Protocol of the Session on December 9, 2020

Verbraucher gerade einmal knapp zwei Monate vergehen. Wir haben hier eine starke vertikale Integration. Das heißt, durch die vertikale Integration hat man die Möglichkeit, das Angebot sehr stark einzuschränken.

Wir alle glauben, dass wir hier seitens der Politik mit Millionenzuwendungen in die Landwirtschaft hinein viel Gutes tun können. Aber ich möchte das heute ein wenig relativieren. Einer der politischen Mitbewerber in unserem Wettbewerb um die Wählergunst und um die besten Lösungen hat hier Änderungsvorschläge für den Einzelplan 09 in Höhe von 60 Millionen Euro eingebracht.

60 Millionen Euro dividiert durch 2,6 Millionen ha landwirtschaftliche Nutzfläche, sind gerade einmal 23 Euro pro Hektar, der bewirtschaftet wird. Wenn der durchschnittliche landwirtschaftliche Familienbetrieb in Niedersachsen über 69 ha Nutzfläche verfügt, dann kommen pro Betrieb gerade einmal 1 590 Euro pro Hektar in diesem Betrieb an. Zugegeben, das ist für den einen oder anderen Bundesbürger viel Geld. Aber für einen landwirtschaftlichen Betrieb als Unternehmen reicht das gerade, um einen Handwerker, einen Gesellen mit Auszubildenden, zweieinhalb Tage zu entlohnen. Dann sind diese 1 590 Euro weg.

Wir halten fest: Systemrelevant bedeutet nicht automatisch Märkte mit auskömmlichen Preisen. Steuermittel, Hilfen, Unterstützungsmaßnahmen können strukturbedingte Verwerfungen nicht auffangen. Es ist Kernaufgabe des politischen Handelns, politischer Verantwortung, die Ernährung und die heimische Erzeugung sicherzustellen.

Allerdings sind nicht nur strukturelle Probleme zu lösen, sondern gleichzeitig prasseln jede Menge gesellschaftlicher Wünsche, die einen unausweichlichen Transformationsprozess nach sich ziehen, auf die Landwirte ein: mehr Tierwohl, mehr Tierschutz, baurechtliche Rahmenbedingungen, seit Jahren in der Erarbeitung, mehr Grundwasserschutz, mehr Schutz von Oberflächengewässern - beides befindet sich derzeit in der Umsetzung; Stichwort „rote Gebiete“ -, mehr Aufzeichnungspflichten. Machen wir uns nichts vor: Wer kommt denn den Aufzeichnungspflichten in landwirtschaftlichen Familienbetrieben nach? Das ist entweder der Betriebsleiter in den Abendstunden, oder es sind seine Familienmitglieder, allen voran die Ehefrau, die das on top leistet. Weniger Pflanzenschutz, mehr Insektenschutz, mehr Biodiversität, mehr Klimaschutz, mehr Lebensmittelsicherheit sind weitere Beispiele. Kein anderer Wirtschafts

zweig ist auch nur annähernd mit derart vielen gesellschaftlich gewünschten Herausforderungen gleichzeitig konfrontiert.

Darüber hinaus beinhalten diese auch noch andere Zielkonflikte. Nur ein Beispiel: Mehr Tierwohl, mehr Offenställe bedeuten pro Tier oder pro Produktionseinheit gleichzeitig mehr Ausscheidungen klimaschädlicher Gase.

Es bleibt dabei: Die landwirtschaftlichen Vollerwerbsbetriebe benötigen für eine dauerhafte Lebensfähigkeit in etwa 60 000 Euro Unternehmensgewinn per anno. Davon müssen Sie Ihre Lebenshaltungskosten und Versicherungen bezahlen, im Regelfall Altenteiler finanziell auskömmlich unterstützen müssen. Hinzu kommen die Entlohnung der familieneigenen Arbeitskräfte, Steuern und Investitionen. Es ist eine Illusion, zu glauben, dass wir die Strukturen bäuerlicher - oder nennen wir sie - mittelständischer landwirtschaftlicher Familienbetriebe einzig und allein über staatliche Zuschüsse erhalten. Vielmehr muss es unser wesentliches Ziel sein, Rahmenbedingungen zu schaffen, die bezüglich der Wertschöpfung in der Agrar-, Ernährungs- und Lebensmittelbranche zu einem fairen und dauerhaften Ausgleich und einer fairen Entlohnung über alle Stufen führen.

