Wir stimmen dafür, ihn im Ausschuss zu beraten, aber wir werden ihm bestimmt nicht in seiner Gesamtheit zustimmen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zu den Ausführungen der Kollegen ganz rechts werde ich jetzt nichts sagen. Wer die gemeinsamen Grundwerte nicht als solche betrachtet, mit dem muss man darüber auch nicht diskutieren.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, das Thema Rechtsstaatlichkeit und damit verbunden die Frage der Konditionalität - also, etwas salopp formuliert, die Verknüpfung der Einhaltung des Rechtsstaatsprinzips mit der Auszahlung von EUGeld - wird derzeit auf vielen politischen Ebenen intensiv diskutiert. Es ist zentrales Thema der deutschen Ratspräsidentschaft. Heute hat sich ganz aktuell auch die Kommissionspräsidentin Frau von der Leyen in ihrer Rede zur Lage der Union dazu geäußert. Dazu komme ich noch. Auch die Europaministerkonferenz hat dazu in der letzten Woche einen Beschluss gefasst. Der Bundestag wird sich am Freitag mit dieser Fragestellung beschäftigen. Dieses Thema ist zurzeit auch im Europäischen Parlament in der Diskussion. Sie wissen, dort laufen gerade die Triloge zur mittelfristigen Finanzplanung. Auch dort wird diese Verknüpfung Thema sein und intensiv diskutiert werden.
Sie sehen, meine Damen und Herren, die Debatte wird auf allen Ebenen geführt. Ich habe eben von da oben gehört, dass gesagt wurde, wer der Verursacher war und wer sich dazu zuerst geäußert hat. Ich bin sehr, sehr froh, dass die Debatte heute hier bei uns im niedersächsischen Parlament geführt wird. Dass wir uns dazu verhalten, ist gut so und richtig. Je mehr Signale dazu kommen, desto mehr unterstützen wir auch die deutsche Ratspräsidentschaft darin, hier zu Lösungen zu kommen.
Denn, meine sehr verehrten Damen und Herren, die Europäische Union ist nicht ein bloßer wirtschaftlicher Zweckverbund. Sie ist viel mehr. Sie ist eine Wertegemeinschaft, auf deren Grundlage ihre Mitgliedstaaten ein gemeinsames Fundament aufgebaut haben, um für eine bessere Zukunft aller zusammenzuarbeiten. Wir können also zu Recht stolz auf diese Errungenschaft sein.
Unsere gemeinsamen Grundwerte können in ihrer Bedeutung gar nicht stark genug hervorgehoben werden. Ohne sie funktioniert die Union nicht, ohne sie hat die Union keine Identität, ohne sie hat die Union keine Zukunft. Nicht umsonst stehen sie im Vertrag der Europäischen Union gleich zu Beginn in Artikel 2.
Wir alle wissen, dass unsere Grundwerte derzeit unter Beschuss stehen. In Polen wird seit Jahren systematisch die Unabhängigkeit der Gerichte geschwächt und damit die Rechtsstaatlichkeit unterminimiert. Ungarn wird von der NGO Freedom House mittlerweile nicht mehr als Demokratie gewertet. Vor zehn Jahren war Ungarn noch Vorzeigeland. Wenn ich noch den Umgang Ungarns mit Minderheiten, die dortige Situation von Migrantinnen und Migranten sowie geflüchteter Menschen sowie die von einigen Kommunen eingerichteten LGBTQ-freien Zonen erwähne, so sollte allen klar sein: Wir sind Zeitzeugen einer besorgniserregenden Entwicklung.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, der vorliegende Entschließungsantrag - das möchte ich betonen - bezieht sich aber auf uns alle. Wir alle stehen in der Pflicht, unsere gemeinsamen Werte einzuhalten, und wir alle stehen in der Verantwortung, unsere Werte zu verteidigen. Ich unterstütze den Antrag daher in seiner Zielsetzung, wirksamere Maßnahmen gegen Verstöße einzufordern.
Wir dürften uns einig sein, dass die laufenden Artikel-7-Verfahren und die Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs im Rahmen verschiedener Vertragsverletzungsverfahren die Entwicklung insbesondere in Polen und Ungarn nicht wirklich effektiv aufgehalten haben.
Die letzten Jahre haben leider gezeigt: Die bestehenden Möglichkeiten, um Verstößen gegen unsere Grundwerte entgegenzutreten, reichen nicht aus. Zu den geeigneten Maßnahmen ist hier von meinen Vorrednern und Vorrednerinnen schon ausgeführt worden. Deswegen will ich mich dazu nicht mehr im Einzelnen äußern.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, es geht nicht darum, Verstöße nur stärker zu sanktionieren. Vielmehr ist der Dialog wichtiger denn je. Kritik muss formuliert und adressiert werden - auf Augenhöhe und auf Grundlage partnerschaftlicher Zusammenarbeit. Deswegen begrüße ich sehr, dass auch der Dialog mit unseren niedersächsischen Partnerregionen als Teil der Lösung gesehen wird.
Heute Morgen hat die Kommissionspräsidentin, Frau von der Leyen, in ihrem Bericht zur Lage der Union der Rechtsstaatlichkeit „die höchste Bedeutung“ zuerkannt. Die Verknüpfung der Rechtsstaatlichkeit mit den Finanzmitteln aus dem EUHaushalt, so formulierte Frau von der Leyen weiter, sei nicht verhandelbar. - Klare Worte, über die ich mich freue!
Das ist auch die Position, die in dem vorliegenden Entschließungsantrag vertreten wird. Dieser Antrag ist ein ganz wichtiges Signal aus dem niedersächsischen Parlament zum Schutz unserer gemeinsamen europäischen Grundwerte. Er dient - ich wiederhole das - auch der Unterstützung der deutschen Ratspräsidentschaft, die dieses Thema ganz oben auf ihrer Agenda hat.
Es liegen uns keine weiteren Wortmeldungen vor. Ich schließe damit die Beratung. Wir kommen zur Ausschussüberweisung.
Vorgesehen ist der Ausschuss für Bundes- und Europaangelegenheiten und Regionale Entwicklung. Wer dieser Ausschussüberweisung zustimmen möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. - Damit ist der Antrag einstimmig so überwiesen.
Der nächste, der 32. Tagungsabschnitt ist für die Zeit vom 6. bis 8. Oktober vorgesehen. Das ist von Dienstag bis Donnerstag. Frau Landtagspräsidentin wird, wie gewohnt, den Landtag einberufen und im Einvernehmen mit dem Ältestenrat den Beginn und die Tagesordnung der Sitzung festlegen.
Ich schließe hiermit die Sitzung, bedanke mich zuvor aber noch bei allen, die zum reibungslosen Ablauf der drei Plenartage beigetragen haben.
Ich wünsche Ihnen, liebe Kollegen und Kolleginnen, einen guten Heimweg, eine gute Heimreise. Tschüss!