Das ist genau richtig. Sie musste das ja genau kontrollieren. Nicht nur das Parlament kontrolliert uns, sondern wir kontrollieren uns auch gegenseitig.
Zu den Insolvenzen und den Dingen, die wir tun können, um die Insolvenzen von Reisebüros abzuwenden. Das kann ich möglicherweise schneller beantworten.
Erstens möchte ich mit einem Trugschluss aufräumen, so schwerwiegend die Situationen auch ist. Der Bund hat richtigerweise das Insolvenzrecht auf Bundesebene durch Gesetzesänderung verändert, um damit kurzfristig Gefahren durch eine Überschuldung von Unternehmen abzuwenden, die dann auch Fristen wahren können. Deshalb hat der Bund ja vor Kurzem das Insolvenzrecht geändert.
Ich muss jetzt aber mal eine Lanze für das Insolvenzrecht in Deutschland brechen. Das ist erst einmal eine allgemeine Feststellung. Wir verwechseln Insolvenz gern mit einer Pleite und denken, dass es jetzt sofort aus ist. Das Insolvenzrecht in Deutschland hat einen Sinn und einen Zweck, auch schon vor der Änderung des Gesetzes: Letztlich sollen damit neue Chancen eröffnet werden.
Dem Grunde nach ist es ja nicht das Ziel, ein Unternehmen abzuwickeln, sondern zu schauen, was möglicherweise veränderbar ist, was zu retten ist, welche Bereiche ausgegliedert werden können, um dann das Unternehmen auf anderer Basis, auf neuen Füßen weiter fortzusetzen. Das Insolvenzrecht bietet sehr viel mehr Möglichkeiten, als wir gemeinhin annehmen.
Zweitens. Zur Verstärkung der Kapitalbasis bieten sich im Moment ausschließlich zwei Instrumente an. Das ist zum einen das Kurzarbeitergeld, um damit kurzfristig - es heißt ja Kurzarbeitergeld - die Basis des Lohns, des Gehalts für die Mitarbeiter letztlich durch die Bundesagentur für Arbeit übernehmen zu lassen sowie die Sozialversicherungsbeiträge zu 100 %. Das Kurzarbeitergeld könnte dann gegebenenfalls, wenn die Leistungsfähigkeit des Betriebes noch vorhanden ist, noch einmal aufgestockt werden. Die Ankündigung der Anhebung des Kurarbeitergeldes muss ich hier nicht gesondert erwähnen.
Daneben besteht zum anderen die Möglichkeit von Zuschüssen oder Liquiditätskrediten des Landes. Hier sind insbesondere die Corona-Hilfen quasi aus der ersten Woche der Maßnahmen zu nennen, die wir landesseitig auf den Weg gebracht haben, sowie der Bundeszuschuss für Betriebe mit ein bis zehn Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter als nicht rückzahlbarer Zuschuss.
Und wenn ich das noch hinzufügen darf: Wir erleben im Moment in anderen Bundesländern eine heftige Debatte darüber, ob bestimmte Fördergelder zurückgefordert werden müssen oder gar nicht erst hätten ausgezahlt werden dürfen. Da lobe ich mir den sehr besonnen und sehr stringenten Kurs - am Anfang sind wir etwas kritisiert worden -, den wir in Niedersachsen gefahren sind. Wir haben uns erst einmal über die Rechtslage informiert, haben dann entsprechende Richtlinien geschaffen und haben dann danach entschieden, wie und nach welchen Kriterien wir Förderungen auszahlen.
Ich will in dem Zusammenhang nur darauf hinweisen, dass wir mit diesen Zuschüssen von insgesamt - was hatte ich gesagt? - 119 Millionen Euro in dem Bereich Tourismus und Gastronomie erheblich zur Stärkung der Kapitalbasis beigetragen und kurzfristige Liquidität verschafft haben und dass wir inzwischen über 227 Millionen Euro an Liquiditätskrediten von 5 000 Euro bis 50 000 Euro auf den Weg gebracht haben. Daneben gibt es noch den Niedersachsen-Kredit von bis zu 500 000 Euro. Das sind etwa über den Daumen
6 000 Anträge. Darunter befinden sich - ich schätze jetzt einmal - etwa 30 % Anträge von Reisebüros, Reiseveranstaltern oder anderen, deren Anträge möglicherweise schon bearbeitet sind. Die genaue Zahl, unterschieden nach Branchen, haben wir allerdings nicht vorliegen, sondern wir haben nur die Gesamtzahl der Auszahlungen der Bank.
