Protocol of the Session on December 9, 2020

Vielen Dank, Herr Kollege Grupe. - Es macht sich als fraktionslose Kollegin die Abgeordnete Dana Guth auf den Weg.

(Unruhe)

- Ich darf um Ruhe bitten. Laufen Sie bitte nicht so viel durch den Raum!

Bitte sehr, Frau Kollegin!

Vielen Dank, Herr Präsident. - Die Rede von Herrn Dammann-Tamke hat im Grunde genommen schon alle Probleme, die momentan unsere Landwirte beschäftigen, sehr deutlich aufgelistet.

Die Ursachen? - Unsere Landwirte werden immer mehr zu abhängigen Leistungsempfängern der EU gemacht. Sie bekommen unterm Strich Geld von der EU dafür, dass sie Regeln umsetzen, die die EU eingeführt hat, zum Teil gegen wissenschaftliche Erkenntnisse und zum Teil auch gegen den gesunden Menschenverstand.

Frau Guth, einen Moment, bitte!

(Dr. Stefan Birkner [FDP] spricht mit dem hinter ihm sitzenden Jörg Bode [FDP])

- Herr Kollege Dr. Birkner, mit dem schönen Rücken ist das immer so eine Sache.

Herr Kollege Calderone möchte sich bitte auf seinem Platz auf seinen demnächst anstehenden Auftritt vorbereiten, andere auch.

(Jörg Bode [FDP]: Will er gar nicht!)

- Jetzt verlässt er protestierend - oder auch nicht - den Saal.

Weiter geht’s!

Vielen Dank.

Die Segnungen der EU erweisen sich für unsere Landwirte immer wieder und immer häufiger als Bumerang. Wettbewerbsverzerrungen durch diverse Ausnahme-, Sonder- und Andersregelungen in anderen europäischen Ländern stellen die wirtschaftliche Situation für unsere Landwirte auf ein schwieriges Feld.

Landwirte sind systemrelevant, haben wir eben gehört. Wenn man sich die Lage der systemrelevanten Berufsgruppen in diesem Land ansieht, dann kann man froh sein, wenn man nicht systemrelevant ist. Schauen wir uns die Situationen von Pflegekräften, medizinischem Personal und eben auch von Landwirten an! Systemrelevante haben es in diesem Land momentan nicht einfach.

Die endlosen Debatten der letzten drei Jahre um rote Gebiete, Wasserschutz, Ferkelkastrationen, Glyphosat, Rübenbeize und viele weitere Themen beweisen unterm Strich nur eines: Nationale Lösungen sind momentan weder möglich noch gewünscht. Europäische Lösungen benachteiligen deutsche Landwirte immer wieder, siehe Ausnahmegenehmigung zur Rübenbeize, siehe z. B. Ferkelkastrationen, die in anderen europäischen Ländern ganz anders geregelt sind.

Fakt ist: Im Hinblick auf Probleme wie die Schweinepest, die momentan immer noch als Damoklesschwert über deutschen Landwirten schwebt, wie Wölfe, zu denen nichts einheitlich geregelt werden kann, usw. kann man sagen: Als deutscher Landwirt oder als systemrelevanter Abhängiger hat man es momentan nicht leicht in diesem Land.

Vielen Dank.

(Beifall von fraktionslosen Abgeordne- ten)

Vielen Dank, Frau Kollegin. - Aus dem Plenum liegen keine weiteren Wortmeldungen mehr vor,

sodass ich jetzt die Landesregierung aufrufen darf. Bitte sehr, Frau Ministerin Barbara Otte-Kinast! Ich erteile Ihnen das Wort. Bitte sehr!

Herr Präsident! Verehrte Damen und Herren! Ja, dieses Jahr ist eine Herausforderung für uns alle; nicht umsonst ist „Corona-Pandemie“ das Wort des Jahres. Auch in der Land- und Forstwirtschaft kamen viele Corona-bedingte Themen auf, darunter die Saisonarbeitskräfte oder ganz aktuell der Schweinestau in den Ställen, dazu noch Tierseuchen wie die Afrikanische Schweinepest.

Den Schweinestau gehen wir in enger Zusammenarbeit mit dem Gesundheitsministerium, dem Bundeslandwirtschaftsministerium und der Branche an. Für den Fall eines Ausbruchs der ASP in Niedersachsen sind wir bestens aufgestellt. 2021 stehen für Präventionsmaßnahmen rund 1,6 Millionen Euro bereit. Eines zeigt diese Krise deutlich - das haben auch schon meine Vorredner gesagt -: Die Landwirtschaft ist systemrelevant.

