Im Juni 2018 - es ist bereits angesprochen worden - stand ein solcher Gesetzentwurf - mit dem gleichen Titel - schon einmal auf der Tagesordnung des Landtags und wurde von uns Grünen eingebracht. Ich könnte meine Rede von damals halten, warum wir dringend mehr Möglichkeiten für die Kommunen brauchen, gegen Schrottimmobilien mit unzumutbaren Zuständen wie damals im Wollepark in Delmenhorst, wo Menschen ohne Wasser und Strom hausten - der Bürgermeister von der SPD war ja bei der Anhörung - oder - das habe ich auch damals gesagt - gegen Überbelegung bei der Unterbringung von Schlachthofmitarbeitern und Erntehelfern vorzugehen.
Leider haben sich SPD und CDU geweigert, eine Anhörung dazu durchzuführen. Die wurde dann ausschließlich zu Ihrem Gesetzentwurf gemacht. Die Spitzenverbände haben trotzdem unseren Gesetzentwurf gelobt und ein entsprechendes Gesetz gefordert.
Ich begrüße es sehr, dass die GroKo - Herr Kollege Klein hat es angesprochen - von uns abgeschrieben hat. Diese Regelung, dass Erwachsene 9 m² und Kinder bis zum Alter von sechs Jahren 6 m2 Mindestwohnfläche haben sollten, ist endlich vom Tisch. Das hätte dazu geführt, dass, wenn ein Kind älter als sechs Jahre wird, eine Person ausziehen müsste, wenn die Wohnung nicht über die Mindestwohnfläche verfügt. Jetzt gilt für jeden Bewohner, für Kinder wie für Erwachsene, eine
großen Raumes an fünf Erntehelfer, Saisonarbeiter oder Werksvertragsarbeiter illegal und mit einem hohen Bußgeld belegt. Das würde auch für eine Baracke gelten, die über keine sanitären Einrichtungen verfügt, bei der es keine Toilette gibt, die aber an zehn Personen vermietet wird. Gegen solche Zustände können dann die Kommunen vorgehen und könnten wirksam durch Betreten der Räume die Unterkünfte kontrollieren. Deshalb fordern es die Kommunen ein.
Leider gibt es hierzu aber noch keinen Beschluss. Vor einem halben Jahr haben wir Grünen noch einmal eine Brücke gebaut, um der SPD, die wohl Widerstände bei der CDU gesehen hat, zu helfen, und haben unseren Gesetzentwurf als Änderungsantrag eingebracht. Leider haben es damals CDU und SPD abgelehnt. Dann wäre dieses Wohnraumschutzgesetz heute schon in Kraft, und wir könnten wirksam kontrollieren und gegen Überbelegungen in diesen Bereichen vorgehen, oder die Kommunen könnten endlich wirksam gegen
Die Menschen in Niedersachsen haben Anspruch auf menschenwürdigen Wohnraum, gerade jetzt, wo wir uns viel drinnen aufhalten. Dazu gehört ein Mindestmaß an Platz, Lüftung und sanitären Einrichtungen, Platz zum Schlafen, Leben, Wohnen und Spielen.
Vermieter von Schrottwohnungen, die die Mindeststandards nicht einhalten, bekommen hohe Bußgelder auferlegt. Die Kommunen können die Vermieter zwingen, Abhilfe zu schaffen, oder das Vermieten ganz untersagen. Damit wären überbelegte Sammelunterkünfte von heute auf morgen illegal und verboten.
„Mit unserem heutigen Gesetzantrag wollen wir der GroKo etwas auf die Sprünge helfen. Denn die Wohnraumsituation insbesondere in den großen Städten ist brisant. Wir haben Fälle von üblen Immobilienhaien, die unzumutbare Wohnbedingungen wie etwa im
Schlachthöfen zulassen, die Bewohnerinnen und Bewohner ausbeuten und sie teilweise erheblichen gesundheitlichen Gefahren aussetzen“
Eine schlechte Wohnung macht brave Leute verächtlich, das wusste schon Johann Wolfgang von Goethe 1802. 200 Jahre später ist das Grundrecht auf faires Wohnen - in Artikel 6 a der Verfassung heißt es, dass die Landesregierung auf angemessenen Wohnraum hinzuwirken hat - leider noch nicht erfüllt. Lassen Sie uns deshalb gemeinsam für faires Wohnen sorgen und gegen unzumutbare Zustände vorgehen und Leerstände und Spekulationen mit Wohnraum zurückdrängen.
Jetzt warten wir - das habe ich damals schon gesagt - wieder gespannt auf die Argumente der GroKo, warum Vorschläge der Opposition wieder nicht gehen, obwohl sie im Koalitionsvertrag angelegt sind.
