Protocol of the Session on October 6, 2020

Die Dinge, die wir in unserer gemeinsamen Beschlussempfehlung festgelegt haben, gehen in die richtige Richtung - das nehmen wir durchaus positiv zur Kenntnis -, können aber nur ein erster Schritt sein. Wir wollen auch die nächste Stufe erreichen, nämlich dass sich Universitäten und Hochschulen über einen landesweiten Dachfonds direkt an Start-ups beteiligen können. Das wäre aus unserer Sicht der noch bessere und noch weiter führende Weg. Aber immerhin ist der Punkt mit in die Beschlussempfehlung aufgenommen.

Wir sind sehr gespannt, was tatsächlich passiert, und werden das natürlich sehr aufmerksam verfolgen. Der Landtag wird hier wichtige Initiativen anschieben. Wir brauchen gerade in dieser Krisensituation eine neue Kultur, einen neuen Gründergeist bei vielen, die im Land tätig sind. Dafür bietet diese Beschlussempfehlung eine gute Grundlage. Deswegen werden wir ihr sehr gerne zustimmen.

(Beifall bei der FDP, bei der SPD und bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Grascha. - Für die Landesregierung erteile ich Wirtschaftsminister Dr. Althusmann das Wort. Bitte schön, Herr Minister!

Sehr verehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Es ist ein großartiges Signal, dass der Landtag bei einem Antrag zu einem Feld der Wirtschaftspolitik, das für die Zukunft dieses Bundeslandes von erheblicher Bedeutung ist, zu einem einstimmigen Votum kommt. Neben der klassischen Industriepolitik und neben der klassischen Wirtschaftsförderung wird es in Zeiten der Transformation bestimmter industrieller Bereiche in ein neues digitales Zeitalter und in neue Antriebstechnologien ganz entscheidend darauf ankommen, Betriebe, Unternehmen, Industriebereiche des sogenannten Strukturwandels mit neuen Ideen, mit neuen Unternehmen, mit neuen Produktionsformen, mit neuen Technologien zu begleiten. Die nächsten zehn Jahre werden in diesem Bundesland entscheidend sein, wenn es darum geht, dieses weiterzuentwickeln und dabei den Ideenreichtum, die Fantasie und die Vorschläge zahlreicher Unternehmens-Start-ups zu nutzen.

Wir haben die niedersächsische Start-up-Szene in den letzten Jahren weiter ausgebaut. Dabei arbeiten das Wirtschaftsministerium und das Wissenschaftsministerium eng zusammen. Ich betone aber ausdrücklich: Start-up-Förderung und Wirtschaftsförderung sind eine ressortübergreifende Aufgabe. Ohne eine Fachkräftesicherung, getragen vom Kultusministerium - mit Blick auf den Bereich der beruflichen Bildung - und getragen vom Sozialministerium - mit Blick auf die Frauenförderung -, ist ein integrierter Ansatz einer Start-upFörderung, einer wirtschaftlichen Förderung für unser Bundesland schlichtweg nicht vorstellbar. Von daher nehmen wir den Auftrag des Parlaments sehr ernst, dass wir hier zu einer stärkeren, ressortübergreifenden Koordinierung und Ausrichtung künftiger Förderung kommen.

Wir haben die niedersächsische Start-up-Szene mittlerweile durchaus attraktiver gestaltet. Wir haben inzwischen fast 400 Start-ups mit den Schwerpunkten Industrie 4.0 und Ernährung sowie

allein 155 Start-ups mit dem Schwerpunkt digitale Wirtschaft.

Ich bin fest davon überzeugt, dass gerade in dieser Zeit durch eine kluge Strategie, durch ein starkes Start-up-Ökosystem - denken wir an das Startup YUMAB in Braunschweig - ein Stück weit Resilienz gegen Pandemien, gegen Krisen entstehen kann.

Ich war gestern in Hildesheim und habe von NiedersachsenMetall und dem Institut der deutschen Wirtschaft in Köln eine Studie überreicht bekommen. Danach gibt es in Niedersachsen Licht und Schatten, wie im Übrigen in allen anderen Bundesländern auch. Aber aus dieser Studie ergibt sich auch ein sehr klarer Anspruch, der sich eigentlich auf alle Teile unseres Bundeslandes - nicht nur auf Hildesheim, sondern auch auf Lüchow-Dannenberg, auf Lüneburg, auf Osnabrück, auf Göttingen und andere Bereiche mit unterschiedlichsten Voraussetzungen - sehr gut übertragen lässt.

