Meine Damen und Herren, diese Zeiten sind ohne Zweifel hart und stellen uns beinahe täglich vor neue schwierige Herausforderungen. Doch wenn ich mir die Fortschritte in der Impfstoffforschung anschaue, gibt es durchaus berechtigte Hoffnungen. Der Chef der Weltgesundheitsorganisation sprach vor wenigen Tagen von einem Licht am Ende des Tunnels.
Es stimmt, die Corona-Impfungen sind eine riesige Herausforderung. Diese gut zu meistern, muss höchste Priorität haben. Die Landkreise sind dabei, die Impfzentren einzurichten. Ich glaube, dass das Einladungsverfahren und die Logistik eine große Herausforderung für uns darstellen. Ich hoffe ebenso wie viele andere Menschen, dass wir ziemlich schnell mit den Impfungen anfangen können.
Man muss aber die Erwartungshaltung ein bisschen bremsen. Der Ministerpräsident hat darauf hingewiesen: Auch wenn jetzt eine Charge von 500 000 Impfdosen kommt und eine zweite Impfung nötig ist, können im Moment gesichert erst einmal 250 000 Menschen geimpft werden. Wir hoffen, dass dann möglichst schnell weiterer Impfstoff kommt, sodass wir dann zur Massenimpfung übergehen können. Wenn man sich das vorstellt - im Sozialausschuss ist das sehr einleuchtend dargestellt worden -: Da liegt wirklich eine riesige Herausforderung vor uns.
Ich will das aber mit dieser Hoffnung verbinden und diese Hoffnung auch schöpfen. Wir sollten sie nicht aufgeben und auch mit Rücksichtnahme und Zusammenhalt durch diese Krise kommen. Besonders in dieser Adventszeit sollten wir das Fünkchen Hoffnung am Himmel, dass wir mit einem Impfstoff ein besseres Jahr 2021 erleben werden, in den Vordergrund stellen.
Vielen Dank, Frau Kollegin Modder. - Es folgt nun für die FDP-Fraktion Herr Fraktionsvorsitzender Dr. Birkner. Bitte!
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, Sie haben in Ihrer Regierungserklärung ausgeführt, dass Sie sich nicht in der Lage sehen, eine nachhaltigere Strategie zum Umgang mit der CoronaPandemie vorzulegen, und dass Sie die Verlässlichkeit, die auch Sie für erforderlich halten, für nicht herstellbar halten. Das sehen wir ausdrücklich anders!
Wir haben bereits in der letzten Plenarsitzung hierzu entsprechende Eckpunkte dargestellt, über die wir dringend eine intensive Debatte führen müssen, damit wir endlich zu einer verlässlicheren und nachhaltigeren Corona-Strategie kommen.
Herr Ministerpräsident, Sie selbst sagen: Die Infektionszahlen wollen und dürfen wir nicht wieder hochkommen lassen. - Das ist ja richtig. Aber dann, wenn Sie diesen Anspruch und dieses Ziel selbst formulieren, wenn Sie davon ausgehen, dass die jetzigen Maßnahmen dazu führen, dass die Infektionszahlen sinken und dass man sie dann
im Januar - das ist vermutlich der Zeitraum, in dem man das nächste Mal darüber reden muss - nicht wieder hochkommen lassen darf, stellt sich doch heute schon die Frage: Wie soll das konkret geschehen? - Dazu hätten Sie hier und heute in der Regierungserklärung sagen müssen, was für Sie die Punkte sind, wie eine solche Strategie aussehen kann. Wenigstens Eckpunkte! Was Sie heute geliefert haben, war dafür viel zu wenig.
Meine Damen und Herren, für uns als Freie Demokraten sind Bestandteile einer solchen nachhaltigen Strategie zur Bekämpfung der CoronaPandemie, dass wir erstens nachvollziehbare Regeln haben, die auch auf Eigenverantwortung setzen. Das heißt nicht, dass man gänzlich auf Regeln verzichten kann. Aber Eigenverantwortung und Einsicht durch Nachvollziehbarkeit sind wesentliche Elemente, damit Bürgerinnen und Bürger gerade in einer freiheitlichen Gesellschaft auch davon überzeugt sind, dass das, was sie tun sollen, richtig ist. Das steigert doch die Akzeptanz solcher Regelungen! Diesem Anspruch genügen Sie, wenn Sie sich die Begründungen - dankenswerterweise liegen sie jetzt vor - anschauen, in vielen Punkten eben nicht; denn Sie können nicht begründen, warum Sie im exakten Einzelfall diese Regelungen vorsehen. Das sollte für Sie ein Prüfpunkt sein, um besser zu werden.
Der zweite Punkt, der für uns wichtig ist: Wir brauchen differenzierte Regelungen. Wir haben das heute schon von Oberbürgermeister Klingebiel in den Zeitungen lesen können, dass auch auf der kommunalen Ebene für mehr Differenzierung, für mehr Nachvollziehbarkeit geworben wird und dass das, was insbesondere im Schulbereich passiert, offensichtlich nicht mehr nachvollziehbar ist und vor Ort mittlerweile ganz anders gehandhabt wird. Also mehr Differenzierung und weniger pauschale Regelungen!
