Dabei liegen die Fakten doch auf dem Tisch! Das ist der Kern des Problems. Es muss entschieden werden, ob es ein Modell sein soll, das sich an Werten oder an der Fläche orientiert. Das irgendwie miteinander zu verheiraten, wird hinreichend schwierig. Das führt dann dazu, dass hier - das ist schon richtig - der zweite Schritt vor dem ersten gemacht wird.
Auch wenn eben von dem Kollegen Grascha vorgetragen wurde, dass dieses Transparenzregister unabhängig vom System nützlich ist, sollte natürlich zunächst einmal klar sein, welches Grundsteuersystem wir in Zukunft haben werden. Aber dazu schweigt sich die Landesregierung nach wie vor aus. Dabei drängt die Zeit doch. Im Antrag steht auch, bis wann hier gehandelt werden muss. Die Verwaltung braucht einen Vorlauf. Die Kommunen brauchen einen Vorlauf.
Zur Aufkommensneutralität: Ich wage mal die Prognose, dass die - wenn überhaupt - in einem Jahr erreicht wird. Denn es geht doch überhaupt nicht darum, Kollege Holsten, dass die Hebesätze gleich sind. Es geht darum, dass am Ende das Steueraufkommen gleich ist. Dann ist es letztendlich egal, wie sich die Kommunen bei den Hebesätzen verhalten.
Vielmehr geht es darum, dass die Gesamtheit aller Bürger am Ende nicht mehr bezahlt. Das kann einfach nicht gelingen, weil Sie nicht nur unter den
Kommunen, sondern auch mit den Ländern, im Grunde genommen deutschlandweit ein System schaffen müssen, das zu Aufkommensneutralität führt. Das geht einfach nicht! Das ist unmöglich!
Danke, Herr Kollege Lilienthal. - Meine Damen und Herren, für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat nun der Kollege Stefan Wenzel das Wort. Bitte schön!
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Antrag stößt bei mir nicht auf Zustimmung. Ich will auf zwei Probleme hinweisen:
Erstens gibt es schon ein Transparenzregister. Das ist die offizielle Plattform der Bundesrepublik Deutschland für Daten zu wirtschaftlich Berechtigten. Dieses Transparenzregister ist aufgrund des Geldwäschegesetzes eingerichtet worden, um sicherzustellen, dass man im Bereich Terrorismusfinanzierung und Geldwäscheverfolgung die wirtschaftlich Berechtigten tatsächlich auffindet.
Ich hielte es für sehr unglücklich, diesen Begriff jetzt für eine völlig andere Gelegenheit zu verwenden, weil das merkwürdige Verwechslungsmöglichkeiten zur Folge hat.
Zweitens zu meinem Hauptproblem: Ich bin 20 Jahre im kommunalen Bereich aktiv gewesen - fünf Jahre in unserem Ortsrat, 15 Jahre bei uns im Kreistag. Ich glaube, dass die kommunale Selbstverwaltung ein ganz zentrales, konstituierendes Element unseres Staates mit sehr langen historischen Wurzeln ist. Die Bürgerinnen und Bürger vertreten dort im besten Sinne ihre eigenen Angelegenheiten, d. h. sie setzen sich für ihre eigenen Angelegenheiten ein und machen das in kommunaler Selbstverwaltung. Sie nutzen das aktive Wahlrecht.
Das Wichtige in einer Demokratie ist, dass es auch genug Menschen gibt, die das passive Wahlrecht nutzen und sagen: Ja, ich kümmere mich um die örtlichen Angelegenheiten! Ich setze mich dafür
ein, dass bei uns alles gut funktioniert - vom Kindergarten über die Grundversorgung bis hin zum Unterhalt der Straßen, zur Wasserversorgung und was sonst noch alles an vielfältigen Aufgaben unter die kommunale Selbstverwaltung fällt!
Da kann man jetzt nicht eine Steuer herausgreifen und sagen: Ihr müsst sie sozusagen statisch in einem ganz festen Rahmen halten! - Im Grundsatz ist es richtig, dass die Reform insgesamt zu Aufkommensneutralität führen soll. Da bin ich bei Ihnen, Herr Grascha. Aber das kann natürlich nicht für alle Zeiten gelten.
