Protocol of the Session on September 15, 2020

Vielen Dank, Herr Kollege. - Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat nun Herr Kollege Meyer das Wort. Bitte!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Kollege Dammann-Tamke hat ausgesprochen recht: Noch haben wir keinen Fall in Niedersachsen. Ich gehe auch davon aus, dass es keinen Eintrag in den Hausschweinebereich geben wird. Er hat in einem Interview mit dem Weser-Kurier noch einmal klar gesagt, dass nicht die Wildschweine schuld sind - Wildschweine sind keine umherziehende Art -, sondern der Mensch schuld ist. Vor einem Jahr haben wir das diskutiert, als wir einen Fall in Belgien hatten. Es ist natürlich nicht anders zu erklären, wie das passiert sein soll,

wenn man sonst Fälle in Polen hat. Die Wirkung ist nicht so, weil jetzt unserer Hausschweinebestände massiv vom Virus betroffen sein werden, sondern es geht - wie es bereits angesprochen worden ist - um den Export.

Es geht ausschließlich um den Exportmarkt. Nach China und Südkorea hat gestern auch Japan einen Exportstopp verhängt. Das führt natürlich dazu, dass gerade die exportintensive Billigproduktion - Ökoschweine werden wohl kaum nach China gebracht - jetzt einen massiven Preisabsturz erlebt. Auch der Punkt, dass Frau Otte-Kinast eine ganze Reihe von Jagdprämien vergeben hat - man bekommt in Niedersachsen Zuschüsse, wenn man mehr Wildscheine erlegt -, hat sich als nicht unbedingt positiv herausgestellt. Das hat offenbar nichts gebracht. Man wird die Zahl der Wildschweine so nicht reduzieren.

Übrigens: Wissen Sie, was der erste Faktor in einem Krisenplan ist, wenn in Niedersachsen ein Fall bei Wildschweinen auftritt, und was jetzt auch in Brandburg gemacht wird? - Es wird ein totales Jagdverbot für das Gebiet verhängt, weil man die Wildschweine nicht beunruhigen will. Das hat Brandenburg gemacht, und so steht es meines Wissens auch in Niedersachsen in den Plänen drin, weil es anders eben kontraproduktiv wäre.

Wir müssen eher das machen, was der Kollege von der SPD eben angesprochen hat. Wir müssen gucken, dass wir die heimischen Märkte stabilisieren. Die Exportstrategie, die jahrelang von der CDU gefördert worden ist, billiges Schweinefleisch in alle Welt zu bringen, ist spätestens seit dem Ausbeutungssystem von Tönnies und Vion nun wirklich ad absurdum geführt.

Wir werden nicht billiger produzieren können als andere, sondern wir müssen uns auf die heimischen Märkte fokussieren. Das ist, glaube ich, auch die wichtige Hilfe, die wir für unsere Landwirte haben. Wir sind natürlich das Schweineland Nummer eins. Jetzt höre ich, dass Ihre bayerische Kollegin - ich bin ja gespannt, was die Ministerin dazu sagt - neue Subventionen, also Aufkäufe, fordert. Das ist der Weg, wie dann immer Schlachthöfe Geld kriegen. Die EU kauft dann Schweinefleisch auf, um den Markt zu stabilisieren. Das wird eingelagert, und dann findet man bei Tönnies und Vion immer erhebliche Geldbeträge in den Subventionslisten. Das ist total fatal, und die marktwirtschaftlichen Schweinehalter sprechen

sich auch immer dagegen aus, weil auch dieses Fleisch irgendwann wieder auf den Markt kommt.

Damit wird nur runtersubventioniert. Wichtiger wäre, dass Sie regionale, tierwohlgerechte Produktion fördern. Zum Beispiel könnten Sie ja den Umbau der Betriebe fördern, sodass sie weg vom Kastenstand kommen. Sie könnten die Ringelschwanzprämie auch in der nächsten Förderperiode fortsetzen.

Es wäre eine wirkliche Hilfe für unsere Betriebe, wenn Sie ihnen helfen würden, Tierbestände zu reduzieren - so wie es die SPD gefordert hat - und die Tiere dann auch besser zu halten, und wenn dann dieser Stallumbau, für den es mit dem Ausstieg aus dem tierquälerischen Kastenstand jetzt klare Rahmenbedingungen gibt, von Ihnen unterstützt würde. Das würde eine wirkliche Hilfe sein, um die regionalen Märkte zu stärken,

(Beifall bei den GRÜNEN)

aber eben nicht jetzt wieder zu versuchen, Exportmärkte, etwa China, zu öffnen, wie man es aus Ihren Kreisen hört. Es ist halt ein Risikogeschäft. Wir haben das schon damals beim Russlandembargo erlebt, was seinerzeit zu Recht verhängt wurde, nachdem Putin die Krim annektiert hatte. Der Exportmarkt ist sehr gefährlich und führt dann zu diesen hohen Verlusten. Deshalb müssen wir unsere Tierbestände in Niedersachsen reduzieren und sollten den Umbau der Ställe in Richtung Tierwohl deutlich unterstützen.

