Zu der zweiten Frage verweise ich noch mal auf meine bisherigen Bemerkungen. Das alles sind sehr unterschiedliche Angebote mit unterschiedlicher Resonanz. Sie können davon ausgehen, dass nach einer gewissen Zeit überprüft wird, in welchen Bereichen künftig Schwerpunkte gelegt werden und welche Bereiche sich womöglich nicht bewährt haben. Das ist alles in allem ein Prozess, den wir sicherlich noch längere Zeit miteinander erleben werden. Denn - da darf ich mich wiederholen - die Arbeit daran, das Verantwortungsbewusstsein in unserer Gesellschaft aufrechtzuerhalten, wird uns noch geraume Zeit in Anspruch nehmen. Dass man sich in diesem Zusammenhang selbst immer wieder überprüft, liegt auf der Hand.
Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Ich habe eine Frage zum zweiten Nachtragshaushalt und zur Bewirtschaftung des Sondervermögens.
Vor dem Hintergrund, dass 200 Millionen Euro für Schutzausrüstungen vorgesehen sind, aber bisher noch keine Mittel abgerufen wurden, frage ich, was dafür der Grund ist.
Das ist relativ einfach zu erklären. Natürlich gehen wir mit den zur Verfügung gestellten Mitteln sehr sparsam um und nehmen sie nur in Anspruch, wenn es tatsächlich notwendig ist. Wir haben derzeit erfreulicherweise ein mäßiges Infektionsgeschehen in Niedersachsen, und demzufolge reichen die vorhandenen Vorräte bei der jetzigen
Weitere Wortmeldungen für Fragen liegen uns nicht vor. Damit ist die Behandlung der Dringlichen Anfragen beendet.
Tagesordnungspunkt 27: Erste Beratung: Standortsuche eines Endlagers für hoch radioaktive Abfälle - die Rolle Niedersachsens im Auswahlverfahren - Antrag der Fraktion der SPD, der Fraktion der CDU, der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und der Fraktion der FDP - Drs. 18/7359
Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Am 28. September wird Deutschlands Fläche - zumindest kartographisch - neu separiert, und zwar in diejenigen Regionen, die für die Suche nach einem Endlager infrage kommen, und in solche, die aus geologischen Gründen von vornherein ausscheiden.
In einigen Bereichen wird ein Aufatmen, an anderen Orten aber durchaus ein Groll zu vernehmen sein, der mit Sicherheit aber auch mit der Hoffnung verbunden sein wird, in der nächsten Runde auszuscheiden. Eine Region wird es letzten Endes treffen. Aber das Verfahren wird noch einige Jahre dauern.
Aber wenn dann am 28. September, nach drei Jahren, die BGE, die Bundesgesellschaft für Endlagerung, in einem ersten Zwischenbericht jene Gebiete benennen wird, die für die weitere Suche infrage kommen, wird in den betroffenen Gebieten die Debatte um die Lagerung von Atommüll wieder beginnen. Auf diese Zeit müssen wir vorbereitet sein.
Es braucht keine großen geologischen Vorkenntnisse, um zu wissen, dass Niedersachsen durchaus in den Fokus gerät; von Westen und - so sage ich einmal - nach Osten, vom Emsland über das Weserbergland bis nach Helmstedt, bis in den
Harz hinein. Warum ist das so? In Niedersachsen gibt es alle Formationen, die untersucht werden sollen, sowohl Salz und Ton als auch letzten Endes Granit. Das heißt, es kann letzten Endes jede Region in Niedersachsen und damit auch jeden Wahlkreis treffen.
Ich bin allen demokratischen Fraktionen in diesem Haus ausdrücklich dankbar, dass es zu diesem gemeinsamen Entschließungsantrag gekommen ist. Niedersachsen wird Verantwortung tragen. Aber diese Verantwortung haben wir auch gegenüber anderen Bundesländern, die sich bei dieser Frage nicht wegducken sollen in der Hoffnung, dass der Kelch bei der Suche nach einem Endlager an ihnen vorübergeht. Das ungeliebte Thema der Endlagerung wird natürlich wieder aktuell - siehe Schacht Konrad. Im Jahre 2027 soll die Endlagerung beginnen. Wir erleben schon jetzt die Diskussionen um den Logistikstandort Würgassen. Ich denke in diesem Zusammenhang an die Asse, an die Diskussion und an die Bekanntgabe des Zwischenlagers an der Asse, das vor Ort auf großen Widerstand stößt. Ich will es nicht hoffen, aber es könnte mit dieser Debatte durchaus ein heißer Herbst werden.