Das ist die einzige Chance - direkte Zuschusshilfe, Liquiditätskredite, 100 % Garantie durch den Staat, in dem Fall NBank und Land Niedersachsen -, um so eine Insolvenz abzuwenden. Wir werden allerdings in zwei bis drei Monaten sehen, bei wem es funktioniert hat und bei wem nicht. Denn das ist in etwa der Zeitraum, nach dem wir spätestens feststellen werden, ob ein Unternehmen am Ende überhaupt noch existenzfähig ist oder nicht.
Vielen Dank, Herr Minister. - So, meine Damen und Herren, das Kontingent an Zusatzfragen ist nun von allen zu 100 % ausgeschöpft, sodass wir in die Aussprache übergehen können.
Die Fragestunde bewegt sich in neue zeitliche Dimensionen hinein. Ihre Ausgangsredezeit sind natürlich vier Minuten. Der Herr Minister hat aufgrund der hohen Qualität der Fragen seine Gesamtredezeit bereits jetzt - abgerundet - um 22 Minuten überzogen, sodass jeder angemeldete Redner jetzt 26 Minuten vortragen dürfte.
(Zurufe: Juchu! - Dr. Stefan Birkner [FDP]: Danke, Bernd! - Julia Willie Hamburg [GRÜNE]: Niedersachsen macht das zum Lieblings-Tourismus- ort! Wir gehen davon aus, dass jetzt alles gesagt wer- den kann, was noch nicht gesagt wurde, und dass jeder Redebeitrag von der ersten bis zur letzten Silbe spannend ist. Es beginnt Frau Tippelt. Bitte! (Beifall bei der SPD)
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Landesregierung hat mit dem Stufenplan im Zuge der Maßnahmenlockerung zur Eindämmung von COVID-19 auch der Tourismuswirtschaft und dem Gastrogewerbe einen guten Fahrplan in Richtung Normalität auferlegt. Das gibt gerade diesem so hart getroffenen Dienstleis
tungsgewerbe eine erste, notwendige Perspektive für die Zukunft. Diese müssen wir der Tourismuswirtschaft und dem Gastrogewerbe nach den unverschuldeten ökonomischen Verlusten auch dringend bieten. Aber auch das ist mit Blick auf die Zahlen meiner Meinung nach bisher zu wenig. Die drohende Insolvenzwelle in der Tourismuswirtschaft mit allein ca. 300 000 direkt und indirekt Beschäftigten, wozu auch das Gastrogewerbe vor Ort zählt, muss verhindert werden.
Die SPD-Fraktion hat deshalb schon vor Wochen dafür plädiert, den Rettungsschirm für die Tourismusbranche so weit zu erweitern, dass dadurch vom Tourismus abhängige Regionen vor der drohenden Insolvenzwelle der Tourismuswirtschaft und einem breiten ökonomischen Austrocknen gerettet werden. Hier sind - wir haben es eben auch in den Fragen gehört - die EU, der Bund, aber auch wir als Land gefordert. Die Soforthilfen und das bisherige Angebot der Herabsetzung der Mehrwertsteuer auf Speisen, wie wir es im letzten Plenarabschnitt diskutiert haben, reichen bei Weitem nicht aus.
Viele Betriebe, die sich auf Familienfeiern und größere Eventveranstaltungen spezialisiert haben, werden auch in den nächsten Wochen keine großen Einnahmen zu verzeichnen haben. Für diese - aber auch für andere - muss man überlegen, die Soforthilfen über den 30. Mai hinaus zu verlängern, und das durch ein gesondertes Programm.
Des Weiteren sind von den Bundesmitteln aktuell noch rund 35 Milliarden Euro vorhanden, sodass man schnellstens über eine Bundesunterstützung für die Freizeit-, Tourismus- und Gastrobranche nachdenken muss. Die Strukturen für einen erfolgreichen Tourismus müssen erhalten bleiben.
