Protocol of the Session on October 7, 2020

und das Virus ist leider auch nach acht Monaten immer noch mitten unter uns. Deshalb ist es richtig, im allgemeinen Teil der neuen umgestellten Verordnung noch einmal ausdrücklich auf die AHARegeln einzugehen: Abstand, Hygiene, Alltagsmaske. Sie sind nach wie vor unbedingt einzuhalten, weil wir so nicht nur uns, sondern vor allem auch andere, so gut es eben geht, schützen.

Die Bundeskanzlerin hat letzte Woche in ihrem Appell an die Bürgerinnen und Bürger treffend beschrieben:

„Wir riskieren gerade alles, was wir in den letzten Monaten erreicht haben.“

Und weiter:

„Aber jetzt müssen wir zeigen, dass wir weiter geduldig und vernünftig handeln und so Leben retten können. Jetzt müssen wir verstehen, dass es weiter auf jeden und jede Einzelne ankommt.“

Dem ist, glaube ich, nichts hinzuzufügen.

Können Sie sich noch an die letzte Regierungserklärung zum Thema Corona im September-Plenum erinnern - das ist ja noch nicht so lange her -, an die Kritik und die Einwürfe der Opposition?

Für meine Fraktion stelle ich fest: Diese Landesregierung handelt in der Krise sehr umsichtig und sehr besonnen. - Ich bin mir sicher, dass die Mehrheit unserer Bevölkerung das genauso sieht.

(Lebhafter Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Ich empfehle Ihnen dazu einen Blick auf die aktuelle forsa-Studie, die Corona-BUND-Studie zum Thema „Corona und das Vertrauen zur Politik“.

Meine Damen und Herren, es war absolut richtig, die Geltung der aktuellen Verordnung ein weiteres Mal zu verlängern, um das aktuelle Infektionsgeschehen zu berücksichtigen und auch die Beschlüsse der Runde der Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten mit der Kanzlerin einfließen zu lassen. Es ist richtig, die ursprünglich vorgesehenen Lockerungen z. B. im Bereich der Bars und Diskotheken oder auch bei den Großveranstaltungen aufgrund des aktuellen Infektionsgeschehens erst einmal nicht freizugeben.

Ja, auch ich höre die Kritiker: die einen, die sagen, das alles ist viel zu locker, die Zahlen geben das nicht her, und die anderen, die sagen, das alles ist viel zu sehr reglementiert.

Ich sage ihnen, dass mit der am Freitag, glaube ich, in Kraft tretenden Verordnung weiterhin eine gute Balance zwischen Infektionsschutz und individueller Freiheit gefunden wurde. Die Verordnung ist lesbarer und verständlicher. Bei den Feierlichkeiten entfällt die Beschränkung auf besondere Erlässe. Im letzten Plenum haben wir darüber gesprochen. Das schafft mehr Klarheit.

Meine Damen und Herren, ich habe wie viele von Ihnen in den letzten Wochen viele Gespräche mit betroffenen Menschen und Verbänden geführt. Grundsätzlicher Tenor war, dass sie die Maßnahmen der Landesregierung respektieren und auch für sinnvoll erachten, da der gesundheitliche Schutz unserer Mitmenschen über allem steht. Was ich jedoch auch aus den Gesprächen mitgenommen habe, ist der Wunsch nach einer Perspektive: Sie wollen eine bessere Planbarkeit. Sie möchten wieder anpacken und ihrem Geschäft nachgehen können, und sie haben tragfähige Konzepte dafür vorgelegt.

Beeindruckend finde ich, dass sich alle bereit erklärt haben, neue Wege mitzugehen, auch mit Einschränkungen im Regelbetrieb. Dies habe ich sehr deutlich bei den Schaustellern, in der Tourismusbranche, bei den Saalbetreibern und in sozialen Einrichtungen erlebt. Natürlich geht es dabei auch immer um das nackte Überleben und um Existenzen.

Wenn ich mir z. B. die Konzepte für die Weihnachtsmärkte anschaue, dann wird schnell klar, dass es dieses Jahr nicht das klassische Flair des Weihnachtsmarktes geben wird. Hier gilt mein herzlicher Dank allen am sogenannten Weihnachtsmarkt-Gipfel Beteiligten für die konstruktiven Lösungen, sodass wenigstens etwas vorweihnachtliche Stimmung aufkommen kann und vielleicht auch etwas Umsatz generiert werden kann.

Meine Damen und Herren, die aktuellen Infektionszahlen lassen zurzeit schlicht und ergreifend keine weiteren Lockerungen zu.