Dem Grunde nach wird betont, dass in jeder Region das Potenzial der Fachhochschulen, der Universitäten, der Berufsakademien viel stärker genutzt werden muss, als es heute der Fall ist. In Hildesheim beklagt die Wirtschaft, dass die Kompetenzen der Universität nicht in Gänze ausgeschöpft werden. Man müsse stärker über Ausgründungen mit Zukunftsideen und gerade wegen des Strukturwandels über neue Arbeitsplätze in der Automobilzulieferindustrie nachdenken.

Themen sind digitale Hubs, attraktive Räumlichkeiten für Start-ups, das Matching zwischen Gründern, Wissenschaft, Unternehmen und Unternehmern, Gründerzuschüsse. Ausgründungen, Hightech-Gründungen sind der entscheidende Weg, über die Start-up-Kultur eine Region nach vorne zu bringen.

Das Land hat die Aufgabe, die Rahmenbedingungen dafür zu setzen. In den letzten drei Jahren haben wir schon eine ganze Menge erreicht. Bis 2022 fördern wir zehn Start-up-Zentren mit 2,3 Millionen Euro. Voraussichtlich werden wir in diesem Zeitraum 240 Start-ups gefördert haben. In der alten Förderperiode von 2017 bis 2019 waren es ganze 60.

Bis 2019 hatten wir 4 Millionen Euro im NSeedProgramm. Dann hat der Landtag entschieden, das NSeed-Programm von 4 Millionen Euro auf 29 Millionen Euro anzuheben. Insofern ist der Landtag den Vorschlägen des Wirtschaftsministeriums und des Wissenschaftsministeriums gefolgt.

Wir können damit Beteiligungen an Unternehmen erwerben, an Start-ups, die ein Stück weit Zukunft für unser Bundesland schreiben werden.

Niedersachsen hat zahlreiche Gründungsstipendien vergeben, seit Mai immerhin 124 mit einem Gesamtvolumen von 1,5 Millionen Euro.

Zu guter Letzt: Wir haben die Corona-Krise zum Anlass genommen, den Start-ups in Niedersachsen eine Brücke zu bauen. Wir haben den CoronaBridge-Fonds mit immerhin 5 Millionen Euro aufgelegt, weil 66 % der Start-up-Unternehmen in Niedersachsen durch erhebliche Umsatzverluste in eine existenzielle Krise geschlittert sind. Auch hier helfen wir sehr gezielt und sehr an der Sache orientiert.

Das Wissenschaftsministerium hat im Schwerpunkt den Wissenschaftsbereich im Blick - den Gründergedanken, die Kultur an Hochschulen, die Forschungseinrichtungen, die Transferstellen -, das Wirtschaftsministerium die Meistergründungsprämie, den Niedersachsen-Gründerkredit, Bürgschaften, Beteiligungskapital, Nachfolgemoderation und MikroSTARTer, also Kredite für kleine und mittelständische Unternehmen. Das noch stärker mit den Ansätzen anderer Ministerien zusammenzuführen, wird die Aufgabe der nächsten zehn Jahre sein. Diese Aufgabe kann nicht in einer Legislaturperiode alleine bewältigt werden, aber wir sind auf einem guten Weg.

Ich freue mich sehr, dass offensichtlich der gesamte Landtag die neue Start-up-Strategie des Landes Niedersachsen unterstützt und die Arbeit der letzten drei Jahre ausdrücklich gewürdigt hat. Das ist, wie hier auch schon mehrfach betont worden ist, ein gutes Signal an die gesamte Start-up-Szene in Niedersachsen.

Herr Minister, der Abgeordnete Grascha möchte Ihnen eine Zwischenfrage stellen. Wollen Sie die beantworten?

Ja, gerne.

Herr Minister, vielen Dank, dass Sie die Zwischenfrage zulassen.

Ich teile vieles von dem, was Sie gesagt haben, insbesondere den langfristigen Ansatz der Förde

rung. Aber wie erklären Sie dann, dass in der mittelfristigen Finanzplanung im Jahr 2022 die Förderung für die Start-up-Zentren ausläuft, dass im mittelfristigen Zeitraum die Förderung für die Gründungsstipendien von 2 Millionen Euro auf 0,5 Millionen Euro abschmilzt und dann auch gänzlich ausläuft? Vielleicht können Sie dazu noch etwas sagen.

Das ist korrekt. Wir haben zunächst einmal auf die Legislaturperiode abgehoben und ein neues Programm für den Zeitraum 2019 bis 2022 hinterlegt. Ich gehe davon aus, dass die Haushaltsberatung für den Doppelhaushalt 2022/23 eine Fortsetzung der Start-up-Förderung vorsehen wird. Das ist aber eine Sache des Parlaments; darüber hat das Parlament zu entscheiden.