Ausdrücklich zu begrüßen ist die bereits angepasste strategische Ausrichtung des Tourismus in Niedersachsen. Wir brauchen einen ganzjährig attraktiven Tourismus. Die Digitalisierung muss weiter vorangetrieben werden, aber auch die Themen „klimafreundlich“ und „naturnah“ müssen mehr in unseren Fokus rücken.
Wichtig ist dabei, auch eine Willkommenskultur zu schaffen, die Lust auf mehr Urlaub in Niedersachsen weckt. Abschließend gesagt: Nutzen wir deshalb die einmalige Chance auf mehr Urlaub in
Niedersachsen in unseren großartigen niedersächsischen Destinationen. Ich sage ganz einfach: Nutzen wir das jetzt und versuchen es nicht erst, wenn es zu spät ist!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Man möchte meinen: Endlich entdeckt auch die CDU nicht nur den Lockdown, sondern - wenn auch verspätet und halbherzig, wie manche sagen - Gastgewerbe und Tourismus in Niedersachsen.
- Es ist schön, dass Sie die CDU verteidigen, Frau Hamburg. Dazu sehe ich Sie immer wieder gerne berufen. Die Klagen der Branchenvertreter hören wir schon eine ganze Weile, und wir alle wissen, sie sind berechtigt. Es geht für viele Betriebe um die nackte Existenz, und das gilt selbstverständlich auch für alle Beschäftigten dort.
Die AfD hat sich dieses Themas sehr früh angenommen. Nach meiner Kenntnis waren wir die ersten, die hier mit unserem Entschließungsantrag 18/6299 mit seinen Punkten 1 und 2 dieses Thema in den Landtag eingebracht haben. Wie üblich wurde der Antrag natürlich abgelehnt. Es war ja ein AfD-Antrag. Aber wie üblich wird ein solcher Antrag dann einige Wochen später - zumindest in einigen Punkten leicht verändert - unter eigenem
Zu welcher Schlussfolgerung führt mich das immer wieder: AfD wirkt. Man muss also nur fleißig AfD wählen, und dann kommt auch Bewegung in die Politik.
In unserem Antrag hatten wir u. a. gefordert, Gastronomie und Tourismus unter Beachtung der Abstandsregelung und Vorlage eines Hygienekonzeptes sofort wieder zu öffnen. Wir wollten also das wieder zulassen, ohne das in der Gesellschaft verantwortliches Handeln gar nicht möglich ist: die Eigenverantwortung. Auch das haben wir heute schon einige Male gehört.
Schon damals sagte der Kollege Hillmer von der CDU, ich zitiere: Die vorliegenden Anträge sind eine gute Beratungsgrundlage, die in unterschiedlichen Akzentuierungen vieles von dem aufgreifen, was der CDU wichtig ist. - Das werte ich als Lob. Umso mehr freuen wir uns, dass diesem Lob nun auch Taten folgen und sich durchaus - ich sagte es schon - einige Vorschläge aus dem letzten Plenum in Ihrem Plan wiederfinden. Denn der Fünf-StufenPlan - wir haben es schon gehört - ist nun verkündet, wenn auch für die Stufen 4 und 5 noch gar keine Termine genannt wurden. Erst wollte ich sogar eigentlich noch anmerken: Wenn das alles so ist, dann ist doch alles gut. Wofür brauchen wir dann diese Fragestunde? Ich dachte schon: Vielleicht reicht Ihnen die Aufmerksamkeit, die der Fünf-Stufen-Plan bisher bekommen hat, nicht aus. Vielleicht war auf der Landespressekonferenz zu wenig los.
Nun bin ich aber doch ganz froh, dass wir hier darüber sprechen; denn dieser Plan zeigt eben auch seine Schwächen. Fakt ist erst einmal: Sie haben zunächst die gesellschaftliche und wirtschaftliche Notbremse selbst gezogen, und Sie müssen deswegen auch für die politischen Konsequenzen den Kopf hinhalten. Umso wichtiger ist es jetzt aber, bei der Öffnung nicht schon wieder dieselben Fehler zu machen, die die Regierung in dieser Krise so häufig gemacht hat, nämlich heute etwas anderes zu erzählen als gestern, alle im Unklaren zu lassen und übermorgen das Gegenteil zu behaupten. Allzu oft war diese Regierung in der Vergangenheit nur eine Führungssimulation.