Es geht um eine faire Standortsuche ohne Vorfestlegung. Das ist für Niedersachsen besonders wichtig; insbesondere auch mit Blick auf Gorleben, da dort bereits Infrastruktur vorhanden ist. Die Bevölkerung soll und muss frühzeitig einbezogen werden, damit sie durchaus hinterfragen kann, was denn letzten Endes vor Ort passiert.
Dieser Punkt findet sich explizit in dem Antrag wieder. Darum wollen wir vor Ort durch die Übernahme von Sachverständigenkosten Unterstützung leisten, und auch Öffentlichkeitsveranstaltungen sollen stattfinden. Wir begrüßen ausdrücklich, dass Niedersachsen das Niedersächsische Begleitforum Endlager gegründet hat.
Dem Zwischenbericht, der für den 28. September vorgesehen ist, liegen zunächst nur geologische Kriterien zugrunde. Aspekte der Raumplanung, beispielsweise Abstände von Wohngebieten oder Abstände zu Naturschutzgebieten, spielen dann erst im weiteren Verfahren eine Rolle. Das heißt, wir befinden uns im ersten Schritt. Es folgt im Oktober eine Auftaktkonferenz in Kassel, der bis Mitte nächsten Jahres drei weitere folgen werden.
In der zweiten Phase, die etwa im Jahr 2022 stattfinden wird, wird übertägig und, daran anschließend, dann letzten Endes auch unterirdisch erkundet. Bis zum Jahr 2031 soll die Wahl getroffen
sein. Das alles sind - das sage ich ganz deutlich - sehr, sehr ehrgeizige Ziele. Es ist gesellschaftlicher und politischer Konsens, dass Deutschland ab dem Jahr 2023 keinen Atomstrom mehr erzeugt. 70 Jahre lang gab es Atomstrom. Mit dem Abfall dieser Epoche muss verantwortungsvoll umgegangen werden. Das muss unser gemeinsamer politischer Anspruch hier in diesem Haus sein.
Zur Wahrheit gehört auch, dass wir uns wirklich keinen Illusionen hingeben dürfen. Den Regionen, die schon im ersten Durchgang prädestiniert sind, stehen harte Zeiten bevor.
Die Präsentation der BGE am 28. September wird wohl der erste Akt eines langen, langen Dramas werden. Darauf können wir uns hier in Niedersachsen mit diesem Antrag vorbereiten.
Schönen Dank, Kollege Bosse. - Jetzt hat sich für Bündnis 90/Die Grünen Herr Kollege Christian Meyer gemeldet. Bitte sehr!
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! „Grüne Spinner“, „unappetitliches Pack“ - das sind die Begriffe, mit denen wir Grünen und Atomkraftgegner bezeichnet wurden. Letzteres anlässlich des Castortransportes 1996 von niemand geringerem als dem damaligen Bundesinnenminister Manfred Kanther, der später wegen der Spendenaffäre der CDU sein Amt niederlegen musste.
Am 28. September 2020, wenn jetzt die Teilgebiete für die Endlagersuche veröffentlicht werden, werden wohl in den ausgewählten Gebieten auch die Letzten vielleicht keine Atomkraftgegner, aber zumindest Atommüllgegner sein. Das ist auch verständlich. Kein Mensch will ein Atommüllendlager in seiner Nähe haben.
Diese simple Erkenntnis wäre eigentlich Grund genug gewesen, auf Atomkraft zu verzichten. Aber man hat es nicht, und nun muss für den Müll aus 1 900 Castoren bundesweit ein Endlagerstandort gesucht werden. Und da müssen auch die Atomkraftgegnerinnen und -gegner die Verantwortung übernehmen, obwohl eigentlich die Atomparteien das damals gemacht haben.
Und es ist auch richtig, dass das in nationaler Verantwortung passiert. Wir können den deutschen Atommüll nicht in ärmere Staaten verschicken oder in Diktaturen, in denen Kritikerinnen und Kritiker mundtot gemacht werden und keine demokratischen Prozesse laufen. Allzu schnell könnte der Atommüll z. B. in Form einer schmutzigen Bombe wieder auf unseren Köpfen landen.
Also: Was tun? - Es richtig, dass wir einen Neustart der Standortsuche unternommen haben. Das ist ein ganz großes Verdienst von Stefan Wenzel und der damaligen rot-grünen Landesregierung, die das geschafft haben.
Es gab die Vorfestlegung auf Gorleben. Wir haben unter Rot-Grün die Castortransporte, die natürlich eine Vorfestlegung waren, beendet. Seit Rot-Grün in Niedersachsen gibt es keine Castortransporte mehr.