Wir brauchen drittens - auch dazu haben Sie leider nichts gesagt - Aussagen, wie es mit der Stärkung des öffentlichen Gesundheitsdienstes und des Gesundheitswesens insgesamt aussieht. Insbesondere auf den öffentlichen Gesundheitsdienst möchte ich eingehen; denn diese Zahl von 50, Frau Modder, die Sie zu Recht genannt haben und die auch in den Beschlüssen immer wieder genannt wird, die als derzeitige Grenze für die Nachverfolgbarkeit gesehen wird, können wir durch eine
Stärkung des Gesundheitsdienstes beeinflussen. Was ist leistbar? Wie steht es tatsächlich um den öffentlichen Gesundheitsdienst in Niedersachsen? Was ist aus den Versprechungen und Verpflichtungen der Landesregierung geworden, die man gemeinsam mit den anderen Ministerpräsidentinnen und -präsidenten getroffen hat, den öffentlichen Gesundheitsdienst zu stärken? - Davon hören wir nichts! Dazu sagt der Ministerpräsident nichts, obwohl es doch ein wichtiger Eckpfeiler einer solchen Strategie wäre.
Viertens zum Schutz der besonders verletzlichen Gruppen: Ja, Frau Modder, das ist unsere Auffassung. Das ist nicht die persönliche Auffassung von Christian Lindner. Das ist die Auffassung der FDP, und zwar hier im Niedersächsischen Landtag und bundesweit. Wir sind der Auffassung, dass wir eine Strategie zum Schutz der besonders verletzlichen Gruppen brauchen,
Frau Modder, eines will ich Ihnen mal sagen: Sie nehmen für sich in Anspruch, dass man den Diskurs nicht durch irgendwelche schrägen Theorien vergiften darf. Indem Sie sich aber hier hinstellen und mit einer moralischen Überheblichkeit
einen konstruktiven Vorschlag, den man diskutieren können muss, ohne dass er gleich moralisch diskreditiert wird,
Moralisch verwerflich! - Wir können die Diskussion so führen. Aber lassen Sie uns doch bitte davon ausgehen - mein Petitum -: Nicht alles, was Sie tun, ist richtig.
- Ja, natürlich! Natürlich! Ich stelle mich der Diskussion. Ich bin hier nicht überheblich und sonst was.
Wir haben ganz konkrete Vorschläge, Herr Kollege, über die wir in eine sachliche Diskussion eintreten wollen. Ich spreche Ihnen die moralische Legitimität nicht ab. Ich akzeptiere die Ziele, die Sie verfolgen. Ich schätze sie sogar, weil die Ziele identisch sind. Wenn Sie aber auf der anderen Seite sagen, diese eine Forderung sei moralisch verwerflich, schädigen Sie den Diskurs.
Ich kann Ihnen nur sagen: Dieses Verhalten, diese mangelnde Diskursfähigkeit auch hier im Niedersächsischen Landtag wird mir aus der Öffentlichkeit sehr intensiv gespiegelt. Mir wird immer wieder gesagt: Herr Birkner, endlich sagen Sie mal Dinge, auch wenn Sie dafür angefeindet werden, weil sie im parlamentarischen Diskurs offensichtlich nicht mehr unbefangen gesagt werden können.
Einen Moment, bitte, Herr Dr. Birkner! - Bitte keine Dialoge! Die SPD-Fraktion hat noch neun Minuten Redezeit. Das heißt, Sie können jederzeit auf Herrn Dr. Birkner reagieren. - Bitte fahren Sie fort!
Der Ministerpräsident hat auch darauf hingewiesen - übrigens ein Baustein unserer Strategie zum Schutz der besonders verletzlichen Gruppen -, dass man Schnelltestungen gerade für Pflegeheime, für Krankenhäuser und ihre Besucher vorsehen muss. Zumindest habe ich es so verstanden.
Herr Ministerpräsident, und dann haben Sie gesagt: Sie sind froh darüber, dass der Arztvorbehalt aufgehoben worden ist. - Ja, natürlich! Aber es muss doch viel weiter gehen. Das reicht doch bei Weitem nicht aus. Wenn die Schnelltests wirklich praktisch anwendbar sein sollen, dann müssen wir doch dazu kommen, dass man eben nicht mehr eine qualifizierte Ausbildung z. B. als Krankenschwester - also keine dreijährige Qualifikation - dafür haben muss. Dann müssen wir doch andere Wege gehen.
Zu solchen Dingen hätten Sie mal etwas sagen können und sagen müssen! Aber dazu sagen Sie wieder nichts. Das sind Dinge, die Sie auch selbst beeinflussen können. Da wünschen wir uns einfach mehr und konkretere Ideen und Vorschläge, anstatt sich nur hinter dem Beschluss aus Berlin zu verstecken.