Ich begrüße ja, dass die Ringelschwanzprämie fortgeführt wird. Aber es wäre nötig, dass man dort deutlich stärker investiert. Sie kennen den Plan der Borchert-Kommission, der besagt, dass wir uns auf die regionalen Märkte mit höheren Tierwohl- und Umweltstandards reduzieren können.

Deshalb dazu als Versöhnliches: Herr DammannTamke erklärte im Weser-Kurier, als er für die Jäger sprach, es ist nicht zu erwarten und dauert sehr lange, bis wir Fälle in Niedersachsen haben, weil Wildschweine keine umherziehende Art sind. Sie legen selten Hunderte Kilometer zurück. Bis sich das Virus von Rotte zu Rotte überträgt, vergeht eine Weile. - So Herr Dammann-Tamke. Er sagte ganz klar, der Mensch transportiert das Virus über Ländergrenzen hinweg. - Sie kennen das mit den Wurstpellen, die weggeworfen werden. So arbeiten wir auch in den Krisenplänen, die dort erstellt werden. Man wird nicht verhindern können, dass es diese Fälle gibt. Jetzt ist dieser Fall eingetreten. Das Land hat sich immer nur auf Jagdprämien fokussiert, es hat sich aber nicht darauf vorbereitet, dass, wie in diesem Fall, wichtige Export

märkte 1 : 1 wegbrechen und unsere Schweinehalter jetzt massive Einkommenseinbußen haben.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank. - Es folgt nun für die AfD-Fraktion Herr Abgeordneter Wichmann. Bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Ton in dieser Debatte ist noch relativ ruhig. Ich glaube, das wird sich spätestens dann ändern, wenn wir in Niedersachsen tatsächlich die ersten Fälle haben. So war es auch bei Corona.

(Ulrich Watermann [SPD]: Dieser Ton, wie sehr Sie es herbeisehnen!)

- Ja, ja, da waren wir relativ ruhig; so lange, bis wir den ersten Fall hatten, Herr Watermann. Genau so war das.

(Ulrich Watermann [SPD]: Jetzt fehlen nur noch die Flüchtlinge!)

300 Millionen Euro Schaden für Deutschland pro Monat ist die Prognose, die eintreten kann, wenn der Virus der Afrikanischen Schweinepest hierherkommen sollte.

(Unruhe)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich darf Sie bitten, Herrn Wichmann jetzt Ihre Aufmerksamkeit zu geben.

Das kostet unzweifelhaft Existenzen. Darüber sollten wir alle uns im Klaren sein. Der Schweinepreis ist bereits jetzt, seit Jahresbeginn, um 30 % gefallen, und die ersten Schweinezüchter überlegen ernsthaft, aufzuhören.

Südkorea - wir haben es gehört - hat ein Einfuhrverbot verhängt, Japan hat sich angeschlossen, China prüft. China und die asiatischen Staaten insgesamt sind bei so etwas nicht besonders zimperlich.

Wir verhandeln darüber, dass nur Einfuhrverbote über einzelne Regionen in Deutschland verhängt werden sollen, um noch etwas zu retten. Aber der Zug ist auf dem Gleis, und er fährt, und wir müssen jetzt gegensteuern.

Wir sollten kreativ bleiben, wir sollten überlegen, was wir noch tun können, um die Afrikanische Schweinepest wenigstens einzudämmen. Dazu gehört auch, dass wir darüber nachdenken, eventuell die Raststätten, die wegen der dort weggeworfenen Speisereste bekanntlich ein großer Problempunkt sind - auch das haben wir gehört -, besser zu sichern. Vielleicht macht es wirklich Sinn, einmal darüber nachzudenken, ob wir Raststätten mit Zäunen versehen, um zumindest teilweise einen Zugriff zu verhindern. Vielleicht macht es wirklich Sinn, darüber nachzudenken, dass wir die Abfallkörbe vermehrt schweinesicher machen.

Vielleicht macht es auch wirklich Sinn, darüber nachzudenken, Grünbrücken zu sperren, was in einzelnen Bundesländern zumindest bereits diskutiert wird, um die zugegeben geringen Wanderbewegungen der Wildschweine noch weiter einzuschränken.

Die Reduzierung des Wildschweinbestandes allerdings dürfen wir nicht aufgeben. Der Kollege Dammann-Tamke hat es eben nach seiner Rede am Platz noch einmal betont: 25 % höhere Abschussraten haben wir bereits durch die Prämien. Das ist ein Fortschritt, den Sie nicht von der Hand weisen können. Das sollten wir weiterbetreiben, darin sollten wir nicht nachlassen.