Ich sagte damals: Wir Grüne sind eine Opposition, die scharf kritisieren, aber auch loben kann. Wenn die GroKo schnell einen besseren Gesetzentwurf vorlegt, sind wir gerne bereit, ihn gemeinsam zu beschließen. Das ist heute der Fall. Wir können gerne über unseren Schatten springen und freuen uns, dass endlich von uns abgeschrieben wurde. Wir haben kein Problem damit, der GroKo zu helfen, damit dieses Gesetz möglichst schnell für die Menschen in Niedersachsen in Kraft tritt.
Vielen Dank, Herr Kollege Meyer. - Sofort ist Frau Kollegin Susanne Schütz für die FDP-Fraktion an der Reihe.
Danke schön. - Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wohnraumschutzgesetz. Oha, ein neues Gesetz! Liberale sind ja eher für weniger Regelungen und Gesetze. Ist es also nötig? Um die Antwort vorwegzunehmen: Ja, es ist notwendig. Spontan ist mir gerade noch ein Zitat von mei
In der Gesetzesbegründung werden ganz extreme Fälle geschildert: von Unternehmen, die in Bulgarien und Rumänien Arbeiter anheuern, diese dann hierherbringen. Das Konto wird eingerichtet, und die Kontokarte wird gleich eingezogen, und die Betroffenen werden in einer Immobilie untergebracht. In dem Mietvertrag steht etwas ganz anderes. Bilder von dieser Unterbringung haben wir alle schon gesehen: Matratzenlager, keine Küche und nichts, was man ernsthaft Bad nennen könnte.
Der Gesetzentwurf, der jetzt vorliegt, soll nun den Kommunen Möglichkeiten eröffnen, gegen solche Zustände vorzugehen, und zwar offenbar schon zur Verhütung drohender Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung. Bauordnung und Polizeigesetz greifen erst bei einer vorliegenden Gefahr.
Es besteht eindeutig Regelungsbedarf - in erster Linie zum Wohle der betroffenen Menschen, die sich nicht alleine wehren können, weil für sie gar kein anderer Wohnraum auf dem Markt zu bekommen ist. Nebenbei besteht Regelungsbedarf auch zum Wohle all derjenigen Vermieter, die so etwas selber nie dulden würden und in der Wahrnehmung vielleicht mit den anderen in einen Topf geschmissen würden, und zum Wohle der Nachbarn, weil solche Schrottimmobilien sehr wohl eine Abwärtsspirale in einem ganzen Quartier in Gang setzen können.
Im Zuge der Verbandsanhörung wurde wohl die Idee geäußert, das alles doch lieber in der Bauordnung mit unterzubringen. Abgesehen von den eben angedeuteten juristischen Unterschieden möchte ich noch ein Argument aus der Praxis anbringen. Ja, in der Bauordnung steht auch, dass Außenwände gegen Witterungseinflüsse zu schützen haben, dass Wohnungen über Küchen oder Kochnischen verfügen müssen und welche Ausstattung ein Bad hat. Als Planer weiß ich, wie ich dafür zu sorgen habe, dass eine Wohnung mit Aufenthaltsräumen genug Belichtungsfläche hat. Das Problem ist aber - das wurde eben geschildert -, dass wir hier von Schrottimmobilien reden. Da ist das Waschbecken irgendwann mal demontiert worden, und statt des Fensters gibt es Glasbausteine - mit Belüftung ist da nichts mehr.
Die Bauordnung regelt, was bei der Planung zu berücksichtigen ist. Der vorliegende Gesetzentwurf regelt gewissermaßen die zu erhaltenden Standards und erweitert vor allem die Handlungsmöglichkeiten der Kommunen. Beide haben völlig unterschiedliche Zielgruppen. In die Bauordnung schauen Planer, in dieses Gesetz werden andere Leute schauen.
Trotz der grundsätzlichen Zustimmung zur Regelungsnotwendigkeit ergeben sich für uns noch ein paar Fragen - z. B. zu den Bereichen Datenübermittlung an Behörden, zur Haftung des Vermieters, wenn an der Zerstörung der Wohnung die Mieter schuld sind, und zu den Regelungen zum Betreten der Wohnung. Wir sind ja immer empfindlich, wenn der geschützte Raum der Wohnung etwas von seinem Schutz verliert. Aber das lässt sich bestimmt im Zuge der Beratungen im Ausschuss alles klären und ausräumen.
Danke sehr, Frau Kollegin. - Jetzt erhält das Wort für die AfD-Fraktion, nachdem wieder alles gereinigt wurde, Herr Stefan Wirtz.
Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Spätestens dann, wenn sich alle selber oder gegenseitig loben, ist es für uns interessant, genauer hinzusehen und hinzuhören. Ihre Begeisterung für diesen Gesetzentwurf muss ich etwas dämpfen - natürlich keine Überraschung, Spielverderber! Es gibt in diesem Gesetzentwurf keine Eingreifpflicht für die Kommunen. Die Kommunen können die sogenannten Schrottimmobilien, die hier schon erwähnt wurden, buchstäblich selber vom Markt nehmen. Es gibt allerdings in Ihrer Regelung auch kein Recht desjenigen, der zur Miete oder in einem mietähnlichen Verhältnis einquartiert ist, dieses Eingreifen zu verlangen.