Gerade jetzt in der Corona-Situation kann es sein, dass Gemeinden sehr gut wirtschaften, weil sie beispielsweise ein Unternehmen vor Ort haben, das im IT-Bereich tätig ist und plötzlich mehr Gewerbesteuer zahlt, sodass die Gemeinde ihre gemeindlichen Steuern möglicherweise sogar senken kann.
In anderen Bereichen passiert aufgrund der Corona-Situation vielleicht genau das Gegenteil. Dann kommt die Kommune möglicherweise in die Verlegenheit, dass sie plötzlich darüber nachdenken muss, eben mehr Steuern von ihren Bürgerinnen und Bürgern zu erheben. Aber das ist auch ganz wichtig, damit die kommunale Selbstverwaltung hier gewahrt bleibt.
Es war der Auftrag an den Bundesfinanzminister, ein Modell vorzulegen, das in der Summe aufkommensneutral ist. Das für alle Zeiten zu gewährleisten, hängt von vielen Faktoren ab. Deswegen sehe ich diesen Antrag eher kritisch. Aber ich bin gespannt auf die Beratung im Ausschuss.
Vielen Dank, Herr Kollege Wenzel. - Meine Damen und Herren, für die Landesregierung hat sich Herr Finanzminister Hilbers zu Wort gemeldet. Bitte schön, Herr Minister!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In der Sache sind wir alle uns einig, dass diese Grundsteuerreform nicht dazu benutzt werden soll, die Grundsteuer grundsätzlich anzuheben. Ich will aber noch einmal sagen, dass die
Grundsteuerreform dazu führt, dass wir in Niedersachsen 3,5 Millionen Grundstücke neu bewerten. Das heißt, dass für diese 3,5 Millionen Grundstücke neue Messbeträge festgesetzt werden. Da wird es einige geben, die eine höhere Grundsteuer zahlen, und es wird einige geben, die eine niedrigere Grundsteuer als vorher zahlen. Wenn das nicht so wäre, wären wir beim Bundesverfassungsgericht mit der jetzigen Verfahrensweise nicht gescheitert und hätten diese fortsetzen können. Es wurde ausdrücklich angemahnt, dass sie geändert werden soll.
In der Gesamtschau - da sind sich alle in Bund, Ländern und Kommunen einig - soll diese Reform zu keiner Erhöhung der Grundsteuer genutzt werden. Die Reform soll vielmehr eine Reaktion auf das Gerichtsurteil sein und deswegen zu einem Gesamtaufkommen führen, das sich insgesamt nicht erhöht. Das ist die sogenannte Aufkommensneutralität. Es ist unbestritten, dass wir das ganz sicher erreichen wollen. Aber es liegt letztlich an der jeweiligen Kommune, die neue Steuermesszahl, die geliefert wird, mit einem neuen Hebesatz zu versehen und den Bürgerinnen und Bürgern entsprechend zu berechnen. Dieses Hebesatzrecht ist eben schon einmal zitiert worden. Daran kommen wir nicht vorbei und wollen wir auch nicht vorbei. Wir werden den Kommunen deswegen die Steuermesszahlen liefern. Darauf werden sie dann ihren Hebesatz berechnen. Das ist übrigens bei jeder Art von Modell immer gleich.
Die Landesregierung kann und darf keinen Einfluss auf die Höhe der Hebesätze nehmen. Das will sie auch nicht tun und wäre auch nicht sinnvoll.
Ich bin aber ganz bei Ihnen bei der Forderung, dort für Transparenz zu sorgen. In erster Linie sollte man das auch so machen, dass es wenig Bürokratie bedeutet. Die Messbeträge liefern wir relativ spät. Dann geht es um die Hebesätze, die man dann ermitteln muss. Ziel soll es nach wie vor sein, dass es keine Mehr- oder Mindereinnahmen in den jeweiligen Kommunen gibt. Wir prüfen das Modell zunächst einmal darauf hin, ob es bundesweit aufkommensneutral funktioniert. Dann wird es auf die Länderebene heruntergebrochen, und dann geht es darum, wie wir es auf der kommunalen Seite aufkommensneutral hinbekommen.