Unsere Landwirtinnen und Landwirte sorgen für reichlich gedeckte Tische. Klar ist aber auch: Viele der Herausforderungen für unsere Land- und Forstwirtschaft gab es auch schon vor Corona.

Meine Damen und Herren, die Landwirtschaft befindet sich in einem nie gekannten Wandlungsprozess. Die Gesellschaft fordert mehr Umwelt-, mehr Klimaschutz, Artenvielfalt und mehr Tierwohl. Gleichzeitig erleben unsere Landwirtinnen und Landwirte auf den Betrieben einen harten Wettbewerb und oftmals wenig Wertschätzung für ihre anstrengende Arbeit. Diesen Wandel können wir gestalten. Um die Landwirtschaft fit für die Zukunft zu machen, braucht es ein solides Fundament.

Der Gesamtetat des von mir verantworteten Einzelplans 09 für das kommende Jahr beträgt 470 Millionen Euro. Dieses Geld wurde von den Menschen in unserem Land erarbeitet, und damit müssen wir alle verantwortungsvoll umgehen.

Ich möchte deshalb auch meinem Ministerkollegen Reinhold Hilbers ausdrücklich für die Hilfe bei der Lösung schwieriger finanzieller Fragen danken. Vielen Dank auch an die Damen und Herren Abgeordneten der Regierungsfraktionen für Ihre große Unterstützung. Natürlich möchte ich mich auch bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern nicht nur im Finanzministerium, sondern gerade auch in meinem Haus bedanken. Es ist nicht leicht, überall

vor großen Herausforderungen zu stehen und nicht das nötige Geld dafür zu haben. Vielen Dank für die Kreativität auch bei mir im Haus!

Eines möchte ich an dieser Stelle nicht ungesagt lassen. Wir müssen die Höhe der Gelder in den nächsten Jahren auf den Prüfstand stellen. Die Transformation der Landwirtschaft und der Wiederaufbau des Waldes sind Zukunftsfragen, die elementar für unser Land Niedersachsen sind. Der Klimaschutz ist heute in unsere Verfassung gekommen. Das Landwirtschaftsministerium findet Antworten auf diese Zukunftsfragen, dennoch verfügt mein Ressort über das kleinste Finanzvolumen. Ich vertraue also darauf, dass wir mit den Verantwortlichen aus dem Finanzbereich und mit Ihnen allen in den nächsten Jahren vorausschauend auch Anpassungen vornehmen werden.

Meine Damen und Herren, die Weichen müssen jetzt gestellt werden, damit Niedersachsen auch in Zukunft das Agrarland Nummer eins bleibt. Mein Kernanliegen ist deshalb ein neuer Gesellschaftsvertrag. Er soll es den Landwirtinnen und Landwirten ermöglichen, den gesellschaftlichen Erwartungen gerecht zu werden und gleichzeitig wirtschaftlich erfolgreich zu sein, um den eigenen Lebensunterhalt erwirtschaften zu können. Diesen Gesellschaftsvertrag erreichen wir durch verschiedene Bausteine. Das sind beispielsweise die Ackerbau- und Grünlandstrategie, die Nutztierstrategie und natürlich der „Niedersächsische Weg“.

Der „Niedersächsische Weg“ bringt die gesellschaftlichen Forderungen nach mehr Naturschutz und die Einkommensinteressen der Landwirtschaft unter einen Hut. Zusammen mit den Vertretern der Landwirtschaft und der Naturschutzverbände haben wir ein Gesamtprogramm im Umfang von bis zu 350 Millionen Euro für die nächsten vier Jahre geschnürt. Das haben wir durch zusätzliche Mittel, Umschichtungen und inhaltliche Prioritätensetzungen erreicht. Allein in meinem Haushalt sehen wir für den „Niedersächsischen Weg“ über 22 Millionen Euro im nächsten Jahr vor, und davon sind 16 Millionen Euro Landesmittel.

In diesem Betrag sind auch die Mittel für eine deutliche Ausweitung des ökologischen Landbaus enthalten, den wir in Niedersachsen bis zum Jahr 2030 auf 15 % steigern wollen. Dafür stellen wir die notwendigen Prämienzahlungen, aber auch weitere Fördermittel bereit. Unter anderem wollen wir das Erfolgskonzept Ökomodellregion weiter ausbauen. Dafür sind zusätzlich 180 000 Euro für drei weitere Ökomodellregionen vorgesehen.

Ja, Herr Hermann Grupe, 2 Millionen Euro wollen wir für die Umstellung in der Beratung auch aus diesem Topf nehmen, um die Landwirte dorthin zu führen.