Eine Schlüsselfunktion kommt in diesem Zusammenhang zweifelsohne dem Verbraucher zu; denn es ist der Verbraucher, der über sein Konsumverhalten bestimmt, was in unseren Lebensmittelmärkten angeboten wird. In dieser Beziehung ist ganz maßgeblich der Bund gefordert; denn wir brauchen saubere und rechtssichere Herkunftsnachweise, was derzeit noch immer am Europarecht scheitert.

Insofern haben wir als regierungstragende Fraktionen eine politische Liste aufgestellt, in der wir über verschiedene Projekte Fragen in Bezug auf die zukünftige Ausrichtung unserer Landwirtschaft beantwortet wissen wollen. Es geht um regionale Wirtschaftsfondssysteme und übergebietlichen

Absatz für den ländlichen Raum in Niedersachsen und um ein Herausarbeiten der Bedeutung des internationalen Handels. Denn machen wir uns nichts vor: Niedersachsen ist Agrarland Nummer eins, die Bundesrepublik Deutschland ist einer der drei größten Nettoexporteure von Lebensmitteln und einer der drei größten Nettoimporteure. Im Saldo sind wir Importeur. Deshalb spielt auch für Niedersachsen der internationale Handel durchaus eine Rolle.

Regionale Strukturen effizient stärken, ein Herkunftszeichen für Niedersachsen, ist unser zweiter Ansatz. Der dritte ist in Kenntnis der Erfahrungen aus dem Lockdown: neue Autarkie, Neuorganisation von Lieferketten, Versorgungssicherheit im Agri-Business in Niedersachsen. Viertens geht es um die Stärkung der regionalen Direktvermarktung und fünftens um regionale Fleischvermarktung und dezentrale mobile Schlachtstrukturen. Mit überschaubaren Mitteln werden wir hier über die entsprechenden Studien Ergebnisse erarbeiten, auf deren Basis unternehmerische Zukunftsentscheidungen seitens unserer Landwirte gefällt werden können.

Ich würde jetzt normalerweise zur Rubrik „Attacke auf die politischen Mitbewerber“ kommen, aber leider ist mein Zeitkontingent erschöpft,

(Julia Willie Hamburg [GRÜNE]: Wie schade!)

und ich bin heute auch nicht in der Stimmung, diese politischen Mitbewerber zu attackieren. Insofern danke ich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und Zustimmung bei der SPD)

Herzlichen Dank, Herr Kollege Dammann-Tamke. - Meine Damen und Herren, zweite Rednerin für die Fraktion der CDU ist die Kollegin Veronika Koch. Bitte schön!

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Landeshaushalt 2021 werden im Bereich Verbraucherschutz zum einen die Verbraucheraufklärung und zum anderen die Vermittlung von Kenntnissen an Kinder einen großen Schwerpunkt einnehmen.

(Vizepräsident Bernd Busemann über- nimmt den Vorsitz)

Zahlreiche gute Maßnahmen sollen zum einen dafür sorgen, dass unsere niedersächsischen Verbraucherinnen und Verbraucher trotz oder gerade wegen der Corona-Pandemie wirksam vor Gefahren geschützt werden und dass zum anderen deren gesunde Ernährung gefördert wird. Deshalb unterstützen wir als Regierungskoalition weiterhin gern die unverzichtbare Arbeit der Verbraucherzentrale Niedersachsen. Die Verbraucherzentrale gewährleistet landesweit eine anbieterunabhängige, fachlich fundierte Verbraucherinformation und

Beratung und wäre ohne finanzielle Unterstützung des Landes nicht in der Lage, diese Aufgabe wirksam zu erfüllen.

Hervorheben möchte ich an dieser Stelle das Projekt „Stärkung des Verbraucherschutzes im ländlichen Raum“. Die Mittel hierfür werden in der Mipla aufgestockt, damit wir alle Landesteile Niedersachsens mit den Angeboten der Verbraucherzentrale erreichen.

Darüber hinaus geben wir mehr Mittel in die Projektförderung im Bereich Ernährung, Hauswirtschaft und Landfrauen. Damit wollen wir den Erzeuger-Verbraucher-Dialog fördern und insbesondere Kindern Kenntnisse über Lebensmittel, deren Erzeugung, Verarbeitung und Verwendung vermitteln. Erreicht werden sollen ein besseres Verständnis für Zusammenhänge im Bereich der Landwirtschaft und Ernährung sowie ein wertschätzender Umgang mit Lebensmitteln.

