Nach Einschätzung des Robert Koch-Instituts ist das Testen essenzieller Bestandteil einer umfassenden Pandemie-Bekämpfungsstrategie. Testen ermögliche eine schnelle und präzise Erfassung der Zahl und Verteilung von infizierten Personen in
Deutschland. Testen trägt nach Auffassung des RKI so zu einem aktuelleren und besseren Lagebild bei und sei Grundlage für eine Unterbrechung von Infektionsketten und für einen Schutz vor der Überlastung unseres Gesundheitssystems.
Die Entscheidung, wer auf SARS-CoV-2 untersucht wird, trifft der Arzt auf Basis der RKIKriterien. Danach soll eine Testung bei Vorliegen akuter Krankheitssymptome wie Geruchs- oder Geschmacksstörungen, Temperaturerhöhung,
Husten oder Halsschmerzen erfolgen. Einige dieser Symptome gehören auch zu den klassischen Grippesymptomen.
Andere Bundesländer weiten ihre Strategie aus. So bietet beispielsweise Bayern als erstes Bundesland seit 1. Juli kostenlose Corona-Tests für alle Bewohnerinnen und Bewohner Bayerns an. Auch diejenigen, die keine Symptome haben, sollen einen Test machen und das Ergebnis zeitnah erhalten können. Oberste Priorität bei der Testung und Auswertung sollen dabei laut Presseberichten Verdachtsfälle mit Symptomen sowie deren Kontaktpersonen haben. Für sie gebe es eine 24-Stunden-Garantie: Sie sollen binnen 24 Stunden getestet werden, innerhalb weiterer 24 Stunden soll das Ergebnis vorliegen.
1. Plant die Landesregierung eine Ausweitung der Tests ähnlich dem bayerischen Vorbild, und wenn nicht, warum nicht?
3. Teilt die Landesregierung die Auffassung, dass die bestehenden Testzentren weiterhin notwendig sind, und wenn nicht, warum nicht?
Vielen Dank, Frau Kollegin Bruns. - Für die Landesregierung antwortet Frau Ministerin Reimann. Frau Doktor, Sie haben das Wort!
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Niedersachsen verfolgt eine klare Teststrategie. Wir testen konsequent und anlassbezogen.
Aber wir testen nicht ohne konkreten Anlass die gesamte Bevölkerung, und das aus gutem Grund: Beim Testen asymptomatischer Personen ohne konkreten Bezug zu Erkrankten oder zu Infektionen tritt nur in den allerseltensten Fällen ein positives Ergebnis auf. Aktuell sind die Sieben-TageInzidenzen in Niedersachsen sehr gering. Sie liegen bei 1, d. h. bei 1 Neuinfektion auf 100 000 Einwohner. Somit ist die Testung in diesen Fällen kein effizientes Instrument zur Eindämmung oder zur Begrenzung der Pandemie.
Wir testen asymptomatische Personen aber in bestimmten Fällen. Die Empfehlungen des Robert Koch-Institutes - Sie haben sie zitiert - geben konkrete Anhaltspunkte, in welchen Situationen auch bei asymptomatischen Personen ein Test sinnvoll ist. Das ist etwa bei Kontaktpersonen erster Ordnung der Fall oder eben bei einer ganz geringfügigen Symptomatik.
Auf Basis dieser Empfehlungen haben wir unsere Teststrategie erheblich ausgeweitet. Wir testen alle Kontaktpersonen, auch asymptomatische. Das haben wir zu Beginn der Pandemie nicht getan. Das will ich klar sagen. Da wurden die Kontaktpersonen ohne Testung einer 14-tägigen Quarantäne unterworfen. Bereits mit dieser Strategie - das will ich an dieser Stelle sagen - ist es gelungen, die Pandemie unter Kontrolle zu bringen.
Vor diesem Hintergrund sieht unsere Strategie eine gezielte Ausweitung von Testungen auf symptomlose Personen vor, aber eben mit konkretem Anlass.
Darüber hinaus fokussieren wir unsere Testungen auf Beschäftigte in Pflegeheimen, in ambulanten Pflegediensten und in vorschulischen Kinderbetreuungseinrichtungen, und zwar in Regionen mit besonders hohem Infektionsdruck, also mit einer hohen Inzidenz.
Unkontrolliertes Testen würde - das will ich hier noch einmal sagen - einen erheblichen Verbrauch wertvoller Ressourcen bedeuten, nicht nur materieller Ressourcen, sondern auch der Arbeitszeit medizinischen Personals, das zurzeit sinnvoller - für andere Aufgaben - eingesetzt werden muss.
Wir bieten Antikörpertests durch das NLGA, das erfreulicherweise die nötige Expertise hat, gezielt vor allem Beschäftigten in Pflegeheimen an, in denen es eine Infektion gegeben hat.