Wenn bei dem Infektionsgeschehen nicht nur die Reiserückkehrer, sondern auch die privaten Feierlichkeiten eine besondere Rolle spielen, dann muss darauf reagiert werden. Ich finde es deswegen konsequent und im Übrigen auch gerechtfertigt, in Niedersachsen eine Begrenzung privater Feiern in privaten Räumen auf maximal 25 Personen einzuführen.

Ich finde es auch richtig, die Obergrenze auf zehn Personen zu senken, wenn die Infektionszahlen steigen.

(Dr. Stefan Birkner [FDP]: Warum?)

Meine Damen und Herren, ich weiß, das ist ein weitgehender Eingriff. Die Privatwohnung ist besonders geschützt. Aber die Privatwohnung ist kein rechtsfreier Raum; auch das gehört zur Wahrheit.

(Zustimmung bei der SPD und bei der CDU)

Ich kenne Ihre Einwürfe, Herr Birkner. Die konnten wir alle wunderschön nachlesen.

Die Verordnungsentwürfe werden uns ja immer zugeleitet. Dann haben wir ein paar Tage Zeit, darauf zu reagieren. Ich würde gerne einmal wissen, ob sich die Grünen und die FDP dann auch beteiligen - diese Möglichkeit fordern sie ja immer ein - und einbringen, um das dann hier zu diskutieren.

(Lebhafter Beifall bei der SPD und bei der CDU - Helge Limburg [GRÜNE]: Die FDP hat eine Dringliche Anfrage gestellt!)

Meine Damen und Herren, ich habe bereits die tragfähigen Konzepte der Schausteller angesprochen. Das Gleiche gilt für den Bereich der Gastronomie. Hier unterstütze ich den Weg, bei privaten Feiern im öffentlichen Bereich die Obergrenze auf 100 Personen zu erhöhen. Ich glaube, Sie alle haben Gespräche mit Vertreterinnen und Vertretern der Jungen DEHOGA geführt. Was sie uns geschildert haben, war sehr beeindruckend. Ich kann dem Motto der Gastronomie „Mit Sicherheit feiern“ viel abgewinnen. Denn ich finde, wir müssen die privaten Feiern aus dem Graubereich herausholen und zu den Profis lenken: unseren Gastronomen, die sich mit den Hygienekonzepten bestens auskennen.

Was wir jetzt im Zusammenhang mit der neuen Verordnung, der Vorstellung des Handlungskonzeptes und der sogenannten Corona-Ampel diskutieren - die ich ausdrücklich begrüße, weil ich glaube, dass es wichtig ist, zu weiteren Szenarien klare Handlungsempfehlungen auszusprechen -, darf

nicht darüber hinwegtäuschen, dass die durch die Pandemie ausgelöste Krise uns noch lange beschäftigen wird. Die wirtschaftlichen, sozialen und gesellschaftlichen Folgen sind unübersehbar. Darauf sind auch Sie eingegangen, Frau Hamburg.

Es muss gelingen, die Bereiche und Branchen, die - wie die Veranstaltungsbranche, die Messebranche und die Tourismusbranche - immer noch keine Perspektive oder nur eingeschränkte Perspektiven haben, bezüglich der Hilfen noch einmal ganz besonders in den Blick zu nehmen. Die Debatte gestern hat das, glaube ich, sehr deutlich gemacht.

Bezüglich der Schnelltests geht die Entwicklung wohl mit großen Schritten voran. Der Ministerpräsident hat das hier in seiner Regierungserklärung ausgeführt. Das finde ich sehr erfreulich.

Allerdings bin ich persönlich bezüglich des Impfstoffes etwas vorsichtiger, weil mir noch ein bisschen die Phantasie fehlt, wann und wie schnell welche Mengen zur Verfügung gestellt werden können und vor allem in welcher Reihenfolge man dann wie impft. Auf Bundesebene hat es dazu eine Debatte gegeben. Der Bundesgesundheitsminister hat wohl den Auftrag, mit der Ständigen Impfkommission entsprechende Vorschläge vorzubereiten. Gut zu hören, dass auch Niedersachsen sich darauf vorbereitet!

Meine Damen und Herren, abschließend möchte ich im Hinblick auf den nahenden Herbst, die unmittelbar bevorstehenden Herbstferien und die Grippesaison sagen: Lassen Sie uns weiterhin konsequent den eingeschlagenen Weg beschreiten und die Regeln befolgen, auch wenn dies bedeutet, dass wir in einigen Teilen unsere persönliche Freiheit einschränken müssen!

