An der einen oder anderen Stelle hat die Formulierung im Antrag für mich noch ein wenig Zungenschlag. Darüber können wir vielleicht noch in der Beratung reden. Zum einen erkennt er, wie ich finde, zu wenig an, was schon alles stattfindet - Frau Dr. Lesemann hat eben eine lange Auflistung angeführt - und wo unsere Museen und die Besitzer von Sammlungen schon tätig sind. Damit, dass all das in eine breitere Öffentlichkeit gehört, bin ich komplett d’accord.
Erstens: die Passage mit den Forderungen an die Schulen und die Curricula. Der Antrag unterstellt mit seiner Formulierung eine zu geringe kritische Auseinandersetzung. Das kann ich aus eigener Erfahrung überhaupt nicht bestätigen. Das Thema ist im Geschichtsunterrichtung, was den Umfang angeht, sicherlich zu klein; das ist gar keine Frage. Darüber muss man reden. Aber dass Deutschlands koloniale Vergangenheit nicht sehr kritisch dargestellt würde, kann ich nicht bestätigen. Ich finde, mit der gewählten Formulierung tut man den Lehrern ein bisschen Unrecht.
Ähnliches gilt - zweitens - für die Folgerungen der Kolleginnen und Kollegen bezüglich mehr kritischer Reflexion bei Sicherheitskräften über Rassismus. Das ist mir noch ein bisschen zu pauschal formuliert. Das würde ich so nicht sagen. Das heißt aber nicht, dass wir nicht über Rassismus und darüber reden müssten, woher er kommt.
Ich hoffe auf das bewährte Verfahren einer Unterrichtung als Auftakt für die Beratung im Ausschuss. Dabei lässt sich dann auch einiges zurechtzurren. Wir können dabei dem Zusammenhang zwischen der Darstellung des kolonialen Erbes und dem Bild, das unsere Gesellschaft von anderen Völkern und Kulturen geprägt hat und immer noch prägt, sehr gut nachspüren - das finde ich sehr interessant - und der Frage nachgehen, ob und vor allem wie - das Ob erübrigt sich wohl - sich dadurch rassistisches Gedankengut einschleichen kann.
In jedem Fall ist das ein sehr, sehr wichtiges Thema sowohl in kulturhistorischer als auch in aktueller gesellschaftlicher Hinsicht.
Vielen Dank, Frau Kollegin Schütz. - Für die AfDFraktion hat sich Herr Harm Rykena zu Wort gemeldet. Herr Rykena, bitte!
Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich will nicht bestreiten, dass im Rahmen des Kolonialismus schreckliche Verbrechen verübt wurden. Ich will auch nicht unterschlagen, dass die wenigsten der kolonisierten Völker eine Kolonisierung wünschten oder begrüßten.
Der Historiker Egon Flaig wies darauf hin, dass die sogenannte postkoloniale Ideologie an Universitäten und in den Medien die moralische Hegemonie gewonnen hat und dass diese ein groteskes Bild der europäischen Geschichte durchgesetzt hat - ein Bild voller „Fake history“. Ihre Vertreter denunzieren jede Fachwissenschaft, die streng unterscheidet zwischen Gedächtnispolitik und wahrheitsorientierter Historie. Daher bekämpft die postkoloniale Ideologie jede fachdisziplinäre Methodik, und das zerstört die historischen Kulturwissenschaften.
Sie als Grüne haben sich immer wieder zur Ideologie des Postkolonialismus bekannt. Sie sind der Träger dieser Ideologie. An der Förderung seriöser Geschichtswissenschaft sind Sie nicht interessiert.
Sie möchten die Geschichte als Steinbruch benutzen, um daraus Ihr Schuldnarrativ zu stricken, das Ihre kulturrevolutionären Ansichten untermauern soll.
Ihrer Ideologie zufolge tragen - das haben wir eben auch von Frau Viehoff gehört - die Völker Europas eine Erbschuld. Europas Reichtum verdanke sich einzig der Ausbeutung der Kolonien und müsse zurücktransferiert werden. Europa soll zahlen, Europa soll bluten.
Frantz Fanon hat 1961 in „Die Verdammten dieser Erde“ diese Richtung vorgegeben - Sie folgen ihr nun.
Liebe Grüne, Ihre Ideologie beruht eben nicht auf Wissen und Wissenschaft, sondern auf Konstruktion. Sie wissen offensichtlich nicht - was eigentlich längst erforscht ist -, dass der europäische Kolonialismus in Afrika weitgehend die gewaltsamen Versklavungsprozesse unterband, die Warlords unterdrückte, die Schlafkrankheit ausrottete und die Lebensverhältnisse im Allgemeinen stabilisierte.