Man muss zum Hintergrund sagen: Bislang ist die Bedeutung von Antikörpertests wirklich nur wissenschaftlicher Natur. Den nach dem Infektionsschutzgesetz gemeldeten Zahlen zufolge hat bislang weniger als 1 % der Bevölkerung eine SARSCOVID-Erkrankung gehabt. Eine repräsentative Testung der allgemeinen Bevölkerung würde insofern nur sehr wenige positive Antikörpertests ergeben können. Das zeigen auch einzelne durchgeführte Studien; gerade hat das Robert Koch-Institut ein Zwischenergebnis in Bezug auf Blutspender vorgestellt.
Deshalb konzentriert sich meine Strategie darauf, die Antikörpertests gezielt in Gruppen anzuwenden, in denen bekanntermaßen Fälle aufgetreten sind. Das sind z. B. Bewohnerinnen und Bewohner, aber auch das Pflegepersonal von Alten- und Pflegeeinrichtungen, in denen Ausbrüche stattgefunden haben. Auf diese Weise können wir analysieren, inwieweit die vermuteten Infektionsketten durch die Antikörperergebnisse belegt werden können.
Die Bildung von Antikörpern erfolgt ja verzögert. Erst nach einer Latenzzeit von zwei bis vier Wochen nach der Infektion ist mit der Bildung von Antikörpern zu rechnen. Deswegen ist eine Antikörpertestung nur dazu geeignet, im Nachgang das Infektionsgeschehen zu betrachten. Es liefert leider keine Hinweise, die für das Management der Akutphase eines Infektionsgeschehens hilfreich wären.
Nach unserer Kenntnis wird die Testung in den Testzentren kaum noch nachgefragt, weil die Testung auch bei niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten durchgeführt werden kann.
Ich will erinnern, wie es zu den Testzentren kam: Die Testzentren wurden im März kurzfristig - ganz schnell - aufgebaut und eingeführt, weil es in den Arztpraxen an Schutzausrüstung mangelte und schnell eine große Zahl von Tests durchgeführt werden sollte.
Jetzt ist die Ausstattung der Praxen mit Schutzausrüstung gewährleistet. Gleichzeitig ist aufgrund der aktuellen Infektionslage die Nachfrage nach Tests gering. Aus diesem Grund hat die Kassenärztliche Vereinigung Anfang Juli mit der gesetzlichen Krankenversicherung verabredet und vereinbart, dass die Testzentren zurückgebaut werden. Anstelle dieser Testzentren richtet die Kassenärztliche Vereinigung Infektionspraxen ein, an die die Hausärztinnen und Hausärzte, die keine Tests durchführen wollen, die Patientinnen und Patienten überweisen können.
Sollte sich die Infektionslage aber ändern, kann die Kassenärztliche Vereinigung die Testzentren jederzeit innerhalb von 24 Stunden wieder hochfahren. Für die Landesregierung ist das wichtig. Wir unterstützen das Vorgehen, legen aber Wert darauf, dass die Testzentren kurzfristig wieder aktiviert werden können, sodass wir vorbereitet sind, falls es im Herbst - mit Beginn der Erkältungszeit - wieder zu einem Anstieg von Verdachtsfällen kommt.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe eine dpa-Meldung in der Hand. Danach hat der Bundesgesundheitsminister gesagt, letzte Woche seien in Deutschland knapp eine halbe Million Menschen getestet worden, 175 000 Menschen mehr als noch vor vier Wochen. Er halte es für richtig, die Tests weiter auszuweiten. Wie passt das eigentlich mit dem Abbau der Testzentren zusammen? Und wie viele Tests haben in der letzten Woche in Niedersachsen stattgefunden?
Einmal fragten Sie, wie viele Tests wir in der letzten Woche ungefähr durchgeführt haben. - Das Landesgesundheitsamt schätzt, dass es etwas mehr als 30 000 Tests gewesen sind.
Zum anderen fragten Sie, wie das zusammenpasst. - Ja, die Nachfrage bei den Testzentren ist nicht mehr so hoch. Die Wahrheit ist aber auch, dass es neben den Testzentren natürlich mehr als nur ein weiteres Angebot zum Durchführen dieser Tests gibt. Zum einen führen die Gesundheitsämter Tests durch, zum anderen werden aber auch in den Haus- und Facharztpraxen Tests durchgeführt, weil die Schutzausstattung dort wieder ausreichend vorhanden ist. Darüber hinaus gibt es in einigen Landkreisen mobile Teams, die vor Ort Tests durchführen. Diese sind immer dann besonders wichtig und hilfreich, wenn es z. B. in Pflegeeinrichtungen oder Gemeinschaftsunterkünften zu Ausbrüchen kommt, um dort schnell eine größere Zahl an Tests durchzuführen.
Es gibt in Deutschland natürlich auch Ausbrüche, die eine größere Anzahl von Tests erfordern, weil alle - wie gerade geschildert auch asymptomatische - Kontaktpersonen getestet werden müssen. Das steigert die Zahl der Getesteten natürlich, auch wenn wir im Land insgesamt ein relativ und stabil niedriges Infektionsgeschehen haben.
Vielen Dank. - Die nächste Zusatzfrage kommt von der Kollegin Sylvia Bruns, FDP-Fraktion. Sie stellen auch die übernächste Frage, müssen aber selber entscheiden, ob sie die Fragen bündeln.