Spätestens dann werde ich stutzig. Wie kommt man denn auf die Idee, eine Kannregelung mit Blick auf völlig unzumutbare Wohnbedingungen, eine Unterbringung in Schrottimmobilien, in menschenunwürdigen Bruchbuden vorzusehen? Wieso überlässt man es im Einzelfall den Gemeinden, ob
sie eingreifen oder nicht? Und wieso sind die direkt Betroffenen eigentlich überhaupt nicht berechtigt, ein solches Eingreifen zu fordern? Das ist ein bisschen seltsam. Im Ausschuss sollten wir - Herr Meyer wollte ja am liebsten schon abstimmen - vielleicht als Erstes darüber reden, was Sie damit eigentlich erreichen wollen.
Etwas anderes kommt hinzu: Was sind das für Leute - Sie haben es schon angedeutet -, die in solchen Verhältnissen wohnen und nach Ihrem Willen kein Recht haben, ein Eingreifen zu verlangen, aber sich offensichtlich auch nicht beschweren und sich nicht aus dieser Art der Unterbringung befreien können? Es wurde schon erwähnt - das wird auch in Ihrer Begründung genannt -: Minderheiten aus Rumänien und Bulgarien werden verstärkt dort einquartiert. Das vermeintliche Geschäftsmodell ist einfach organisierte Kriminalität - das muss man ganz klar sagen. Konten werden eingerichtet, und die Bankkarte wird gleich eingezogen - das ist eine kriminelle Konstruktion, die Sie da bekämpfen wollen, und zwar auf unterster Ebene. Gemeindemitarbeiter sollen dafür zuständig sein. Es geht um Sozialbetrug; es geht um Einwanderung in die Sozialsysteme. Das muss ganz klar gesagt werden. Genau das passiert. Es geht nicht darum, dass jemand von den viel zitierten Schlachthelfern dort untergebracht wird, sondern es geht sehr oft darum, dass sich jemand mit einer Scheinselbstständigkeit, mit Gewerbeschein niederlässt und ein Gewerbe eröffnet, mit dem er garantiert nicht zurechtkommen wird, sodass er sofort in der Sozialhilfe landen muss.
Das kann nur mit Minderheiten aus Rumänien und Bulgarien passieren, weil die Freizügigkeit der EU hier eine Riesenlücke lässt - für genau diese kriminellen Machenschaften. Die sind immerhin offensichtlich ein so großes Problem, dass Sie sich dafür ein eigenes Gesetz gruppenbezogener Menschenfreundlichkeit zurechtlegen und sich dafür auch noch feiern. Aber das Problem ist die verfehlte Zuwanderungspolitik, die Arbeitnehmerfreizügigkeit der EU, die letztendlich zum Brexit geführt hat. Denn die Briten wollten genau dieses Verfahren, diese Spiele nicht mehr.
Sie kurieren hier das Symptom; denn Sie haben keine Handhabe, an die eigentlichen Ursachen heranzugehen. Ursache ist die verfehlte EU-Politik. Das wollen Sie hier auf Kannbasis regeln. Sie hoffen auf das Eingreifen von Gemeindemitarbeitern. Eine Regelungsalternative haben Sie nicht; das haben Sie selber schon gesagt. Das geht nicht
Sie sind hier immerhin - das sollte man betonen - im Namen der Menschenwürde unterwegs. Aber dann sollten Sie sich bei einem solchen Gesetzentwurf auch überlegen, welche Lücken Sie dabei selbst lassen. Denn das Recht auf menschenwürdiges Wohnen sollte nicht über eine Kannbestimmung geregelt werden, sondern muss über eine Mussbestimmung geregelt werden.
Die Umsetzung sollte auch nicht auf die Gemeinden abgewälzt werden. Heute Nachmittag ist schon der Begriff der Zivilcourage mit Blick auf die Kreuze in den Gerichtssälen 1936 gefallen. Zivilcourage ist hier nicht der richtige Begriff. Wenn Sie Gemeindemitarbeiter, kommunale Mitarbeiter mit einem Betretungsrecht gegen den Willen der Anwohner in solche prekären Situationen hineinschicken, dann verlangen Sie den Leuten Mut ab. Vielleicht sollten Sie das auf einer höheren Ebene viel solider regeln. Aber auch darüber können wir sehr viel ausführlicher im Ausschuss reden.
Danke, Herr Wirtz. - Jetzt bekommt - ganz langsam - der Kollege Herr Bäumer für die CDU-Fraktion das Wort.