Diese Projekte sollen gerade an Schulen stattfinden, weshalb im Haushalt 2021 ein Förderprogramm wie beispielsweise das beliebte Programm „Kochen mit Kindern“ finanziell abgesichert wird. Schon früh lernen Kinder hier unter Anleitung geschulter Landfrauen etwas über die Zubereitung einfacher und gesunder Gerichte. So werden auf praktische Art Ernährungswissen und Fertigkeiten miteinander verknüpft. Damit kann man gar nicht früh genug anfangen.

Meine Damen und Herren, Kinder sind besonders schutzbedürftige Verbraucher. Deshalb setzen wir uns als CDU-Fraktion dafür ein, dass durch eine ausgewogene und abwechslungsreiche Ernährung schon früh die optimalen Grundlagen für Entwicklung, Wachstum und Lernerfolg unserer KitaKinder sowie der Schülerinnen und Schüler gelegt werden. Der vorliegende Haushaltsentwurf sichert in diesem Bereich deshalb nicht nur die Fortsetzung des EU-Schulprogramms finanziell ab, mit dem Kinder in Niedersachsens Schulen und Kindertageseinrichtungen kostenlos Obst und Gemüse sowie Milch erhalten, sondern Niedersachsen legt noch Finanzmittel dazu.

Ich bin dieser Landesregierung und vor allem der Verbraucherministerin Barbara Otte-Kinast sehr dankbar, dass sie auch in den schwierigen Zeiten der Pandemie die Probleme verantwortungsbewusst angeht. Ich danke auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die in den Ministerien eine engagierte und gute Arbeit machen, und ich danke insbesondere auch den Kolleginnen und Kollegen im

Fachausschuss für die stets gute und konstruktive Zusammenarbeit.

Damit schließe ich meine Ausführungen und wünsche allen eine gesegnete Adventszeit.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU - Zustimmung bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Koch. - Es folgt jetzt für Bündnis 90/Die Grünen Kollegin Miriam Staudte. Frau Kollegin Staudte, Sie haben das Wort. Bitte!

Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Die vielen Debatten der Vergangenheit haben es gezeigt: Die Landwirtschaft steht wirklich vor einem der wichtigsten Transformationsprozesse hin zu einem ressourcenschonenden Umgang und zu einer Wirtschaftsweise, die es den Landwirtinnen und Landwirten ermöglicht, gut auszukommen. Deswegen demonstrieren sie zurzeit.

Doch leider, Frau Ministerin, spiegelt Ihr Haushalt das so nicht wider. Es bleibt bei einem „Weiter so!“ Er wird nicht genutzt, um eine Basis für ein tragfähiges Regierungshandeln zu schaffen. Ich glaube, das ist das Problem.

Sie selber verstehen sich immer als jemand, der Konflikte moderiert, aber eigentlich möchten Sie nicht so gerne handeln. Regierungshandeln heißt aber deswegen so, weil man ab und zu auch eine Entscheidung treffen und eben handeln muss.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die Bauernproteste, über die wir morgen auch noch diskutieren werden, machen es ganz deutlich: Die Politik muss einen Rahmen geben, damit die Position der Landwirtinnen und Landwirte gegenüber dem Einzelhandel und den verarbeitenden Betrieben gestärkt wird.

Letztendlich kann ich aber gut nachvollziehen, warum Sie in diesem Haushalt keine Akzente setzen. Denn für die zig Arbeitskreise, die Sie in den letzten Monaten bzw. - das muss man schon fast sagen - Jahren gegründet haben, braucht man ja eigentlich auch gar nicht so viel Geld.

Nehmen wir das Beispiel Tierschutz: Es ist fast drei Jahre her, dass die verschiedensten Arbeits

kreise zur Nutztierhaltungsstrategie gegründet worden sind. Von einem Ergebnis haben wir bis heute nichts gehört. Es gibt den Lenkungsausschuss, die Arbeitsgruppe Schweine, die Arbeitsgruppe Rinder und kleine Wiederkäuer, die Arbeitsgruppe Geflügel, die wiederum vier Unterarbeitsgruppen hat, die Projektgruppe Tierschutzindikatoren, die Projektgruppe Schlachten und Töten, die Projektgruppe Tiertransporte und den Arbeitskreis Folgenabschätzung, der vermutlich all das, was die anderen Gruppen vorgeschlagen haben, wieder eindampft.