Wenn es alleine nach mir ginge, würden wir die Start-up-Förderung, was den Wagniskapitalfonds betrifft, von dann hoffentlich insgesamt - mit privatem Kapital unterlegt - 100 Millionen Euro weiter fortsetzen. Ich würde mir wünschen, dass wir die Start-up-Gründung, was die Beitragssätze und die Höchstfördersätze betrifft, noch einmal anheben. Aber ich kenne meinen Finanzminister und weiß, dass sich seine Mittelfristige Planung in den nächsten Jahren ein Stück weit an den Steuereinnahmen orientieren wird. Daher wird das noch ein hartes Ringen.

Ziel der Landesregierung bleibt es natürlich, auch über 2022 hinaus weitere Schwerpunkte zu setzen. Das wird aber weiteren Haushaltsberatungen vorbehalten sein.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD - Christian Grascha [FDP]: Dann kön- nen Sie ja einen Vorschlag machen!)

Vielen Dank, Herr Minister.

Uns liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Wir kommen zur Abstimmung.

Zunächst zu Tagesordnungspunkt 8:

Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses zustimmen und damit den Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in der Drucksache 18/2828, den Antrag der Fraktion der FDP in der Drucksache 18/2889 sowie den Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion der CDU in der Drucksache 18/6384 in der sich aus der Beschlus

sempfehlung ergebenden geänderten Fassung annehmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Eine Enthaltung des Abgeordneten Wirtz. Damit ist der Beschlussempfehlung mehrheitlich gefolgt worden.

Damit kommen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 9.

Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses folgen und damit den Antrag der Fraktion der FDP in der Drucksache 18/6382 neu ablehnen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Fraktion der FDP. Enthaltungen? - Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Der Beschlussempfehlung wurde mehrheitlich gefolgt und der Antrag damit abgelehnt.

Wir nehmen jetzt einen Wechsel im Präsidium vor und machen dann mit Tagesordnungspunkt 10 weiter.

(Vizepräsident Frank Oesterhelweg übernimmt den Vorsitz)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich rufe auf den

Tagesordnungspunkt 10: Abschließende Beratung: Studieren in Zeiten von Corona: Das Sommersemester 2020 nicht auf die Regelstudienzeit anrechnen, Langzeitstudiengebühren aussetzen und Studierende finanziell unterstützen - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 18/6330 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wissenschaft und Kultur -

Drs. 18/7560

Der Ausschuss empfiehlt Ihnen, den Antrag in geänderter Fassung anzunehmen.

Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen.

Ich eröffne die Beratung und erteile für die CDUFraktion dem Kollegen Jörg Hillmer das Wort. Bitte schön, Herr Kollege!

(Beifall bei der CDU)

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir sprechen über Studieren in Zeiten von Corona und nehmen das Sommersemester 2020 in den Blick, das ein ganz besonderes war, näm

lich ein einzigartiges Semester, wie es das bisher noch nicht gegeben hat. Aber es wird nicht einzigartig bleiben. Wir dürfen davon ausgehen, dass auch das Wintersemester 2020/2021 unter ähnlichen Vorzeichen stehen wird. Vieles spricht dafür, dass uns die Corona-Pandemie zumindest auch noch im Sommersemester 2021 begleiten bzw. belasten wird.

Ich danke daher zunächst einmal ganz ausdrücklich und herzlich unseren Hochschulen, die sofort alle Belastungen auf sich genommen und sich den Widrigkeiten entgegengestellt und alle ihre Angebote digitalisiert haben, was aus dem Stand heraus innerhalb von wenigen Tagen und Wochen eine großartige Leistung war und hier auch unbedingt anerkannt und honoriert werden muss.

(Zustimmung von Dr. Silke Lesemann [SPD])

Ich danke auch den Studierenden, die sich den Onlinestudiengängen und dem Distanzunterricht gestellt und auch viele Einschränkungen hingenommen haben, aber auch viele Prüfungen und viel Wissen aus dem Semester mitnehmen konnten.

Ein Dank gilt nicht zuletzt auch dem Ministerium für Wissenschaft und Kultur, das sich beim Bund im Zusammenhang mit dem BAföG extrem für die Verhältnisse der Studierenden eingesetzt hat und das bei der Digitalisierung und bei der Onlinelehre Unterstützung für die Hochschulen geleistet hat.

Meine Damen und Herren, Menschen besuchen Hochschulen, um etwas zu lernen, um sich zu bilden. Sie tun das freiwillig - sei es für eine Erstausbildung oder eine Weiterbildung. Sie tun das unter großem persönlichen Verzicht, weil sie in dieser Zeit andernorts viel mehr Geld verdienen könnten. Sie investieren einen Teil ihrer Lebenszeit in sich und damit gleichzeitig auch in unsere Gesellschaft.