Das Saarland z. B. prüft das Aufstellen einer Suchhundestaffel, die allgemein auf die Suche nach Schwarzwild abgerichtet wird. Auch das ist eine kreative Möglichkeit. Nicht jede wird durchgreifen. Aber wir sollten jetzt wirklich kreativ sein. Wenn die Schweinepest erst einmal da ist, könnte es durchaus zu spät sein. Jetzt ist die Zeit der Vorsorge!

Die möglichen Seuchengebiete müssen vorab definiert werden. Das ist eine Aufgabe, die mithilfe von Forstämtern, Veterinärämtern, Landeigentümern, Jagdpächtern usw. gemeinsam anzugehen ist.

Insgesamt gilt: Jetzt ist der Zeitpunkt, um wirklich alle Gedanken, die wir haben, auf den Tisch zu legen, um nachher nicht das Nachsehen zu haben.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Vielen Dank. - Es folgt für die FDP-Fraktion Herr Abgeordneter Grupe. Bitte, Herr Kollege!

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Die Seuche ist jetzt auch bei uns angekommen. Es ist ein Virus, das hoch ansteckend ist. Aber man muss es immer wieder betonen: Es ist ungefährlich für den Menschen. Zum Glück!

Es wurde hier vieles dazu gesagt, welche Vorkehrungen getroffen wurden. Wir hatten glücklicherweise mehrere Jahre Vorlaufzeit. Das Virus ist nicht so schnell gekommen wie befürchtet. Aber es ist gekommen, wie uns die Experten auch immer wieder gesagt haben. Jetzt haben nicht nur die asiatischen Länder China, Südkorea und Japan, sondern auch Brasilien und Argentinien Exportstopps für deutsches Schweinefleisch erlassen.

Die Zahl hat Kollege Dammann-Tamke genannt. Man muss den Jägern wirklich danken. Im Rahmen der Prävention hat man mehr Wildschweine erlegt als in den Jahren zuvor und damit die Gefahr der Ausbreitung in den Wildschweinbeständen, so gut es ging, eingegrenzt.

Ich hatte mich schon gefragt, was ich zu dem Thema überhaupt noch sagen soll, aber dann kam Christian Meyer. Lieber Christian Meyer, Sie schrecken ja vor nichts zurück,

(Zustimmung bei der FDP, bei der SPD und bei der CDU)

dass Sie Ihre Export- und Handelsfeindlichkeit hier jetzt auch noch anhand einer so dramatischen Seuche zur Schau stellen.

Sie haben sich darin verstiegen, es werde jetzt gerade da, wo die Seuche ausbreche, auch noch ein Jagdverbot erlassen, d. h. Jagd ist völlig schädlich. - Entschuldigung, dazu fällt mir nichts mehr ein. Im Rahmen der Prävention den Bestand zu regulieren, das ist das eine. Dass man in den Kernzonen völlige Ruhe verordnet, damit sich die etwa infizierten Tiere nicht im Lande verteilen, das ist die andere Seite der Vorsorge und der direkten Bekämpfung. Das hier durcheinanderzuschmeißen und damit ein allgemeines Statement gegen Jagd abzugeben, ist für die Prävention absolut schädlich. Wenn man so handelt, ist die Gefahr, dass sich die Seuche ungehindert ausbreiten kann, natürlich ungleich höher als bei den Maßnahmen, die wir ergreifen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Die AfD meint, es sei relativ ruhig. Ich weiß nicht, ob Sie versuchen wollen, die Panik herbeizureden.

(Zustimmung von Ulrich Watermann [SPD])

Wir haben uns hier sehr fachlich-sachlich mit den Landvolkverbänden, mit der Politik usw. auf die Situation vorbereitet. Nichts anderes als ruhiges und besonnenes Handeln kann besser sein, um die Gefahr, dass das Virus von den Wildtieren auf die Hausschweinebestände übergreift, zu mindern. Deswegen können wir wirklich nur alle zu besonnenem Handeln auffordern.

Es wurde gesagt, der Mensch sei oft derjenige, der dieses Virus weitertrage, und natürlich derjenige, der es im Zweifelsfall aus dem Wildbereich in die Haustierbestände trage. Ich hoffe, dass alle Maßnahmen wirklich sehr konsequent durchgezogen werden. Für uns ist es wichtig, dass das Grenzgebiet geschützt wird und sich das Virus in diesem Bereich möglichst innerhalb einer begrenzten Zeit erledigt und es nicht auf Niedersachsen übergreift. In Niedersachsen wäre das bei über 8 Millionen Schweinen eine blanke Katastrophe.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU sowie Zustimmung von Klaus Wich- mann [AfD])

Vielen Dank, Herr Kollege. - Nun hat das Wort für die Landesregierung Frau Landwirtschaftsministerin Otte-Kinast. Bitte, Frau Ministerin!