Wenn man z. B. einmal die Arbeitsgruppe Tiertransporte betrachtet, dann muss man sich doch wirklich wundern: Das ist so ein virulentes Thema. Ich glaube, es ist ungefähr vier Monate her, dass das Verwaltungsgericht in Oldenburg Ihren Erlass zum Stopp der Tiertransporte einkassiert hat. Man muss auch sagen: Der war wirklich handwerklich so schlecht gemacht - er hat nur zweieinhalb bzw. drei Zeilen umfasst -, dass es gar kein Wunder war, dass das Verwaltungsgericht ihn einkassiert hat.

Ich frage mich: Wie nutzen Sie eigentlich diese Arbeitsgruppe Tiertransporte? Da muss doch ein Austausch stattfinden; da muss man sich doch beraten und dann zu einem guten Fundament bzw. Beschluss kommen. Aber von all dem ist nichts zu sehen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Man ist dann immer wieder erschüttert, gibt sich betroffen - und setzt die nächste Arbeitsgruppe ein.

Ein anderes Beispiel ist die Projektgruppe Schlachten und Töten. Irgendwas mit dem Thema Schlachten war doch da in den letzten Monaten! Ich glaube, es ging um die Schlachthöfe und die vielen infizierten Werkvertragsmitarbeiter. Da wurde auch gesagt: Wir führen ein Ampelsystem ein, brauchen aber erst mal eine Arbeitsgruppe. - Die hat auch getagt, und danach gab es bestimmte Empfehlungen. Die waren aber nicht so zu verstehen, dass der Betrieb geschlossen wird, wenn bestimmte Infektionszahlen erreicht werden. Das könnte man ja denken, wenn von einer Ampel geredet wird - die kann ja auch mal auf Rot stehen. - Nein, es waren wieder nur Empfehlungen - alles nur Placebo.

(Christian Meyer [GRÜNE]: Bei Rot läuft es weiter!)

Auch zum Thema Nottötung - Sie erinnern sich an die Studie von Frau Große Beilage zu den kranken, langsam verendenden Schweinen - hat die Arbeitsgruppe der Landjugend schon vor einem Jahr einen guten Vorschlag gemacht und gesagt: Bitte finanziert die Elektrozangen, damit wir als Landwirte bzw. Tierhalter ordentlich betäuben können. - So ein Haushalt wäre wirklich mal eine gute Gelegenheit, um Mittel für ein Programm dafür bereitzustellen. Aber wieder ist nichts passiert.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wenn Sie Ideen verfolgen, Frau Ministerin, dann führen sie häufig in eine Sackgasse. Zum Thema Klimakrise, Dürre usw. haben Sie eine staatlich subventionierte Dürreversicherung für Landwirte gefordert, obwohl Frau Klöckner das vorher schon längst abgelehnt hatte. Das ist wirklich so ein Endof-the-Pipe-Ansatz: Erst muss das Problem seinen Lauf nehmen, und zum Schluss will man etwas reparieren und viel Geld hinterherwerfen. Wenn dann aber auf der anderen Seite der Bauernverband Nordostniedersachsen - das ist eine von Trockenheit betroffene Region - ankommt und sagt: „Wir haben hier was Tolles ausgearbeitet; wir wollen dezentrale Speicherbecken zur Beregnung usw. installieren; bitte fördert das!“, dann gibt es von Ihrem Staatssekretär Theuvsen in Ihrem Namen eine Absage - das wäre zu teuer. Aber für Dürreversicherungen wäre, meinen Sie, theoretisch Geld da.

Das ist kein vorausschauendes Arbeiten und führt uns alle nicht weiter.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Beim Thema Staatssekretär muss ich noch etwas anderes ansprechen - da gab es auch irgendwas Haushaltsrelevantes in diesem Jahr. Sie haben Ihren bisherigen Staatssekretär entlassen - das an sich will ich nicht kritisieren; ich denke, das war die richtige Entscheidung. Aber dass Sie mit dieser sich schon lange abzeichnenden Entscheidung gewartet haben, bis er seine zwei Jahre auf dem Posten voll hatte, um dann sein Ruhegehalt nach B 9 und nicht nach B 6 zu bekommen, ist wirklich unverantwortlich den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern gegenüber.