auf der einen Seite die Energiewende und die Umgestaltung der Energielandschaft hinzubekommen und auf der anderen Seite die Kosten im Griff zu behalten und den Unternehmen, die auf günstige Energie angewiesen sind, eine Perspektive zu geben.

Dazu weist das EEG nichts wirklich Zielgerichtetes aus, und auch seitens der Landesregierung ist hierzu nichts vorgetragen worden. Ich finde es bedauerlich, dass der Wirtschaftsminister nicht mehr an der Debatte teilnimmt; denn eigentlich muss es doch sein ureigenes Interesse sein, genau diese Kosten in den Blick zu nehmen.

Sie kennen unsere Auffassung. Wir sagen, der Fördermechanismus des EEG, der immer weiter ausdifferenziert wird, funktioniert nicht mehr. Das wird sich bei dem verzögerten Inkrafttreten jetzt auch noch einmal zeigen. Das alles ist nicht zielführend und wird am Ende auch keine Kosteneffizienz sicherstellen. Daher brauchen wir einen Sys

temwechsel. Wir müssen zu einem Emissionshandelssystem kommen, in das nicht nur die Stromproduktion, sondern alle Energieformen einbezogen werden. Nur dann ist gewährleistet, dass erneuerbare Energie in effizientester Weise produziert wird und die Kosten für die Verbraucher nur so hoch sind wie nötig. Dann ist die Förderung nicht mehr nach Ausbauzielen ausgerichtet, und die Preise werden nicht mehr politisch festgelegt, anstatt in einem Marktmechanismus festgestellt zu werden.

Wir sehen in dem bisherigen System einen grundlegenden Konstruktionsfehler, der nach wie vor nicht behoben ist - und offensichtlich auch nicht behoben werden soll, weil die Landesregierung dazu überhaupt keine Ausführungen gemacht hat. Herr Minister, ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie dies gegebenenfalls noch ergänzen könnten.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Dr. Birkner.

Uns liegt eine weitere Wortmeldung vor. Vielleicht hat Herr Minister Lies geahnt, dass Sie noch eine Ergänzungen erbitten. Die Landesregierung hat keine Redezeit mehr. Ich weise Sie an dieser Stelle darauf hin, dass das dann zur Folge hat, dass auch Sie zusätzliche Redezeit bekommen können, wenn es denn gewünscht ist.

Ich erteile Minister Lies das Wort. Bitte!

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe das als Frage verstanden, und die Frage der Kosten ist in der Tat eine ganz entscheidende.

Ohne den Ausbau der erneuerbaren Energien ist Klimaschutz in unserem Land nicht möglich. Daher führt am Ausbau der Erneuerbaren kein Weg vorbei. Ich will kurz darstellen, von welchen Dimensionen wir reden, weil ich immer wieder höre, dass das alles nicht schnell genug geht.

Bei der Windenergie müssen wir im Vergleich zu den guten Jahren, die wir bis 2017 hatten, doppelt so viel ausbauen. Bei der Photovoltaik müssen wir das, was wir in den letzten zehn Jahren ausgebaut haben, zukünftig pro Jahr ausbauen. Nur dann haben wir die Chance, 2040 in der Energiebilanz

bei null zu sein, und nur dann haben wir die Chance, 2050 klimaneutral zu sein.

Der stärkere Ausbau der Windenergie löst vor Ort natürlich Konflikte aus, wenn die Bürger keine weiteren Windenergieanlagen mehr wollen. Diese Konflikte kennen wir alle; auch ich stehe das vor Ort immer wieder durch. Insofern ist es gut, dass heute das klare Signal aus dem Parlament gekommen ist, dass der Ausbau gewollt ist und man die Bürger dabei mitnehmen will. Es soll sich nicht nur der Bewohner im 5. Stock in Hannover über grünen Strom freuen, sondern es soll sich auch der Bürger auf dem Land darüber freuen, dass die Windenergie dazu führt, dass die Kommune Geld einnimmt. Das ist ein fairer und gerechter Ausgleich, und der muss stattfinden.