Die Nutztierhaltung und der Ackerbau werden von weiten Teilen der Gesellschaft oft kritisch beäugt, das ist kein Geheimnis. Da setzen wir mit unserer Ackerbau- und Grünlandstrategie, aber auch mit unserer Nutztierstrategie an. Wichtig ist, dass die verschiedenen Förderungen gut miteinander verzahnt werden, damit passgenau gefördert werden kann.

Um den Ackerbau weiterzuentwickeln, stehen zusätzlich 200 000 Euro im Haushalt bereit, und daneben gilt es, die Förderungen auf Bundesebene zu nutzen bzw. nutzbar zu machen.

Eine gute Nachricht ist auch, dass das 300 Millionen Euro starke Stallumbauprogramm für Sauenställe doch noch bis zum Jahr 2022 gelten soll, eine Verlängerung der Antragsfrist über den März 2021 wird derzeit vom Bundeslandwirtschaftsministerium in Abstimmung mit dem Bundesfinanzministerium geprüft.

Aber auch die Verbraucherinnen und Verbraucher können selbst etwas machen. Ihr Einkaufsverhalten beeinflusst Produktionsprozesse. Jeder mag niedliche Ferkel auf Stroh streicheln. Viele greifen dann aber eben doch zu Billigstangeboten beim Einkauf, und die Schritte dazwischen werden oftmals ausgeblendet.

Für mich ist klar: Wir brauchen eine Ernährungswende. Dazu gehört die Wertschätzung unserer Lebensmittel und derjenigen, die sie produzieren: unsere Landwirtinnen und Landwirte. Um die Ernährungswende voranzutreiben, arbeitet das von mir ins Leben gerufene ZEHN u. a. an einer Ernährungsstrategie für Niedersachsen. Im Schulprogramm - es wurde bereits genannt - stehen 1,7 Millionen Euro zur Verfügung. Es führt Kinder an die Vielfalt regionaler Obst- und Gemüseprodukte und natürlich an die Milch heran.

Und auch den Wald werden wir für die Zukunft fit machen. Der Wald in Niedersachsen leidet unter Wetterextremen und dem Borkenkäfer. Die Freiflächen und die Polter werden immer größer. Die Holzpreise sind im Keller, und der Absatzmarkt ist nicht zuletzt durch die Corona-Pandemie stark beeinträchtigt. Vor uns liegt die Jahrhundertaufgabe, diesen Wald zukunftsfest zu machen. Aus dem Sondervermögen Wirtschaftsförderfonds kann

mein Ressort für den Wald 160 Millionen Euro

einsetzen. Mit den Bundesmitteln erreichen wir für den staatlichen und nichtstaatlichen Wald über 170 Millionen Euro in den nächsten vier Jahren. Der Wald geht uns alle an. Er ist Klimaschützer Nummer eins und Lebensraum für Mensch, für Tier und Pflanze und ein wichtiger nachhaltiger Rohstofflieferant. Der Wald ist also jeden Euro wert.

Meine Damen und Herren, die Entwicklung der ländlichen Räume ist ein wichtiges Ziel der niedersächsischen Agrarpolitik. Die Nachfrage nach Fördermitteln ist weiterhin riesengroß. Dafür stehen in 2021 durch Bundes- und Landesmittel über 80 Millionen Euro zur Verfügung. Um die Mittel zeitlich flexibel einsetzen zu können, haben die Regierungsfraktionen noch eine Verpflichtungsermächtigung in Höhe von 25 Millionen Euro nachgesteuert. Dafür möchte ich mich ganz herzlich bedanken. Das ist ein wichtiges Signal an unsere Dörfer und ländlichen Strukturen.

Außerdem geht es um die Gelder für die Kofinanzierung. Aus einem Landes-Euro können wir so acht Euro für Niedersachsen generieren, wenn wir die unterschiedlichen Programme geschickt kombinieren. Finanzwirtschaftlich betrifft uns dies erst in 2022. Inhaltlich müssen wir aber jetzt die Weichen stellen.

Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluss. Mit unserem Haushalt für 2021 sind wir für die kommenden Herausforderungen gut gewappnet. Unser gemeinsames Ziel ist es, das Beste für Niedersachsen zu erreichen. Deshalb vielen Dank für Ihre Unterstützung und die Zustimmung zu diesem Haushalt.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Ministerin.

Meine Damen und Herren, ich sehe keine weiteren Wortmeldungen. Damit können wir den Komplex Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz abschließen.

Ich rufe auf den

Tagesordnungspunkt 30: Haushaltsberatungen 2021 - Schwerpunkt Justiz

Hierzu liegt mir eine erste Wortmeldung vom Kollegen Christian Calderone, CDU-Fraktion, vor. Herr Kollege, ich erteile Ihnen das Wort. Bitte sehr!