Da ist mir völlig klar, dass wir dazu keine Regelung schaffen können, die in das Hebesatzrecht eingreift, wohl aber eine, die dazu führt, dass die Gemeinden das wirklich umrechnen müssen. Wenn die Gemeinden ihre neue Steuermesszahl erhal
ten, werden sie sie so umrechnen müssen, dass sie wieder auf das gleiche Ergebnis kommen, das sie nach dem alten Recht gehabt hätten. Diese Zahl ist dann das Maßgebliche, an der man vergleichen kann, ob es aufkommensneutral ist oder nicht. Deswegen möchte ich erreichen, dass jede Gemeinde, in der das Grundsteueraufkommen abweichen würde, den Hebesatz neu ermittelt, und zwar mit der Fragestellung, welcher Hebesatz Aufkommensneutralität bedeuten würde. Diesen Hebesatz soll sie bitte schön auch kommunizieren. Dann kann sie mit ihren Bürgerinnen und Bürgern darüber reden, wenn sie einen abweichenden Hebesatz festsetzt. Dann wird man feststellen können, warum das so ist. Dafür braucht man kein Register. Das wird transparent sein. Dafür werden wir die entsprechenden Voraussetzungen schaffen, damit die Kommunen den Hebesatz berechnen, der bei der neuen Steuermesszahl zu dem Aufkommen, das sie jetzt haben, passt. Wenn sie dann einen anderen Hebesatz wählen, wird man das entsprechend sehen können. Dann haben Sie die Transparenz.
Das ist kommunale Selbstverwaltung. Die jeweilige Kommune muss mit ihren Bürgerinnen und Bürgern selbst abmachen, ob sie das will oder nicht. Das ist kommunale Selbstverwaltung, das ist Transparenz, und das ist unbürokratisch. Das erfüllt also alles das, was Sie wollen. Das haben wir genauso vor. Dazu bedarf es aber keines Registers, wie Sie es einrichten wollen. Das wäre Bürokratie und zusätzlicher Aufwand.
Herr Minister, Augenblick! Laufen Sie nicht gleich weg! Ich bin eben leider nicht dazu gekommen - ich dachte immer, Sie müssten zwischendurch mal Luft holen; das müssen Sie aber nicht -, Sie zu fragen, ob Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Grascha zulassen würden.
Vielen Dank, Herr Minister. Ich bin mit Ihnen ja völlig einig, dass es darüber dann eine öffentliche
Debatte geben soll. Sie haben es ja bewusst mit „soll“ formuliert. Die Frage ist, wie wir als Land es unterstützen können, dass es diese öffentliche Debatte geben kann und auch geben muss. Dazu gibt es unseren Vorschlag. Vor diesem Hintergrund ist meine Frage: Wie wollen Sie sicherstellen, dass es diese öffentliche Debatte vor Ort dann auch gibt?
Herr Kollege Grascha, ich bin Ihnen ausdrücklich dankbar für diese Frage, weil ich das noch einmal klarstellen kann.
Wenn wir die Steuermesszahl ermittelt und die Aufkommensneutralität festgestellt haben - die können wir übrigens erst feststellen, wenn wir alle Bewertungen vorgenommen haben, weil man dazu ja wissen muss, wie sich alle Werte ergeben bzw. darstellen -, werden wir sie an die Kommunen geben. Dann werden wir eine Regelung schaffen, die dafür sorgt, dass die Kommunen ausrechnen, welcher Hebesatz erforderlich wäre, um wieder auf das gleiche Geld zu kommen, wie man es in der Finanzplanung hatte, wie man es im Vorjahr nach dem alten Modell errechnet hatte.
Dann haben sie Transparenz und können sie diesen Hebesatz nehmen. Wenn sie einen anderen nehmen, dann werden sie die Mehr- oder Mindererlöse, die damit einhergehen, thematisieren können. Dann haben Sie genau die Transparenz, die Sie in der jeweiligen Kommune wünschen. Das reicht für die Kommune auch aus, weil sie das nicht landesweit veröffentlichen müssen. Die Diskussion wird ja bekanntlich in der jeweiligen Kommune zu führen sein, die dann ihr Hebesatzrecht ausübt.
Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Wir beenden die Beratung und kommen zur Ausschussüberweisung.
Vorgesehen ist der Ausschuss für Haushalt und Finanzen. Wer möchte dem so folgen? - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Dann ist das einstimmig so beschlossen.