(Beifall bei der SPD)

Herr Birkner hat nun einen entscheidenden Punkt angesprochen, und zwar die Strompreisentwicklung. Durch Corona, durch das Mehr an erneuerbaren Energien und die geringere Abnahme der Energie aufgrund des Herunterfahrens der Industrie, ist die EEG-Umlage noch einmal gestiegen. Aber man kann keinem Menschen erklären, dass wir immer mehr Erneuerbare mit einem immer besseren Deckungsgrad haben, aber der Strom trotzdem immer teurer wird. Da teile ich Ihre Einschätzung, Herr Birkner. Deswegen brauchen wir einen Systemwechsel in der Finanzierung der Energieversorgung in unserem Land.

Ich bin seit anderthalb Jahren unterwegs und erkläre, dass wir die EEG-Umlage auf 2 Cent deckeln müssen. 2 Cent ist der Betrag, den wir brauchen, um einen gesicherten Zubau an erneuerbaren Energien auf dem Niveau sicherzustellen, das zur Klimaneutralität führt. Über das Brennstoffemissionshandelsgesetz werden wir zu einem festen CO2-Preis kommen - der sich natürlich am Markt ergibt, Herr Birkner; darüber brauchen wir gar nicht zu streiten. Man nimmt den klugen Weg, der funktioniert und sicherstellt, dass der Ausgleich über die CO2-Bepreisung stattfindet.

Was aber nicht geht, ist, diese Konstellation des EEG auf Dauer vorzuhalten, weil das EEG, das am Anfang eine gute Lösung war, durch die Befreiungstatbestände inzwischen derart kompliziert geworden ist und derart für Verunsicherung in der Wirtschaft sorgt, dass es nicht funktioniert.

Aber wenn wir die EEG-Umlage am besten in näherer Zeit abschaffen, muss sichergestellt sein, dass der Ausbau der Erneuerbaren nicht am

Haushaltstopf des Finanzministers hängt, sondern dass er gesetzlich abgesichert ist. Die gesetzliche Absicherung ist das große Pfund des EEG gewesen. Wenn uns das gelingt, bin ich sofort dabei. Dann sollten wir die EEG-Umlage abschaffen, dann sollten wir auch das EEG abschaffen, dann haben wir nicht mehr das Problem mit Befreiungstatbeständen, Einzelgenehmigungen oder

Notifizierungen. Und wir haben einen Strompreis, der auf einen Schlag 8 Cent günstiger ist. Der Strompreis ist inzwischen ein Hemmnis für den Klimaschutz, weil angesichts der günstigen fossilen Energien die Investitionen in den Klimaschutz nicht umgesetzt werden können.

Der erste Baustein ist also: Die Wirtschaft braucht bezahlbare Energie. Der zweite Baustein ist: Man muss sie anrechenbar machen; RED II ist eine gute Lösung, wie man diese Aspekte berücksichtigen kann. Und der dritte Baustein ist: Der Bürger muss sehen, dass sich das in seiner Stromrechnung auszahlt. Es kann nicht sein, dass wir immer wieder erklären, dass die Erneuerbaren Energien immer günstiger werden, aber beim Bürger am Ende nichts davon ankommt. Das muss unser gemeinsames Ziel sein.

Sie sehen, in der Zielsetzung sind wir gar nicht so weit auseinander. Aber es muss gesichert sein, dass der Ausbau der Erneuerbaren dadurch nicht gefährdet wird.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Minister.

Damit wäre die Aussprache noch einmal eröffnet, wenn der Wunsch besteht. - Ich sehe bei der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ein Kopfschütteln. Das bedeutet nein. Auch die anderen Fraktionen nehmen diese Möglichkeit nicht wahr.

Meine Damen und Herren, wir hätten Ihnen gerne noch zusätzliche Redezeit eingeräumt. Damit ist die Fragestunde für diesen Tagungsabschnitt beendet.