Sie wissen nicht, dass wir Deutschen mit dem Reichsmerkantilismus und als führendes Land der Hochschulen in Europa bereits vor 1806 eine ei
gene und einzigartige Forschungs- und Befreiungsgeschichte der expliziten Kolonialkritik von Paracelsus bis Jeannin oder Weisz besitzen.
Und Sie wissen nicht, dass schon Karl Marx und Ludwig von Mises die sogenannte Wertaufschließung betont haben, die von den weißen Unterschichten Europas im Kolonialismus dazu geführt hat, dass die Kolonien jenes - freilich aufgezwungenermaßen - geschenkt bekamen, wozu Europa Jahrhunderte gebraucht hat. Man denke nur an den Wiederaufstieg Asiens.
Apropos Asien: Asien kennt diese Form der Autoaggression nicht, die wir Europäer derzeit betreiben. Aber diese Autoaggression, wie Sie sie im rotgrünen Lager betreiben, führt unweigerlich in den Untergang der europäischen Kultur,
also in den Untergang gerade der Kultur, ohne die die Erklärung der Menschenrechte, die Abschaffung der Sklaverei ebenfalls gar nicht möglich gewesen wären. Da kann ich nur sagen: Na, herzlichen Glückwunsch!
Meine Damen und Herren, wir haben eine weitere Wortmeldung, nämlich vom Wissenschafts- und Kulturminister. Bitte, Herr Minister Thümler!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich habe Frau Menge gerade beobachtet, die es nur schwer auf ihrem Platz ausgehalten hat. Ich kann das nachvollziehen.
Ehrlich gesagt, überlege ich gerade, was ich dazu noch sagen sollte; denn das ist so furchtbar gewesen, dass mir dazu nicht viel einfällt.
Auch wenn Sie heute Geburtstag haben, Herr Rykena: Sie sind da auf einem völligen Irrweg. Denn das, was Sie hier erzählen, ist nachweislich alles falsch.
(Beifall bei der CDU, bei den GRÜ- NEN und bei der FDP - Wiard Siebels [SPD]: Das ist nicht das erste Mal!)
Das ist wissenschaftlich überhaupt nicht untermauert - durch nichts! Der von Ihnen zitierte Historiker schreibt ja in einer Zeitung, die TUMULT heißt. Ich glaube, das trifft eher das, was in seinem Kopf los ist.
Aber das ist egal. Das ist völlig blödsinnig, wenn ich das mal so deutlich sagen darf - obwohl man dieses Wort hier ja nicht benutzen darf; aber mir fällt dazu, ehrlich gesagt, nichts weiter ein.
Man kann ja über den Antrag diskutieren. Dafür ist er da. Ich finde es gut, dass man auch das Thema koloniales Erbe, das ja weit zurückliegt, nicht als zu weit weg betrachtet, sondern sich aktiv damit auseinandersetzt und fragt: Was ist das eigentlich, und was sagt uns das? - Aber wenn man das auf eine solche Art und Weise macht, dann, glaube ich, diskreditiert man sich schlicht und ergreifend selbst, weil das auch völlig unparlamentarisch ist.
Zurück zum eigentlichen Thema: Niedersachsen ist - könnte man sagen - in gewisser Weise Vorreiterland in dieser Frage, weil wir schon sehr früh - 2009 - angefangen haben, Forschungsprojekte aufzulegen, die untersuchen, wie Kolonialismus eigentlich in Schulbüchern dargestellt wird. Das Georg-Eckert-Institut in Braunschweig, eines der renommiertesten Institute für Schulbuchforschung - das einzige große in Deutschland -, hat mit Fördermitteln des Landes erhebliche Projekte initiiert, um zu untersuchen, wie dieses Thema eigentlich dargestellt wird und was man im Grunde genommen verändern muss.
spielsweise Veranstaltungen, Foren und Diskussionen, die stattgefunden haben -, sodass in den Curricula des Kultusministeriums umfangreiche Veränderungen vorgenommen worden sind, um das Thema koloniales Erbe dort zu platzieren, auch verbunden mit dem Thema NS-Raubkunst und vielem anderen mehr.
Daraus entstand dann - das hat Frau Viehoff vorhin dargestellt - 2015 das Netzwerk zur Provenienzforschung, das hier am Landesmuseum in Hannover angesiedelt ist und eine Plattform bildet, von der aus alle Aktivitäten gesteuert werden. Das ist eine sehr kluge Entscheidung gewesen, die wir dann über das schon erwähnte Programm 2018 weiter fortgesetzt haben, und zwar wissenschaftlich begleitet und fundiert, aber nicht nur - genau wie Herr Plett gesagt hat - aus der Sichtweise deutscher Wissenschaftler, sondern unter Hinzuziehung von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus den Staaten, aus denen diese Kunstgegenstände geraubt worden sind.