Ich kann es nur wiederholen: Wir müssen vor allem die Schwächsten in unserer Gesellschaft schützen, und das geht nur gemeinsam. Jeder und jede ist gefragt, damit diese Pandemie nicht noch mehr an Geschwindigkeit gewinnt.

Ja, auch die neue Verordnung bedeutet weiterhin Einschränkungen. Aber ich glaube, das sollten wir miteinander verantwortungsvoll gut hinkriegen. Es geht schließlich auch um die Solidarität in unserem Lande.

Vielen Dank.

(Starker, anhaltender Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Vielen Dank, Frau Kollegin Modder. - Es spricht nun Herr Dr. Birkner, Vorsitzender der FDP-Fraktion. Bitte, Herr Kollege!

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Modder, Sie legen immer besonderen Wert darauf, dass man Ihnen zuhört, und unterstellen immer den anderen, Ihnen nicht zugehört zu haben.

(Johanne Modder [SPD]: Nicht im- mer!)

Heute haben Sie das der Kollegin Hamburg unterstellt. Ich appelliere an Sie, dann bitte auch den Kolleginnen und Kollegen zuhören.

(Beifall bei der FDP und bei den GRÜNEN sowie Zustimmung von Jo- chen Beekhuis [fraktionslos])

Wir haben nämlich im letzten Plenarsitzungsabschnitt einen Entschließungsantrag zur Frage des Lüftens eingebracht. Wenn Sie heute sagen, das sei eine ganz neue Entwicklung, dann ist das bemerkenswert. Denn dann folgen Sie den parlamentarischen Debatten offensichtlich nicht in dem Maße, wie es nötig wäre, um auf der Höhe der Diskussion, auf der Höhe der Zeit zu sein. Das macht natürlich die Diskussion schwierig.

(Beifall bei der FDP und bei den GRÜNEN)

Lassen Sie mich noch einen Punkt quasi vor die Klammer ziehen: Mit dieser Verordnung erleben wir die fortgesetzte Entparlamentarisierung des Landes. Wir haben weiterhin Verordnungen, die durch die Landesregierung erlassen werden; die Gesundheitsministerin unterschreibt sie am Ende. Das heißt, wir befinden uns weiterhin nicht in einem parlamentarischen Beratungs- und Gesetzgebungsverfahren.

Ich habe den Eindruck, dass sowohl die Regierungsfraktionen - - - Zumindest für die SPD kann man das, glaube ich, wohl sagen. Denn Sie haben gerade die parlamentarische Mitwirkung darauf beschränkt, dass wir doch dankbar sein sollten, die Verordnungen zu kriegen, zu denen wir uns dann gefälligst auch zu äußern hätten.

(Johanne Modder [SPD]: Das stimmt z. B. auch nicht! Das habe ich nicht gesagt, Herr Birkner!)

Das ist viel zu wenig. Ich habe den Eindruck, dass die Regierungsfraktionen das fortsetzen wollen - es ist zu Recht darauf hingewiesen worden: diese Pandemie wird noch andauern -, und auch die Landesregierung will es offensichtlich fortsetzen. Denn es gibt ja keinerlei Bewegung dahin, Wege

aufzuzeigen, wie man tatsächlich zu einer gesetzgeberischen Entscheidung durch den Landtag kommen könnte.

Dass wir in der Lage sind, schnell zu handeln, hat man doch immer wieder gesehen. Auch der Bundestag hat es übrigens bewiesen. Wenn es darauf ankommt, können Parlamente entsprechend reagieren. Das heißt, die parlamentarischen Verfahren sind den Verfahren der Rechtsetzung durch die Landesregierung keineswegs unterlegen. Sie sind ihnen sogar überlegen.

Ich will das erläutern; denn es wird sonst immer als Spitzfindigkeit behandelt, und es sei doch total egal, wer solche Regelungen erlässt. Den Bürgern würde es ja nur darauf ankommen, dass es ordentlich geregelt ist. - Ich glaube schon, dass es einen Unterschied macht. Das hat übrigens auch etwas mit unserem Selbstverständnis als Parlament zu tun. Aber selbst das sollte man vielleicht nicht überhöhen.

Das erste wichtige Argument ist, wie ich denke, dass gerade in Zeiten einer Pandemie, in der große Verunsicherung herrscht, transparente und öffentliche Verfahren dazu beitragen können, Vertrauen zu schaffen. So wäre nämlich nachvollziehbar, was passiert. Wir haben doch öffentliche Sitzungen, in denen die verschiedenen Interessen dargelegt werden.