Und, Herr Birkner, wenn Sie lachen: Wir als rotgrüne Landesregierung haben auch das LandesRaumordnungsprogramm geändert und die Vorfestlegung auf einen Endlagerstandort Gorleben dort ersatzlos gestrichen. Das ist zu Ihren Zeiten vorgenommen worden. Sie haben im LandesRaumordnungsprogramm geschrieben: Gorleben ist Endlagerstandort. - Das ist gestrichen worden.
Dieser Landtag hat es gestrichen mit der Begründung, dass Gorleben geologisch ungeeignet ist. Der Standort ist damals unter der Regierung Albrecht willkürlich ausgewählt worden. Gorleben hat kein Deckgebirge. Es gibt keinen Schutz vor dem Austritt der Radioaktivität. Der Salzstock ist durchzogen mit Laugennestern. Und unter ihm liegen Gasvorkommen. Ohne diesen ungeeigneten
Wir erwarten - das betonen wir auch in dem Antrag -, dass Gorleben in jeder Phase des Verfahrens herausfliegen kann. Gorleben ist dabei eben nicht der als Vergleich dienende Referenzstandort. Das ist ein Erfolg, den wir damals erreicht haben. Wenn es nach sachlichen Kriterien geht, dann muss diese willkürliche Entscheidung für Gorleben aufgehoben werden. Das erwarten wir in diesem Prozess.
Wir brauchen natürlich mehr Ehrlichkeit in der Endlagerdebatte: Das Standortauswahlgesetz ist vielleicht wissenschaftsbasiert, aber nicht rein wissenschaftlich. Sie wissen, es gab ein politisches Ringen bei den Formulierungen zu fast jedem Satz. Ob wir Transparenz bekommen? - Wir haben bei der Debatte um das Geologiedatengesetz gesehen: Im Juli 2020 ist es beschlossen worden, doch leider war das ein Kompromiss dahin gehend, dass nur Daten in öffentlicher Hand veröffentlicht werden, die Daten der Unternehmen erst 30 Jahre nach Erhebung. Es führt natürlich nicht dazu, dass fair und wissenschaftlich orientiert gehandelt wird, wenn Bundesländer oder Unternehmen die Daten zu unterirdischen Standorten nicht so herausgeben, wie es eigentlich nötig ist.
Dies muss jetzt auch mit diskutiert werden. Transparenz von Anfang an ist die Garantie dafür, dass ganz zum Schluss eine Nachvollziehbarkeit der Auswahl gegeben ist. Und diese ist Grundvoraussetzung für Akzeptanz oder zumindest Toleranz der Entscheidung.
Deshalb müssen wir auch jetzt darauf achten, dass sich die kritische Öffentlichkeit einmischt. Gerade unter Corona-Bedingungen müssen wir es erlauben, dass auch öffentliche Veranstaltungen stattfinden. Bei der Suche nach einem Endlager für Hunderttausende von Jahren kann es nicht um ein paar Wochen gehen. Es muss möglich sein, in Bürgerversammlungen Fragen zu stellen, Fragen zu beantworten und zu diskutieren. Wenn wir diese Entscheidung für nachkommende Generationen treffen, sind wir es den Menschen schuldig, dass wir uns Mühe geben und kein Schnellverfahren machen, sondern ein gründliches Verfahren mit vielen Abwägungen und Kriterien. Darauf müssen wir gerade in der Corona-Zeit achten.
Man hört ja immer wieder den Satz: „Irgendwo muss der Müll ja hin.“ - Nein, er muss nicht „irgendwo hin“, sondern an den am wenigsten gefährlichen Standort. Diesen Standort müssen wir auswählen. Deshalb appelliere ich auch an alle: Mischt euch ein! Helft, damit das Auswahlverfahren besser wird! - Wenn wir alle dazu beitragen, Kriterien zu entwickeln, die dann auch eine Akzeptanz finden, wenn wir alle dazu beitragen, faktenorientiert zu schauen, ist es sinnvoll, dieses Verfahren zu entwickeln, um diesen Konflikt um Gorleben zu beenden, Gorleben ausscheiden zu lassen und ehrlich ein Endlager zu suchen.
Nicht günstig finde ich die heutige dpa-Meldung, dass der Umweltminister Lies schon vorher weiß, was herauskommt. Ich zitiere aus der dpaMeldung:
„Am 28. September sollen bundesweit geeignete Teilgebiete für ein Endlager benannt werden. Nach Einschätzung von Umweltminister Olaf Lies werden sich rund zwei Drittel davon in Niedersachsen befinden.“